Verwaltungsrecht

Ruhensanordnung über Versorgungsbezüge muss nicht aufgehoben werden

Aktenzeichen  3 ZB 14.2524

Datum:
27.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 50053
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KWBG aF Art. 21, Art. 123
KWBG Art. 29, Art. 51
BayVwVfG Art. 48, Art. 49, Art. 51
BeamtVG § 47

 

Leitsatz

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit im Sinne von Art. 48 BayVwVfG ist grundsätzlich der Erlass des Verwaltungsaktes. Erst nach Erlass des Verwaltungsaktes vorgetragene Gesichtspunkte sind nicht zu berücksichtigen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage ist nur dann im Sinne von Art. 49 BayVwVfG relevant, wenn diese vom ursprünglichen Verwaltungsakt umfasst wurde. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 13.1880 2014-10-21 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 14.864,42 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 27. Dezember 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2012 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 15. November 2011 auf Aufhebung der Ruhensanordnung des Beklagten vom 17. April 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, zu Recht abgelehnt.
1.1 Die Entscheidung des Beklagten, das Verfahren mangels nachträglicher Änderung der Sach- und Rechtslage gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG nicht wieder aufzugreifen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ein solcher Antrag war auch bereits gemäß Art. 51 Abs. 2 BayVwVfG unzulässig, da die Klägerin schuldhaft versäumte, den für das Wiederaufgreifen geltend gemachten Grund im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahren gegen die Ruhensanordnung ihrer Versorgungsbezüge (Bescheid vom 17. April 2008) vorzubringen.
1.2 Soweit sich nach Auffassung des Beklagten die beantragte Aufhebung der Ruhensanordnung auch nicht auf Art. 51 Abs. 5 i. V. m. 48, 49 BayVwVfG stützen lässt, so ist dies vom Verwaltungsgericht zu Recht nicht beanstandet worden. Anhaltspunkte für ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
1.2.1 Eine Rücknahme des Bescheids vom 17. April 2008 gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat der Beklagte zu Recht abgelehnt.
Auf der Grundlage des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kommt nur die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes für die Zukunft oder die Vergangenheit in Betracht. Soweit das Verwaltungsgericht jedoch zum Ergebnis gelangt, dass der Bescheid vom 17. April 2008, in dem der Beklagte das Ruhen der Versorgungsbezüge der Klägerin bis zur Vollendung ihres 62. Lebensjahrs auf der Grundlage des Art. 123 Abs. 1 des Gesetzes über die Kommunalen Wahlbeamte (KWBG) vom 19. November 1970 (GVBl S. 616), i. d. F. der Bekanntmachung vom 23. Januar 2008 (GVBl S. 36) – KWBG a. F. – anordnete, formell und materiell rechtmäßig ist, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
Gemäß Art. 123 Abs. 1 KWBG a. F., der inhaltlich im Wesentlichen mit der nunmehrigen, am 1. August 2012 in Kraft getretenen Vorschrift des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 KWBG i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. Juli 2012 (GVBl S. 366) – KWBG n. F. – übereinstimmt, kann der Dienstherr, obwohl sich für den Beamten auf Zeit aus seinem Rechtsverhältnis zum Dienstherrn – anders als bei berufsmäßigen Gemeinderatsmitgliedern (vgl. Art. 21 Abs. 2 KWBG a. F. bzw. Art. 17 Abs. 2 KWBG n. F.) – eine spezielle Wiederwahlverpflichtung nicht ergibt, anordnen, dass der Anspruch auf die dem Ruhestandsbeamten zustehende Versorgungsleistungen bis längstens zur Vollendung des 62. Lebensjahres ruht, wenn sich der Beamte auf Zeit ohne wichtigen Grund nicht zur Wiederwahl für sein Amt stellen lässt.
Soweit der Beklagte im Rahmen der Entscheidung über das Ruhen der Versorgungsbezüge im Bescheid vom 17. April 2008 auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 27. März 2008 und ihrer Presseerklärung vom 5. März 2007 zur Auffassung gelangt ist, dass bei der Klägerin kein wichtiger Grund vorgelegen habe, sich nicht zur Wiederwahl für das Amt als Landrätin im Landkreis F… zu stellen, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Begriff des „wichtigen Grundes“ ist ein gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Inhalt nach dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Regelung näher zu bestimmen ist. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf (Beilage 525 v. 8.7.1963, Lt-Drs. 05/525) des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte vom 16. Juni 1964 (GVBl S. 113) – KWBG 1964 – sollte das Ruhen der Versorgungsbezüge angeordnet werden dürfen, wenn eine Wiederbegründung des Beamtenverhältnisses durch „persönliches Verschulden“ nicht zustande kam, weil sich der kommunale Wahlbeamte ohne wichtigen Grund nicht zur Wiederwahl stellen ließ (vgl. Art. 18 KWBG 1952) oder (insoweit auf weitere Fälle ausgedehnt), die Wahl nicht angenommen hat, obwohl er dienstfähig war (Art. 123 Abs. 1 Nr. 1a KWBG 1964). Ein wichtiger Grund wird in der Regel deshalb in den Fällen anzunehmen sein, in denen eine erneute Amtsübernahme aus gesundheitlichen, familiären oder sonstigen persönlichen Gründen auch unter Berücksichtigung der Belange des Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann (Praxis der Kommunalverwaltung, Landesausgabe Bayern, Beck-Online, Anm. C Erl. 6.3.5). Hierunter muss ebenfalls fallen, wenn die Partei oder Wählergruppe trotz der Bereitschaft des kommunalen Wahlbeamten, erneut zu kandidieren, diesen nicht nominiert oder auf einen Wahlvorschlag verzichtet. Einen wichtigen Grund in diesem Sinne hat die Klägerin aber gerade nicht vorgetragen. Soweit sich der Beklagte für seine Bewertung im April 2008 insofern auf die Presseerklärung der Klägerin vom 5. März 2007 und ihre Stellungnahme vom 27. März 2008 stützt, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat ihre Entscheidung damals ausdrücklich damit begründet, dass sie eine Veränderung brauche und nach engagiertem jahrelangen Einsatz, in dem sie alle sich selbst gesetzten kommunalpolitischen Ziele, für die sie gewählt worden sei, erreicht habe, nunmehr neue Wege gehen wolle und für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung stehe. Gerade die Reaktion in ihrer Partei (im Hinblick auf die Ereignisse ab Dezember 2006) habe ihr neue Wege eröffnet und Chancen aufgezeigt. Dafür danke sie der CSU, da sie sonst nie erfahren hätte, welch große Unterstützung sie in der Öffentlichkeit habe. Zudem betonte die Klägerin stets die Eigenständigkeit ihrer offen und ehrlich bekundeten persönlichen Entscheidung.
Zu Recht ist der Beklagte aufgrund der Erklärungen der Klägerin im Rahmen der Entscheidung über das Ruhen der Versorgungsbezüge im April 2008 zum Ergebnis gelangt, dass ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 123 Abs. 1 KWBG a. F. für ein Absehen von einer weiteren Kandidatur bei der Klägerin nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die weiteren, erst später vorgetragenen Gesichtspunkte, die Klägerin habe angesichts objektiv erkennbarer Anhaltspunkte, nicht mehr nominiert zu werden, auf eine erneute Kandidatur wegen der fehlenden innerparteilichen Unterstützung verzichtet, zum Zeitpunkt der Entscheidung vom Beklagten nicht zu berücksichtigen waren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit im Sinne von Art. 48 BayVwVfG ist nämlich grundsätzlich der Erlass des Verwaltungsaktes (Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl. 2014, § 48 Rn. 48). Auf die Frage, ob diese später vorgebrachten Umstände ebenfalls einen wichtigen Grund im Sinne von Art. 123 Abs. 1 KWBG a. F. begründen könnten, sich nicht zur Wiederwahl zu stellen, kommt es deshalb insofern nicht an. Dies wäre nach Auffassung des Senats allenfalls dann denkbar gewesen, wenn die Klägerin aufgrund objektiver Gesichtspunkte davon hätte ausgehen müssen, von ihrer Partei nicht mehr aufgestellt zu werden bzw. keinerlei Chancen auf eine Wiederwahl gehabt hätte. Trotz der innerparteilichen Querelen zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung, nicht mehr zur Wahl anzutreten, lässt sich dies aufgrund des von der Klägerin selbst angeführten noch bestehenden Rückhalts in der Bevölkerung und dem Hinweis auf ihre kommunalpolitischen Erfolge jedoch nicht ohne weiteres schlussfolgern. So verweist die Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Aufhebung der Ruhensanordnung am 15. November 2011 selbst darauf, dass sie noch im Sommer/Herbst 2007 weite Teile der Bevölkerung an der Spitze der CSU sehen wollten (Umfrage des Magazin Focus vom 27. Juli 2007; Forsa-Umfrage vom 3. August 2007; Münchner Institut für Marktforschung vom 21. September 2007). Auch der innerparteiliche Rückhalt wurde mit einem Sympathiewert von 20 Prozent angegeben, so dass von einem Fehlen jeglicher innerparteilicher Unterstützung gerade nicht auszugehen ist. Aufgrund des – auch aus ihrer eigenen Sicht bestehenden – großen Rückhalts in der Bevölkerung, vor allem in ihrem Landkreis, wäre zudem ein Wahlerfolg auch nach einem Parteiaustritt oder -wechsel durchaus nicht unwahrscheinlich gewesen.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Ermessensausübung im Rahmen der Entscheidung über das Ruhen der Versorgungsbezüge nicht beanstandet. Die maßgeblichen Erwägungen, die der Beklagte bei der Entscheidung vom 17. April 2008 angestellt hat und die letztendlich nach einer Übergangszeit von 12 Monaten zu einem Ruhen der Versorgungsbezüge bis zur Vollendung des 62. Lebensjahrs geführt hat, wurden von der Klägerin nicht substantiiert angegriffen. Bei der Frage, ob eine Ruhensanordnung generell angemessen erscheint, hat der Beklagte ausdrücklich den relativ langen Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bzw. des Zeitpunkts, bis zu dem eine Ruhensanordnung möglich ist, sowie die uneingeschränkte Erwerbsfähigkeit der Klägerin berücksichtigt.
Soweit die Klägerin rügt, bei der Auslegung des Begriffs „wichtiger Grund“ sei vom Verwaltungsgericht das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 123 Abs. 1 KWBG nicht ausreichend gewürdigt worden, kann sie ebenfalls nicht durchdringen. Den im Bescheid vom 17. April 2008 getroffenen Erwägungen ist zu entnehmen, dass sich die Beklagte durchaus ihres bestehenden Ermessensspielraums bewusst war.
Soweit die Klägerin die fehlende Auseinandersetzung im Urteil des Verwaltungsgerichts mit den Ausführungen im Klagebegründungsschriftsatz vom 23. Oktober 2013 als Gehörverstoß gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO ansieht, kann sie ebenfalls keine ernstlichen Zweifel am verwaltungsgerichtlichen Urteil begründen. Das Gericht hat diese Ausführungen, die sich äußerst umfangreich mit der in den Medien erfolgten Berichterstattung zu den Ereignissen rund um die Klägerin ab Dezember 2006 beschäftigen, unter dem Stichwort „Politischer Aschermittwoch“ zusammengefasst und ausführlich dargelegt, warum es hierauf für die Frage der Rechtmäßigkeit der Ruhensanordnung nicht ankommt.
Im Rahmen der Ausgestaltung der Ruhensanordnung wurden insbesondere die wirtschaftliche Situation der Klägerin, mögliche kritische Punkte bei der Realisierbarkeit einer neuen beruflichen Tätigkeit sowie ihre vorhandenen Verdienste für den Landkreis in den Blick genommen und letztendlich in Anlehnung an § 47 BeamtVG ein Hinausschieben der Ruhensanordnung unter Abwägung aller Gesichtspunkte – auch der langjährigen Amtszeit der Klägerin – um 12 Monate beschlossen. Inwieweit diese Erwägungen, die sich am Übergangsgeld für entlassene Beamte orientierten, ermessensfehlerhaft sein könnten, wurde von der Klägerin nicht vorgetragen.
Mit dem Einwand, die Anrechnung von Erwerbs- bzw. Erwerbsersatzeinkommen wäre kraft Gesetzes eingetreten und sei im Rahmen der Entscheidung nicht zu berücksichtigen gewesen, kann die Klägerin ebenfalls nicht durchdringen. Sie verkennt, dass § 47 Abs. 5 BeamtVG unmittelbar auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar ist, da kommunalen Wahlbeamten im Ruhestand ein Übergangsgeld grundsätzlich nicht zusteht. Soweit der Beklagte das Ruhen der Versorgung erst ab einem Zeitpunkt anordnet, ab dem das Ruhegehalt in einer Höhe geflossen ist, die dem bei Entlassung nach einer Amtszeit zustehenden Übergangszeit entspricht (vorliegend aufgrund der langjährigen Amtszeit sogar zwei Monate darüber hinaus), so ist dies rechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die einhergehende, an § 47 Abs. 5 BeamtVG orientierte Entscheidung des Beklagten, ggf. erzieltes Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von § 53 Abs. 7 BeamtVG in dieser Zeit zum Ruhen der Versorgung in dieser Höhe führen zu lassen (vgl. Praxis der Kommunalverwaltung, Landesausgabe Bayern, Beck-Online, Anm. C, Erl. 6.3.5).
1.2.2 Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Widerruf der Ruhensanordnung vom 17. April 2008 gemäß Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG zu. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die im Ermessen stehende Entscheidung im Bescheid vom 27. Dezember 2011 und Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2012, mit der die beantragte Aufhebung der Ruhensanordnung abgelehnt wurde, nicht beanstandet.
Gemäß Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG kann ein nicht begünstigender Verwaltungsakt grundsätzlich jederzeit, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, widerrufen werden. Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde (vgl. Kopp, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 49 Rn. 21, 23). Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage, die nunmehr eine Aufrechterhaltung des ursprünglichen Verwaltungsaktes nicht mehr erfordern oder zulassen würde, wurde jedoch nicht vorgetragen. Soweit nachträglich von der Klägerin andere Motive für den Nichtantritt zur Wiederwahl vorgebracht werden als im Zeitpunkt ihrer Entscheidung am 5. März 2007, so sind auch diese nicht geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne von Art. 123 Abs. 1 KWBG zu begründen (s.o. 1.2.1). Das Vorbringen der Klägerin stellt die Ermessensentscheidung des Beklagten im Bescheid vom 27. Dezember 2011, die ursprüngliche Anordnung zum Ruhen der Versorgungsbezüge nicht zu widerrufen, nicht ernsthaft in Frage. Die uneingeschränkte Erwerbsfähigkeit der Klägerin wurde nach wie vor ebenso wenig bestritten, wie ihre finanzielle Leistungsfähigkeit. Das von der Klägerin geltend gemachte (damals) bevorstehende Ausscheiden aus dem Bayerischen Landtag war zu Recht vom Beklagten nicht in seine Abwägung miteinzubeziehen, da die Zugehörigkeit zum Landtag auch bei der ursprünglichen Entscheidung über das Ruhen der Versorgungsbezüge nicht relevant war. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Ausscheiden aus dem Landtag beruflich nicht mehr Fuß fassen könnte, wurden nicht vorgetragen und waren für den Beklagten auch nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte im Wunsch der Klägerin, ihren weiteren politischen Wirkungsweg mit finanziellem Rückhalt und unabhängig von einem politischen Mandat zu gehen, deshalb nicht als Grund für eine nachträgliche Änderung der getroffenen Ruhensanordnung vom 17. April 2008 gesehen hat, da er diesen Gesichtspunkt bereits in der damaligen Entscheidung berücksichtigt habe und seiner Meinung nach weiterhin die uneingeschränkte Möglichkeit für eine neue berufliche Tätigkeit der Klägerin bestehe, so ist dies zu Recht vom Verwaltungsgericht nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet worden.
2. Der Rechtssache fehlt auch die grundsätzliche Bedeutung gemäß Art. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Eine Rechts- und Tatsachenfrage ist dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, höchstrichterlich oder durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts noch nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist. Die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58.10 – juris Rn. 3; B.v. 17.12.2010 – 8 B 38.10 – juris Rn. 7 f.).
Die von der Klägerin formulierte Rechtsfrage „Verbietet sich zum Zeitpunkt einer über einen Antrag auf Aufhebung eines belastendenden Verwaltungsaktes gemäß Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung die Berücksichtigung einer zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Änderung der Sachlage deshalb, weil ein zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung des belastenden Verwaltungsaktes gemäß Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG vorliegender tatsächlicher Umstand zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Ausgangsverwaltungsakt nicht zu berücksichtigen war oder aber nicht berücksichtigt werden konnte“, ist nicht klärungsbedürftig. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage ist nur dann im Sinne von Art. 49 BayVwVfG relevant, wenn diese vom ursprünglichen Verwaltungsakt mitumfasst wurde (vgl. Kopp, VwVfG a. a. O. Art. 49 Rn. 21b). Dies ist im Hinblick auf die Zugehörigkeit der Klägerin zum Landtag gerade nicht der Fall (s.o. 1.2.2). Das bevorstehende Ausscheiden der Klägerin aus dem Landtag musste der Beklagte im Rahmen seiner Ermessensentscheidung als nachträgliche Änderung der Sachlage ebenfalls nicht berücksichtigen, da die Zugehörigkeit zum Landtag für die ursprüngliche Entscheidung, in der das Ruhen der Versorgungsbezüge angeordnet wurde, ebenfalls keine Rolle spielte. Der Beklagte konnte zum Zeitpunkt seiner damaligen Entscheidung – ebenfalls wie zum Zeitpunkt der Ablehnung der Aufhebung dieser Entscheidung – davon ausgehen, dass die Klägerin uneingeschränkt erwerbsfähig ist und gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt bestehen. Das Ergebnis der Landtagswahl 2008, nach der die Klägerin erfolgreich in den Bayerischen Landtag gewählt wurde, zeigt auch im Nachhinein, dass der Beklagte die beruflichen Chancen der Klägerin realistisch eingeschätzt hat. Anhaltspunkte dafür, dass diese Chancen und Möglichkeiten sich zum Zeitpunkt des Antrags auf Aufhebung der Ruhensanordnung Ende 2011 grundlegend verändert hätten, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Im Übrigen hat es die Klägerin auch versäumt, darzulegen, warum der aufgeworfenen Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO 14. Auflage, § 124a Rn. 72).
3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 40, § 52 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 GKG i. V. m. 1.4 des Streitwertkatalogs 2013 (Bescheidungsantrag).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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