Verwaltungsrecht

Streitigkeit aus Vertrag über Sanierung einer Altlast

Aktenzeichen  22 B 16.619

Datum:
2.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
UPR – 2017, 39
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBodSchG BayBodSchG Art. 3
BayVwVfG BayVwVfG Art. 35 S. 1
VwGO VwGO § 42 Abs. 2, § 130 Abs. 2 Nr. 2
GG GG Art. 19 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

1. Bei dem bayerischen Altlastenkataster (Art. 3 BayBodSchG) handelt es sich um eine ausschließlich behördeninterne Arbeitshilfe; den darin enthaltenen Eintragungen kommt keine verbindliche Außenwirkung zu (so bereits BayVGH, B. v. 28.9.2012 – 22 ZB 11.1581 – BayVBl 2013, 177 Rn. 14). (amtlicher Leitsatz)
2. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts bewirkt, dass die in ihm ausgesprochene Rechtsfolge von da an nicht nur zwischen dem Rechtsträger der Behörde, die diesen Verwaltungsakt erlassen hat, und den in Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bezeichneten Personen bindend feststeht; vielmehr haben auch alle anderen Träger öffentlicher Gewalt (einschließlich der Gerichte) sowohl die Tatbestands- als auch eine ggf. vorhandene Feststellungswirkung des unanfechtbaren Verwaltungsakts, soweit sie in inhaltlicher und personeller Hinsicht reicht, zu beachten. (amtlicher Leitsatz)
3. Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, wenn ein Privatrechtssubjekt in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag der Behörde ausdrücklich die Befugnis einräumt, unter bestimmten Voraussetzungen in Bezug auf die vertragliche Beziehung einseitig hoheitlich (d. h. durch Verwaltungsakt) zu handeln. (amtlicher Leitsatz)
4. Wird eine behördliche Entscheidung, die die gesetzlichen Merkmale eines Verwaltungsakts nicht erfüllt, gleichwohl in die äußere Form eines Verwaltungsakts gekleidet, so ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer hiergegen erhobenen Anfechtungsklage vom Vorliegen eines Verwaltungsakts auszugehen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 8 K 15.1598 2015-11-30 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2015 wird einschließlich des ihm vorangegangenen Verfahrens aufgehoben.
II.
Die Streitsache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg zurückverwiesen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Über die zulässige Berufung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich beide Beteiligte hiermit einverstanden erklärt haben.
Dieses Rechtsmittel hat mit der Maßgabe Erfolg, dass in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens von der durch § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffneten Möglichkeit der Zurückverweisung der Streitsache an die Vorinstanz Gebrauch gemacht wird.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Klagebefugnis des Klägers (§ 42 Abs. 2 VwGO) zu Unrecht verneint und dessen Anfechtungsklage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen.
1.1 Um Rechtsschutz gegen den Bescheid vom 4. September 2015 hat der Kläger in zutreffender Weise gemäß § 42 Abs. 1 VwGO durch Erhebung einer Anfechtungsklage nachgesucht. Die Feststellung, dass für ein bestimmtes Grundstück kein Altlastenverdacht mehr besteht (Nr. I Satz 1 des angefochtenen Bescheids), hat den Rechtscharakter einer feststellenden Regelung (Art. 35 BayVwVfG). Auf die Statthaftigkeit dieser Klageart bleibt es auch ohne Einfluss, dass der im Satz 2 der Nummer I dieses Bescheids enthaltene behördliche Ausspruch die in Art. 35 Satz 1 BayVwVfG vorgegebenen Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts in doppelter Hinsicht nicht erfüllt.
1.1.1 Es trifft zu, dass die Erklärung des Landratsamts, das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 werde aus dem Altlastenkataster entlassen, keine „Regelung“ im Sinn dieser Bestimmung (d. h. den Ausspruch eines Ge- oder Verbots bzw. die Feststellung, Begründung oder Aufhebung eines Rechts oder rechtserheblicher Eigenschaften einer Sache) beinhaltet und nicht darauf gerichtet ist, eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen hin zu erzeugen. Der Verwaltungsgerichtshof hält insofern an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.
Bei dem bayerischen Altlastenkataster (Art. 3 BayBodSchG) handelt es sich um eine ausschließlich behördeninterne Arbeitshilfe; den darin enthaltenen Eintragungen kommt keine verbindliche Außenwirkung zu (BayVGH, B. v. 28.9.2012 – 22 ZB 11.1581 – BayVBl 2013, 177 Rn. 14). Denn es dient dazu, einen Überblick über den Stand der Behandlung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen in Bayern zu vermitteln und die Kontrolle eines landesweit einheitlichen Vollzugs des Bodenschutz- und Altlastenrechts zu ermöglichen (so die Begründung des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zum Schutz des Bodens in Bayern, LTDrs. 14/31 S. 12); als „wichtiges Instrument für eine effiziente Umweltpolitik“ (LTDrs. 14/31 S. 12) ist es mithin dazu bestimmt, die Staatsregierung und die zuständigen Staatsministerien in die Lage zu versetzen, ihre verfassungsrechtlichen Leitungs- und Vollzugsaufgaben (Art. 43 Abs. 1, Art. 51 Abs. 1, Art. 55 Nr. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern) erfüllen zu können.
Im Einklang mit dieser ausschließlich verwaltungsinternen Zweckbestimmung des bayerischen Altlastenkatasters steht es, dass Eintragungen in dieses Register gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BayBodSchG durch unmittelbaren Datentransfer von den nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 BayBodSchG zuständigen Kreisverwaltungsbehörden an das Bayerische Landesamt für Umwelt vorgenommen werden. Dieser Weg der Eintragung in das Altlastenkataster soll nach dem Willen des Gesetzgebers „ausschließlichen“ Charakter tragen (vgl. die Begründung zu § 1 Nr. 1 des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Änderung des Bayerischen Bodenschutzgesetzes, LTDrs. 16/4442, durch das Art. 3 Abs. 1 BayBodSchG um den heutigen Satz 2 ergänzt wurde). Für Veränderungen einmal vorgenommener Eintragungen – insbesondere die Herausnahme eines Grundstücks aus dem Altlastenkataster – kann nichts anderes gelten.
Einen diesem „schlichten Verwaltungshandeln“ (so zu Recht Versteyl in Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, § 11 Rn. 42 hinsichtlich der Art und Weise der Vornahme einer Löschung bzw. Berichtigung von Eintragungen im Altlastenkataster) vorgeschalteten Verwaltungsakt, durch den die Altlasteneigenschaft eines Grundstücks (positiv oder negativ) festgestellt wird, sehen weder das Bundes-Bodenschutzgesetz noch das Bayerische Bodenschutzgesetz vor; angesichts des abschließenden Charakters des im Bundes-Bodenschutzgesetz geregelten Maßnahmenbündels (BVerwG, U. v. 26.4.2006 – 7 C 15.05 – BVerwGE 126, 1 Rn. 10) hätte dem Landesgesetzgeber für die Schaffung einer Norm, die zum Erlass solcher Verwaltungsakte ermächtigt, überdies die Gesetzgebungskompetenz gefehlt (BVerwG, U. v. 26.4.2006 a. a. O. Rn. 13). Auch die Nummer 4.1.5 BayBodSchVwV geht nur von einer durch Bescheid auszusprechenden „Entlassung aus dem Altlastenverdacht im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG“, nicht aber von der mittels eines Verwaltungsakts zu verfügenden Entlassung eines Grundstücks aus.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt bei alledem nicht, dass die Eintragung eines Grundstücks in das Altlastenkataster mit (u. U. erheblichen) Nachteilen für den Betroffenen einhergehen kann. Denn da die in diesem Register gespeicherten Informationen trotz seines nur behördeninternen Charakters gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG grundsätzlich jedermann zugänglich sind (eingehend dazu Versteyl in Versteyl/Sondermann, a. a. O. § 11 Rn. 35 – 37), kann die Aufnahme eines Grundstücks in dieses Verzeichnis negative Auswirkungen auf die Werthaltigkeit eines Grundstücks und seine Verkäuflichkeit zeitigen (so zu Recht Versteyl in Versteyl/Sondermann, a. a. O. § 11 Rn. 34). Hierbei handelt es sich indes nur um eine mittelbare (faktische) Folge der Eintragung; auf ihre Herbeiführung ist eine solche behördliche Maßnahme nicht im Sinn von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG „unmittelbar gerichtet“.
1.1.2 Dies steht im vorliegenden Fall der Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage aber nicht entgegen.
Wird eine behördliche Entscheidung, die die gesetzlichen Merkmale eines Verwaltungsakts nicht erfüllt, gleichwohl in die äußere Form eines Verwaltungsakts gekleidet, so ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer hiergegen erhobenen Anfechtungsklage vom Vorliegen eines Verwaltungsakts auszugehen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 35 Rn. 52). Dies gilt selbst dann, wenn die Behörde von Rechts wegen nicht einmal dazu befugt war, überhaupt durch Verwaltungsakt zu handeln (BVerwG, B. v. 9.11.1984 – 7 C 5.84 – NVwZ 1985, 264).
Dass das Landratsamt im vorliegenden Fall die Handlungsform des Verwaltungsakts auch hinsichtlich des Satzes 2 der Nummer I des Bescheidstenors benutzt hat, ergibt sich in zweifelsfreier Deutlichkeit aus der Tatsache, dass diese behördliche Erklärung ebenfalls in ein Dokument aufgenommen wurde, das mit „Bescheid“ überschrieben ist, einen von den Bescheidsgründen deutlich abgesetzten Tenor aufweist und eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält (vgl. zur Aussagekraft dieser Umstände für die Ermittlung des objektiven Erklärungswerts des behördlichen Verhaltens U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 72; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 35 Rn. 54).
1.2 Durch beide in der Nummer I des Tenors des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen behördlichen Aussprüche kann der Kläger, wie dies für die Bejahung seiner Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO notwendig, aber auch ausreichend ist, in eigenen Rechten verletzt werden.
Die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung resultiert zum einen daraus, dass der Erlass eines Verwaltungsakts mit diesem Inhalt eine der Voraussetzungen darstellt, von deren Erfüllung nach der Nummer II.6 Abs. 1 und 2 des Vertrages vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 das Fälligwerden des u. a. vom Kläger zu entrichtenden Wertausgleichsbetrages abhängt; der Existenz eines solchen Verwaltungsakts kommt insoweit „Tatbestandswirkung“ zu. Die Notwendigkeit, dem Kläger die Befugnis zur Anfechtung dieses Verwaltungsakts zuzuerkennen, folgt bereits aus dem Umstand, dass er andernfalls nach dem Ablauf der Klagefrist keine Möglichkeit mehr besäße, mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen, die materiellen Voraussetzungen für die Ausstellung einer derartigen Bescheinigung lägen nicht vor. Desgleichen könnte er bei einer Verneinung der Klagebefugnis in Zukunft nicht mehr mit dem Einwand gehört werden, der Beklagte habe das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 entgegen der in der Nummer I Satz 1 des Bescheidstenors getroffenen Feststellung nicht in einer Weise saniert, angesichts derer nicht einmal mehr ein Altlastenverdacht vorliege. Denn die Bestandskraft eines Verwaltungsakts bewirkt, dass die in ihm ausgesprochene Rechtsfolge von da an nicht nur zwischen dem Rechtsträger der Behörde, die diesen Verwaltungsakt erlassen hat, und den in Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bezeichneten Personen bindend feststeht; vielmehr haben auch alle anderen Träger öffentlicher Gewalt – auch die Gerichte – bei ihren Entscheidungen sowohl die Tatbestands- als auch die Feststellungswirkung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts der hier inmitten stehenden Art, soweit sie in inhaltlicher und personeller Hinsicht reicht, zu beachten (vgl. zur Bedeutung bestandskräftiger Verwaltungsakte als eines für die gerichtliche Sachverhalts- und Rechtsprüfung maßgeblichen Umstandes Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 1997, § 113 Rn. 20; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 16).
Angesichts der dem streitgegenständlichen Bescheid zukommenden Feststellungs- bzw. Tatbestandswirkung und der ihm innewohnenden Möglichkeit, in Bestandskraft zu erwachsen, ist er geeignet, die Fragen, ob der Beklagte die von ihm gegenüber dem Kläger eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (bzw. einen Teil hiervon) ordnungsgemäß erfüllt hat, und ob der nach der Nummer II.6 Abs. 1 des Vertrages vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 zu entrichtende Wertausgleich (nach Ausstellung der in dieser Klausel erwähnten weiteren Bestätigungen) fällig geworden ist, einer verbindlichen Entscheidung zuzuführen. In der dem Bescheid vom 4. September 2015 zukommenden Feststellungs- und Tatbestandswirkung liegt zugleich der ausschlaggebende Unterschied gegenüber der Fallgestaltung, die dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. September 2012 (22 ZB 11.1581 – BayVBl 2013, 177) zugrunde lag; dort waren weder unmittelbare noch mittelbare Auswirkungen der seinerzeit streitgegenständlichen behördlichen Maßnahme auf subjektive Rechte der Klägerin jenes Verfahrens ersichtlich.
2. Es erscheint angemessen, dass die nach alledem gebotene Würdigung des sachlichen Begehrens des Klägers, also dessen tatsächliche und rechtliche Aufbereitung, durch das Verwaltungsgericht erfolgt. Hierfür spricht nicht nur die grundsätzliche Aufgabenverteilung zwischen den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit des ersten und des zweiten Rechtszuges, wie sie ihren Niederschlag in den §§ 47 f. und den §§ 124 ff. VwGO gefunden hat. Diese hat insbesondere dann Bedeutung, wenn – wie hier – die Sachverhaltsaufklärung noch ganz am Anfang steht und nicht ohne einen gewissen Aufwand möglich ist (vgl. BayVGH, U. v. 6.6.2016 – 22 B 16.611 – Rn. 28). Gewicht kommt im vorliegenden Fall darüber hinaus vor allem dem Umstand zu, dass die insoweit zu leistende Auslegungs- und Aufklärungsarbeit eine hohe Affinität zu Fragen aufweist, die auch in dem vor dem Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen RO 8 K 16.640 seit kurzer Zeit anhängigen Klageverfahren des Sohnes des Klägers aufgeworfen sind. Ausweislich der Ausführungen im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 12. Juli 2016 hat diese Klage u. a. nämlich ebenfalls – bezogen auf das unmittelbar benachbarte Grundstück Fl.Nr. 1559 – die umstrittene Thematik einer bereits erfolgten Entfernung sämtlichen Straßenaufbruchs und der Aufbringung einer von Schadstoffen freien Humusschicht zum Gegenstand. Es wäre mit den Erfordernissen der Prozessökonomie und der Vermeidung einander widersprechender Gerichtsentscheidungen ersichtlich nicht vereinbar, wenn das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof diesen Fragen parallel zueinander nachgehen würden. Es entspricht deshalb pflichtgemäßer Ausübung des durch § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffneten Ermessens, vorliegend von der Möglichkeit der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht, wie sie der Kläger hilfsweise beantragt hat, Gebrauch zu machen (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Entscheidung auch auf einen bloßen diesbezüglichen Eventualantrag hin Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 7).
Maßgeblich für die hier vom Verwaltungsgerichtshof zu treffende Ermessensentscheidung ist auch, dass keine Möglichkeit besteht, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids aus formellen Gründen zu verneinen.
Die Notwendigkeit einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 4. September 2015 erhobenen Einwänden entfällt nicht im Hinblick darauf, dass sich der Kläger und der Beklagte im vorliegenden Fall als Parteien eines öffentlichrechtlichen Vertrages gegenüberstehen (vgl. zum öffentlichrechtlichen Charakter bodenschutzrechtlicher Sanierungsverträge Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 54 Rn. 157). Denn dies führt nicht dazu, dass der Beklagte schon aus diesem Grund keinen Verwaltungsakt mit dem inmitten stehenden Inhalt hätte erlassen dürfen. Es begegnet nämlich grundsätzlich keinen Bedenken, wenn ein Privatrechtssubjekt in einem öffentlichrechtlichen Vertrag der Behörde – wie hier geschehen – ausdrücklich die Befugnis einräumt, unter bestimmten Voraussetzungen in Bezug auf die vertragliche Beziehung einseitig hoheitlich (d. h. durch Verwaltungsakt) zu handeln (Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand März 2013, Art. 54 BayVwVfG Anm. VI; ähnlich Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 13). Wenn nämlich Art. 61 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG sogar die Möglichkeit eröffnet, dass sich eine Privatperson in einem subordinationsrechtlichen öffentlichrechtlichen Vertrag der sofortigen Vollstreckung unterwirft, ohne dass angesichts der für einen solchen Vertrag nach Art. 57 BayVwVfG ausreichenden Schriftform die besonderen formellen Schutzvorkehrungen des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Aufnahme einer solchen Erklärung in eine gerichtliche oder notarielle Urkunde erfüllt sein müssen, kann es nicht unzulässig sein, wenn die Behörde in einem öffentlichrechtlichen Vertrag zur Vornahme einseitiger vertragsbezogener Rechtshandlungen ermächtigt wird, die ihrer Bedeutung nach keinesfalls schwerer wiegen als die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.
Es ist insofern nicht erforderlich, dass für jede der Hohen Hand in einem öffentlichrechtlichen Vertrag zuerkannte Befugnis eine gesetzliche Ermächtigung besteht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 54 Rn. 44; Hettich in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 54 Rn. 73 – 77); im Rahmen solcher Rechtsbeziehungen unterliegt die öffentliche Gewalt grundsätzlich nur dem Prinzip des Vorrangs, nicht aber demjenigen des Vorbehalts des Gesetzes (Kopp/Ramsauer, ebenda). Mit zwingendem Gesetzesrecht aber ist es vereinbar, wenn der Behörde in einem öffentlichrechtlichen Vertrag die Befugnis eingeräumt wird, durch einseitigen Rechtsakt Feststellungen zu treffen, denen für die weitere Entwicklung der vertraglich und gesetzlich geregelten Beziehungen der Beteiligten zueinander Bedeutung zukommt. Dies ergibt sich aus dem hier entsprechend anwendbaren § 315 BGB, wonach die einseitige Leistungsbestimmung durch eine Vertragspartei gestattet werden kann (vgl. zur Zulässigkeit von Regelungen der letztgenannten Art auch in öffentlichrechtlichen Verträgen angesichts der in § 62 Satz 2 VwVfG erfolgten ergänzenden Bezugnahme u. a. auf § 315 BGB BVerwG, U. v. 15.12.1989 – 7 C 6.88 – BVerwGE 84, 236/243). Eine solche Klausel geht für den Vertragspartner der öffentlichen Hand mit keiner minder großen Beschwer einher als die der Behörde hier sinngemäß eingeräumte Befugnis zur Feststellung der erfolgten Erfüllung von Verpflichtungen, die ihrem Rechtsträger nach dem geschlossenen Vertrag obliegen.
Ob den Beteiligten an einem öffentlichrechtlichen Vertrag auch die Rechtsmacht zusteht, zu bestimmen, dass eine Handlung, die sich als bloßes Verwaltungsinternum darstellt (hier: die Entlassung eines Grundstücks aus dem Altlastenkataster), durch Verwaltungsakt vorgenommen (oder – falls die Auslegung des Bescheids vom 4.9.2015 dies ergeben sollte – durch Verwaltungsakt bekanntgemacht) wird oder welcher rechtlich mögliche Inhalt Satz 2 der Nr. I des Bescheidstenors sonst zu entnehmen sein könnte, muss dem weiteren Verfahrensgang vor dem Verwaltungsgericht vorbehalten bleiben.
3. Wie in § 130 Abs. 2 VwGO vorgesehen, war der kassatorische Ausspruch außer auf das erstinstanzliche Urteil auch auf das ihm vorausgegangene Verfahren zu erstrecken. Hierdurch wird im vorliegenden Fall zugleich klargestellt, dass die dem Kläger mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2015 gemäß § 87b Abs. 1 VwGO gesetzte Präklusionsfrist keine rechtlichen Wirkungen mehr entfaltet.
4. Ein Kostenausspruch ist bei einer Zurückverweisung nach § 130 Abs. 2 VwGO nicht veranlasst (vgl. z. B. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 130 Rn. 12; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 19).
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
Beschluss:
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).


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