Verwaltungsrecht

Pflicht zur Prüfung der Heizanlage

Aktenzeichen  22 ZB 18.1178

Datum:
28.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15264
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchfHwG § 1 Abs. 3 S. 1, § 14, § 14a
VwGO § 121
BayVwZVG Art. 36 Abs. 1, Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

1. Bei einer kumulativen Mehrfachbegründung eines Urteils erfordert das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO, dass der Rechtsmittelführer für jeden geltend gemachten Zulassungsgrund im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO darlegt, dass dieser Grund in Bezug auf jeden der selbständig tragenden Entscheidungsgründe besteht. Fehlt es hieran, so kann der Antrag auf Zulassung der Berufung schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine „Darlegung“ im Sinn des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO verlangt nicht zwingend die Benennung eines konkreten Zulassungstatbestands.  (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 17.1915 2018-04-19 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 375,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin liegt mit dem Beklagten seit Jahren wegen des Vollzugs des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (SchfHwG) im Streit; diesbezügliche Verfahren, die beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg anhängig gewesen sind, reichen bis ins Jahr 2013 zurück. Dem vorliegend streitigen Bescheid vom 8. Dezember 2017 ging – zuletzt – folgende Entwicklung voraus: Am 29. Mai 2013 wurde im Anwesen der Klägerin die Feuerstättenschau gemäß § 14 SchfHwG vorgenommen; am 19. Mai 2014 erging der Feuerstättenbescheid gemäß § 14a SchfHwG, der bestandskräftig wurde. Eine weitere, vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger – nachfolgend: Kaminkehrer – für den 13. Dezember 2016 angekündigte Feuerstättenschau konnte nicht stattfinden, da die Klägerin den vorgesehenen Termin nicht akzeptierte, am Alternativtermin (19.12.2016) dem Kaminkehrer den Zutritt zu ihrem Anwesen verweigerte und eine Aufforderung des Landratsamts vom 15. Februar 2017, mit dem Kaminkehrer spätestens bis 3. März 2017 einen Termin für die Feuerstättenschau zu vereinbaren, nicht befolgte. Mit Bescheid vom 21. März 2017 ordnete das Landratsamt (1) die Durchführung der Feuerstättenschau durch den Kaminkehrer bis zum 18. April 2017 (oder einem anderen, nur in Absprache zwischen der Klägerin und dem Kaminkehrer zu vereinbarenden Termin) an, verpflichtete (2) die Klägerin, die Feuerstättenschau zu dulden und hierfür dem Kaminkehrer Zutritt zu ihrem Grundstück und den erforderlichen Räumen zu gewähren, ordnete (3) die sofortige Vollziehung der genannten Verfügungen an und drohte der Klägerin (4) ein Zwangsgeld von 250,00 € für den Fall an, dass sie der ausgesprochenen Duldungsverpflichtung nicht fristgerecht nachgekommen sei.
Die gegen den Bescheid vom 21. März 2017 erhobene Anfechtungsklage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht ab (VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 – Au 5 K 17.590), es hat hierbei die Klage deswegen, weil der festgelegte Termin für die Feuerstättenschau (18.4.2017) schon bei Klageerhebung verstrichen war, als zulässige Feststellungsklage angesehen und diese abgewiesen, weil der Bescheid vom 21. März 2017 rechtmäßig gewesen sei (VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 – Au 5 K 17.590 – juris Rn. 19 bis 21, 24 ff.). Den Antrag auf Zulassung der Berufung, der nicht begründet wurde, lehnte der Verwaltungsgerichtshof ab (BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 22 ZB 18.124).
Am 8. Dezember 2017 erließ das Landratsamt den vorliegend streitigen Bescheid, mit dem es (1) das im Bescheid vom 21. März 2017 angedrohte Zwangsgeld fällig stellt und außerdem (2) die Ersatzvornahme der Feuerstättenschau am 20. Dezember 2017 durch den Kaminkehrer androhte, falls die Klägerin die mit dem Bescheid vom 21. März 2017 angeordnete Feuerstättenschau in ihrem Anwesen nicht bis 19. Dezember 2017 ermöglicht habe.
Gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2017 hatte die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Einen zugleich mit der Klage gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht ab (VG Au, B.v. 19.12.2017 – Au 5 S 17.1919); die Beschwerde der Klägerin gegen diesen Beschluss verwarf der Verwaltungsgerichtshof als unzulässig (BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 22 CS 18.89). Die Feuerstättenschau im Anwesen der Klägerin wurde am 20. Dezember 2017 im Weg der Ersatzvornahme durchgeführt.
Die Klägerin hat nach der Ersatzvornahme ihre Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2017 geändert und zuletzt beantragt, festzustellen, dass der Bescheid vom 8. Dezember 2017, soweit darin die Ersatzvornahme der Feuerstättenschau angedroht wurde, rechtswidrig war, und außerdem festzustellen, dass das im selben Bescheid fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € „nicht hätte fällig gestellt werden dürfen“.
Mit Urteil vom 19. April 2018 – Au 5 K 17.1915 – hat das Verwaltungsgericht die wegen des Bescheids vom 8. Dezember 2017 erhobene Klage abgewiesen. Hinsichtlich der beanstandeten Fälligstellung des Zwangsgelds sei die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Das angedrohte Zwangsgeld sei vom Beklagten zu Recht fällig gestellt worden, nachdem die Klägerin der mit Bescheid vom 21. März 2017 „bestandskräftig angeordneten“ und zwangsgeldbewehrten Verpflichtung nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 18. April 2017 nachgekommen sei. Hinsichtlich der zunächst mit der Anfechtungsklage angegriffenen Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 8. Dezember 2017 sei, nachdem die Ersatzvornahme am 20. Dezember 2017 vollzogen worden sei und sich der Verwaltungsakt damit durch Zeitablauf erledigt habe, die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Allerdings fehle für diese Klage das erforderliche Feststellungsinteresse. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Selbst wenn aber ein Feststellungsinteresse bejaht würde, so bliebe die Klage in Bezug auf die Androhung der Ersatzvornahme erfolglos, weil diese Androhung rechtmäßig gewesen sei.
Gegen das am 27. April 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Mai 2018 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag mit Schriftsätzen vom 1. und 13. Juni 2018 begründet.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.
II.
1. Über den Antrag auf Zulassung der Berufung kann ohne Anhörung des Beklagten entschieden werden, weil sich aus dem fristgerechten Vortrag der Klägerin (auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist, vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) auch ohne Äußerung des Beklagten nicht ergibt, dass ein Grund für die Zulassung der Berufung vorliegt. Die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags hat mit Ablauf des 27. Juni 2018 geendet. Neuer Vortrag, der über eine bloße Ergänzung bereits hinreichend geltend gemachter Zulassungsgründe hinausginge, könnte nicht mehr berücksichtigt werden.
2. Ihren Antrag auf Zulassung der Berufung (Schriftsatz vom 23.5.2018) hat die Klägerin – ohne Einschränkung – „gegen das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichts Augsburg [Az.] vom 19.04.2018“ gerichtet; eine Begründung hat sie zunächst nicht beigefügt. Der Berufungszulassungsantrag richtet sich deshalb auf das angegriffene Urteil vom 19. April 2018 insgesamt, also sowohl gegen die Klageabweisung als unzulässig (Fortsetzungsfeststellungsbegehren bezüglich der Androhung der Ersatzvornahme) als auch gegen die Klageabweisung als unbegründet (Feststellungsklage bezüglich der Fälligstellung des Zwangsgelds). An der Wertung, dass die Zulassung der Berufung unbeschränkt beantragt worden ist, ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin mit der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 1.6.2018) erklärt hat, sie beantrage „unter Aufhebung des Urteils vom 24.04.2018 [gemeint ist: 19.4.2018] festzustellen, dass die Ersatzvornahmeanordnung rechtswidrig war“. Dieser einschränkenden Formulierung des Antrags und dem Umstand, dass sich die anschließenden Ausführungen des Rechtsanwalts überhaupt nicht mit dem Urteil insoweit befassen, als der gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds gerichtete Antrag abgewiesen worden ist, könnte zwar entnommen werden, dass sich die Klägerin gegen diesen Teil des klageabweisenden Urteils nicht wenden möchte. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, so wäre eine solche, erst mit der Antragsbegründung vorgenommene Einschränkung ungeeignet, den – von einem Rechtsanwalt formulierten – mit Schriftsatz vom 23. Mai 2018 wirksam und uneingeschränkt gestellten Berufungszulassungsantrag mit rückwirkender Kraft so einzuschränken, als sei der Berufungszulassungsantrag von vornherein nicht gegen das Urteil insgesamt gerichtet gewesen. Um andererseits im Schriftsatz vom 1. Juni 2018 eine teilweise Rücknahme des Berufungszulassungsantrags sehen zu können (was zur teilweisen Einstellung des Zulassungsverfahrens führen könnte), fehlt es an der erforderlichen Eindeutigkeit der Erklärung der Klägerin.
3. Soweit das Verwaltungsgericht die gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds im Bescheid vom 8. Dezember 2017 gerichtete Klage abgewiesen hat (Urteilsabdruck – UA – Rn. 17 und 25), bleibt der Berufungszulassungsantrag schon deswegen erfolglos, weil insoweit jeglicher Begründungsvortrag fehlt. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klägerin die im Bescheid vom 21. März 2017 angeordnete, für sofort vollziehbar erklärte (und mittlerweile bestandskräftige) zwangsgeldbewehrte Pflicht nicht bis Ablauf der gesetzten Frist erfüllt habe und deswegen das Zwangsgeld zu Recht fällig gestellt worden sei; das Verwaltungsgericht hat auch die Rechtsgrundlagen für die Fälligstellung des Zwangsgelds angegeben (UA Rn. 20 und 25). Mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich die Klägerin in der Begründung ihres Berufungszulassungsantrags in keiner Weise auseinander. Dies wäre aber geboten gewesen, weil bei der Prüfung eines Antrags auf Zulassung der Berufung die Darlegungen des Rechtsuchenden maßgeblich sind und sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf diese Darlegungen beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Mangels jeglicher Darlegungen der Klägerin ist hinsichtlich der Fälligstellung des Zwangsgelds die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung unausweichlich.
4. Soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung ihres Fortsetzungsfeststellungsbegehrens wendet, kann der Antrag auf Zulassung der Berufung gleichfalls keinen Erfolg haben.
4.1. Fraglich ist bereits, ob diesbezüglich die Begründung des Berufungszulassungsantrags den Anforderungen an die Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes genügt. Die Klägerin hat nicht angegeben, auf welchen der § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO abschließend genannten Berufungszulassungsgründe sie ihren Antrag stützt. Dies ist zwar nicht unbedingt notwendig. Denn eine „Darlegung“ im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt nicht zwingend die Benennung eines konkreten Zulassungstatbestands. Vielmehr können ein Zulassungsantrag und dessen Begründung vom Verwaltungsgerichtshof ausgelegt werden und es reicht aus, dass auf diesem Weg erkennbar ist, auf welchen der gesetzlichen Tatbestände ein geltend gemachter Zulassungsgrund der Sache nach zielt (BayVGH, B.v. 13.12.2016 – 22 ZB 15.2476 – Rn. 8). Allerdings erfordert die gebotene Darlegung eines Zulassungsgrundes die substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, d.h. eine Darlegung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Außerdem muss sich das fristgerecht Dargelegte letztlich zweifelsfrei noch einzelnen Zulassungsgründen zuordnen lassen; der Verwaltungsgerichtshof braucht sich nicht aus einem „Gemenge“ das herauszusuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (BayVGH, B.v. 13.12.2016 – 22 ZB 15.2476 – Rn. 8, BayVGH, B.v. 11.5.2016 – 22 ZB 16.715 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 9.3.2016 – 22 ZB 16.283 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 11.11.2013 – 22 ZB 13.1604 – Rn. 15, jeweils m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57- 59 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2015, § 124a Rn. 49 m.w.N.; Dietz in Gärditz, VwGO, § 124a Rn. 36; jeweils m.w.N.).
Vorliegend kann den Begründungsschriftsätzen (vom 1. und 13.6.2018) immerhin entnommen werden, dass die Klägerin die Abweisung des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens für falsch hält und deshalb – sinngemäß – an der Richtigkeit dieser Entscheidung und insbesondere daran ernstliche Zweifel hegt, dass (wie das Verwaltungsgericht angenommen hat) eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben sei (Schriftsatz vom 1.6.2018 Nr. 1). Die übrigen umfangreichen Ausführungen der Klägerin dagegen befassen sich – ohne dass ihr Vortrag einem bestimmten Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO zugeordnet werden könnte – weitgehend mit solchen Fragen, die außerhalb des (sehr begrenzten) Streitgegenstands des vorliegenden Verfahrens liegen (z.B. zu den Fragen, welchen Inhalt der Feuerstättenbescheid vom 19. Mai 2014 hatte, ob er auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage beruht, ob die gesetzlich angeordnete regelmäßige Prüfung moderner Heizungsanlagen angesichts deren geringer Fehleranfälligkeit verfassungskonform ist und ob diese Prüfung nicht besser den Heizungsbauern als den Kaminkehren übertragen werden solle, vgl. z.B. Schriftsatz vom 13.6.2018 S. 4). Dem gesamten Begründungsvortrag der Klägerin lässt sich eine den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechende Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts allenfalls hinsichtlich des Zulassungsgrunds „ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils“ entnehmen.
4.2. Das Verwaltungsgericht hat die Klage bezüglich des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens der Klägerin selbstständig tragend deswegen abgewiesen, weil es eine Wiederholungsgefahr verneint und deswegen die Klage insoweit für unzulässig gehalten hat. Dies ergibt sich aus den letzten beiden Sätzen desjenigen Abschnitts, der sich innerhalb des der Zulässigkeit der Klage gewidmeten Abschnitts 1 der Entscheidungsgründe (UA Rn. 17 und 18) mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren befasst. Das Verwaltungsgericht hat in diesen Sätzen ausgeführt, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zwar statthaft, wegen fehlenden Feststellungsinteresses jedoch unzulässig, und: „Selbst wenn das Feststellungsinteresse jedoch bejaht würde, bliebe die Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme erfolglos, weil sie unbegründet ist“. Die sich anschließenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Abschnitt 2 der Entscheidungsgründe sind somit – gleichfalls selbstständig tragende – Hilfserwägungen zur Unbegründetheit des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens.
Im Fall einer solchen kumulativen Mehrfachbegründung eines Urteils erfordert das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass der Rechtsmittelführer für jeden geltend gemachten Zulassungsgrund im Sinn von § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO darlegt, dass dieser Grund in Bezug auf jeden der selbständig tragenden Entscheidungsgründe besteht. Fehlt es hieran, so kann der Antrag auf Zulassung der Berufung schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m.w.N.; std. Rspr. des BayVGH, z.B. B.v. 29.5.2017 – 22 ZB 17.529 – juris Rn. 9, B.v. 11.4.2016 – 22 ZB 15.2484 – DVBl 2016, 1203, juris Rn. 8 m.w.N., B.v. 22.10.2015 – 22 ZB 15.1584 – BayVBl 2016, 353, juris Rn. 11 und B.v. 21.9.2015 – 22 ZB 15.1095 – BauR 2016, 655, juris Rn. 15). Aus der Notwendigkeit, jeden selbständig entscheidungstragenden Grund des verwaltungsgerichtlichen Urteils substantiiert anzugreifen, folgt außerdem, dass dann, wenn die zur Begründung des Zulassungsantrags vorgebrachten Argumente in Bezug auf einen selbständig tragenden Entscheidungsgrund nicht durchgreifen, es unerheblich ist, ob ein anderer selbständig tragender Entscheidungsgrund solchen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, die im Ergebnis in Bezug auf den Urteilsspruch geeignet wären, einen der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO darzutun. Vielmehr ergibt sich dann die Ergebnisrichtigkeit des Urteils bereits aus dem nicht erfolgreich in Frage gestellten selbständig tragenden Entscheidungsgrund (BayVGH, B.v. 29.5.2017 – 22 ZB 17.529 – juris Rn. 10).
4.3. Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich bereits nicht, inwiefern die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Klage fehle das erforderliche rechtlich geschützte Feststellungsinteresse, ernstlich zweifelhaft sein soll. Ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheids wegen Wiederholungsgefahr besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Verwaltungsgerichtshof folgt, dann, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Dafür ist in Anbetracht des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, nicht die Prognose erforderlich, dass einem zukünftigen behördlichen Vorgehen in allen Einzelheiten die gleichen Umstände zugrunde liegen werden, wie dies vor Erledigung des Verwaltungsakts der Fall war. Für das Feststellungsinteresse ist vielmehr entscheidend, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen künftigen Verwaltungshandelns unter Anwendung der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften geklärt werden können (BVerwG, U.v. 18.12.2007 – C-47.06 – NVwZ 2008, 571 Rn. 13 m.w.N. auf die std. Rspr. des BVerwG). Die Gefahr sich wiederholender im Wesentlichen unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Umstände sowie die Möglichkeit, die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen künftigen Verwaltungshandelns durch eine Fortsetzung eines (eigentlich erledigten) Verfahrens klären zu können, hängen untrennbar zusammen; Sach- und Rechtsfragen, die sich im Rechtsstreit von vornherein nicht gestellt haben und daher auch bei einem von dem erledigenden Ereignis „ungestörten“ Fortgang des Verfahrens nicht geklärt worden wären, können nicht zum Gegenstand eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens gemacht werden.
4.3.1. Die Klägerin setzt der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben sei, lediglich entgegen, bei einem Streit über wiederkehrende Tatbestände bestehe immer Wiederholungsgefahr, weil die Klägerin grundsätzlich mit einer zwangsweisen Öffnung ohne besondere Gründe („Gefahrenlage“) nicht einverstanden gewesen sei und weiterhin nicht einverstanden sei und „dies nur Unterzwang aufgegeben hat“ [gemeint ist wohl: die Feuerstättenschau nur unter Zwang zugelassen hat]. Sie macht geltend, andernfalls würde der Streit in drei Jahren „bei der nächsten Anordnung einer Wohnungsöffnung“ wieder aufflammen, außerdem gehe es um Grundrechtspositionen, die ein anerkennenswertes Feststellungsinteresse begründeten (Schriftsatz vom 1.6.2018 Nr. 1).
Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Aus ihren Darlegungen ergeben sich keine Sach- oder Rechtsfragen, die zum Einen absehbar künftig erneut auftreten werden und hierbei im Wesentlichen den im (jetzt erledigten) anhängigen Verfahren aufgeworfenen Sach- oder Rechtsfragen gleichen, und die außerdem ohne das erledigende Ereignis bei Fortsetzung des ursprünglichen Anfechtungsklageverfahrens hätten geklärt werden können. Streitgegenstand in diesem Anfechtungsklageverfahren ist – ausgehend vom Sachverhalt und dem zuletzt von der Klägerin erstinstanzlich gestellten Klageantrag – ausschließlich die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 8. Dezember 2017. Regelungsgegenstand dieses Bescheids wiederum war (neben der oben unter Nr. 3 behandelten Fälligstellung des Zwangsgelds) ausschließlich die Androhung der Ersatzvornahme. Die Androhung der Ersatzvornahme ist die Androhung eines Zwangsmittels, die mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden werden, jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Erlass des Grundverwaltungsakts getrennt ausgesprochen werden kann (vgl. Art. 36 Abs. 2 und 1 BayVwZVG). Ergeht über die Androhung eines Zwangsmittels ein vom Grundverwaltungsakt getrennter Bescheid, so kann sich der Regelungsgehalt dieses Bescheids in der Zwangsmittelandrohung erschöpfen. So ist es hier gewesen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer Vollstreckung der Duldungsverpflichtung aus dem Bescheid vom 21. März 2017 vorgelegen haben, nämlich die sofortige Vollziehbarkeit kraft entsprechender behördlicher Anordnung (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 BayVwZVG) und die Nichterfüllung der auferlegten Pflicht durch die Klägerin (Art. 19 Abs. 2 BayVwZVG). Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für eine Ersatzvornahme (Art. 32 Satz 1 und 2 BayVwZVG, vgl. UA Rn. 20 bis 22) hätten vorgelegen. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist demzufolge ausschließlich, ob die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Androhung der Ersatzvornahme gegeben waren.
Der Grundverwaltungsakt (der Bescheid vom 21.3.2017) war bei Androhung der Ersatzvornahme (durch den streitigen Bescheid vom 8.12.2017) sowie auch bei der Durchführung der Ersatzvornahme am 20. Dezember 2017 vollziehbar – was für die Rechtmäßigkeit der Androhung eines weiteren Zwangsmittels grundsätzlich ausreicht. Er war allerdings wegen der noch nicht verbeschiedenen Anfechtungsklage noch nicht unanfechtbar, so dass sich im Umkehrschluss aus Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG ableiten ließe, dass der vorliegend streitgegenständlichen Androhung des Ersatzvornahme vom 8. Dezember 2017 – ursprünglich – auch solche Argumente hätten entgegengehalten werden können, die sich gegen den Grundverwaltungsakt richteten (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 27.9.2000 – 7 ZS 00.2403 – juris Rn. 6). Eine Entscheidung über solche Argumente und über die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts insgesamt ist indes nicht mehr möglich, nachdem das diesbezügliche klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts (VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 – Au 5 K 17.590) mit der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags (BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 22 ZB 18.124) rechtskräftig geworden ist. Die Bindungswirkung dieses rechtskräftigen Sachurteils (§ 121 VwGO) steht dem Verlangen der Klägerin entgegen, über diejenigen Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts (Bescheid vom 21.3.2017) erneut zu befinden, die im Rahmen der Anfechtungsklage gegen eine isolierte Zwangsmittelandrohung in Bezug auf den Grundverwaltungsakt vorgebracht werden könnten, solange dieser noch nicht unanfechtbar ist (Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG). Die Bindungswirkung des rechtskräftigen Sachurteils erfasst vorliegend alle von der Klägerin vorgebrachten Einwände, die sie im Fall der Wiederholung einer im Wesentlichen gleichen Sach- und Rechtslage für berechtigt hält und daher gerichtlich geklärt wissen möchte; denn zu all diesen Gesichtspunkten hat sich das Verwaltungsgericht geäußert. Dies betrifft insbesondere die Rechtsgrundlage für die Anordnung der Feuerstättenschau in § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG nebst der Befugnis des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers, zu diesem Zweck auch gegen den Willen der Betroffenen deren Wohnung – im notwendigen Umfang – zu betreten (VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 – Au 5 K 17.590 – Rn. 26, 27 und 29), die Häufigkeit und den zeitlichen Abstand der Feuerstättenschauen (VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 – Au 5 K 17.590 – Rn. 28) und die Verhältnismäßigkeit der Duldungsanordnung (VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 – Au 5 K 17.590 – Rn. 31). Die Sach- und Rechtsfragen, die sich insoweit für das Anwesen der Klägerin und die darin zu verrichtenden Arbeiten und Überprüfungen nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz stellen, sind also durch rechtskräftiges Urteil geklärt und bedürfen – für den Fall der Wiederholung – keiner Klärung mehr. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht dazu bestimmt und geeignet, in der Art eines Rechtsgutachtens fallübergreifende grundlegende Rechtsfragen solcher Art zu beantworten, wie sie die Klägerin umfangreich in ihren Schriftsätzen vom 1. und 13. Juni 2018 vorgetragen hat; an einer derartigen Klärung besteht kein rechtlich schützenswertes Feststellungsinteresse.
4.3.2. Gesichtspunkte, aus denen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vom 19. April 2018 ergeben könnten und die nicht den Grundverwaltungsakt (Bescheid vom 21.3.2017), sondern die Androhung selbst (Bescheid vom 8. 12.2017) betreffen, lassen sich den Darlegungen der Klägerin nicht entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass – wie oben schon ausgeführt – die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind und die Androhung der Ersatzvornahme dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügt (UA Rn. 24).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungszulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Maßgeblich ist nach dieser Empfehlung zum einen das fälliggestellte Zwangsgeld (250,00 €), zum andern die geschätzten Kosten der Ersatzvornahme (dem angefochtenen Bescheid zufolge gleichfalls 250,00 €), hiervon aber – da es nur um die Androhung der Ersatzvornahme geht – nur die Hälfte, also 125,00 € (vgl. Nr. 1.7.1 Satz 2 Streitwertkatalog). Daraus ergibt sich die Summe von 375,00 €.
Von einer Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung (500,00 €) sieht der Verwaltungsgerichtshof – ebenso wie schon im Beschluss vom 26. Januar 2018 – 22 CS 18.89 – ab, weil sich eine solche Änderung nicht auswirken würde. Die vom Streitwert bzw. vom Gegenstandswert abhängigen Gebühren sind nämlich unterhalb bis einschließlich eines Werts von 500,00 € gleich hoch (vgl. die Tabelle in Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG sowie § 13 Abs. 1 Satz 1 RVG).

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