Verwaltungsrecht

Soldat wird als Verdachtsperson bezüglich extremistischer Bestrebungen angesehen – Entfernung aus dem Dienst

Aktenzeichen  M 21b S 20.286

Datum:
20.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6771
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SG § 55 Abs. 4 S. 1
WBO § 23 Abs. 6 S. 2
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.247,70 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die 1995 geborene Antragstellerin stand als Soldatin auf Zeit, zuletzt im Dienstgrad einer Hauptgefreiten (Besoldungsgruppe A 4 BBesG), im Dienst der Antragsgegnerin. Sie trat am 1. September 2016 zur Ableistung des zwölfmonatigen freiwilligen Wehrdienstes in die Bundeswehr ein. Aufgrund Weiterverpflichtungserklärung vom 25. April 2017 wurde ihr Dienstzeitende auf den 31. August 2024 festgesetzt. Zuletzt wurde sie als Informationstechniksoldatin Streitkräfte im 1./Gebirgspionierbataillon 8 in Ingolstadt verwendet.
Ausweislich einer Datenübermittlung des Bundesamtes für den Militärischen Abwehrdienst (BAMAD) vom 16. Januar 2019 wird die Antragstellerin als Verdachtsperson bezüglich extremistischer Bestrebungen von Angehörigen des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Verteidigung bewertet. Hiernach habe sie unter anderem auf ihrem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil sog. „Gefällt Mir“-Markierungen gesetzt, welche eine Affinität zum Phänomenbereich des Rechtsextremismus offenbarten. Beispielsweise habe sie folgende Facebook-Seiten, auf ihrem öffentlichen Profil einsehbar (Stand: 23.1.2018), mit „Gefällt Mir“ bewertet:
– „Frank Franz“ (Anm.: zu diesem Zeitpunkt Bundesvorsitzender der NPD)
– „Deutsches Mädel“ (Anm.: Facebook-Seite, die die Stellung der Frau und der Mädchen vor 1945 propagandistisch darstellt)
– justnationalgirls (Anm.: englischsprachige rechtskonservative Facebook-Seite für Frauen)
– „Stopp Asylwahn“ (Anm.: Bezüge zur Identitären Bewegung Österreich, Patriotismus, Islamophobie)
Letztere „Facebookseite“ habe sie „geliked“, weil sie der Meinung sei, „dass nur Verbrecher“ nach Deutschland kämen. Sie könne dies gut beurteilen, da diese ständig vor dem Haus ihrer Familie „herumlungern“ würden.
Weiterhin geht aus der Datenübermittlung vom 16. Januar 2019 hervor, dass die Antragstellerin im Besitz eines selbst hergestellten Furnierbildes (Reichsadler mit Hakenkreuz), einer NSDAP-Parteifahne und eines NSDAP-Wahlplakates im Haus ihrer Eltern sei. Zwar habe sie nach einer Befragung durch das BAMAD im Januar 2018 den „Kram aus der Vergangenheit“ abgehangen, jedoch nicht vernichtet.
Auch habe sie Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene in Form von Konzerten und Demonstrationen besucht. So habe sie im Jahr 2014 mit ihrem damaligen Freund ein Rechtsrockkonzert in der Nähe von Stuttgart, auf dem unter anderem die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Musikgruppe „Flak“ aufgetreten sei, besucht. Im Dezember 2015 habe sie eine Pegida-Demonstration in Dresden besucht und sei mitmarschiert, „um sich das anzugucken“.
Überdies habe sie sich vor ihrer Dienstzeit eine „schwarze Sonne“ tätowieren lassen und diese währenddessen getragen. Nach diesbezüglicher Ansprache durch einen Kameraden habe sie sich näher über das Symbol informiert und dieses dann „überstechen“ lassen. Bei einer Befragung am 20. November 2018 durch das BAMAD sei überdies eine Tätowierung mit dem Motiv einer „Triskele“ auf dem linken Oberarm sowie ein auf dem linken Bein tätowierter Schriftzug „Getreu dem Glauben unserer Väter – keine Angst zu gehen – in Walhall werden wir uns wieder sehen“ zu erkennen gewesen. Bei letzterem handele es sich um eine Textzeile aus dem Lied „Getreu dem Glauben unserer Väter“ der als rechtsextremistisch eingestuften Musikgruppe „Confident of Victory“.
Zum Konzentrationslager Dachau befragt habe sie erklärt, dass sie wisse, dass es sich hierbei um ein Arbeitslager gehandelt habe. Dort seien sicherlich auch Menschen gestorben, allerdings vorzugsweise durch Verhungern oder Erschöpfung. Über das Konzentrationslager Auschwitz wisse sie nicht viel. Sie glaube, dass dies kein Arbeitslager gewesen sei, habe jedoch in diesem Zusammenhang ebenso erklärt: „da weiß man doch nicht ob da wirklich welche waren“. Sie habe einmal gehört, dass es wissenschaftlich umstritten sei, dass in Auschwitz Menschen im industriellen Rahmen ermordet worden seien.
In einer Gesamtschau liege bei der Antragstellerin eine Affinität zum Rechtsextremismus vor. Die von ihr getätigten Aussagen wiesen auf geschichtsrevisionistisches Gedankengut hin. Begründete Zweifel hinsichtlich der Bereitschaft zum uneingeschränkten Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung bestünden.
Hierauf leitete die Antragsgegnerin unter dem 6. März 2019 ein Verfahren zur Prüfung der vorzeitigen Entlassung der Antragstellerin nach § 55 Abs. 4 Satz 1 Soldatengesetz (SG) aus dem Soldatenverhältnis auf Zeit ein.
Zur Niederschrift der Anhörung der Vertrauensperson vom 19. März 2019 erklärte diese, die Teilnahme der Antragstellerin an „rechten Veranstaltungen“ habe sich auf die Zeit beschränkt, in welcher sie mit ihrem damaligen Partner zusammen gewesen sei. Die „Likes“ auf Facebook habe sie „gesetzt“, ohne groß darüber nachzudenken. Sie sei nie negativ aufgefallen und aus Sicht der Vertrauensperson handle es sich vorliegend um jugendlichen Leichtsinn bzw. ginge das Verhalten aus der mittlerweile beendeten Beziehung mit ihrem damaligen Partner hervor. Das Entlassungsverfahren sei nicht angemessen.
Der Disziplinarvorgesetzte der Antragstellerin gab in seiner Stellungnahme zur Entlassung, ebenfalls am 19. März 2019, an, die Bewertung des BAMAD wiege zwar schwer, allerdings handele es sich um eine Kombination aus jugendlichem Leichtsinn, Unerfahrenheit und Unwissen im Umgang mit geschichtlichen Zusammenhängen. Bei einer Entlassung aus der Bundeswehr bestünde die Gefahr, dass sie ernsthaft in die rechte Szene abrutsche.
In der Eröffnungs- und Anhörungsniederschrift vom 20. März 2019 erklärte sich die Antragstellerin mit der beabsichtigten Personalmaßnahme nicht einverstanden und wies auf eine zu erwartende Stellungnahme ihres Bevollmächtigten hin.
Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte führte unter dem 26. März 2019 aus, er befürworte die Entlassung nicht, da der Antragstellerin ihr Fehlverhalten erst in einem aufklärenden Gespräch mit ihrem Vorgesetzten bewusstgeworden sei und es diesbezüglich im täglichen Dienst keine Vorkommnisse gegeben habe. Die Antragstellerin bereue ihr Handeln ernsthaft und werde ihr künftiges Handeln nach den Maximen des Staatsbürgers in Uniform ausrichten. Auch ihr Gruppenführer, mit ersichtlichem Migrationshintergrund, könne dies bestätigen.
Mit Bescheid vom 11. November 2019 wurde die Antragstellerin mit Ablauf des 15. Dezember 2019 nach § 55 Abs. 4 Satz 1 SG aus dem Dienstverhältnis einer Soldatin auf Zeit entlassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es fehle ihr die charakterliche Eignung für den Dienst in der Bundeswehr. Da sie unter anderem im Besitz von Devotionalien mit nationalsozialistischen Hintergrund sei, im Internet dem rechten Spektrum zuzuordnende Seiten positiv bewertet habe, Tätowierungen mit rechtsextremistischen Hintergrund trage und den Holocaust infrage stellende Aussagen getroffen habe, habe sie schuldhaft gegen die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 SG, die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung nach § 8 SG, die Pflicht zum Gehorsam nach § 11 SG und die Pflicht zum Wohlverhalten nach § 17 Abs. 3 SG verstoßen. Zwar ließe jeder dieser Umstände für sich genommen eine vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses in Bezug auf Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte als fragwürdig erscheinen. Allerdings offenbare die Summe dieser Sachverhalte eine klare Hinwendung zum rechten Spektrum und überschreite zulässige Grenzen bei weitem. Die Antragstellerin sei als Soldatin untragbar. Die von ihr vorgetragenen Argumente seien völlig aus der Luft gegriffen und würden überwiegend von Rechtsextremisten genutzt, um deren Gedankengut zu rechtfertigen. Die Verhaltensweise der Antragstellerin deute eindeutig darauf hin, dass sie ihr Handeln und ihre politische Einstellung gegenüber dem Dienstherrn verharmlosen und somit falsch darstellen wolle. Diese Methodik werde typischerweise von Personen benutzt, welche zwar dem extremistischen Umfeld zugewandt seien, dies jedoch nach außen hin verbergen wollten, um ihre berufliche Reputation nicht zu gefährden. Hieran könnten auch die Stellungnahmen der Disziplinarvorgesetzten nichts ändern. Denn es sei nicht die Aufgabe des Dienstherrn, die Antragstellerin zu überzeugen, sich aus dem Phänomenbereich des rechten Spektrums herauszulösen. Von ihr als Staatsbürgerin in Uniform werde erwartet, dass sie dies selbstständig tue. Im Zweifel stünden entsprechende soziale Programme zum Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene zur Verfügung. Von der Antragstellerin sei zu erwarten, dass sie sich eindeutig von rechtsextremistischen Gedankengut distanziere und diese Distanz deutlich durch Handlungen zum Ausdruck bringe. Indem sie die Devotionalien mit nationalsozialistischen Hintergrund nicht nachweislich aus ihrem Besitz entfernt habe, sei klar, dass diese Distanzierung fehle. Eine Veränderung für die Zukunft sei nicht zu erwarten und entlastende Tatsachen seien nicht festzustellen.
Hiergegen ließ die Antragstellerin unter dem 5. Dezember 2019 Beschwerde einlegen über die bislang nicht entschieden wurde. Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen.
Aus einem Dienstzeugnis vom 5. Dezember 2019 ergibt sich, dass die Antragstellerin einen sehr guten Beitrag zum gemeinsamen Erfolg des Bataillons geleistet habe. Sie habe stets zuverlässig, selbstständig und zielstrebig gearbeitet. Ihre Arbeitsergebnisse hätten die Anforderungen, die an Soldaten in ihrer Dienststellung gestellt werden können, voll erfüllt.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2019 lehnte die Antragsgegnerin den als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verstandenen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde vom 5. Dezember 2019 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, ein Verbleib der Antragstellerin in der Bundeswehr gefährde die militärische Ordnung und das Ansehen der Bundeswehr ernstlich. Darüber hinaus habe die Vollziehung keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Insbesondere seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die sofortige Vollziehung Nachteile für die Antragstellerin entstünden, die über die Entlassung hinausgingen und die nicht oder nur schwer wiedergutzumachen seien. Auch überwiegende öffentliche Interessen gegen die Vollziehung bestünden nicht. Es sei zu berücksichtigen, dass bereits der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Entlassungsbescheids gegenüber dem Interesse an der Aussetzung vorsehe.
Hiergegen lässt die Antragstellerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 5. Dezember 2019 anzuordnen.
Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen vortragen, sie werde durch die Bezugnahme auf das Setzen von „Likes“ bei Facebook in ihren Rechten verletzt. Denn der Entlassungsbescheid vom 11. November 2019 gebe hierzu keine genaueren Datumsangaben an. Nach Erinnerung der Antragstellerin handele es sich um Sachverhalte aus den Jahren 2011 und 2012. Sie sei zum damaligen Zeitpunkt etwa 16 Jahre alt gewesen. Eine Einbeziehung von Sachverhalten mit derart erheblicher zeitlicher Distanz sei ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig.
Die Bedeutung der Tätowierung einer „schwarzen Sonne“ sei der Antragstellerin erst bekannt geworden, als sie sie sich bereits hatte tätowieren lassen. Von der Antragsgegnerin werde im Übrigen unterschlagen, dass die Antragstellerin diese Tätowierungen bereits entfernt habe.
Hinsichtlich der Äußerungen bezüglich des Konzentrationslagers Dachau sei nicht erläutert, in welcher Hinsicht dies auf eine rechtsextreme Gesinnung schließen ließe. Bezogen auf Äußerungen zum Konzentrationslager Auschwitz ergebe sich nichts Anderes. Die Antragstellerin habe hierzu ausgeführt, dass dies offensichtlich keine Arbeitslager gewesen seien. Damit sei vermutlich gemeint gewesen, dass es „eben lediglich Vernichtungslager“ gewesen seien. Ihre Aussage, es gäbe Meinungen, die bestritten, dass in Auschwitz Menschen industriell ermordet worden seien, spiegele keine rechtsextreme Gesinnung wieder. Vielmehr müsse bedauerlicherweise festgestellt werden, dass es tatsächlich Menschen gebe, die entsprechende Behauptungen aufstellten.
Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Antragstellerin keine dem rechten Spektrum zugeordnete Internetseiten positiv mit „Gefällt Mir“-Angaben auf Facebook markiert habe bzw. sei dies nicht mehr beachtlich, da diese aus den Jahren 2011 und 2012 stammten. Die Tätowierungen seien mittlerweile entfernt worden, weswegen unwiderlegbar zum Ausdruck gebracht worden sei, dass die Antragstellerin keine rechte Gesinnung innehabe. Die Äußerungen, die den Holocaust infrage stellten, seien eine bloße Unterstellung. Schließlich sei der Bescheid formell rechtswidrig, da das Anhörungsverfahren verfahrensfehlerhaft gewesen sei. Denn der Antragstellerin sei erst nach Erlass des Bescheides Akteneinsicht gewährt worden.
Die Antragsgegnerin beantragt unter dem 30. Januar 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend trug sie vor, dass sich die Antragstellerin bzgl. der nach ihren Angaben aus den Jahren 2011/2012 stammenden „Facebook-Likes“ und des dadurch zum Ausdruck kommenden rechtsextremen Gedankenguts nicht hinreichend distanziert habe. Hätte tatsächlich eine ernsthafte Umorientierung stattgefunden, so hätte sie ihr öffentlich einsehbares Facebook-Profil entsprechend bereinigt. Auch verfange die Argumentation hinsichtlich der Tätowierung nicht. Zwar habe die Antragstellerin das Symbol der „schwarzen Sonne“ entfernen lassen, sie habe allerdings bei ihrer Befragung am 20. November 2018 stattdessen eine Tätowierung mit dem Motiv einer „Triskele“ auf der Innenseite des linken Oberarmes getragen; dieses gelte als Symbol und Erkennungszeichen innerhalb der rechtsextremistischen Szene. Ebenso habe sie jedenfalls zu diesem Zeitpunkt den tätowierten Schriftzug „Getreu dem Glauben unserer Väter – keine Angst zu gehen – in Walhall werden wir uns wieder sehen“ weiterhin auf dem linken Bein getragen. Bei beiden Tätowierungen handele es sich um eindeutig dem rechtsextremen Spektrum zuordenbare Symbole und Texte. Daher sei auch unter diesem Aspekt eine ernsthafte Distanzierung der Antragstellerin von rechtsextremistischem Gedankengut zu verneinen. Auch offenbarten die Äußerungen der Antragstellerin bzgl. der Konzentrationslager Dachau und Auschwitz durchaus eine rechtsextremistische Gesinnung. Soweit sie in ihrer Vernehmung mitgeteilt habe, „da weiß man doch nicht, ob da wirklich welche waren“, könne dies zu zweierlei Schlussfolgerungen führen. Einerseits könne die Antragstellerin damit in Zweifel gezogen haben, ob das Konzentrationslager Auschwitz überhaupt existiert habe, andererseits, dass sie damit bezweifelt habe, dass im Konzentrationslager Auschwitz Menschen waren und gestorben seien. Jedenfalls liefen beide Auslegungsmöglichkeiten darauf hinaus, dass die Antragstellerin den Holocaust leugne und ließen nur den Schluss zu, dass sie sich dem rechtsextremen Gedankengut auf das Innigste verbunden fühle. Hinzu komme, dass die Antragstellerin unstreitig Devotionalien mit nationalsozialistischem Hintergrund besitze. Dies alles zusammengenommen rechtfertige es, die Antragstellerin gemäß § 55 Abs. 4 Satz 1 SG zu entlassen, da sie keinerlei Gewähr mehr dafür biete, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzustehen und damit Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung bestünden. Soweit eine fehlerhafte Anhörung gerügt werde, sei dem Bevollmächtigten der Antragstellerin auch rechtzeitig vor Erlass des Entlassungsbescheides nochmalige und vollständige Akteneinsicht gewährt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz sind. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
Die demnach zu treffende Ermessensentscheidung fällt im vorliegenden Fall zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung gegen die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung vom 11. November 2019 keine rechtlichen Bedenken bestehen. Das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO, § 23 Abs. 6 Satz 2 WBO) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung der eingelegten Beschwerde ist daher gegenüber dem vom Gesetzgeber aufgrund der o.g. Vorschriften allgemein bejahten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Maßnahme nachrangig.
Die Entlassung ist formell rechtmäßig. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe gegen die Anhörungspflicht nach § 28 Abs. 1 VwVfG verstoßen, ist hier kein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften erkennbar. Die Antragsgegnerin wurde ausweislich der Eröffnungs- und Anhörungsniederschrift, unterschrieben am 20. März 2019, angehört. Sie gab dort an, ihre Stellungnahme werde durch ihren Bevollmächtigten abgegeben werden. Diesem wurde unter dem 21. März 2019 Akteneinsicht gewährt. Unter dem 7. Juni 2019 nahm er zur beabsichtigten Entlassung, mithin vor Erlass des Entlassungsbescheids vom 11. November 2019, Stellung. Die Einwendungen der Antragstellerin fanden im Bescheid vom 11. November 2019 auch Berücksichtigung, womit dem Anhörungserfordernis Genüge getan wurde. Selbst wenn die Antragsgegnerin die nach § 28 Abs. 1 VwVfG erforderliche Anhörung unterlassen oder fehlerhaft durchgeführt hätte, wäre diese durch inhaltliche Befassung mit der Antragsschrift vom 20. Januar 2020 in der Antragserwiderung vom 30. Januar 2020 nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Entlassungsverfügung ist § 55 Abs. 4 Satz 1 SG. Nach dieser Vorschrift kann ein Soldat auf Zeit in den ersten vier Jahren seiner Dienstzeit entlassen werden, wenn er die Anforderungen, die an ihn in seiner Laufbahn zu stellen sind, nicht mehr erfüllt. Zu diesen Anforderungen zählen insbesondere die in § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG bezeichneten Eignungskriterien (vgl. BayVGH, B.v. 26.8.2013 – 6 CS 13.1459 – juris Rn. 7; Sohm in Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 55 Rn. 28). Nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG darf in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit nur berufen werden, wer die charakterliche, körperliche und geistige Eignung besitzt, die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Soldat erforderlich ist.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin darüber, ob die Soldatin über die erforderliche charakterliche Eignung im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG verfügt, ist ein Akt wertender Erkenntnis. Der Antragsgegnerin steht daher ein Beurteilungsspielraum zu, der unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen an die vom Soldaten wahrzunehmenden Aufgaben auszufüllen ist. Es genügen berechtigte Zweifel des Dienstherrn, um die charakterliche Eignung im Sinne dieser Bestimmungen zu verneinen. Die gerichtliche Nachprüfung ist insoweit auf die Kontrolle beschränkt, ob die Entlassungsbehörde im Einzelfall den anzuwendenden Begriff und den gesetzlichen Rahmen ihres Beurteilungsspielraums verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.1986 – 1 WB 128.85 – juris Rn. 19; B.v. 14.9.1999 – 1 WB 40.99 – juris Rn. 2; B.v. 27.1.2010 – 1 WB 52.08 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v 27.9.2010 – 6 ZB 09.232 – juris Rn. 4; B.v. 4.9.2017 – 6 ZB 17.1325 – juris Rn. 12; OVG Magdeburg, B.v. 28.11.2019 – 1 M 119/19 – juris Rn. 5; VG München, B.v. 10.8.17 – M 21 S 17.1958 – juris Rn. 20).
Die charakterliche Eignung eines Soldaten ist gegeben, wenn aufgrund seiner Lebenshaltung im Allgemeinen und seiner Einstellung zum Soldatenberuf im Besonderen davon auszugehen ist, dass er den Anforderungen und Pflichten, die ihm als Soldat im Umgang mit Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen sowie gegenüber dem Dienstherrn obliegen, gerecht zu werden vermag (vgl. Sohm in Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 37 Rn. 32). In die Beurteilung der charakterlichen Eignung ist sowohl das dienstliche als auch das außerdienstliche Verhalten des Soldaten einzubeziehen (vgl. Sohm, a. a. O. § 37 Rn. 32). Entscheidend ist insoweit eine prognostische Einschätzung, die eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Soldaten erfordert, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen (vgl. BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 2 B 18.16 – juris Rn. 26 m.w.N.; OVG Magdeburg, B.v. 28.11.2019 – 1 M 119/19 – juris Rn. 6).
Zu den erforderlichen charakterlichen Eigenschaften eines Soldaten gehört, dass er in jeder Hinsicht bereit und in der Lage sein muss, die sich aus der Verfassung und dem Soldatengesetz ergebenden Pflichten uneingeschränkt zu erfüllen (vgl. BVerwG, B.v. 12.5.2005 – 1 WB 43.04 – juris Rn. 4). So muss er insbesondere gemäß § 8 SG die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten. Daneben folgt (auch) aus § 37 Abs. 1 Nr. 2 SG, dass ein Soldat auf Zeit die Gewähr dafür bieten muss, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (vgl. für Beamte: HessVGH, B.v. 22.10.2018 – 1 B 1594/18 – juris Rn. 10; zum Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung: vgl. BVerfG, U. v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris Rn. 529 ff.).
Die politische Treuepflicht nach § 8 SG gebietet dem Soldaten, sich mit der Idee der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, der er dienen soll, zu identifizieren. Identifizieren bedeutet dabei nicht nur, die Grundordnung dieses Staates anzuerkennen, sondern verlangt ein Mehr an staatsbürgerlicher Verpflichtung, das dem Soldaten, wie auch dem Richter und Beamten, auferlegt ist. Die Pflicht aus § 8 SG verlangt von jedem Soldaten die Bereitschaft, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten. Sie fordert als eine Kernpflicht des Soldaten mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert von dem Soldaten insbesondere, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. zu den vorstehenden Grundsätzen hinsichtlich Beamten bzw. Richter: BVerfG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 42; B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 17; hinsichtlich Soldaten: BVerwG, U.v. 28.9.1990 – 2 WD 27.89 – juris Rn. 26; v. 7.11.2000 – 2 WD 18.00 – juris Rn. 4; .v. 23.3.2017 – 2 WD 16.16 – juris Rn. 67).
Berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Soldaten auf Zeit zur Erfüllung seiner Aufgaben setzen in Bezug auf die politische Treuepflicht (und – daran anknüpfend – die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 SG) nicht die Feststellung einer in besonderer Weise „ausgeprägten“ oder „gefestigten“ rechtsextremen Überzeugung voraus. Sie können ohne Überschreitung des der Antragsgegnerin eröffneten Beurteilungsspielraums vielmehr auch dann gerechtfertigt sein, wenn ein Soldat auf Zeit aufgrund tatsächlicher, überprüfbarer Anhaltspunkte eine „eindeutig positive, zustimmende und sympathisierende Tendenz zum rechtsextremistischen Spektrum erkennen lässt“ bzw. eine „offensichtlich befürwortende und unterstützende Einstellung zugunsten rechtsextremer und gewaltbereiter, vom Verfassungsschutz unter Beobachtung stehender Gruppierungen des rechten Spektrums“ zeigt. Denn auch in diesem Fall darf es der Dienstherr als ernstlich fraglich ansehen, ob der Soldat die von ihm zu fordernde Loyalität gegenüber Staat und Verfassung und die für eine zuverlässige Aufgabenerfüllung notwendige persönliche Integrität besitzt (OVG LSA, B.v. 28.11.2019 – 1 M 119/19 – juris Rn. 9).
Gemessen an diesem Maßstab begegnet die Entlassungsverfügung der Antragsgegnerin vom 11. November 2019 keinen ernstlichen Zweifeln. Die von der Antragstellerin gegenüber dem BAMAD getätigten Aussagen bzw. ihr daraus ersichtliches Verhalten und der zu ziehende Rückschluss auf ihre Gesinnung führen zu Recht zu der Annahme, dass es ihr an der charakterlichen Eignung zum Verbleib in dem Dienstverhältnis einer Soldatin fehlt. Im Einzelnen:
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Antragstellerin, weder gegenüber der Behörde, noch gegenüber dem Gericht ausdrücklich und unmissverständlich von einer rechten oder rechtsextremen Gesinnung distanzierte. Vielmehr ließ sie durch ihren Bevollmächtigten versuchen, die vom BAMAD festgestellten Sachverhalte weiter – in zeitlicher und in tatsächlicher Hinsicht – zu relativieren. So drückt sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Zusammenhang mit den Aussagen zu den Konzentrationslagern Dachau und Auschwitz äußerst unglücklich aus, wenn er vorträgt: „Die Antragstellerin führte hierzu aus, dass es offensichtlich keine Arbeitslager waren. Damit war vermutlich gemeint, dass es eben lediglich Vernichtungslager waren“. Auch die unbestritten gegenüber dem BAMAD getätigten Aussagen der Antragstellerin zu den Konzentrationslagern lassen zweifelsfrei den Schluss zu, dass die Antragstellerin die Vernichtungsmaschinerie des Nationalsozialismus verharmlost. Bereits die Angabe, bei dem Konzentrationslager Dachau habe es sich überwiegend um ein Arbeitslager gehandelt, bei dem die Hauptzahl der Opfer an Erschöpfung gestorben sei, belegt schon ihre – im besten Fall lediglich – verharmlosende Gesinnung. Im Konzentrationslager Dachau wurden allein über 4.000 sowjetische Kriegsgefangene hingerichtet (vgl. http://www…de/…html, zuletzt aufgerufen am 9. April 2020). Auch wenn das Konzentrationslager Dachau nicht von vorneherein auf Vernichtung ausgelegt war (anders als etwa Auschwitz) so ist die von der Antragstellerin getätigte Aussage nicht haltbar (vgl. zu den Voraussetzungen der strafrechtlichen Relevanz des „Verharmlosens“: OLG Celle, U.v. 16.8.2019 – 2 Ss 55/19 – juris Rn. 32 m.w.N.).
Wenn die Antragstellerin gegenüber dem BAMAD angibt, sie habe gehört, dass es wissenschaftlich umstritten sei, dass in Auschwitz Menschen in industriellem Umfang ermordet worden seien, deutet dies nicht lediglich darauf hin, dass sie damit darauf hinweisen wollte, dass es Menschen gebe, die entsprechende Behauptungen aufstellten. Im Gegenteil weist eine solche Aussage in einem derart sensiblen Bereich gerade darauf hin, dass sie – ohne es direkt aussprechen zu dürfen/können – an der Massenvernichtung größtenteils jüdischen Lebens zweifelt. Dies deckt sich auch mit der etwas aus dem Zusammenhang gerissenen Aussage der Antragstellerin „da weiß man doch nicht ob da wirklich welche waren“. Denn kombiniert man beide Aussagen miteinander, ergibt sich, dass die Antragstellerin an den Geschehnissen im Konzentrationslager Auschwitz zweifelt. Dass sich dies mit der tatsächlichen Gesinnung der Antragstellerin deckt, bestätigt im vorliegenden Fall eindrucksvoll ihr Disziplinarvorgesetzter in seiner Stellungnahme vom 19. März 2019. Zwar gibt er dort zunächst an, dass die Vorwürfe zwar schwer wögen, es sich aber um eine Kombination aus jugendlichem Leichtsinn, Unerfahrenheit und Unwissenheit handle. Allerdings befürchtet er, dass sie nach Entlassung aus der Bundeswehr ernsthaft in die rechte Szene abdrifte. Diese Befürchtung überschneidet sich mit den gemachten Ausführungen und bestätigt, dass es der Antragstellerin an der charakterlichen Eignung für das Dienstverhältnis einer Soldatin mangelt, wenn schon ihr direkter Vorgesetzter offensichtlich den Verdacht zum möglichen „Abdriften“ in die „rechte Szene“ hegt. Gerade weil sich Grundgesetz und freiheitliche demokratische Grundordnung als Gegenentwurf zur Willkürherrschaft des NS-Regimes verstehen, ist es gerechtfertigt, dass der Dienstherr auf die Verharmlosung oder gar Billigung dieser Zeit besonders sensibel reagiert (HessVGH, B.v. 22.10.2018 – 1 B 1594/18 – juris Rn. 17).
Überdies ergibt sich die charakterliche Nichteignung der Antragstellerin daraus, dass sie auch weiterhin im Besitz von NS-Devotionalien, nämlich eines selbst hergestellten Furnierbildes (Reichsadler mit Hakenkreuz), einer NSDAP-Parteifahne und eines NSDAP-Wahlplakates, ist. Dies wird von der Antragstellerpartei nicht bestritten, sodass das Gericht davon ausgeht, dass die Gegenstände auch weiterhin in ihrem Besitz, wenn auch im elterlichen oder familiären Haushalt, befindlich sind. Obgleich die Grenze des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisation (hier: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei – NSDAP) i.S.d. § 86a StGB vorliegend noch nicht erreicht sein mag, zeigt doch das „Horten“ solcher Gegenstände eine innige Verbundenheit zu dieser verfassungsfeindlichen Partei. Letztendlich wird allein schon dadurch, dass die Antragstellerin einen Reichsadler mit Hakenkreuz „bastelte“, offensichtlich, dass eine enge Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus besteht. Dass sie die Devotionalien abgehängt habe, ist ohne Relevanz, solange sie sich noch tatsächlich in deren (gelockerten) Besitz befindet. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob sie sie zur Schau stellt oder aufbewahrt. Auch eine bloße Sammlung historischer Gegenstände einer weltkriegsaffinen Historikerin vermag das Gericht nicht zu erkennen.
In Bezug auf die Tätowierungen der Antragstellerin steht für das Gericht fest, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung die Tätowierung einer schwarzen Sonne nicht mehr, allerdings weiterhin eine Tätowierung mit dem Motiv einer „Triskele“ auf dem linken Oberarm sowie einen auf dem linken Bein tätowierten Schriftzug „Getreu dem Glauben unserer Väter – keine Angst zu gehen – in Walhall werden wir uns wieder sehen“ trägt. Zwar spricht der Bevollmächtigte der Antragstellerin in seinem Antragsschriftsatz vom 20. Januar 2020 – erneut unglücklich formuliert – stets davon, dass sie ihre Tätowierungen (Plural) entfernt habe. Dass die Antragstellerin allerdings Triskele und den Liedtext habe entfernen lassen, erwähnte sie bislang weder selbst, noch ließ sie auf die Antragserwiderung der Antragsgegnerin, dass letztere Tätowierungen (Triskele und Liedtext) noch bestünden, etwas erwidern. Letztendlich ist dies aber für die Entscheidung auch ohne Relevanz, da zumindest feststeht, dass sie alle drei Tätowierungen in jüngerer Zeit getragen hat und eine Abkehr hiervon – auch unter Zuhilfenahme der bereits getätigten Ausführungen – nicht ersichtlich ist. Denn für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung können Erkenntnisse gegenüber einem Soldaten auch durch plakative Kundgabe in Gestalt des Tragens einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichem Inhalt gezogen werden (vgl. bei Beamten: BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 24 ff). Auch die Betätigung einer verfassungsfeindlichen Gesinnung durch „bloße“ Tätowierung ist möglich. Zwar stellt eine Tätowierung zunächst nur eine Körperdekorierung dar. Durch diese wird der Körper indes bewusst als Kommunikationsmedium eingesetzt (Schmidt, Das äußere Erscheinungsbild von Beamtenbewerbern, 2017, S. 161 f. m.w.N.). Mit dem Tragen einer Tätowierung ist eine plakative Kundgabe verbunden, durch die eine mit ihr verbundene Aussage das „forum internum“ verlässt. Durch eine Tätowierung erfolgt eine nach außen gerichtete und dokumentierte Mitteilung durch deren Träger über sich selbst. Dieser kommt im Falle der Tätowierung sogar ein besonderer Stellenwert zu, weil das Motiv in die Haut eingestochen wird und der Träger sich damit dauerhaft und in besonders intensiver Weise bekennt. Ein Soldat, der sich mit einer Auffassung, die der Werteordnung des Grundgesetzes widerspricht, derart identifiziert, dass er sie sich in die Haut eintätowieren lässt, ist nicht tragbar. Er dokumentiert mit dem Tragen der Tätowierung sein dauerhaftes Bekenntnis zu dieser Anschauung und damit seine Abkehr von der Verfassungsordnung (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2001 – 1 DB 15.01 – Buchholz 232 § 52 BBG BBG Nr. 13 S. 23). Gemessen hieran ist vorliegend zu beachten, dass die Tätowierungen der Antragstellerin keine per se verbotenen Symbole aufweisen. Bei den Tätowierungen der Antragstellerin handelt es sich allerdings eindeutig um Symbole, die ihre Abkehr von der Verfassungsordnung bzw. ihre Gesinnung und den Bezug zum Nationalsozialismus und Rechtsextremismus belegen. Die schwarze Sonne wurde zu Zeiten des Nationalsozialismus von der Schutzstaffel „SS“ im „Obergruppenführersaal“ im Nordturm der Wewelsburg (Nordrhein-Westfalen) als Bodenmosaik in Form eines Sonnenrades mit zwölf Speichen eingelassen. Dieses an sich nicht verbotene Symbol ist seit vielen Jahren in der rechtsextremistischen Szene beliebt und findet immer häufiger Verwendung auf Kleidungsstücken und als Tätowierungen (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz, Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, Stand Oktober 2018, Seite 67, abrufbar unter: https://www…de/…pdf, zuletzt aufgerufen am 13. April 2020). Im Kern stellt es übereinandergelegte Hakenkreuze dar.
Die Triskele wurde unter anderem als Truppenkennzeichen der „27. SS-Freiwilligen-Grenadier-Divison Langemarck“, Symbol der nationalistischen/burischen „Afrikanischen Widerstandsbewegung“ und als Symbol der „Blood & Honour – Division Deutschland“ verwendet (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz, a.a.O. Seite 57, zuletzt aufgerufen am 14. April 2020). Die tätowierte Liederzeile stammt von der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Musikgruppe „Confident of Victory“ („rechtsextremistische Szeneband“, vgl. hierzu Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2018, Seite 87, abrufbar unter https://…de/…pdf, zuletzt aufgerufen am 14. April 2020). In diesem Zusammenhang sei auch auf den Konzertbesuch der Antragstellerin hingewiesen, auf dem die Band „Flak“ aufgetreten ist. Hierbei handelt es sich um eine der bekannteren Musikgruppen des subkulturellen Rechtsextremismus (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz, Newsletter 3/2017, Thema 2, abrufbar unter https://www…de/de/…, zuletzt aufgerufen am 16. April 2020). Insofern lässt sich aus dem (sogar ehemaligen) Tragen solcher Tätowierungen erkennen, dass die Antragstellerin ihre Abkehr vom Boden des Grundgesetzes durch dauerhafte Bekenntnisse zu rechtsextremen Ansichten, bestenfalls eine überdurchschnittlich ausgeprägte Affinität zur rechtsextremen Szene, zur Schau stellt. Auch durch etwaiges Entfernen der Tätowierungen ist in der Zusammenschau mit den anderen Verhaltensweisen der Antragstellerin, insbesondere des Besitzes der Devotionalien, keine Abkehr von ihrer Gesinnung erkennbar. So weit man, fernab jeder Lebenswahrscheinlichkeit, davon ausginge, sie habe die Bedeutung ihrer Tätowierungen tatsächlich nicht durchschaut bzw. es sei lediglich jugendlichem Leichtsinn, geschichtlicher Unwissenheit oder allgemeiner Unerfahrenheit geschuldet, wirft dies die Frage auf, ob sie die nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG ebenso erforderliche geistige Eignung für das Dienstverhältnis einer Soldatin besitzt. Die Bedeutung der Symbole und die Verfassungsfeindlichkeit der Musikgruppe „Confident of Victory“ kann bereits durch einfachste Internetrecherche unter Zuhilfenahme gängiger Suchmaschinen innerhalb weniger Minuten erfasst werden. Im Übrigen ist der Bezug der Tätowierungen zum Hakenkreuz offensichtlich.
Schließlich kommt es auf die von der Antragstellerin gesetzten „Gefällt mir“-Angaben auf der sozialen Plattform Facebook nicht mehr in entscheidungserheblicher Weise an. Zwar sind die vom BAMAD angegebenen Seiten eindeutig dem rechten bzw. rechtsextremen Spektrum – sie passen insofern in das vom Gericht erkannte Gesamtbild der Antragstellerin – zuzuordnen, allerdings sind im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die diesbezüglichen genaueren Umstände und die zeitlichen Angaben dieser „Likes“ nicht ermittelbar oder aus der Aktenlage erkennbar. Obwohl sich aus den Ausführungen des BAMAD ergibt, dass die Antragstellerin den einschlägigen Facebook-Seiten zum 23. Januar 2018 noch „folgte“, bleiben hier die tatsächlichen Umstände, insbesondere ob sie mit Beiträgen dieser Seiten interagiert oder sie gar „auf stumm“ gesetzt hat, offen. Letztendlich bestätigt sie aber auch in diesem Handlungskomplex ihre ausländerfeindliche Gesinnung, wenn sie meint, dass sie der Facebook-Seite „Stopp Asylwahn“ folge, da über die Beantragung von Asyl „nur“ Verbrecher nach Deutschland kämen und sie dies aufgrund vor dem Haus ihrer Familie „herumlungernder“ Menschen beurteilen könne.
Folglich ist nicht ersichtlich, dass die Entlassungsbehörde im Einzelfall den anzuwendenden Begriff und den gesetzlichen Rahmen ihres Beurteilungsspielraums verkannt hat, dass sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO bestehen nicht.
Nach alldem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG sowie § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013.


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