Verwaltungsrecht

Nichtbestehen der Fortbildungsprüfung „geprüfter Bilanzbuchhalter“ – Streitwertfestsetzung

Aktenzeichen  22 C 19.455

Datum:
4.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3445
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 32 Abs. 2 S. 1
GKG § 52 Abs. 2, § 68

 

Leitsatz

Zu den (sonstigen) berufseröffnenden Prüfungen im Sinne der Nummer 36.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gehören nur solche Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufhebung einer öffentlich-rechtlichen subjektiven Zulassungsschranke für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ist. Diese Voraussetzungen sind bei einem geprüften Bilanzbuchhalter nicht erfüllt, so dass Nummer 36.4 des Streitwertkatalogs einschlägig ist. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 5 K 16.1224 2018-11-29 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Durch Urteil vom 29. November 2018 wies das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin ab, mit der sie sich gegen das Nichtbestehen der von der Beklagten durchgeführten Fortbildungsprüfung zur geprüften Bilanzbuchhalterin wandte. Durch Beschluss vom gleichen Tag setzte das Verwaltungsgericht den Streitwert des Klageverfahrens auf 5.000 € fest.
Am 20. Februar 2019 legten die Bevollmächtigten der Klägerin gegen diesen Beschluss Beschwerde mit dem Antrag ein,
den Streitwert auf 31.200 € festzusetzen.
Zur Begründung führen sie aus, es liege eine den Berufszugang eröffnende Prüfung im Sinn der Nummer 36.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vor. Hiervon sei auch das Verwaltungsgericht Koblenz im Beschluss vom 26. Juni 1992 (3 K 795/92.KO) ausgegangen. Die Beschreibung des Berufsbildes des geprüften Bilanzbuchhalters in „Wikipedia“ verdeutliche, dass insoweit eine eigenständige Berufsgruppe inmitten stehe. Gleiches folge aus dem Weiterbildungsprofil für geprüfte Bilanzbuchhalter, wie es aus dem Internetauftritt von Industrie- und Handelskammern sowie aus der Webseite der IHK-Akademie Ostbayern ersichtlich sei. Dem Internet lasse sich ferner entnehmen, dass in Stellenangeboten für Bilanzbuchhalter der verfahrensgegenständliche Abschluss in der Regel verlangt werde. Das erfolgreiche Ablegen dieser Prüfung sei mithin erforderlich, um den Beruf des Bilanzbuchhalters ergreifen zu können. Das pro Jahr zu erwartende Einstiegsgehalt für Bilanzbuchhalter liege bei 31.200 €.
Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 Halbs. 1 GKG zulässige Beschwerde ist bei sachgerechter Auslegung so zu verstehen, dass die anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin sie gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aus eigenem Recht erhoben haben. Über dieses Rechtsmittel konnte ohne Anhörung der Klägerin und der Beklagten entschieden werden, da sich seine Unbegründetheit unmittelbar aus der Beschwerdebegründung ergibt.
Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in der Nummer 36.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zutreffend auf 5.000 € festgesetzt. Es entspricht gefestigter Spruchpraxis des beschließenden, für das Recht der berufsbezogenen Prüfungen zuständigen Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die Abgrenzung zwischen den „(sonstigen) berufseröffnenden Prüfungen“ im Sinn der Nummer 36.3 des Streitwertkatalogs und den von der Nummer 36.4 erfassten „sonstigen Prüfungen“ in der Weise vorzunehmen, dass der erstgenannten Kategorie nur solche Prüfungen unterfallen, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufhebung einer öffentlich-rechtlichen subjektiven Zulassungsschranke für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ist (BayVGH, B.v. 23.5.2012 – 22 C 12.791 – juris Rn. 2; B.v. 8.5.2014 – 22 C 14.1018 – juris Rn. 6 f.; B.v. 16.12.2015 – 22 ZB 15.2189 – juris Rn. 21; B.v. 29.4.2016 – 22 C 16.439 – juris; B.v. 29.4.2016 – 22 C 16.530 – juris Rn. 6 – 11; B.v. 27.6.2018 – 22 CE 18.1073 – juris Rn. 24).
Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass, von dieser Handhabung abzugehen. Denn das Kriterium der durch die Prüfung bewirkten Aufhebung einer öffentlich-rechtlichen Berufszugangsschranke erlaubt eine eindeutige Abgrenzung zwischen den Anwendungsbereichen der Nummern 36.3 und 36.4 des Streitwertkatalogs; den Rechtsschutzsuchenden und ihren anwaltlichen Beratern wird auf diese Weise eine zuverlässige Prognose des mit dem Beschreiten des Rechtswegs einhergehenden Kostenrisikos ermöglicht. Dies wäre nur in wesentlich geringerem Maß der Fall, müsste – wie das auf der Grundlage der Auffassung der Klagebevollmächtigten geboten wäre – zu diesem Zweck zum einen beurteilt werden, ob eine bestimmte Tätigkeit nach der Verkehrsanschauung als eigenständiger „Beruf“ anzusehen ist, und ob zum anderen nach den jeweiligen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes nur dann eine realistische Aussicht besteht, in diesem Beruf beschäftigt zu werden, wenn ein Interessent die inmitten stehende Prüfung erfolgreich abgelegt hat. Der (zudem nicht näher begründeten) Auffassung, die im Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. Juni 1992 (3 K 795/92.KO) zum Ausdruck gelangt, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da Streitwertbeschwerden nach § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gerichtsgebührenfrei sind, sich bereits aus § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG ergibt, dass die Bevollmächtigten der Klägerin im Beschwerdeverfahren ggf. angefallene gerichtliche Auslagen zu tragen haben, und außergerichtliche Kosten gemäß § 68 Abs. 3 GKG nicht erstattet werden.


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