Verwaltungsrecht

Sofortverfahren, Dublin-Verfahren, iranische Staatsangehörigkeit, Abschiebungsanordnung nach Italien, keine systemischen Mängel in Italien, keine Abschiebungsverbote, COVID-19-Pandemie, Ablehnung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  W 8 S 21.50318

Datum:
30.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40170
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7
Dublin III-VO Art. 13 Abs. 1
Dublin III-VO Art. 22
ZPO § 114

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch im Klageverfahren W 8 K 21.50317 abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, iranischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am 5. Juli 2021 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 5. Juli 2021 Kenntnis erlangte, und stellte am 3. August 2021 einen förmlichen Asylantrag.
Nach Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates (Italien) gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 8. September 2021 reagierten die italienischen Behörden nicht.
Mit Bescheid vom 10. November 2021 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf fünfzehn Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Am 22. November 2021 (mit Korrektur vom 23.11.2021) ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 21.50317 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und neben Prozesskostenhilfe gleichzeitig im vorliegenden Sofortverfahren b e a n t r a g e n,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid der Gegenseite vom 10. November 2021 anzuordnen.
Zur Begründung ließ der Antragsteller – unter Verweis auf diverse Gerichtsentscheidungen sowie Erkenntnismittel – im Wesentlichen ausführen: Die Beklagte habe die 2-Monats-Frist des Art. 21 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO nicht eingehalten. Der Schutzantrag sei am 5. Juli 2021 zugegangen; erst am 8. September 2021 sei das Übernahmeersuchen erfolgt. Überwiegendes spreche aufgrund der Rechtsprechung und Erkenntnismittel für die Annahme systemischer Mängel der Aufnahmebedingungen in Italien für Dublin-Rückkehrer, da es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass caritative Einrichtungen die Obdachlosigkeit von Rückkehrern auffangen könnten. Die Unterbringung von Dublin-Rückkehrern erfolge nicht immer zeitnah. Erstregistrierung und förmliche Aufnahme erfolgten nicht am gleichen Tag. Ohne ausreichende Geldmittel seien Betroffene auf Notunterkünfte angewiesen. Anerkannte Schutzberechtigte seien nicht in der Lage, an „Bett, Brot und Seife“ zu gelangen. Der Antragsteller sei der italienischen Sprache nicht mächtig. Wegen der Corona-Krise sei es nicht ersichtlich, dass er zwei Wochen nach der Ankunft eine lebensunterhaltsichernde Arbeit erhalten könnte.
Die Antragsgegner b e a n t r a g t e mit Schriftsatz vom 24. November 2021, den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Verfahrens W 8 K 21.50317) sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10. November 2021 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet bleiben zu dürfen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen, die 2-Monats-Frist für die Stellung des Übernahmeersuchens seien nicht eingehalten worden. Des Weiteren ließ er unter Zitierung zahlreicher Gerichtsentscheidungen und Erkenntnismittel ausführen, dass er keine Unterkunft erhalten und auch sein Existenzminimum nicht sichern könne. Diese Gründe machen den streitgegenständlichen Bescheid indes nicht rechtswidrig und stehen auch einer Abschiebung nach Italien von Rechts wegen nicht entgegen. Insofern ist darauf aufmerksam zu machen, dass die zitierten Entscheidungen und Erkenntnismittel ganz überwiegend aus dem Jahr 2019 und älter stammen, vereinzelt aus Anfang 2020, aber nicht auf die zu der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte aktuelle Sach- und Rechtslage eingehen. Zudem berücksichtigen die allgemeinen Ausführungen über die Aufnahmebedingungen in Italien nicht die konkrete Situation des Antragstellers als alleinstehenden Mann, der sich in Italien nach eigenen Angaben zwei Wochen in Quarantäne befunden, aber noch keinen Asylantrag gestellt habe.
Italien ist gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 und 7 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers zuständig (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG). Italien hat nicht fristgerecht auf das Übernahmeersuchen reagiert. Somit ist gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung für Italien nach sich zieht, den Antragsteller aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft in Italien zu treffen.
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist auch nicht die 2-Monats-Frist des Art. 21 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO versäumt, weil diese nur bei einer EURODAC-Treffermeldung gilt. An einem EURODAC-Treffer fehlt es jedoch. Eine entsprechende Abfrage ergab laut der vorliegenden Bundesamtsakte keine Erkenntnisse. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der Angabe des Antragstellers bei seiner Anhörung, er habe in Italien keinen Asylantrag gestellt. Infolgedessen bleibt es bei der Regelung des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 der Dublin III-VO, wonach eine 3-Monats-Frist für die Stellung des Übernahmeersuchens läuft. Diese Frist ist ausgehend vom 5. Juli 2021 bis zum Übernahmeersuchen vom 8. September 2021 offenkundig eingehalten.
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht gegeben. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand auch unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/19 u.a. – NVwZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das italienische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) ausgesetzt wären.
Das gemeinsame Europäische Asylsystem beruht auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“ bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 79). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 80). Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller defizitärer Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – InfAuslR 2014, 293 – juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2020 – 1 C 34/19 – Buchholz 402.251, § 29 AsylG Nr. 11 mit Anm. Berlit v. 9.11.2020 in jurisPR-BVerwG 23/2021 Anm. 1; jeweils m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem zu überstellenden Mitgliedstaat nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – ZAR 2013, 336, 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthalte, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihnen dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens stehen deshalb nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.
Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind hoch. Konkretisierend hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019 (C-163/17 – juris Rn. 91) ausgeführt, dass systemische Schwachstellen nur dann als Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu werten seien, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht werde, die von sämtlichen Umständen des Falles abhänge. Diese Schwelle sei aber selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden seien, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befinde, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden könne. Die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats müsse zur Folge haben, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befinde, die es ihr nicht erlaube, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden (kurz: „Bett, Brot, Seife“), und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – ZAR 2019, 192 – juris Rn. 92 f.; vgl. weiter BVerwG, U.v. 20.5.2020 – 1 C 34/19 – Buchholz 402.251, § 29 AsylG Nr. 11 mit Anm. Berlit v. 9.11.2020 in jurisPR-BVerwG 23/2021 Anm. 1; jeweils m.w.N.).
Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen bestehen aufgrund der aktuellen Erkenntnislage des Gerichts keine Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger systemischer Mängel im italienischen Asylsystem, zumal der Antragsteller ganz überwiegend bei seinen Ausführungen zum Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen in Italien auf Rechtsprechungen und Erkenntnisse bis Ende 2019, Anfang 2020 zurückgegriffen hat, aber nicht die aktuelle Sach- und Rechtslage einbezogen hat. Zudem ist er nicht auf seine konkrete Situation eingegangen. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer. Sofern Dublin-Rückkehrer einen Asylantrag stellen, wird ein Asylverfahren durchgeführt bzw. ein bereits anhängiges Verfahren wird fortgesetzt. Grundsätzlich erhalten auch Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung – im Einzelnen: Unterbringung, Verpflegung; Sozialbetreuung, Information, linguistisch-kulturelle Mediation; notwendige Transporte; medizinische Betreuung: Erstuntersuchung, ärztliche Betreuung in den Zentren zusätzlich zum allgemeinen Zugang zum nationalen Gesundheitsdienst; Hygieneprodukte; Wäschedienst und Waschprodukte; Startpaket (Kleidung, Bettzeug, Telefonkarte); Taschengeld (2,50 EUR/Tag/Person bis zu 7,50 EUR/Tag für eine Kernfamilie); Schulbedarf usw. (siehe BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020 S. 4 f. und 13 ff.; vgl. neben der schon im streitgegenständlichen Bescheid zitierten Rechtsprechung insbesondere zuletzt etwa noch VG Würzburg, B.v. 18.11.2021 – W 2 S 21.50306; B.v. 10.11.2021 – W 1 S 21.50298; B.v. 26.10.2021 – W 5 S 21.50269; B.v. 30.9.2021 – W 9 S 21.50234; B.v. 21.12.2020 – W 8 S 20.50319 – juris sowie BayVGH, B.v. 10.11.2021 – 14 ZB 21.50043 – juris; B.v. 8.6.2021 – 6 ZB 21.50037 – juris; B.v. 4.5.2021 – 6 ZB 21.50026, 7837353 – juris; B.v. 4.5.2021 – 6 ZB 21.50027, 7831353 – juris; VGH BW, B.v. 8.11.2021 – A 4 S 2850/21 – juris; VG Chemnitz, U.v. 22.10.2021 – 5 L 449/21.A, 9968850 – juris; VG Leipzig, B.v. 22.10.2021 – 5 L 618/21.A, 8461440 – juris; VG Aachen, B.v. 1.10.2021 – 9 L 487/21.A, 8412306 – juris; VG München, B.v. 21.9.2021 – M 19 S 21.50527, 8426350 – juris; VG Trier, U.v. 3.9.2021 – 7 K 388/21.TR, 8302557, 746582 – juris; VG Hamburg, B.v. 1.9.2021 – 9 AE 1424/21, 8283742 – juris; VG Bremen, B.v. 31.8.2021 – 6 V 721/21 – juris; VG Augsburg, G.v. 16.8.2021 – Au 3 K 21.50069 – juris; OVG Rh-Pf, B.v. 9.4.2021 – 7 A 11654/20.OVG, 7839562, 7973287 – juris. Anderer Ansicht etwa VG Hannover, B.v. 10.11.2021 – 12 B 5205/21 – juris; VG Freiburg, B.v. 10.11.2021 – A 9 K 2793/21 – juris; VG Köln, U.v. 18.10.2021 – 15 K 2987/19.A, 7786315 – juris; VG Dresden, B.v. 16.9.2021 – 12 L 536/21.A, 8287497 – juris; VG Kassel, U.v. 24.8.2021 – 3 K 1923/19.KS.A – juris; VG Düsseldorf, U.v. 9.8.2021 – 29 K 1915/19.A – juris; OVG NRW, U.v. 20.7.2021 – 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A – juris; HessVGH, B.v. 11.1.2021 – 3 A 539/20.A – juris; jeweils m.w.N. zu den einschlägigen Erkenntnisquellen).
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, B.v. 26.10.2021 – W 5 S 21.50269) hat zum Asylverfahren und zu den Aufnahmebedingungen in Italien im Einzelnen ausgeführt:
„In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Italien, Stand: 11.11.2020, S. 5). An italienischen Flughäfen sind Nichtregierungsorganisationen für die Information der Dublin-Rückkehrenden zuständig (aida/ASGI, Country Report: Italy, 2020 Update, Stand: Juni 2020, S. 69, im Folgenden: aida, Country Report Italy 2020). Wenn Italien der Überstellung ausdrücklich zugestimmt hat, wird der Flughafen mitgeteilt, zu dem die Rückkehrenden überstellt werden sollen, um die zuständige Behörde am einfachsten erreichen zu können. In anderen Fällen wird den Rückkehrenden von der Grenzpolizei mitgeteilt, bei welcher Behörde sie sich melden müssen. Den Transport dorthin müssen sie in der Regel selbst organisieren (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 69 f.). Dublin-Rückkehrende werden behandelt wie alle Asylsuchenden. Sie haben insbesondere auch Anspruch auf Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung, falls ihnen dieses Recht nicht entzogen wurde (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, Stand: Januar 2020, S. 47). Personen, deren Antrag auf internationalen Schutz bereits abgelehnt wurde, können einen Folgeantrag stellen. Folgeantragstellende können sich auf dieselben rechtlichen Garantien wie Erstantragstellende berufen und können in Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, sofern Plätze verfügbar sind (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 89). Im Falle eines Folgeantrags wird kurzfristig über dessen Zulässigkeit entschieden. Sollte der Folgeantrag unzulässig sein, kann das Recht auf Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung widerrufen werden (aida, Country Report Italy 2020, S. 89 f.). Das italienische Aufnahmesystem ist in den vergangenen Jahren mehrfach geändert worden. So traten in den Jahren 2018 und 2019 unter dem damaligen Innenminister Salvini Gesetzesänderungen in Kraft, die sich negativ auf das Aufnahmesystem auswirkten, unter anderem durch eine Trennung zwischen den Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende und den Zweitaufnahmeeinrichtungen (zuvor SPRAR, dann SIPROIMI), in denen grundsätzlich nur unbegleitete Minderjährige und international Schutzberechtigte untergebracht wurden (vgl. aida/ASGI, Country Report: Italy, 2019 Update, Stand: Juni 2020, S. 91). Einige dieser Änderungen wurden unter der derzeitigen Innenministerin Lamorgese zwischenzeitlich wieder geändert oder rückgängig gemacht (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien – Aktuelle Entwicklungen, Stand: 10.6.2021, S. 4). Unter anderem ist die finanzielle Grundlage für Aufnahmezentren aufgrund geänderter Ausschreibungen nicht mehr so prekär wie zuvor (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 5). Zudem wurde das SIPROIMI-System im Jahr 2020 in SAI (Sistema di Accoglienza e Integrazione – Aufnahme- und Integrationssystem) umbenannt und umorganisiert. An Orten, an denen sehr viele Asylsuchende das Land erreichen, bestehen Einrichtungen für erste Hilfe und eine Identifikationsphase (Hotspots). In staatlichen Erstaufnahmerichtungen sollen Asylsuchende beim Beginn des Asylverfahrens unterstützt werden. In der Aufnahmephase erfolgt die Unterbringung in kleinen Einrichtungen des SAI. Sofern wegen hoher Zahlen ankommender Asylsuchender nicht genügend Plätze zur Verfügung stehen, kann die Erstaufnahme in temporären Strukturen, sogenannten CAS, erfolgen (aida, Country Report Italy 2020, S. 99, 101, 116 ff.). Während der COVID-19-Pandemie werden zudem Schiffe für Quarantäne und Isolation von Asylsuchenden genutzt; dies wurde von Nichtregierungsorganisationen stark kritisiert (aida, Country Report Italy 2020, S. 102 f.). In der Praxis wurden und werden mehr als 70% der Asylsuchenden in CAS untergebracht (aida, Country Report Italy 2020, S. 99). Das SAI-System wird weiterhin vorrangig für international Schutzberechtigte und unbegleitete Minderjährige genutzt. Andere Personen, wie Asylsuchende, erhalten nur Zugang, sofern Plätze verfügbar sind (aida, Country Report Italy 2020, S. 100, 180 f.). Die Anzahl der Plätze in den SAI reicht allerdings zur Befriedigung der Nachfrage nicht aus (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 7 f.). Die Veränderungen bestehen daher bisher im Wesentlichen auf dem Papier, bis Anfang Mai 2021 waren nach Auskunft einer Nichtregierungsorganisation noch keine Verbesserungen spürbar (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 5, 8). Während rechtlich ein Anspruch auf Unterbringung ab dem Zeitpunkt der Äußerung des Asylgesuchs besteht, wird in der Praxis erst ab der formalen Antragstellung Zugang zu den Aufnahmeeinrichtungen gewährt (aida, Country Report Italy 2020, S. 104). Nachdem das italienische Aufnahmesystem angesichts sehr hoher Zahlen von neu ankommenden Asylsuchenden bzw. Personen mit anhängigen Asylverfahren in vergangen Jahren stark belastet war (vgl. hierzu u.a. VG Hamburg, B.v. 23.5.2018 – 9 AE 997/18 – juris Rn. 30 ff. m.w.N.), hat sich diese Situation in den letzten Jahren erheblich verbessert. Ende 2020 lebten 79.938 Asylsuchende und Schutzberechtigte in Aufnahmeeinrichtungen, davon 21 in Hotspots, 54.343 in CAS und Erstaufnahmeeinrichtungen und 25.574 in SIPROIMI (aida, Country Report Italy 2020, S. 116). Auch wenn keine verlässlichen aktuellen Zahlen zu den Kapazitäten und der Auslastung des gesamten italienischen Aufnahmesystems verfügbar sind (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 116), ist ein Mangel an Unterkünften nicht zu erkennen (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 120). Probleme, eine Unterkunft zu finden, sind vielmehr vor allem auf Schwierigkeiten bei der Registrierung des Asylantrags oder im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zurückzuführen (aida, Country Report Italy 2020, S. 120). Gleichwohl waren einige Einrichtungen während der Pandemie erheblich überbelegt (aida, Country Report Italy 2020, S. 120 f.). Zudem dürften zahlreiche Asylsuchende in informellen Camps leben (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 123 f.). Die Aufnahmebedingungen variieren von Einrichtung zu Einrichtung (aida, Country Report Italy 2020, S. 122). Die Einrichtungen des Erstaufnahmesystems bieten aber jedenfalls eine grundlegende Versorgung insbesondere mit Essen, Kleidung, Hygieneprodukten und medizinischer Betreuung. Zudem werden ein Taschengeld und Telefonkarten gewährt. Außerdem müssen Sprachkurse, rechtliche Informationen sowie psychologische Unterstützung angeboten werden, wenngleich der Umfang nicht zur Versorgung aller dort untergebrachten Personen ausreichen dürfte (aida, Country Report Italy 2020, S. 107 f.; BFA, Länderinformationsblatt Italien, S. 13; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 6). Auch wenn es sich nur um eine Basisversorgung handelt und über Mängel in verschiedenen Unterkünften berichtet wird (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2020, S. 40), ist nicht zu erkennen, dass Asylsuchenden in den Einrichtungen eine Situation drohen würde, die es ihnen nicht erlaube, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden.
Dublin-Rückkehrende, die bereits in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht waren, können ihr Recht auf Unterkunft verloren haben (aida, Country Report Italy 2020, S. 69; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 8 f.). Zwischen 2016 und 2019 waren davon mindestens 100.000 Asylsuchende und international Schutzberechtigte betroffen (aida, Country Report Italy 2020, S. 110). Nach der gesetzlichen Regelung kann der Präfekt der Provinz, in der das Aufnahmezentrum liegt, die Aberkennung von Betreuungsmaßnahmen unter anderem anordnen, wenn Asylsuchende in dem ihnen zugeteilten Empfangszentrum nicht erscheinen oder es ohne vorherige begründete Mitteilung verlassen. Dauert eine solche Abwesenheit länger als 72 Stunden, wird angenommen, dass die Person auf das Recht auf Unterkunft verzichtet. Asylsuchende können dieses Recht nur zurückerhalten, wenn sie nachweisen können, dass sie das Zentrum wegen eines Unfalls, höherer Gewalt oder aus einem anderen triftigen persönlichen Grund verlassen haben. Um wieder Zugang zum Unterkunftssystem zu erhalten, wird eine anwaltliche Vertretung benötigt. Über die Wiederaufnahme entscheidet die Präfektur, während des Verfahrens auf Wiederaufnahme besteht kein Zugang zu einer staatlichen Unterkunft. Wird die Wiederaufnahme ablehnt, gibt es keine alternative staatliche Unterbringungsmöglichkeit. (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2020, S. 44 f.). Insbesondere Familien mit Kindern und vulnerable Personen sind jedoch vom Entzug des Rechts auf Unterkunft in der Regel nicht betroffen, sie werden unabhängig davon, wie lange sie die Einrichtung verlassen haben, bei ihrer Rückkehr wieder aufgenommen (BAMF, Aufnahmesituation von Familien, S. 36, 44).
Ab dem Zeitpunkt der formalen Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz haben Asylsuchende Anspruch auf medizinische Versorgung. In manchen Regionen kann eine Antragstellung allerdings erst verzögert erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die betroffenen Asylsuchenden – ebenso wie illegale Migrantinnen und Migranten – nur Zugang zu medizinischer Grund- und Notfallversorgung. Asylsuchende müssen sich beim nationalen Gesundheitsdienst registrieren. Sofern sie ihre Mittellosigkeit erklären, ist die Gesundheitsversorgung grundsätzlich kostenlos (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 127 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, Stand: 8.5.2019, S. 15 f.). Erkenntnisse darüber, dass kranken Dublin-Rückkehrenden die erforderliche Behandlung vorenthalten worden wäre und sie deshalb ernsthafte Schäden an Leib oder Leben erlitten hätten, sind nicht ersichtlich (vgl. auch OVG Lüneburg, B.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris Rn. 72). Auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das italienische Gesundheitssystem ist derzeit nicht anzunehmen, dass Asylsuchenden bei Bedarf keine ausreichende medizinische Versorgung zur Verfügung stünde.
Asylsuchende dürfen 60 Tage nach Stellung ihres Antrages auf internationalen Schutz eine Arbeit aufnehmen. Aufgrund der relativ hohen Arbeitslosigkeit in Italien insbesondere unter jungen Menschen, Schließungen aufgrund der COVID-19-Pandemie, Diskriminierungen durch Arbeitgeber, abgelegener Unterkünfte, fehlender Unterstützung sowie häufig nur eingeschränkter italienischer Sprachkenntnisse und wenig qualifizierter Berufsbildung gestaltet sich die Arbeitssuche jedoch schwierig (vgl. aida, Country Report Italy 2020, S. 125 f.; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2020, S. 69). Deshalb suchen viele Personen, die dazu in der Lage sind, Arbeit auf dem Schwarzmarkt, insbesondere in der Landwirtschaft, vor allem im Süden des Landes, der Pflege und der Hausarbeit (vgl. auch SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2020, S. 70). Die wenigen zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze sind oft schlecht bezahlt und zeitlich begrenzt, der Lohn reicht in der Regel nicht aus, um eine Wohnung zu mieten oder einer Familie ein sicheres Einkommen zu bieten (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 13). Internationale Organisationen berichten über Ausbeutung von Asylsuchen den, insbesondere in der Landwirtschaft und dem Dienstleistungssektor (vgl. USDOS, 2020 Country Report Italy). Die wirtschaftliche Situation hat sich in Italien zwar infolge der COVID-19-Pandemie verschlechtert (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien 2021, S. 13), nach dem ersten Einbruch aber bereits teilweise wieder verbessert (vgl. ausführlich zur wirtschaftlichen Situation VG Karlsruhe, U.v. 14.9.2020 – A 9 K 3639/18 – juris Rn. 42 ff. mit zahlreichen Nachweisen). Zuletzt wuchs das Bruttoinlandsprodukt überwiegend, im dritten Quartal 2020 um 16%, im vierten Quartal 2020 ging es gegenüber dem Vorquartal zwar um 1,8% zurück, im ersten und zweiten Quartal 2021 stieg es aber wiederum um 0,2% bzw. 2,7%. Der Lockdown führte zwar zu höheren Arbeitslosenzahlen unter Asylsuchenden und Schutzberechtigten (vgl. USDOS, 2020 Country Report Italy). Dass die Situation derart schlecht wäre, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für Asylsuchende oder international Schutzberechtigte nunmehr unmöglich erschiene, ist jedoch nicht ersichtlich. Die Arbeitslosenquote bewegte sich zuletzt auf ähnlichem Niveau wie in den Vorjahren, sie lag im Jahr 2020 bei 9,2% (ca. 2,3 Millionen Menschen zwischen 15 und 74 Jahren), im Januar bis Juni 2021 zwischen 9,7% und 10,4%. Demgegenüber war die Arbeitslosenquote in den Vorjahren teilweise sogar höher, sie betrug im Jahr 2019 10,0%, im Jahr 2018 10,6% und im Jahr 2017 11,2% (Daten abrufbar unter https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/lfs/data/database). Vor allem die Jugendarbeitslosigkeit ist in Italien hoch, zwischen März und Juni 2021 betrug die Quote bezogen auf Personen unter 25 Jahre zwischen 29,4% und 32,6%. Gleichzeitig besteht ein Bedarf an Arbeitskräften, da im italienischen Wirtschaftssystem zwischen 2020 und 2024 über 2,5 Millionen der heute Beschäftigen aus Alters- oder anderen Gründen aus dem Berufsleben ausscheiden und zu ersetzen sind. Daraus wird sich, unter Berücksichtigung einer Zunahme oder Abnahme des Bruttoinlandsprodukts, prognostisch ein Gesamtbedarf von 1,9 bis 2,7 Millionen Arbeitskräften ergeben (vgl. zum Ganzen VG Hamburg, B.v. 1.9.2021 – 9 AE 1424/21 – juris m.w.N.). Eine nähere Prognose über die Entwicklung der italienischen Wirtschaft und Arbeitsmöglichkeiten durch die Corona-Pandemie im Jahr 2021 zu treffen, die den Antragsteller erst mit einer Schutzanerkennung unmittelbar treffen würde, ist derzeit aus Sicht des Gerichts nicht valide möglich. Vielmehr ist die weitere wirtschaftliche und humanitäre Entwicklung Italiens durch die vorliegende Krise nicht absehbar, ebenso wenig wie finanzielle Hilfen der EU konkret zu würdigen, aber in gewisser Hinsicht zu erwarten sind. Ist aber eine entsprechende Prognose über die wirtschaftliche und humanitäre Entwicklung nicht möglich – was nicht nur in Bezug auf Italien angesichts der weltweiten Pandemie gilt -, ist nach dem Dafürhalten des Gerichts vor dem Hintergrund des dargestellten strengen Maßstabs im Rahmen der Dublin lll-VO im Spannungsfeld mit Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh noch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit feststellbar, dass dieser erfüllt wäre. Dass Italien einer etwaig weiteren Verschlechterung der Existenzsicherungsmöglichkeiten anerkannt Schutzbedürftiger gleichgültig gegenüberstehen wird, Unterstützungsprogramme der EU nicht greifen und anerkannt Schutzbedürftige auch mit zumutbar hohem Maß an Eigeninitiative, Ausschöpfung rechtlicher Möglichkeiten und tatsächlicher Unterstützung durch NGOs etc. dem „real risk“ extremer materieller Not ausgesetzt sein werden, vermag das Gericht nicht festzustellen (so auch VG München, B.v. 17.6.2021 – M 3 S 21.50230 – juris).“
Der Einzelrichter der 8. Kammer schließt sich den vorstehenden Ausführungen an. Die Bedingungen in Italien haben sich kontinuierlich weiterentwickelt. Das italienische Aufnahme- und Unterbringungssystem hat auch im Rahmen der COVID-19-Pandemie flexibel reagiert. Der italienische Gesetzgeber hat mit Gesetz Nr. 173/2020 neben anerkannten Flüchtlingen, Inhabern eines internationalen Schutzstatus und Asylbewerber und Inhaber nationaler Aufenthaltstitel wieder den Zugang zu Projekten der Integration und Inklusion (SAI = Systema Accoglienza Integrazione) ermöglicht. Die Kapazität des italienischen Aufnahmesystems für Asylbewerber und Statusinhaber ist aktuell nicht ausgelastet und erst recht nicht überlastet. Der italienische Gesetzgeber hat mit Gesetzesdekret vom 21. Oktober 2020, Nr. 130, konvertiert in das Gesetz vom 18. Dezember 2020, Nr. 173, den Kreis der Zugangsberechtigten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Plätze erneut erweitert. Der italienischen Regierung ist es im Zusammenhang mit dem italienischen Kommunalverband und den Betreibern der Aufnahmeeinrichtung und SAI-Projekten gelungen, die Aufnahme von Asylbewerbern und Statusinhabern in einer Weise zu gewährleisten, die den Anforderungen der EU-Regelung entspricht. Es gibt so auch Unterkunftskapazitäten für anerkannt Schutzberechtigte (vgl. im Einzelnen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Situation des Aufnahmesystems seit der Reform des Salvini-Dekrets vom 15.7.2021 mit einzelnen Angaben zu den Aufnahmemöglichkeiten und der Auslastung der jeweiligen Unterkunftsmöglichkeiten). Auch die Schweizer Flüchtlingshilfe räumt ein, dass Restriktionen aus der Ära Salvini wieder rückgängig gemacht worden sind, dass die finanzielle Grundlage nicht mehr so prekär ist und Asylsuchende zumindest theoretisch wieder Zugang zum Aufnahmesystem der zweiten Stufe „SAI“ haben. Erfreulich ist weiter, dass die sogenannte Registrierung beim Melderegister für Asylsuchende wieder möglich ist, da damit eine Voraussetzung für den Zugang zu grundlegenden Leistungen und zur Unterbringung wieder erfüllt werden kann. Theoretisch werden in Italien anerkannt Schutzberechtigte im Falle einer Überstellung nach Italien in den SAI-Zentren untergebracht. Außerdem sind zusätzliche Integrationsmaßnahmen – wie Sprachtraining, Kenntnis der Grundrechte, Orientierung an wesentlichen öffentlichen Dienstleistungen, Orientierung beim Arbeitsvermittlung – vorgesehen, die am Ende des Aufnahmezeitraums im SAI-Netzwerk umgesetzt werden (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 5 und 10, 11 ff. und 14; Auskunft an das OVG NRW v. 17.5.2021; Romer, Asylmagazin 6/2021 S. 207 ff.).
Soweit das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in zwei Entscheidungen vom 20. Juli 2021 (vgl. OVG NRW, U.v. 20.7.2021 – 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A – jeweils juris) insbesondere bemängelt, dass Betroffene keine menschenwürdige Unterkunft in Italien finden oder finanzieren könnten, sie sich auch nicht mit den zum Überleben notwendigen Gütern versorgen könnten sowie keinen Zugang zu staatlichen Sozialleistungen hätten, und sich dabei unter anderem auf die Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 17. Mai 2021 bezieht, ist dem entgegenzuhalten, dass den dortigen Verfahren eine gänzlich andere Fallkonstellation als hier zugrunde lag. Einmal ging es um einen anerkannten Schutzberechtigten, so dass es dort schon gar nicht um ein Dublin-Verfahren ging. Beim zweiten Fall betraf es männliche Einzelpersonen die ihr Recht auf Unterbringung und Versorgung in Italien verloren hatten. Die Lage ist jedoch anders, wenn wie hier – vom Antragsteller ausdrücklich angegeben – in Italien noch gar kein Asylantrag gestellt wurde und dem Betreffenden deshalb auch noch keine Unterkunft zugewiesen werden konnte (BayVGH, B.v. 10.11.2021 – 14 ZB 21.50043 – juris Rn. 8 und 10).
Zudem besteht der Eindruck, dass sich das OVG Nordrhein-Westfalen nicht von den „harten“ Maßstäben des EuGHs hat leiten lassen. So kann etwa – genauso wie für Obdachlose in Deutschland – etwa auch genügen, eine Schlafmöglichkeit in einer Notunterkunft die zu finden. Denn auch für die Angemessenheit von Unterkünften gelten grundsätzlich nur geringe Mindestanforderungen, gerade bei alleinstehenden jungen Männern. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitslosigkeit auch in Italien sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und gerade auch zahlreiche italienische Arbeitgeber auf die Mitarbeit von Flüchtlingen angewiesen sind (vgl. im Einzelnen VGH BW, B.v. 8.11.2021 – A 4 S 2850/21 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.). Denn Asylsuchende, die unter der Dublin III-Verordnung nach Italien überstellt werden, haben in Italien Zugang zum Asylverfahren und werden mit großer Wahrscheinlichkeit in einem CAS untergebracht. Dublin-Rückkehrer gelten als Asylsuchende und werden wie neu ankommende Asylsuchende behandelt. Etwa am Flughafen in Rom und in Mailand übergibt die Grenzpolizei dem Betreffenden ein Einladungsschreiben, in dem die zustehende Questura angegeben ist. Dublin-Rückkehrer erhalten am jeweiligen Flughafen von verschiedenen Organisationen auch Hilfe und Unterstützung für das weitere Verfahren (AIDA, Country Report: Italy, 2020, Update June 2021, S. 68 f.). Das Gericht geht beim Antragsteller weiter davon aus, dass dem Antragsteller in Italien der Zugang zum Aufnahmesystem nicht verweigert wird, weil er sowohl nach den Akten als auch nach eigenen Angaben noch keinen Antrag auf internationalen Schutz in Italien gestellt hatte und sich auch – mangels EURODAC-Treffer – noch nicht im italienischen Asylverfahren befunden hatte.
Letztlich hat sich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen offenbar nicht vom Prinzip des gegenseitigen Vertrauens leiten lassen, sondern von einem Misstrauen gegenüber den italienischen Behörden (vgl. VG Chemnitz, U.v. 22.10.2021 – 5 L 449/21.A, 9968850 – juris S. 7 ff.). Die italienischen Behörden haben gerade Maßnahmen zur Bewältigung der auftretenden Probleme ergriffen. Durch die Registrierung besteht auch die Möglichkeit zu Leistungen im Rahmen der Gesundheitsversorgung, also Zugang zum Gesundheitssystem, abgesehen von der sowieso bestehenden kostenfreien Notversorgung. Die Versorgung erfolgt über die Unterbringungseinrichtungen. Allein durch die Abnahme eines Fingerabdrucks kann noch nicht darauf geschlossen werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nicht mehr untergebracht würde (vgl. VG Leipzig, B.v. 22.10.2021 – 5 L 618/21.A, 8461440 – juris S. 10 ff.). Soweit die Behauptung aufgestellt wird, es drohe oftmals über Wochen bis zur offiziellen Antragsabgabe Obdachlosigkeit, so fehlt es an konkreten Belegen dafür. Dies gilt auch für die Vermutung, dass eine Person, die erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Italien gestellt hat, zunächst bis zur offiziellen Antragstellung obdachlos bleiben würde (VG Aachen, B.v. 1.10.2021 – 9 L 487/21.A, 8412306 – juris S. 3 mit Bezug auf VG Augsburg, G.v. 16.8.2021 – Au 3 K 21.50069 – juris). Im Vergleich zur Situation vor einigen Jahren hat sich gerade die Unterbringungssituation in Italien verbessert. Soweit die Schweizer Flüchtlingshilfe auf Einzelfälle der Obdachlosigkeit verweist, stellt sich zudem die Frage, ob die Aussagen der dort zitierten Personen verallgemeinerungsfähig sind, zumal wenn keine Angaben zu den Hintergründen der erwähnten Einzelfälle gemacht werden (vgl. VG Hamburg, B.v. 1.9.2021 – 9 AE 1424/21, 8283742 – juris S. 9 ff.). Auch wenn sich die Qualität der Unterbringungsbedingungen zwischen einzelnen Unterkünften unterscheidet, fehlen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme, dass die elementarsten Bedürfnisse in den Aufnahmeeinrichtungen nicht erfüllt würden. Zur Überbrückung ist zudem auch eine vorübergehende Unterbringung in einer Notunterkunft zuzumuten und nicht menschrechtswidrig (VG Bremen, B.v. 21.8.2021 – 6 V 721/21 – juris Rn. 39 und 42; vgl. auch VGH BW, B.v. 8.11.2021 – A 4 S 2850/21 – juris Rn. 10 m.w.N.).
Neben den staatlichen Einrichtungen existieren zudem verschiedene karitative und kommunale Einrichtungen, die zusätzliche Unterkunftsmöglichkeiten bieten, um Asylbewerber vor Obdachlosigkeit zu schützen. In einzelnen Fallgestaltungen ist es möglich, dass Dublin-Rückkehrer keine Unterbringung erhalten und vorübergehend obdachlos sind. Insbesondere kann es zu Problemen kommen, wenn Dublin-Rückkehrer in Italien bereits offiziell untergebracht waren, da der Anspruch auf Unterbringung in staatlichen Einrichtungen untergeht, wenn der Ausländer seine Unterkunft ohne vorherige Bewilligung verlässt oder eine ihm zugewiesene Unterkunft gar nicht erst in Anspruch genommen hat (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 16 ff. und vom 19.10.2019, S. 17). Der Anspruch kann zwar wiederaufleben. Insoweit ist allerdings ein vorheriger Antrag bei der Questura erforderlich, die ursprünglich für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig war. Eine Unterbringung in einer staatlichen Einrichtung kann erst dann wieder erfolgen, wenn die Wiederaufnahme genehmigt wurde (vgl. auch Schweizerische Flüchtlingshilfe/pro Asyl, Auskunft an den HessVGH vom 19.10.2020; Accord, Anfragebeantwortung zu Italien: Rücknahme und Unterstützung von Personen mit in Italien zuerkannten internationalen Schutzstatus, insbesondere von Familien und Kindern; Auswirkungen der Corona-Pandemie vom 18.9.2020). In dieser Übergangsphase kann es sein, dass Dublin-Rückkehrer auf die Hilfe von Freunden oder karitativen Einrichtungen, über deren Aufnahmekapazität es keine gesicherten und aussagekräftigen Unterlagen gibt, angewiesen sind, um der Obdachlosigkeit entgehen zu können (vgl. nur VG Chemnitz, U.v. 22.10.2021 – 5 L 449/21.A, 9968850 – juris S. 8 f).
Im Ergebnis ist die Unterkunftssituation in ihrer Gesamtschau zum aktuellen Stand weiterhin nicht völlig unproblematisch, gerade in den Einzelfällen, in denen die Betreffenden – anders als hier – ihren Anspruch auf Unterbringung in Italien verloren haben. Es mag nach der aktuellen Erkenntnislage zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende im Einzelfall während der Bearbeitung ihres Asylantrages in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen der Mitgliedsstaaten vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Rechtsverletzung im Schutzbereich von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GR-Charta mit den dafür notwendigen Schweregrad nahelegt.
Gesamtbetrachtet sind die defizitären Umstände noch nicht als generelle systemische Mängel in Italien zu qualifizieren, zumal die Annahme von Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend den oben genannten Maßgaben an hohe Anforderungen geknüpft ist. Der maßgebliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit muss sich auf Basis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ergeben und sich nicht nur auf einzelne Mängel des Systems beziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der italienische Staat im Hinblick auf die Aufnahme- und Unterbringungssituation nicht untätig und gleichgültig zeigt, sondern Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen hat bzw. ergreift (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 14 ff.).
Wie auch schon im zitierten Beschluss der 5. Kammer vom 26. Oktober 2021 ausgeführt, werden die Grundbedürfnisse, insbesondere Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Kleidung, in Italien hinreichend befriedigt (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 13 und vom 19.10.2019, S. 12 ff.). Auch wenn Italien diesbezüglich möglicherweise hinter den Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zurückbleibt und insbesondere kein umfassendes Sozialsystem bereitstellt, so begründet dies entsprechend den obigen Ausführungen keine generellen systemischen Mängel.
Nicht anders stellt sich die Lage im Hinblick auf die medizinische Versorgung in Italien dar. Italien verfügt über ein umfassendes Gesundheitssystem, das medizinische Behandlungsmöglichkeiten auf hohem Niveau bereitstellt. Asylbewerber haben in gleicher Weise wie italienische Bürger einen Anspruch auf medizinische Versorgung, der mit der Registrierung eines Asylantrags entsteht. Bis zum Zeitpunkt der Registrierung werden gleichwohl medizinische Basisleistungen, wie beispielsweise kostenfreie Notfallversorgung, gewährleistet (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 19 ff. und vom 19.10.2019, S. 19 ff.). Insbesondere ist nach wie vor die Einschreibung beim Nationalen Gesundheitsdienst garantiert, welcher üblicherweise im Aufnahmezentrum liegt. Zusätzlich sind in den Erstaufnahmeeinrichtungen Ärzte beschäftigt, die medizinische Erstuntersuchungen und Notfallmaßnahmen vornehmen und die nationalen Gesundheitsdienste entlasten sollen. Der Zugang zu medizinischer Notversorgung in öffentlichen Spitälern bleibt weiterhin bestehen, auch für illegale Migranten (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 19 ff. und vom 9.10.2019, S. 19). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass in Italien als EU-Mitgliedstaat medizinische Behandlungsmöglichkeiten wie generell in der EU im ausreichenden Maße verfügbar sind (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 21 und vom 19.10.2019, S. 21 mit Verweis auf MedCOI).
Ergänzend kann auf die Beurteilung des EGMR als dem für die Einhaltung europäischen Grundrechte maßgebenden Gericht Bezug genommen. Der EGMR hat im Urteil vom 23. März 2021 bezüglich einer Abschiebung einer alleinstehenden Mutter mit zwei minderjährigen Töchtern den Schluss gezogen, dass die gegenwärtigen Asylbedingungen in Italien bezüglich Ankunft und Einrichtungen dem geforderten „besonderen Schutz“ Asylsuchender mit spezifischen Bedürfnissen und extremer Verletzlichkeit gerecht werden (EGMR, U.v. 23.3.2021 – 46595/19 – juris Rn. 49 ff.). Insbesondere lässt sich aus materieller, physischer und psychologischer Sicht keine hinreichende reale und unmittelbare Gefahr einer Härte erkennen, die schwer genug ist, um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen (EGMR, U.v. 23.3.2021 – 46595/19 – juris Rn. 55). Zudem wurde das Spektrum der in beiden Unterbringungsarten zu erbringenden Dienstleistungen, also auch den Erstaufnahmeeinrichtungen, erweitert. Neben materiellen Aufnahmeleistungen werden unter anderem Gesundheitsversorgung, soziale und psychologische Betreuung, Italienischkurse und Rechtsberatungsdienste vorgesehen. Weiter wird das Recht der Antragsteller gewährleistet, sich als internationale Schutzsuchende bei den örtlichen Behörden zu registrieren (EGMR, U.v. 23.3.2021 – 46595/19 – juris Rn. 35). Der EGMR bestätigt ausdrücklich seine Rechtsprechung, wonach das Asylsystem und die Aufnahmebedingungen in Italien für sich genommen nicht dazu führen, dass jegliche Überstellung von Asylsuchenden nach Italien unmöglich ist (EGMR, Entscheidung v. 20.4.2021 – Nr. 41100/19 – HUDOC Rn. 33).
Vorstehende Ausführungen zu Schutzsuchenden gelten auch im Falle einer zu berücksichtigenden eventuellen Anerkennung eines internationalen Schutzstatus in Italien (vgl. BVerfG, B.v. 7.10.2019 – 2 BvR 721/19 – NVwZ 2020, 475; EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 -juris). Zu beachten ist dabei, dass zur Abschätzung der Gefahrenprognose eine Zuerkennung internationalen Schutzes ohne weiteres zu unterstellen ist, insbesondere also keine inzidente Prüfung des Anspruchs auf Asyl des Antragstellers vorzunehmen ist (vgl. VGH BW, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19 – ESVGH 70, 62 – juris Rn. 40).
Für die Fallgruppe anerkannter Flüchtlinge stellen sich die Lebensverhältnisse in Italien jedenfalls nicht allgemein als unmenschlich oder erniedrigend dar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien grundsätzlich italienischen Staatsbürgern gleichgestellt sind und erforderlichenfalls staatliche Hilfe in Anspruch nehmen können, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie – wie auch Italiener, die arbeitslos sind – die Hilfe caritativer Organisationen erhalten. Denn nach den vorliegenden Erkenntnissen zu Italien werden anerkannt Schutzberechtigte nicht ausschließlich sich selbst überlassen und geraten auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in eine existentielle Notlage (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 22 ff. und vom 19.10.2019, S. 21 f; Schweizerische Flüchtlingshilfe/pro Asyl, Auskunft vom 29.10.2020 an den HessVGH; Accord, Anfragebeantwortung zu Italien: Rücknahme und Unterstützung von Personen mit in Italien zuerkannten internationalen Schutzstatus, insbesondere von Familien mit Kindern; Auswirkungen der Corona-Pandemie vom 18.9.2020). Vielmehr können sie in Italien trotz bestehender Schwierigkeiten auf staatliche Unterstützung zurückgreifen. Das italienische System geht für anerkannte internationale Schutzberechtigte davon aus, dass man ab Gewährung des Schutzstatus arbeiten und für sich selbst sorgen kann. Für eine Übergangszeit können Schutzberechtigte auf staatliche Leistungen zurückgreifen. Sie haben Zugang zum Arbeitsmarkt. Weiter besteht die Möglichkeit von Integrationsprojekten und Sprachkursen. Anerkannte Schutzberechtigte können weiter auf Hilfsorganisationen zurückgreifen und können sich im Übrigen in Eigenverantwortung um Wohnung und Arbeit kümmern. Insbesondere steht so für anerkannte internationale Schutzberechtigte, nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich, für eine Übergangszeit ein Zugang zu Unterkunftseinrichtungen offen, die Versorgungs-, Unterstützungs- und Integrationsleistungen gewähren. Schutzberechtigte haben theoretisch Zugang zur Unterbringung der 2. Stufe, normalerweise für sechs Monate. Auch über die Verfahren des offiziellen Unterbringungssystems hinaus reagieren die staatlichen Stellen auf Probleme, um auftretende Obdachlosigkeit anerkannter internationaler Schutzberechtigter zu verhindern. Insgesamt reagiert der italienische Staat darauf, dass anerkannte Schutzberechtigte in dieser Übergangszeit nicht in eine existentielle Notsituation geraten, und sorgen so auch dafür, dass sie nach einer Übergangszeit sich selbst eine Existenzgrundlage aufbauen können (siehe neben den vorstehenden Ausführungen VG Würzburg, B.v. 21.12.2020 – W 8 S 20.50319 – juris Rn. 30 m.w.N.; vgl. auch vgl. Romer, Asylmagazin 6/2021 S. 212).
Selbst wenn gerade für anerkannte Schutzberechtigte im Einzelfall die Gefahr der Obdachlosigkeit droht, sind diese auf die schon erwähnten Notunterkünfte sowie gegebenenfalls auch Unterbringungsmöglichkeiten caritativer Organisationen zu verweisen. Des Weiteren leben Obdachlose in Italien über das ganze Staatsgebiet verteilt mit eingeschränkten oder ohne Zugang zur Basisversorgung in formellen Siedlungen, besetzten Häusern oder unter freiem Himmel. Zudem wirkt sich die fehlende Meldeanschrift auf das Recht zur Gesundheitsversorgung aus. Der Alltag der Betroffenen ist von der Deckung der Elementarbedürfnisse bestimmt, indem sie für Mahlzeiten bei Suppenküchen anstehen sowie eine Dusch- und Waschmöglichkeit und einen Schlafplatz suchen. Allerdings kann angesichts der Zahl im Jahr 2018 auf 10.000 geschätzten Personen, sowohl Asylsuchende als auch international Schutzberechtigten, die vom Aufnahmesystem ausgeschlossen sind, nicht davon ausgegangen werden, dass der größte Teil der anerkannten internationalen Schutzberechtigten obdachlos würde. Für obdachlose Personen ist die Registrierung zwar häufig schwierig. Jedoch besteht auch für Personen mit Schutzstatus die Möglichkeit der Registrierung und damit auch die Möglichkeit, einen Wohnsitz zu nehmen und etwa gemeindliche Hilfeleistungen zu erlangen (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 11 ff.). Aber auch ohne Registrierung besteht jedoch ein Recht auf Grund- und Notfallversorgung. Weiter besteht das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt, selbst wenn es schwierig ist, eine Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden (VG Hamburg, B.v. 1.9.2021 – 9 AE 1424/21, 8283742 – juris S. 17 ff. m.w.N.). Oft geschieht dies nur auf dem informellen Arbeitsmarkt. Das italienische Sozialhilfesystem ist schwach und stützt sich auf die traditionellen Familienstrukturen (vgl. Romer, Asylmagazin 6/2021 S. 212).
Schließlich ist anzumerken, dass – soweit ersichtlich – weder der UNHCR, dessen Einschätzung bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems eines Mitgliedstaates unter Auslegung unionsrechtlicher Asylvorschriften große Bedeutung zukommt, noch das europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen EASO (vgl. Dublin III-VO, Erwägungsgrund Nr. 22: „Schlüsselrolle“) eine Empfehlung ausgesprochen haben, von der Überstellung nach Italien abzusehen (vgl. auch VG Leipzig, B.v. 22.10.2021 – 5 L 618/21.A, 8461440 – juris S. 6; VG Würzburg, B.v. 18.11.2021 – W 2 S 21.50306 – BA S. 6). Vielmehr hat der UNHCR die italienische Asylgesetzgebung (Dekret Nr. 130220 und Gesetz Nr. 173/2020) positiv gewürdigt (VG München, B.v. 21.9.2021 – M 19 S 21.50527, 84626350 – juris S. 10).
Die vorstehenden Ausführungen zum Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen gerade mit Blick für Dublin-Rückkehrer nach Italien sowie die Situation der dort anerkannt Schutzberechtigten zugrunde gelegt, hat der Antragsteller nichts Substanziiertes dafür vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, dass ihm selbst in Italien individuell eine Situation aktuell drohte bzw. droht, in der er seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten könnte. Der Antragsteller hat selbst keine Tatsachen bzw. keine eigenen Erfahrungen berichtet, die möglicherweise den Schluss auf systemische Schwachstellen des italienischen Asylverfahrens zulassen würden. Vielmehr ist nach seinem Vorbringen davon auszugehen, dass er in Italien erstmals einen Asylantrag stellen und das Asylverfahren regulär durchlaufen kann (vgl. VG Chemnitz, U.v. 22.10.2021 – 5 L 449/21.A, 9968850 – juris, OS und S. 6; VG Leipzig, B.v. 22.10.2021 – 5 L 618/21.A, 8461440 – juris S. 11 f.). Die Ausführung in der Antragsbegründung mit Bezug auf Rechtsprechung und Erkenntnisse überwiegend bis Ende 2019/Anfang 2020 ohne weiteren konkreten Bezug zum Antragsteller rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Der Antragsteller hat selbst angegeben, sich etwa 17 Tage in Italien aufgehalten zu haben. Drei Tage seien sie am Wasser gewesen und 14 Tage in Quarantäne. Kurz vor der Freilassung habe die Polizei ihm Fingerabdrücke abgenommen. Einen Asylantrag habe er nicht gestellt.
Dem Antragsteller ist zuzumuten, sich – bei einer Überstellung nach Italien -dem italienischen Asylsystem zu unterwerfen und sich registrieren zu lassen. Wenn er sich aber dem staatlichen Aufnahmesystem verweigert oder entzieht, so führt das nicht dazu, dass er dann dadurch gleichsam privilegiert würde, indem man dann zu seinen Gunsten systemische Mängel annähme (vgl. Aachen, U.v. 10.11.2020 – 9 K 6001/17.A – juris, Rn. 64, m.w.N). Denn der italienische Staat kann den Unterkunftsanspruch zulässigerweise an bestimmte – vom Asylsuchenden zu erfüllende – Voraussetzungen knüpfen, bei deren Nichteinhaltung kein Anspruch auf Unterbringung in einer staatlichen Unterkunft besteht. Diese Einschränkung oder Entziehung des Unterkunftsanspruchs steht im Einklang mit dem europäischen Recht (VG Gera, B.v. 13.10.2020 – 6 E 1148/20 Ge – juris, Rn. 36). Dies gilt gerade auch, wenn dem Antragsteller Rechtsverluste drohen, weil er in Italien noch keinen Asylantrag gestellt hat (vgl. VG Gießen, B.v. 7.10.2020 – 5 L 3097/20.GI.A – juris, Rn. 39). Dem Antragsteller ist zumutbar, die nötige Eigeninitiative zu entwickeln, sich registrieren zu lassen und sich dem italienischen Asylsystem zu unterwerfen und in den Genuss der dortigen materiellen Aufnahmeleistungen (Gesundheitsversorgung, soziale und psychologische Betreuung, Italienischkurse, Rechtsberatungsdienste usw.) zu kommen.
Sollte der Antrag des Antragstellers in Italien mangels Schutzbedarfs in der Sache abgelehnt werden und dort vollziehbare Ausreisepflicht eintreten, hat er das Land zu verlassen bzw. wird in seinen Herkunftsstaat abgeschoben, so dass in Italien dann unabhängig von seinem eigenen Willen und persönlicher Entscheidung keine Situation extremer materieller Not eintreten kann, die rechtlich im Rahmen der Rückführung dorthin in den Blick genommen werden müsste (VG Hamburg, B.v. 1.9.2021 – 9 AE 1424/21, 8283742 – juris, S. 19 mit Verweis auf VGH BW, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19 – juris Rn. 37).
Eine andere Beurteilung der Aufnahmebedingungen in Italien ist auch nicht vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Entwicklung im Zuge der COVID-19-Pandemie („Corona-Krise“) angezeigt.
Das Gericht geht nicht davon aus, dass einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG die Verhältnisse in Italien mit Blick auf das „Coronavirus“ entgegenstehen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Antragsteller in Italien aufgrund der voraussichtlichen Lebensverhältnisse in eine Lage extremer Not geraten würde. Dies gilt aber wegen des oben näher erläuterten Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens nur in Extremfällen (vgl. Günther in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 30. Edition Stand: 1.7.2020, § 29 AsylG Rn. 22-24). Das Gericht hat – auf der Basis des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens und auch angesichts der in Italien getroffenen Maßnahmen – keine substantiierten Erkenntnisse, die die Annahme eines solchen Extremfalles in der Person des Antragstellers oder allgemein das Vorliegen systemischer Mängel in Italien begründen könnten. Im System des gegenseitigen Vertrauens ist für Italien vielmehr weiter von einem die Grundrechte sowie die Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden, wahrenden Asylsystem auszugehen. Die italienischen Behörden haben – ebenso wie andere Staaten – verschiedene Maßnahmen getroffen und der jeweiligen Infektionslage fortwährend angepasst (vgl. etwa Auswärtiges Amt, Italien: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 30.11.2021).
Italien hat während der COVID-19-Krise die Registrierung neuer Asylanträge formell nicht suspendiert, wenn auch die Quästuren in der Praxis geschlossen gewesen sind. Versorgungsmaßnahmen sind bis zum Ende der Pandemie verlängert worden, auch für Personen, die das Recht auf Unterstützung eigentlich verloren hätten. Asylbewerber können bis längstens 31. Januar 2021 auch in Unterbringungseinrichtungen der zweiten Stufe untergebracht werden und erhalten dort auch Versorgung. Des Weiteren sind Quarantäneschiffe und sonstige Quarantäneeinrichtung geschaffen worden. Über das Mittelmeer kommende Asylbewerber müssen – wie auch der Antragsteller – für 14 Tage in Quarantäne (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Italien vom 11.11.2020, S. 4).
Nach alledem ist auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin rechtsfehlerhaft nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch gemacht hat.
Des Weiteren hat der Antragsteller weder einen Anspruch auf die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG – bezogen auf Italien – noch liegen inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.
Insbesondere führt die derzeitige COVID-19-Pandemie, ausgelöst durch das SARS-CoV-2-Virus, in Italien nicht zur Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein und in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird.
Nur wenn eine politische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 2 AufenthG fehlt, kann die Klägerin in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise Abschiebungsschutz beanspruchen, wenn sie bei Überstellung aufgrund der herrschenden Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60a Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8). Diese Voraussetzungen liegen beim Antragsteller nicht vor, denn es fehlt an einer derart extremen Gefahrenlage.
Denn nur, wenn im Einzelfall die drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sind, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden, etwa wenn das Fehlen eines Abschiebungsstopps dazu führen würde, dass ein Ausländer im Zielstaat der Abschiebung sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen überantwortet würde, wird die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG durchbrochen und es ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (vgl. Koch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 30. Edition Stand: 1.7.2020, § 60 AufenthG Rn. 45 m.w.N.).
Für das Vorliegen einer derartigen Gefahrenlage bestehen für das Gericht auch aufgrund der in Italien getroffenen Maßnahmen auch konkret mit Blick für Asylbewerber und Asylberechtigte (vgl. etwa Auswärtiges Amt, Italien: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 30.11.2021 sowie BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation vom 11.11.2020, S. 4; Schweizerische Flüchtlingshilfe/pro Asyl Auskunft an den HessVGH vom 29.10.2020) keine greifbaren Anhaltspunkte.
Der Antragsteller gehört offensichtlich nicht zu einer Personengruppe für einen schweren, möglicherweise lebensbedrohlichen Verlauf der Covid-19-Erkrankung.
Im Übrigen genügt nicht eine allgemeine Behauptung mit Hinweis auf die Covid-19-Pandemie, dass eine Gefahr bestünde. Denn für die Beurteilung ist auf die tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalles abzustellen, um zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür aufzuzeigen, dass der Betreffende in seinem Einzelfall mit einer Ansteckung, einschließlich eines schweren Verlaufs, rechnen muss. Zu berücksichtigen sind unter anderem die örtlichen Gegebenheiten im Zielland und auch die Frage, welche Schutzmaßnahme der Staat zur Eindämmung der Pandemie getroffen hat (vgl. OVG NRW, B.v. 23.6.2020 – 6 A 844/20.A – juris). Dahingehend hat der Antragsteller nichts vorgebracht.
Darüber hinaus bestehen – wie auch in anderen Staaten, wie etwa in Deutschland – individuelle persönliche Schutzmöglichkeiten, wie das Tragen einer Gesichtsmaske, die Einhaltung der Hygieneregeln (z.B. Hände waschen) oder die Wahrung von Abstand zu anderen Personen, um das Risiko einer Ansteckung durch eigenes Verhalten zu minimieren.
Des Weiteren ist die Versorgungslage für die Bevölkerung in Italien – einschließlich international Schutzsuchender bzw. Schutzberechtigter – auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen nicht derart desolat, dass auch nur annähernd von einer allgemeinen Gefahrenlage im Sinne des § 60a Abs. 1 AufenthG gesprochen werden könnte (vgl. die schon oben zitierte Rechtsprechung insbesondere des VG Würzburg, B.v. 26.10.2021 – W 5 S 21.50269; siehe ferner auch VG Würzburg, B.v. 31.12.2020 – W 8 S 20.50319 – juris Rn 46; jeweils m.w.N.).
Das Gericht geht weiter nicht davon aus, dass eine Dublin-Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat sonst aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich wäre. Insbesondere stehen der Abschiebungsanordnung aufgrund der aktuellen COVID 19-Pandemie und damit zusammenhängenden Reisebeschränkungen keine tatsächlichen Vollzugshindernisse entgegen.
Nach alledem ist die Abschiebung des Antragstellers nach Italien weiterhin rechtlich zulässig und möglich.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung war daher nach alledem abzulehnen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Abgesehen von der fehlenden Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe – nach den vorstehenden Ausführungen – mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 21.50317 abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO).


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