Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Androhung der Abschiebung eines Asylbewerbers nach Marokko

Aktenzeichen  W 8 K 17.33683

Datum:
23.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17854
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1
AsylG § 3, § 4, § 77 Abs. 2, § 83b
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 2c

 

Leitsatz

1 Einem marokkanischen Asylbewerber droht nach der aktuellen Auskunftslage weder wegen seines Auslandsaufenthalts noch wegen einer Asylantragstellung in Deutschland die Gefahr politischer Verfolgung. Insbesondere erweist sich das Stellen eines Asylantrags im Ausland in Marokko nicht als strafbar und wird von den dortigen Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung bewertet. (Rn. 13) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Im Falle einer Rückkehr nach Marokko ist bei einem jungen und erwerbsfähigen Asylbewerber nach der aktuellen Erkenntnislage das Existenzminimum gewährleistet und eine medizinische Grundversorgung gesichert. Überdies ist ihm zuzumuten, zur Sicherung seines Existenzminimums den nötigen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften und ggf. auf die Unterstützung durch Familienangehörige sowie auf weitere Hilfemöglichkeiten zurückzugreifen (vgl. OVG Münster BeckRS 2018, 9945). (Rn. 14) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 In Marokko ist die medizinische Versorgung auch mittelloser Personen gewährleistet, wenngleich die Behandlungsmöglichkeiten nicht mit europäischen Standards vergleichbar sind. (Rn. 16) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl keiner der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen ist (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. November 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ist nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Der Kläger hat im gesamten gerichtlichen Verfahren keinerlei Klagebegründung vorgebracht und ist auch in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Daher erübrigen sich weitergehende Ausführungen zu den Entscheidungsgründen.
Ergänzend ist nur darauf hinzuweisen, dass sich das Vorbringen des Klägers im behördlichen Verfahren auf Libyen und nicht auf das Land seiner Staatsangehörigkeit Marokko bezieht. Hinsichtlich Marokko sind keine Gründe ersichtlich, die einer Rückkehr des Klägers dahin entgegenstünden.
Eine politische Verfolgung droht dem Kläger nach der Auskunftslage weder wegen seines Auslandsaufenthalts noch seiner Asylantragstellung in Deutschland. Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von der Behörde nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil oder staatlichen Repressionsmaßnahmen wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 14.2.2018, Stand: November 2017, S. 21; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 7.7. 2017, S. 33 f.).
Nach der Erkenntnislage sind des Weiteren – wie auch schon im streitgegenständlichen Bescheid ausführlich dargelegt – das Existenzminimum des Klägers bei einer Rückkehr nach Marokko gesichert und die Grundversorgung sowie die medizinische Versorgung in Marokko gewährleistet (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 14.2.2018, Stand: November 2017, S. 21 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 7.7. 2017, S. 30 ff.). Der Kläger ist noch jung und erwerbsfähig; ihm ist zuzumuten, zur Sicherung seines Existenzminimums den nötigen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften und gegebenenfalls auf die Unterstützung durch Familienangehörige sowie auf weitere Hilfemöglichkeiten zurückzugreifen (ebenso im Ergebnis OVG NRW, U.v. 18.5.2018 – 1 A 2/18.A – juris; VG Cottbus, U.v. 7.11.2017 – 5 K 1230/17.A – juris; VG Greifswald, U.v. 19.9.2017 – 4 A 1408/17 As HGW – juris). Hinzu kommt, dass der Kläger schon vor der Ausreise nicht nur seinen Lebensunterhalt erwirtschaften, sondern auch nach eigenen Angaben 6.000,00 Dollar für seine Reise auftreiben konnte. Außerdem hat er bei der Ausländerbehörde angegeben, dass sein Bruder noch in Marokko lebe (Bl. 5 der Bundesamtsakte). Zudem ist der Kläger nach seinem nunmehr vorgelegten Reisepass fünf Jahre älter als ursprünglich angegeben. Er scheint damit erst recht in der Lage – wie schon längere Zeit in der Vergangenheit –, sein Existenzminimum selbst zu sichern.
Soweit der Kläger im behördlichen Verfahren Angaben zu einer vermeintlichen psychischen Erkrankung (PTBS) gemacht hat, ist schon festzuhalten, dass es dafür an einer qualifizierten ärztlichen Bescheinigung fehlt (§ 60a Abs. 2c AufenthG). Aktuelle Erkenntnisse zu möglichen gesundheitlichen Gründen für ein Abschiebungshindernis liegen überhaupt nicht vor.
Darüber hinaus hat das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid auf Seite 95 ff. schon im Einklang mit der Erkenntnislage ausgeführt, dass die medizinische Versorgung in Marokko gewährleistet ist. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine Karte erhalten, bei deren Vorlage die Behandlungen kostenfrei sind. Chronische und psychiatrische Krankheiten können in Marokko behandelt werden, wenn auch Ausstattung, Qualität und Hygiene nicht mit dem europäischen Standard zu vergleichen sind (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 14.2.2018, Stand: November 2017, S. 22; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 7.7. 2017, S. 32 f.). Letzteres ist gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG auch nicht erforderlich. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seines Gesundheitszustands einer besonderen Behandlung bedürfte, die in Marokko nicht zu erlangen ist oder die er sich nicht leisten könnte (vgl. auch VG Cottbus, U.v. 7.11.2017 – 5 K 1230/17.A – juris; VG Greifswald, U.v. 19.9.2017 – 4 A 1408/17 As HGW – juris).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen.


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