Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag eines senegalesischen Staatsangehörigen, der nunmehr die gambische Staatsangehörigkeit behauptet

Aktenzeichen  M 21 S 16.31376

Datum:
25.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a, § 30, § 36 Ab. 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Die Pflicht eines Asylbewerbers aus § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylG, der zuständigen Behörde alle erforderlichen Angaben zu machen, umfasst insbesondere die Mitteilung der richtigen Staatsangehörigkeit. Behauptet der Asylbewerber später, eine andere als die zunächst angegebene Staatsangehörigkeit zu besitzen, führt dies regelmäßig zu erheblichen Zweifeln an der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Gambischen Geburtsurkunden, die erst kürzlich oder aber viele Jahre nach dem zu beurkundenden Ereignis ausgestellt wurden und die regelmäßig keine Angaben zur Staatsangehörigkeit enthalten, kommt allenfalls ein sehr geringer Beweiswert zu. Fehlen sonstige Identitätsnachweise, kann die inhaltliche Richtigkeit einer erst kürzlich ausgestellten Geburtsurkunde erfahrungsgemäß nicht bestätigt werden. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nach letzten, eigenen Angaben lediger und Staatsangehöriger der Republik Gambia vom Volk der Wolof ohne Personalpapiere oder andere Identitätsnachweise.
Im vom Kläger am 10. März 2015 unterzeichneten Aufnahmeschein der Regierung von Oberbayern gab er insbesondere an, senegalesischer Staatsangehöriger zu sein (Bl. 58 der Bundesamtsakte).
Er stellte am 24. April 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden kurz: Bundesamt) in München einen Asylantrag.
Zur von ihm unterzeichneten Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Antragsteller am 24. April 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Wesentlichen an, er habe sein Herkunftsland Senegal im April 2012 erstmalig verlassen. In Mali habe er sich zwei Wochen aufgehalten, danach sei er durch Burkina Faso und Niger gereist. In Libyen habe er sich zwei Jahre, in Italien ab Mai 2014 zehn Monate lang aufgehalten und sei dann über die Schweiz am 12. März 2015 nach Deutschland eingereist. Die Frage, ob der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt oder zuerkannt bekommen habe, verneinte er.
Die EURODAC- Recherche ergab hinsichtlich des Klägers zwei Treffer (IT1BL00F4C; IT2MM004DW) (Bl. 30, 33, 35 der Bundesamtsakte).
Das Bundesamt hielt durch Aktenvermerk vom 28. Juli 2015 (Bl. 38 der Bundesamtsakte) fest, im vorliegenden Fall sei kein Dublin-Verfahren durchzuführen. Der Zeitraum zwischen der möglichen Stellung eines Übernahmeersuchens und dem Erhalt der EURODAC-Treffermeldung betrage mehr als zwei Monate. Durch Fristablauf sei die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen.
Eingangs der Niederschrift über die Anhörung des Antragstellers am 2. Mai 2016 bei der Außenstelle des Bundesamts in München wurde festgehalten, auf Wunsch des Antragstellers nehme an der Anhörung Herr Benedikt S. als seine Vertrauenspersonen teil. Die Angaben im „Teil 1 der Niederschrift zum Asylantrag“ seien mit dem Antragsteller abgeglichen worden. Er habe alle Angaben, bis auf die seiner Staatsangehörigkeit und das Land seines gewöhnlichen Aufenthalts, bestätigt. Das sei Gambia. Weiterhin habe er ergänzt, einen Sohn zu haben, der bei der Mutter in Senegal lebe. Er habe angegeben, aus Senegal zu sein, damit man ihn bei seiner Abschiebung nicht nach Gambia schicke, wo er große Schwierigkeiten habe. Er habe sich damit einverstanden erklärt, dass nach Aktenlage über seinen bis dahin hinsichtlich Senegal zu prüfenden Asylantrag entschieden werde, wenn er nicht bis spätestens 30. Mai 2016 dem Bundesamt Personaldokumente im Original vorlege, aus denen seine Herkunft aus Gambia zweifelsfrei hervorgehe. Es wäre – so der Antragsteller – jetzt für ihn sehr schwer, an seinen Personalausweis zu kommen. Er könne sich aber um seine Geburtsurkunde kümmern. Die Dokumente seien in dem Rathaus von Banjul ausgestellt worden. Die Geburtsurkunde sei im Jahr 2013 ausgestellt worden. Seinen Personalausweis habe er auf dem Weg von Libyen nach Italien weggeworfen. Bis zu seiner Ausreise habe er sich die letzten sieben Jahre in Serrakunda, Gambia, Stadtteil London Corner, aufgehalten. Gambia habe er im September 2013 verlassen und sei am 25. April 2015 in München angekommen. Von Gambia aus sei er mit dem Auto durch Senegal über Mali, Burkina Faso und Niger vier bis fünf Tage lang nach Libyen gefahren. In Libyen sei er acht Monate gewesen, in Italien zwölf Monate und in der Schweiz nur einen Tag lang. In Italien habe einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt worden sei. Der Name seines im Januar 2013 verstorbenen Vaters sei Saere Gaye gewesen. Seine Mutter heiße Rockaya Fodera. Sein Familienname werde in Gambia Gaye geschrieben. Sein im Mai 2009 geborener Sohn lebe in Senegal. Der Antragsteller habe ein eigenes Geschäft gehabt und Anziehsachen verkauft. Gelegentlich sei er als Fotomodell engagiert worden.
Eines Tages sei er mit zwei Frauen unterwegs gewesen. In dem Club Sene Gabi hätten sie einen Europäer kennengelernt, den sie zwei Tage später wieder getroffen hätten. Der Europäer sei auch in Begleitung von zwei Frauen gewesen und kurze Zeit später ausgereist. Es seien dann später pornographische Aufnahmen veröffentlicht worden, in denen viele gambische Frauen mitgespielt hätten. Dieser Film habe für viel Aufregung gesorgt und der Präsident sei gar nicht erfreut gewesen, dass es solche Aufnahmen in Gambia gebe. Der Antragsteller sei beschuldigt worden, diese Frauen dem Europäer vermittelt zu haben, weil seine beiden Freundinnen auch in diesem Film mitgespielt hätten. Kurze Zeit später sei der Antragsteller von der Polizei verhaftet worden und ins Gefängnis gekommen, wo er knapp 12 bis 13 Tage in Haft gewesen sei. Es sei zu der Regenzeit gewesen und die Insassen hätten mit aufs Feld und anpacken müssen. Dort habe er zu einem Wachmann, den er gekannt habe, Kontakt aufgebaut, und ihn gebeten, ihm zu helfen. Erst sei er dagegen gewesen und habe Angst um seinen Job gehabt, doch dann habe er eingewilligt. Sie hätten so getan als ob der Antragsteller aufs Klo müsse und er sei dann abgehauen. Sein Fleck auf seinem Zahn sei durch einen Schlag mit einem Gewehr zustande gekommen. Auf Frage antwortete der Antragsteller, er habe den Europäer im August 2013 kennengelernt. Er wisse nur, dass dessen Name Michael gewesen sei und dass er aus England gewesen sei. Der Name des Antragstellers tauche nirgendwo in den Aufnahmen auf. Er vermute aber stark, dass die eine Freundin, die bei diesen Aufnahmen mitgemacht habe, Nyima Diallo, bei der Polizei seinen Namen genannt habe. Er habe die beiden Frauen nicht an den Europäer vermittelt. Der Antragsteller habe nicht auf das Urteil gewartet bzw. sich um eine Verteidigung gekümmert, weil es in Gambia keine Gerechtigkeit gebe. Das Gefängnis, aus dem er geflohen sei, heiße Mile 2 und sei in Banjul. Dem Wächter, der ihm bei der Flucht geholfen habe, habe er kein Geld gegeben, damit er ihm helfe. Er habe ihn schon vorher gekannt. Der Wächter habe oft bei ihm im Geschäft eingekauft. Deswegen habe er dem Antragsteller geholfen. Auf Nachfrage erklärte der Antragsteller, dass mit Sicherheit ein Haftbefehl gegen ihn vorliege. Letztens habe er einen Freund kontaktiert, der bei der Polizei arbeite. Er habe gemeint, dass der Fall des Antragstellers so heftig sei, dass er sich nicht einmal traue, die Unterlagen zu sichten, weil er Angst habe, dafür ins Gefängnis zu kommen. Für den Fall einer Rückkehr nach Gambia habe der Antragsteller Angst, ins Gefängnis zu kommen oder aber getötet zu werden. Er gehe auch stark davon aus, dass ihn keiner verteidigen werde, weil der Fall so heikel sei. Gegen eine Rückkehr nach Senegal spreche, dass er kein Vertrauen in afrikanische Länder habe. Dort gebe es keine Sicherheit.
In einem Aktenvermerk vom 18. Mai 2016 (Bl. 70 der Bundesamtsakte) hielt das Bundesamt fest, der Sprachmittler habe nach der Anhörung Zweifel hinsichtlich der Herkunft des Antragstellers aus Gambia geäußert. Die Sprachkenntnisse des Antragstellers deuteten laut dem Sprachmittler mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Herkunft aus Senegal hin. Der Sprachmittler habe erklärt, dass ein noch wichtigeres Indiz für die Herkunft des Antragstellers aus Senegal seine Zähne seien. Die dunklen Flecken auf seinen Zähnen seien typisch für die Menschen, die aus der Region Sine Saloum in Senegal stammten. Das Grundwasser in dieser Region sei laut dem Sprachmittler – was jedem in Senegal bekannt sei – Ursache für den Fleck auf dem Zahn des Antragstellers.
Am 25. Mai 2016 gab der Antragsteller bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Original eine am 10. Mai 2016 gefertigte Geburtsurkunde Gambias in englische Sprache mit der Nummer 1802158 (Bl. 105 f. der Bundesamtsakte) ab. Dieser Urkunde zufolge soll die Geburt des Antragstellers am 20. Juli 2013 registriert worden sein. Name und Vorname seines Vaters sollen Sayerr Gaye lauten, seine Mutter soll mit Vornamen Roheyatou Fadera heißen.
Mit Bescheid vom 7. Juni 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.) und auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Ziffer 3.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.) und drohte dem Antragsteller mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Senegal an (Ziffer 5.). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziffer 6.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 7.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor. Der Antragsteller stamme aus Senegal, einem sicheren Herkunftsstaat. Er habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat, in seinem Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Soweit er vortrage, gambischer Staatsangehöriger zu sein und in Gambia verhaftet worden zu sein, weil man ihm vorgeworfen habe, zwei Frauen an einen Europäer für die Herstellung eines Pornofilms vermittelt zu haben, weshalb er im Fall seiner Rückkehr mit einer ungerechtfertigten Gefängnisstrafe rechnen müsse, sei sein Vortrag insgesamt unglaubhaft. Dass der Antragsteller neben Wolof als weitere von ihm beherrschte Sprache Französisch und nicht Englisch nenne, sei ebenfalls ein deutlicher Hinweis auf die ursprünglich von ihm genannte senegalesische Staatsangehörigkeit. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein Gefängniswärter eine eigene Bestrafung wegen Fluchthilfe, mindestens aber seine Arbeitsstelle riskiere, um unentgeltlich einem Gefangenen zu helfen, den er nur aus früheren Einkäufen in dessen Geschäft kenne. Nicht nachvollziehbar sei auch die Steigerung im Vorbringen des Antragstellers, sein Fall sei so gewichtig, dass sich ein mit ihm befreundeter Polizist nicht einmal traue, die Unterlagen hierzu zu sichten. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter lägen nach Ablehnung des Flüchtlingsschutzes ebenfalls nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor, weil der Vortrag des Antragstellers unglaubhaft sei. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Senegal führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Es drohe ihm auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise befristet. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei angemessen, Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Am 13. Juni 2016 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen, unter Aufhebung des Bundesamtsbescheids vom 7. Juni 2016 festzustellen, dass er asylberechtigt ist, die Flüchtlingseigenschaft bei ihm vorliegt, der subsidiäre Schutzstatut bei ihm vorliegt und Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bei ihm vorliegen.
Über die Klage (M 21 K 16.31375) ist noch nicht entschieden.
Zugleich ließ der Antragsteller am 13. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München sinngemäß beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bundesamtsbescheid vom 7. Juni 2016 anzuordnen.
Zur Klage- und Antragsbegründung ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 13. Juni 2016 im Wesentlichen ausführen, der Bundesamtsbescheid sei aufzuheben, weil der Antragsteller nach seiner Anhörung seine Original-Geburtsurkunde aus Gambia bei der Beklagten abgegeben habe. Er sei Staatsangehöriger Gambias.
Laut dem Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 13. Juni 2016 beigefügtem Arztbrief des Rotkreuzklinikums München vom 23. Januar 2016 wurde in der dortigen Notfallambulanz am 23. Januar 2016 beim Antragsteller eine Schädelprellung diagnostiziert. Er habe sich nach einem Sturz in ein Schaufenster vorgestellt. Es werde die symptomatische Behandlung mit Schonung und Kühlung empfohlen.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2016 teilte das Bundesamt dem Gericht insbesondere mit, dass es sich bei der vorgelegten Geburtsbescheinigung, die erst 26 Jahre nach dem Ereignis und drei Jahre nach der angeblichen Registrierung ausgefertigt worden sein solle, nicht um eine Zivilstandsurkunde im Rechtssinne handle. Es könne dieser Geburtsbescheinigung kein vergleichbarer Beweiswert zukommen. Solche Bescheinigungen gälten als „bloße Auskünfte, die nur innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der ausstellenden Behörde Gültigkeit besitzen“. Daher könnten sie im Ausland nicht berücksichtigt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu Eil- und Klageverfahren und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Eilantrag ist unbegründet.
Gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG wird die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen insbesondere in Fällen, die offensichtlich unbegründet sind, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen. Im Anschluss an Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG bestimmt § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, dass die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG, § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99).
Da dem Bundesamt bei seiner Entscheidung über die Offensichtlichkeit kein Einschätzungsspielraum und kein Ermessen zusteht, darf das Gericht die Begründung für die offensichtliche Unbegründetheit auswechseln (vgl. VG München, B. v. 29.8.2013 – M 24 S. 13.30753 – juris Rn. 27).
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass dem Antragsteller kein subsidiärer Schutzstatus nach § 4 AsylG zuzuerkennen ist und dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung in § 36 AsylG nicht unmittelbar zu entnehmen, dafür sprechen jedoch § 30 Abs. 1 AsylG, § 34 Abs. 1 AsylG und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 17.7.1996 – 2 BvR 1291/96 – juris Rn. 3).
Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung.
Es bestehen insbesondere keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt in der angegriffenen Abschiebungsandrohung rechtmäßiger Weise Senegal als den Staat bezeichnet hat, in den der Antragsteller abgeschoben werden soll (vgl. § 59 Abs. 2 AufenthG), weil es sich bei der Republik Senegal auch nach Auffassung des Gerichts um das tatsächliche Herkunftsland des Antragstellers handelt.
Dafür spricht, dass er bereits im von ihm am 10. März 2015 unterzeichneten Aufnahmeschein der Regierung von Oberbayern angegeben hat, senegalesischer Staatsangehöriger zu sein. Dementsprechend hat er auch im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 24. April 2015 die Republik Senegal als sein Herkunftsland angegeben.
In der Bundesamtsanhörung am 2. Mai 2016 hat der Antragsteller dagegen erstmals behauptet, Staatsangehöriger der Republik Gambia zu sein. Laut der Anhörungsniederschrift hat er angegeben, aus Senegal zu sein, damit man ihn bei seiner Abschiebung nicht nach Gambia schicke, wo er große Schwierigkeiten habe. Abgesehen davon, dass dieser Erklärungsansatz schon für sich genommen gegen die Glaubhaftigkeit seines Verfolgungsvorbringens spricht, vermag er den so spät wechselnden Vortrag zur Staatsangehörigkeit nicht überzeugend zu erklären. Wenn der Antragsteller wirklich Staatsangehöriger der Republik Gambia wäre, wäre es von Anfang an seine Pflicht gewesen, dies auch so im Asylverfahren zu erklären (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylG). Nach der Logik des Vorbringens des Antragstellers wäre diese Angabe – wenn sie denn zuträfe – auch für ihn erforderlich gewesen, um überhaupt Schutz gegen die von ihm befürchtete Inhaftierung oder Tötung in Gambia erhalten zu können.
Der Antragsteller ist auch nicht aufgrund der von ihm am 25. Mai 2016 bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Original abgegebenen, am 10. Mai 2016 gefertigten Geburtsurkunde Gambias als Staatsangehöriger der Republik Gambia anzusehen.
Diese Geburtsurkunde enthält schon keine Aussage zur Staatsangehörigkeit des Antragstellers. Sie könnte allenfalls als ein Indiz für seine gambische Staatsangehörigkeit gewertet werden. Doch auch diese Bedeutung kommt dem Dokument nicht zu. Häufig werden gambische Geburtsurkunden vorgelegt, denen zu entnehmen ist, dass die Registrierung der Geburt erst kürzlich und/oder viele Jahre nach dem Ereignis erfolgt ist. So ist es auch hier. Derartige Urkunden haben wenig Aussagewert. Es ist davon auszugehen, dass die Geburt bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert worden ist, unter Umständen mit anderen Personendaten. Die inhaltliche Richtigkeit einer erst kürzlich registrierten Geburtsurkunde kann erfahrungsgemäß nicht bestätigt werden, vor allem wenn – wie hier – sonstige Identitätsnachweise fehlen (vgl. zu all dem allgemein nur http: …www.konsularinfo.diplo.de/contentblob/1791676/Daten/6049663/Merkblatt_Gambia.pdf). Demnach und vor dem Hintergrund des spät wechselnden Vortrags des Antragstellers zu seiner Staatsangehörigkeit misst das Gericht der vom Antragsteller beim Bundesamt vorgelegten Geburtsurkunde keinen Beweiswert zu.
Auch im Übrigen bestehen gegen die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet, die sich zwar hinsichtlich der so qualifizierten Ablehnung subsidiären Schutzes nicht aus dem Tenor, aber aus den Gründen des angegriffenen Bundesamtsbescheids ergibt, denen zufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) und gegen die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG keine ernstlichen Rechtmäßigkeitszweifel.
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes liegen schon deshalb offensichtlich nicht vor, weil sich das Verfolgungsvorbringen des Antragstellers nicht auf die Republik Senegal, sondern auf die Republik Gambia bezieht (§ 30 Abs. 1 AsylG).
Der Arztbrief des Rotkreuzklinikums München vom 23. Januar 2016 gibt nichts für eine im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung des Antragstellers her.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben