Verwaltungsrecht

Systemische Mängel des polnischen Asylsystems – Keine klärungsbedürftige Rechtsfrage

Aktenzeichen  11 ZB 16.50002

Datum:
10.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 42594
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3
VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Da in der Rechtsprechung einheitlich geklärt ist, dass das polnische Asylsystem keine systemischen Mängelaufweist, weist die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG auf. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 7 K 15.50317 2015-12-14 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Aus der Antragsbegründung ergibt sich nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Die über Polen in das Bundesgebiet eingereisten Klägerinnen machen insoweit geltend, das Berufungsgericht müsse sich noch einmal mit der Frage auseinandersetzen, ob das Asylverfahren in Polen systemische Mängel aufweise, und entscheiden, ob die klägerischen Bedenken durchgreifen.
Der Senat hat jedoch bereits in mehreren Entscheidungen und im Einklang mit zahlreichen Entscheidungen anderer Gerichte, auf die sich das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Urteil ausdrücklich stützt, unter Auswertung der Erkenntnislage im Einzelnen dargelegt, dass trotz mancher Defizite keine grundlegenden systemischen Mängel im Asylsystem der Republik Polen bestehen, da keine strukturellen und landesweiten Missstände vorliegen, aufgrund derer anzunehmen wäre, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen würde (BayVGH, U. v. 13.4.2015 – 11 B 15.50031 – juris Rn. 24-27; U. v. 22.6.2015 – 11 B 15.50049 – juris Rn. 21-24; ebenso zuletzt U. v. 19.1.2016 – 11 B 15.50130 – juris Rn. 23-26). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die Antragsbegründung nicht näher auseinander. Soweit sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen auf zwei Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Wiesbaden und Meiningen aus dem Jahr 2013 beziehen, lässt sich daraus die Grundsatzbedeutung der aufgeworfenen Frage nicht herleiten. Beide Beschlüsse sind in Eilverfahren im Rahmen einer Interessenabwägung mit der Begründung ergangen, die offene Frage etwaiger systemischer Mängel des polnischen Asylsystems müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat daraufhin im Hauptsacheverfahren nach Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amts systemische Mängel des polnischen Asylsystems ausdrücklich verneint (U. v. 19.2.2014 – 5 K 651/13.WI.A). Über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens beim Verwaltungsgericht Meiningen liegen hier keine Erkenntnisse vor; der Antragsbegründung ist hierzu nichts zu entnehmen.
Aufgrund der weitestgehend einheitlichen Rechtsprechung zur Frage systemischer Mängel im polnischen Asylsystem besteht jedenfalls insoweit kein Klärungsbedarf, der die Zulassung der Berufung rechtfertigen würde.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels durch Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Zwar kann ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs vorliegen, wenn das Gericht anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen aus anderen Verfahren mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne diese Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können (BVerwG, B. v. 19.3.2014 – NVwZ 2014, 1039 Rn. 11; BayVGH, B. v. 23.9.2014 – 11 ZB 14.30177 – juris Rn. 12). Vorliegend ist ein solcher Verstoß jedoch zu verneinen. Das Verwaltungsgericht nimmt in seinem angefochtenen Urteil vom 14. Dezember 2015 zur Frage systemischer Mängel des polnischen Asylsystems auf seinen Beschluss vom 5. Oktober 2015 im Eilverfahren (Az. W 7 S 15.50318) Bezug und zitiert die dortigen Ausführungen einschließlich der hierzu herangezogenen Rechtsprechungsbelege wörtlich. Damit sind diese jedenfalls so frühzeitig in das Verfahren eingeführt, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen ausreichend Zeit gehabt hätten, sich hierzu zu äußern.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
4. Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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