Verwaltungsrecht

Streitwert in Konkurrentenstreitverfahren

Aktenzeichen  6 C 21.2192

Datum:
27.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40817
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 6 Nr. 4
ZPO § 42

 

Leitsatz

1. Ein Ablehnungsgesuch ist grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Streitwert in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes iRv beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten ist mit einem Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge zu bemessen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 21.1681 2021-07-23 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Anträge der Antragstellerin, den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof S. und die Richterin am Verwaltungsgerichtshof R. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, werden als unzulässig verworfen.
II. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2021 – M 5 E 21.1681- geändert und der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 34.121,01 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

1. Über die Streitwertbeschwerde der Antragstellerin entscheidet der Senat in der für die anstehende Sachentscheidung maßgeblichen Besetzung (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG) unter Mitwirkung und ohne dienstliche Äußerung der abgelehnten Richter (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2015 – 6 ZB 15.662; BayVerfGH, E.v. 1.2.2021 – Vf. 98-VII-20 – juris Rn. 8 m.w.N.). Denn die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin vom 17. September 2021 sind als unzulässig zu verwerfen.
Die Ablehnungsgesuche betreffen den Vorsitzenden Richter S. und die Richterin R., die von der Antragstellerin vor allem wegen des Hinweisschreibens vom 1. September 2021, wegen der Behandlung der Anträge auf Akteneinsicht und Gewährung weiterer Schriftsatzfristen, wegen der Vorbefassung mit den von der Antragstellerin früher geführten Beschwerdeverfahren 6 CE 15.2800 und 6 CE 16.246 und wegen ihrer Mitwirkung an dem Beschluss vom 7. September 2021 – 6 C 21.2079 – für befangen gehalten werden, wobei die Vorbefassung „nicht nur eine zutiefst sachfremde Haltung“ belegen, sondern auch „den Verdacht auf eine entsprechende begangene Rechtsbeugung“ nahelegen soll.
Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe sind sowohl einzeln als auch bei einer Gesamtschau zur Rechtfertigung der Ablehnungsgesuche völlig ungeeignet. Weder die Mitwirkung an einer für die Beteiligte früher ergangenen ungünstigen Entscheidung, noch der – rechtliches Gehör gebende – Hinweis auf die derzeitige Rechtsauffassung, noch die durch die Prozessordnung gedeckte Verfahrensgestaltung insbesondere zur Akteneinsicht (§ 100 VwGO) und zu Äußerungsfristen vermögen in der Regel die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 54 Rn. 9 f. m.w.N.). Denn ein Ablehnungsgesuch ist grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren. Besondere Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, die angeführten Entscheidungen und Verfahrenshandlungen beruhten auf einer unsachlichen Einstellung der abgelehnten Richter oder auf Willkür, hat die Antragstellerin nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt. Die Versuche, eine Instanz übergreifende institutionelle Voreingenommenheit sämtlicher mit den Verfahren der Antragstellerin befassten Richterinnen und Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Mitwirkung der jeweiligen Gerichtspräsidenten zum Nachteil der Antragstellerin und zum Schutz des früheren Präsidenten des Bundesfinanzhofs zu konstruieren, liegen neben der Sache und belegen, wie auch die wiederholten ähnlichen Ablehnungsgesuche im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (oder auch im richterdienstrechtlichen Prüfungsverfahren, vgl. etwa BGH – Dienstgericht des Bundes, B.v. 13.4.2021 – RiZ 2/16 – juris), die rechtsmissbräuchliche Instrumentalisierung der Richterablehnung.
2. Die Streitwertbeschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§ 68 Abs. 1 GKG) und teilweise begründet. Der vom Verwaltungsgericht auf 44.424,75 € festgesetzte Streitwert wird auf 34.121,01 € herabgesetzt, nicht auf die beantragten 5.000 €.
Im zugrundeliegenden Verfahren hatte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht ohne Erfolg den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel beantragt, ihren Bewerbungsverfahrensanspruch um ein Amt der Vorsitzenden Richterin am Bundesfinanzhof (Besoldungsgruppe R 8) dadurch zu sichern, dass der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, dem Beigeladenen durch die beabsichtigte Ernennung zum Präsidenten des Bundesfinanzhofs einen „Vorsitzendenposten“ in einem der näher bezeichneten Senate zu übertragen (vgl. Senatsbeschluss vom heutigen Tag im Beschwerdeverfahren 6 CE 21.2082).
Richtschnur für die Streitwertbemessung ist nach § 52 Abs. 1 GKG grundsätzlich die sich aus dem Antrag ergebende Bedeutung der Sache für den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden. Bestehen dafür keine genügenden Anhaltspunkte, ist nach § 52 Abs. 2 GKG auf den sogenannten Auffangwert (5.000 €) zurückzugreifen. Für Statusstreitigkeiten um ein besoldetes öffentlichrechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis sieht das Gesetz jedoch in § 52 Abs. 6 GKG im Allgemeinen (Satz 1) und für Streitverfahren um – unter anderem – die Übertragung eines anderen Amtes im Besonderen (Satz 4) eine spezielle Bewertungsregel vor, die auf die nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zu berechnende „Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen“ abstellt. In Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, wie ihn die Antragstellerin im zugrunde liegenden Verfahren gestellt hat, bestimmt sich der Streitwert gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Auf dieser Grundlage bestimmt der Senat den Streitwert in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen von beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten unter Rückgriff auf § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und bemisst ihn – wie bei einer auf Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens gerichteten Hauptsacheklage – mit einem Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GKG (ständige Spruchpraxis seit BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390 m.w.N.). Da die Antragstellerin das Amt der Vorsitzenden Richterin am Bundesfinanzhof (Besoldungsgruppe R 8) anstrebt, nicht dasjenige der Gerichtspräsidentin (Besoldungsgruppe R 10), beträgt er zum maßgeblichen Zeitpunkt (§ 40 GKG) 34.121,01 €.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten der Beteiligten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet. Demnach erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO).


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