Verwaltungsrecht

Richterablehnung, Befangenheit (verneint), Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht

Aktenzeichen  M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683, M 5 E 21.1684

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40822
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 54
ZPO § 42

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Verfahren M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 werden zur gemeinsamen Entscheidung über die Ablehnungsgesuche verbunden.
II. Die Ablehnungsgesuche gegen Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem mit Schriftsatz vom … März 2021 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) das Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vier beim Bundesfinanzhof (BFH) freie Stellen von Vorsitzenden Richtern/Richterinnen einstweilen nicht mit anderen – im Einzelnen namentlich benannten – Personen zu besetzen, bevor nicht über andere, ebenfalls im Einzelnen näher aufgeführte Verfahren der Antragstellerin jeweils rechtskräftig entschieden und über die Stellenbewerbung der Antragstellerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden worden sei. Die Verfahren sind unter den Aktenzeichen M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 beim Verwaltungsgericht München anhängig. Nach der geltenden Geschäftsverteilung des Gerichts für das Geschäftsjahr 2021 ist hierfür die 5. Kammer zuständig.
Die in der Antragsschrift vom … März 2021 enthaltenen und mit Schriftsatz vom … April 2021 ergänzten Ablehnungsgesuche gegen Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht …, Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … wurden mit Beschluss der 8. Kammer vom 26. April 2021 zur gemeinsamen Entscheidung über die Ablehnungsgesuche verbunden und diese zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom … Mai 2021 teilte die Antragstellerin mit, die gegen Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … gestellten „Ausschließungsanträge“ wegen individueller und institutioneller Befangenheit würden weiterhin aufrechterhalten, u.a. wurde wiederholt die Vorbefassung von Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … in den Verfahren M 5 E 15.5395 und M 5 K 15.5394 gerügt. Zudem wurden mit den Schriftsätzen vom … Mai 2021, … Mai 2021, … Mai 2021, … Juni 2021, *. Juli 2021 und … Juli 2021 weitere Ausschließungsgründe gegen Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … angeführt. Zur Begründung verweist die Antragstellerin insbesondere darauf, dass ihr durch Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … der gesetzliche Richter vorenthalten würde, da die Verfahren M 30 K 17.4441, M 30 K 18.3313, M 30 K 19.480 und M 30 K 20.6576 fälschlicherweise der 30. Kammer und nicht auf Grund Sachzusammenhangs zum Verfahren M 5 K 15.5394 der 5. Kammer zugewiesen worden seien. Des Weiteren Verfügungen getroffen worden, obwohl über die Ausschließungsanträge noch nicht entschieden worden sei. Zudem seien der Antragstellerin kurze Fristen zur Äußerung gesetzt worden. Auch sei der Antragstellerin keine Akteneinsicht gewährt bzw. die Akteneinsicht erschwert worden, da die Akten nur bei Gericht hätten eingesehen werden können. Des Weiteren sei von Richterin … eine Beiladung nur in einem Eilverfahren erfolgt. Auch würden die Rubren in den Verfahren M 5 E 21.1681 und M 5 E 21.1682 nicht den im Rahmen der Dispositionsmaxime ausdrücklich formulierten Anträgen entsprechen. Ferner beantragt sie mit Schriftsatz vom … Mai 2021 die Angehörigen der 8. Kammer Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht …, Richterin am Verwaltungsgericht … sowie Richter(in) am Verwaltungsgericht … jeweils wegen Sorgnis der individuellen und institutionellen Befangenheit von einer weiteren Mitwirkung am Verfahren auszuschließen und begründete dies mit der aus ihrer Sicht willkürlichen und offensichtlich unhaltbaren Ablehnung ihrer Ablehnungsgesuche mit Beschluss vom 26. April 2021. Auf die Begründung der „Ausschließungsanträge“ wird verwiesen.
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … gaben am 16. Juni 2021 jeweils dienstliche Stellungnahmen ab, auf die Bezug genommen wird.
Den Verfahrensbeteiligten wurde daraufhin Gelegenheit gegeben, sich zu den dienstlichen Stellungnahmen bis zum 15. Juli 2021 zu äußern. Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin teilte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2021 mit, man werde sich im Verfahren über den Befangenheitsantrag der Antragstellerin nicht äußern. Die Antragstellerin nahm mit Schriftsatz vom *. Juli 2021, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, Stellung, wiederholte insbesondere ihr bisheriges Vorbringen bezüglich der zu knapp bemessenen Stellungnahmefristen sowie hinsichtlich der Tatsache, dass die Akteneinsicht lediglich vor Ort in den Räumlichkeiten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vorgenommen werden könne. Des Weiteren führte sie an, dass noch dienst Herrn Präsident des Verwaltungsgerichts München … … ausstünden und bat insbesondere um deren Übermittlung unter Setzung einer neuen Frist zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom … Juli 2021 trug die Antragstellerin weiter zu Befangenheitsgründen vor und beschränkte die von ihr zunächst gegen alle Angehörigen der 8. Kammer gestellten Ausschließungsanträge nun auf den Vorsitzenden der 8. Kammer und den/die zuständige(n) Berichterstatter*in bezogen auf die aktive Beteiligung am Beschluss vom 26. April 2021. Diejenigen Angehörigen der 8. Kammer, die an der Fertigung des Beschlusses nicht als Berichterstatter*in bzw. als Vorsitzender beteiligt waren, sollen nicht von den Ausschließungsanträgen erfasst sein.
Wegen des Vorbringens der Antragstellerin im Einzelnen und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684, insbesondere den Beschluss der 8. Kammer vom 26. April 2021 sowie die beigezogenen Gerichtsakten M 5 E 15.5395 und M 5 K 15.5394, insbesondere den Beschluss der 5. Kammer vom 4. April 2017 und den Beschluss der 8. Kammer vom 28. Juni 2017 verwiesen.
II.
Die Ablehnungsgesuche haben keinen Erfolg.
1.1 Über die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin entscheidet die Kammer gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2, § 54 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), i.V.m. § 45 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) als Spruchkörper ohne die abgelehnten Richter in der Besetzung mit drei Richtern (vgl. BVerwG, B.v. 14.11.2012 – 2 KSt 1.11 – juris Rn. 1 m.w.N.). Die aus dem Rubrum ersichtliche Zusammensetzung der Kammer ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts. Richterin am Verwaltungsgericht durfte dabei am Verfahren ohne vorherige Entscheidung über den von der Antragstellerin mit Schreiben vom … Mai 2021 gestellten Befangenheitsantrag gegen die dort bezeichneten Richter der 8. Kammer mitwirken, da die Antragstellerin den Befangenheitsantrag mit Schreiben vom … Juli 2021 (S. 19/20) ausdrücklich auf den Vorsitzenden der 8. Kammer und den/die zuständige Berichterstatter*in beschränkt hat und Richterin am Verwaltungsgericht … nicht Berichterstatterin zum Beschluss vom 26 April 2021 war und somit nicht von dem Ablehnungsgesuch betroffen war.
1.2 Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Die Besorgnis der Befangenheit ist dann gegeben, wenn ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftiger Weise mögliche Besorgnis hat, der Richter werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (st.Rspr. vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 2 BvR 54/04 – NVwZ 2004, 855 sowie B.v. 5.4.1990 – 2 BvR 413/88 – BVerfGE 82, 30/38 sowie B.v. 7.12.1976 – 1 BvR 460/72 – BVerwGE 43, 126; BVerwG, B.v. 20.1.2014 – 7 C 13/13 – NJW 2014, 953, 955; BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 23 A 13.1623 sowie B.v. 31.1.2013 – 5 ZB 12.2690 – jeweils juris). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht zur Ablehnung nicht aus. Die Besorgnis der Befangenheit muss durch genaue Bezeichnung bestimmter Tatsachen dargelegt werden. Die Mitwirkung eines Richters an einem anderen Gerichtsverfahren des die Ablehnung aussprechenden Beteiligten oder in der Vorinstanz bzw. die Mitwirkung an einer für die Beteiligten früher ergangenen ungünstigen Entscheidung (Vorbefassung) vermag die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht zu begründen. Verständiger Anlass zu einem aus einer solchen Vorbefassung hergeleitetem Misstrauen eines Beteiligten gegen die Unparteilichkeit eines Richters besteht erst dann, wenn sich aufgrund besonderer, zusätzlicher Umstände der Eindruck einer unsachlichen, durch Voreingenommenheit oder gar Willkür geprägten Einstellung des Richters aufdrängt (vgl. insgesamt: Schmidt in Eyermann § 54 VwGO, 15. Aufl. 2019, Rn. 15 unter Hinweis auf BVerfG, NVwZ 2009, 581).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze sind hinreichend objektive Gründe, die bei vernünftiger Betrachtungsweise Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … zu zweifeln, weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
2.1 Die Zuweisung der Verfahren M 30 K 17.4441, M 30 K 18.3313, M 30 K 19.480 und M 30 K 20.6576 an die 30. Kammer erfolgte entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan. Es bestand kein zeitlicher oder inhaltlicher Zusammenhang zu dem bei der 5. Kammer geführten Verfahren M 5 K 15.5394. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dies zu einer Befangenheit von Vorsitzendem Richter am Verwaltungsgericht … führen sollte. Ein Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht kann keine Verfahren einer anderen Kammer an sich ziehen. Im Zweifel über die richtige Zuständigkeit entscheidet der Präsident des Verwaltungsgerichtes.
2.2 Die Art und Weise der bisher auf Antrag der Antragstellerin durchgeführten Akteneinsicht begründet bei vernünftiger Würdigung keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters. Es entspricht der ständigen Kammerübung, Akteneinsicht in Akten von Personalbehörden grundsätzlich nur in den Räumen des Verwaltungsgerichts München zu gewähren. Die Akteneinsicht erfolgt in der Bibliothek des Verwaltungsgerichts München und unterliegt auf Grund der Corona-Pandemie einem Hygienekonzept. Die Räume der Bibliothek sind so großzügig, dass die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m sichergestellt ist. Darüber hinaus ist der Zutritt nur mit einem Mund-Nasen-Schutz möglich. Soweit die Akten auch elektronisch vorlagen, wurde der Antragstellerin Akteneinsicht durch Übersendung eines mit Passwort geschützten USB Stick ermöglicht. Dies wurde von der Antragstellerin auch in Anspruch genommen. Da es sich um eine langjährig und gleichförmig praktizierte Übung handelt, kann hieraus bei vernünftiger Würdigung nicht auf eine unsachliche bzw. voreingenommene Haltung des jeweiligen Richters geschlossen werden. Angesichts der Länge der gewährten Fristen kann von einer Befangenheit nicht ausgegangen werden.
2.3 Soweit die Antragstellerin vorbringt, der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht … würde gegen das Verbot sich jeder Amtshandlung zu enthalten, verstoßen, da er vor Erledigung des Ablehnungsgesuches Verfügungen in den jeweiligen Eilverfahren getroffen habe, stellt dies keinen Grund dar, an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden Richters zu zweifeln. Gerade in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes stellt es eine unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 ZPO dar, den anderen Verfahrensbeteiligten zur Ermöglichung des rechtlichen Gehörs die Schriftsätze eines Beteiligten zeitnah zuzuleiten. Die seitens des Vorsitzenden Richters getroffenen Verfügungen stellen ein routinemäßiges Vorgehen bei eingehenden Schriftsätzen dar (Zustellung an die Gegenseite, Gewährung von Akteneinsicht entsprechend der vorgenannten Kammerübung, Fristsetzungen) und begründen daher bei vernünftiger Würdigung keine Zweifel an seiner Unparteilichkeit.
2.4 Das erneute Vorbringen der Antragstellerin, dass der abgelehnte Vorsitzende Richter bereits mit den Verfahren M 5 E 15.5395 und M 5 K 15.5394 der Antragstellerin befasst war, sowie die Bezugnahme auf weitere beim Verwaltungsgericht München anhängige Klageverfahren (M 30 K 17.4441, M 30 K 18.3313, M 30 K 19.480 und M 30 K 20.6576), über welche noch nicht entschieden worden sei, begründet keine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters ******* i.S.d. § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO. Es sind keine Umstände ersichtlich, die auf eine unsachliche, voreingenommene oder von Willkür geprägte Einstellung des Vorsitzenden Richters schließen ließen. Das Institut der Richterablehnung soll eine unparteiische Rechtspflege sichern, nicht aber die Möglichkeit der Überprüfung einzelner Verfahrenshandlungen oder gar der materiellen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung eröffnen. Erst wenn sich für eine Handlungsweise keine vernünftigen und vertretbaren Gründe finden lassen oder eine Handlungsweise die Grenze der Sachlichkeit überschreitet und den Verdacht der Willkür nahelegt, lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2016 – 9 C 16.526 – juris Rn. 5; Kluckert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 54 Rn. 63 ff.; Meissner/Schenk in: Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 54 Rn. 43; Schmidt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 54 Rn. 16; Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 29). Hierfür ist nichts ersichtlich. Der Vortrag der Antragstellerin betrifft dabei Gesichtspunkte, die bereits Gegenstand eines Befangenheitsantrages in den Verfahren M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 waren. Diese wurden mit Beschluss vom 26. April 2021 unanfechtbar zurückgewiesen. Neue Tatsachen wurden insoweit nicht geltend gemacht (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Auflage 2019, § 54 Rn. 18).
2.5 Auch mit ihrem übrigen Vorbringen hat die Antragstellerin weder in ihrem Ablehnungsgesuch vom … Mai 2021 noch in ihrem Schriftsatz vom … Mai 2021, … Mai 2021, … Juni 2021, *. Juli 2021 und … Juli 2021 Gründe glaubhaft gemacht, die geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters … i.S.d. § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO zu begründen – weder für sich genommen noch aufgrund einer von der Antragstellerin angestellten „Gesamtschau“. Zum Teil ist das Vorbringen der Antragstellerin bereits Gegenstand des Beschlusses vom 26. April 2021 gewesen.
3. Auch bezogen auf Richterin … sind hinreichend objektive Gründe, die bei vernünftiger Betrachtungsweise Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin zu zweifeln, weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
3.1 Die Art und Weise der bisher auf Antrag der Antragstellerin durchgeführten Akteneinsicht begründet bei vernünftiger Würdigung keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richterin … Wie dargelegt, entspricht es der ständigen Kammerübung, Akteneinsicht in Akten von Personalbehörden grundsätzlich nur in den Räumen des Verwaltungsgerichts München zu gewähren. Die Akteneinsicht erfolgt in der Bibliothek des Verwaltungsgerichts München und unterliegt auf Grund der CoronaPandemie einem Hygienekonzept. Die Räume der Bibliothek sind so großzügig, dass die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m sichergestellt ist. Darüber hinaus ist der Zutritt nur mit einem Mund-Nasen-Schutz möglich. Soweit die Akten auch elektronisch vorlagen, ist die Akteneinsicht durch Übersendung als Passwort geschützten USB Stick möglich. Dies wurde von der Antragstellerin auch in Anspruch genommen. Da es sich um eine langjährig und gleichförmig praktizierte Übung handelt, kann hieraus bei vernünftiger Würdigung nicht auf eine unsachliche bzw. voreingenommene Haltung des jeweiligen Richters geschlossen werden.
3.2 Die seitens der Richterin getroffenen Verfügungen stellen ein routinemäßiges Vorgehen bei eingehenden Schriftsätzen dar (Zustellung an die Gegenseite, Gewährung von Akteneinsicht entsprechend der vorgenannten Kammerübung, Fristsetzung) und begründen daher bei vernünftiger Würdigung keine Zweifel an ihrer Unparteilichkeit. Gerade in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes stellt es eine unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 ZPO dar, den anderen Verfahrensbeteiligten zur Ermöglichung des rechtlichen Gehörs die Schriftsätze eines Beteiligten zeitnah zuzuleiten. Gleiches gilt für die von Richterin … getroffenen Fristsetzungen. Angesichts der Länge der gewählten Fristen ist bei vernünftiger Betrachtungsweise kein Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit der Richterin zu zweifeln und es kann nicht von einer Befangenheit ausgegangen werden.
3.3 Auch soweit der Umgang von Richterin … mit den Beiladungen anderer Beteiligter in den von der Antragstellerin angestrengten Verfahren angeführt wird, sind keine Umstände ersichtlich, die auf eine unsachliche, voreingenommene oder von Willkür geprägte Einstellung der Richterin schließen ließen. Das Institut der Richterablehnung soll eine unparteiische Rechtspflege sichern, nicht aber die Möglichkeit der Überprüfung einzelner Verfahrenshandlungen oder gar der materiellen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung eröffnen. Erst wenn sich für eine Handlungsweise keine vernünftigen und vertretbaren Gründe finden lassen oder eine Handlungsweise die Grenze der Sachlichkeit überschreitet und den Verdacht der Willkür nahelegt, lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2016 – 9 C 16.526 – juris Rn. 5; Kluckert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 54 Rn. 63 ff.; Meissner/Schenk in: Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 54 Rn. 43; Schmidt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 54 Rn. 16; Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 29). Hierfür ist nichts ersichtlich. Der Vortrag der Antragstellerin betrifft dabei Gesichtspunkte, die bereits Gegenstand eines Befangenheitsantrages in den Verfahren M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 waren. Diese wurden mit Beschluss vom 26. April 2021 unanfechtbar zurückgewiesen. Neue Tatsachen wurden insoweit nicht geltend gemacht (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Auflage 2019, § 54 Rn. 18).
3.4 Auch ergeben sich solche Gründe entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht daraus, dass die Bezeichnungen in den Rubren in den Verfahren M 5 E 21.1681 und M 5 E 21.1682 nicht den im Rahmen der Dispositionsmaxime ausdrücklich formulierten Anträgen entsprechen sollen. Die gewählten Bezeichnungen erscheinen weder unsachlich noch willkürlich und vermögen die Besorgnis der Befangenheit der befassten Richterin daher nicht zu begründen. Es liegt offensichtlich kein Verstoß gegen § 117 VwGO durch Richterin H. vor. Insoweit die Antragstellerin darauf abzielt, der Streitgegenstand in den Verfahren M 5 E 21.1681 und M 5 E 21.1682 entspräche nicht ihren Anträgen, ist klarstellend festzuhalten, dass der Streitgegenstand in den beiden Verfahren zum einen die Besetzung der Stelle des Präsidenten des BFH, zum anderen die Besetzung der Stelle des Vizepräsidenten des BFH umfasst. Aus der Bewerbung der Antragstellerin vom … Juni 2020, aus dem Auswahlvermerk vom 9. Februar 2021 sowie auch aus der Mitteilung an die Antragstellerin vom 22. Februar 2021 geht eindeutig hervor, dass es sich um die Stellen des Präsidenten bzw. des Vizepräsidenten des BFH handelt. – 12 – 20 4. Einer Aufforderung zur Abgabe von dienstlichen Äußerung von Herrn Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht … sowie Herrn Präsident des Verwaltungsgericht München … … bedurfte es nicht, weil sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt für die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständige Kammer aus den ihr vorliegenden Unterlagen ergibt (vgl. dazu: Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 34 m.w.N.).
5. Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedurfte es im vorliegenden Verfahren nicht, weil es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt, dessen Kosten Teil der Verfahrenskosten im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO sind, über die im Rahmen der die Instanz beendende Entscheidung zu befinden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben