Verwaltungsrecht

Teilweise erfolgreiches Eilverfahren bzgl. eines Platzverweises und eines Kontaktverbots

Aktenzeichen  Au 8 S 18.1436

Datum:
30.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23144
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 5
GG Art. 13
PAG Art. 4, Art. 11 Abs. 4 S. 2, Art. 16 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1 Die Gefahrenprognose für einen Platzverweis muss auf erkennbaren Umständen, also Tatsachen, Sachverhalten oder sonstigen greifbaren Anhaltspunkten beruhen, wobei auf eine „ex ante“ Sicht abzustellen ist. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Stellt sich nachträglich heraus, dass nur eine Anscheinsgefahr vorlag, muss die Gefahreinschätzung dem Urteil eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters entsprechen, damit eine Anscheinsgefahr einer objektiven Gefahr gleichsteht und ein polizeiliches Einschreiten rechtfertigt. (Rn. 28 – 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der am 20. August 2018 erhobenen Klage des Antragstellers gegen den Platzverweis und das Kontaktverbot vom 17. August 2018 jeweils in Gestalt des Änderungsbescheids vom 23. August 2018 wird wiederhergestellt, soweit das Kontaktverbot hinsichtlich der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder angeordnet wurde.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat zwei Drittel, der Antragsgegner ein Drittel der Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen ihm erteilten Platzverweis sowie gegen ein ihm erteiltes Kontaktverbot vom 17. August 2018 jeweils in Gestalt des Änderungsbescheids vom 23. August 2018.
Der Antragsteller lebt mit der Beigeladenen, zwei gemeinsamen Kindern und einem weiteren Kind der Beigeladenen im Alter von zwei bis acht Jahren in häuslicher Gemeinschaft. In der Nacht vom 16. August 2018 auf den 17. August 2018 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen.
Daraufhin erstattete die Beigeladene am 17. August 2018 um 1.00 Uhr gegen den Antragsteller unter Vorbehalt Strafanzeige und gab unter anderem an, der Antragsteller habe zunächst aus Wut die Kinderzimmertüre so fest zugeworfen, dass das Türblatt beschädigt worden sei. Zudem habe er das Handy so häufig auf den Boden geworfen, dass es nicht mehr gebrauchsfähig gewesen sei. Das Handy habe einen Wert von etwa 500,00 €. Auch ihren Laptop habe der Antragsteller auf den Küchentisch geworfen. Dem Augenschein nach sei das Gerät nicht beschädigt worden. Aus Angst vor weiteren Übergriffen des Antragstellers sei sie aus der gemeinsamen Wohnung geflohen. Sie habe große Angst, nach Hause zu gehen, da der Antragsteller ihr gegenüber schon in der Vergangenheit handgreiflich geworden sei. Wegen des psychischen Zustandes der Beigeladenen wurde zunächst auf deren förmliche Vernehmung verzichtet.
Eine Polizeistreife fuhr daraufhin zur Wohnanschrift des Antragstellers. Nachdem die Beamten die Wohnung des Antragstellers mit dessen Zustimmung betreten hatten, sprachen sie diesem gegenüber – nach Eröffnung des Tatvorwurfs – einen Platzverweis aus, wonach sich der Antragsteller in der Zeit vom 17. August 2018, 01:02 Uhr, bis zum 3. September 2018 nicht in der gemeinsam bewohnten Immobilie aufhalten beziehungsweise diese betreten darf. Zudem wurde gegenüber dem Antragsteller gleichzeitig ein Kontaktverbot ausgesprochen, wonach dieser in der Zeit vom 17. August 2018, 01:02 Uhr, bis zum 3. September 2018 mit der Beigeladenen sowie den Kindern weder persönlich noch in sonstiger Weise in Kontakt treten darf. Sowohl der Platzverweis wie auch das Kontaktverbot wurden dem Antragsteller erläutert und schriftlich ausgehändigt. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in der Wohnung des Antragstellers stellten die Polizeibeamten fest, dass im Zeitpunkt des Betretens der Wohnung die im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder in ihren Betten schliefen und die Wohnung sich in einem sauberen Zustand befand. Das Allgemeinbild der vorliegenden Situation ließ nach den Feststellungen der Polizeibeamten nicht auf eine Gefährdung des Kindeswohls schließen. Der Antragsteller zeigte sich aggressiv, verließ die gemeinsam bewohnte Immobilie jedoch nach mehrfachen Aufforderungen der Polizeibeamten (Aktenvermerk vom 21.8.2018, Bl. 28 f. der Behördenakte).
Bei ihrer Vernehmung am 21. August 2018 bestätigte die Beigeladene die am 17. August 2018 gemachten Angaben und trug ergänzend zu vergangenen körperlichen Übergriffen des Antragstellers ihr gegenüber vor.
Mit Schriftsatz vom 20. August 2018 ließ der Antragsteller Klage erheben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. August 2018 aufzuheben (Au 8 K 18.1435). Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Zugleich begehrte er vorläufigen Rechtsschutz im vorliegenden Verfahren.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beigeladene dem Antragsteller gegenüber geäußert habe, er solle mit „seiner Blondine“ in dem roten Sportwagen spazieren fahren. Die erwähnte „Blondine“ gebe es jedoch nicht. Nach diesem Vorwurf habe sich die Auseinandersetzung zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen entwickelt. Der Antragsteller sei schließlich von der Polizei aufgefordert worden, die Wohnung zu verlassen. Er hätte zehn Minuten Zeit gehabt, das Nötigste zu packen, und sei dabei von den Beamten auf Schritt und Tritt verfolgt worden. Der Platzverweis und das Kontaktverbot seien rechtswidrig. Ein lediglich lautstark geführter Streit eröffne nicht den Anwendungsbereich des Art. 11 PAG. Bei einem verbalen Streit sei lediglich ein auf wenige Stunden befristeter Platzverweis verhältnismäßig. Der Sachverhalt rechtfertige es nicht, von einer Gefahr für Leben und Gesundheit der Beigeladenen und der sich in der Immobilie aufhaltenden Kinder auszugehen. Der Umstand, dass dem Antragsteller der Umgang mit seinen Kindern verwehrt werde, stelle einen erheblichen Eingriff in die Rechte des Antragstellers aus Art. 6 GG dar.
Auf die Antragsbegründung wird verwiesen.
Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Der Antragsgegner trat dem mit Schriftsatz vom 23. August 2018 entgegen und hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Platzverweis und das Kontaktverbot rechtmäßig ergangen seien. Der Platzverweis ermögliche der Behörde eine kurzfristige Krisenintervention mit dem Ziel, akute Auseinandersetzungen mit Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person zu entschärfen; der Betroffene erhalte auch die Möglichkeit, gegebenenfalls gerichtlichen Schutz nach Maßgabe des Gewaltschutzgesetzes in Anspruch zu nehmen. Neben Leben und Gesundheit würden auch erhebliche Eigentumspositionen zu den bedeutenden Rechtsgütern des Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 PAG zählen. Beim Eintreffen der Beamten vor Ort sei der Antragsteller ersichtlich in Rage gewesen und habe sofort eine Anzeige gegen die Beigeladene stellen wollen. Auch nach wiederholter Ansprache durch die Beamten habe sich der Antragsteller uneinsichtig gezeigt. In einer Gesamtschau der festgestellten Tatsachen und bei Berücksichtigung der festgestellten Indizien habe die Prognoseentscheidung der Beamten unter Berücksichtigung der gefährdeten Rechtsgüter zugunsten der Erteilung eines Platzverweises beziehungsweise eines Kontaktverbots ausfallen müssen. Die Beamten hätten aufgrund der geschilderten Vorfälle und dem Verhalten des Antragstellers davon ausgehen dürfen, dass dieser in naher Zukunft erneut seine Lebensgefährtin körperlich angehe, beleidige oder deren Eigentum verletze. Die Dauer des Platzverweises bewege sich im angemessenen Bereich. Auch im Übrigen seien der Platzverweis beziehungsweise das Kontaktverbot verhältnismäßig. Zwar sei das Grundrecht aus Art. 13 GG des Antragstellers betroffen, dem stünden jedoch das Recht der Beigeladenen auf körperliche Unversehrtheit, Leben und Eigentum gegenüber, so dass die Rechte des Antragstellers zurücktreten müssten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Eingriff in die Rechte des Antragstellers nur für eine relativ geringe Zeitspanne erfolge.
Auf die Antragserwiderung wird verwiesen.
Mit Bescheid vom 23. August 2018 änderte der Beklagte den erteilten Platzverweis sowie das erteilte Kontaktverbot vom 17. August 2018 jeweils dahingehend ab, dass sich der Antragsteller bis zum 30. August 2018 nicht in der gemeinsam bewohnten Immobilie aufhalten beziehungsweise diese betreten darf und mit der Beigeladenen sowie den Kindern weder persönlich noch in sonstiger Weise in Kontakt treten darf.
Mit Beschluss vom 28. August 2018 wurde die Lebensgefährtin des Antragstellers zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Ergänzend wird auf die vorgelegte Akte nebst Lichtbildern sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Platzverweis und das Kontaktverbot vom 17. August 2018 jeweils in Gestalt des Änderungsbescheids vom 23. August 2018 ist zulässig und teilweise begründet.
Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten haben gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO keine aufschiebende Wirkung.
Der Antrag ist in der Sache teilweise begründet.
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das Interesse des Betroffenen, vom sofortigen Vollzug bis zur Entscheidung in der Hauptsache zunächst verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Hierbei hat das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage, soweit sie im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung überschaubar sind, zu berücksichtigen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden. Maßgeblich für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist dabei die sich im Zeitpunkt der Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage.
Die Klage gegen den Platzverweis und das Kontaktverbot vom 17. August 2018 jeweils in Gestalt des Änderungsbescheids vom 23. August 2018 wird voraussichtlich insoweit erfolgreich sein, wie gegenüber dem Antragsteller das Kontaktverbot auch hinsichtlich der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder angeordnet wurde (dazu nachfolgend zu 3.). Im Übrigen sind der Platzverweis und das Kontaktverbot vom 17. August 2018 voraussichtlich rechtmäßig (dazu nachfolgend zu 1. und 2.) und der Antragsteller daher nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Gemäß Art. 11 Abs. 4 Satz 2 PAG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PAG kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Orts verbieten. Im Hinblick auf Art. 13 GG ist der gegen einen Wohnungsinhaber gerichtete Platzverweis aus seiner eigenen Wohnung über den Wortlaut des Art. 16 PAG hinaus nur zulässig, soweit zusätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 PAG vorliegen (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 3. Aufl. 2011, Art. 16 Rn. 42), das heißt, wenn das zur Abwehr einer dringenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PAG). Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 StPO) ist eine gegenwärtigen Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich (Art. 23 Abs. 2 PAG).
Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für einen vorübergehenden Platzverweis gegenüber dem Antragsteller vor.
Die Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 2 PAG sind gewahrt. Die für die Anordnung eines Platzverweises während der Nachtzeit erforderliche gegenwärtige Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut liegt vor.
Die Gefahrenprognose muss dabei auf erkennbaren Umständen, also Tatsachen, Sachverhalten und sonstigen greifbaren Anhaltspunkten beruhen, ein bloßer Verdacht oder bloße Vermutungen reichen nicht (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, Art. 16 Rn. 41, 43; VG München, B.v. 18.7.2018 – M 7 E 18.3382 – juris Rn. 22). Dabei ist für die gerichtliche Beurteilung der Gefahrenlage auf eine „ex ante“ Sicht abzustellen. Hat der handelnde Amtsträger die Lage – ex ante gesehen – zutreffend eingeschätzt, dann wird die getroffene Maßnahme – ex post betrachtet – nicht dadurch rechtswidrig, dass die Entwicklung anders als prognostiziert verlaufen ist. Stellt sich nachträglich heraus, dass keine wirkliche Gefahr vorlag, sondern nur der Anschein einer Gefahr erweckt wurde, kommt es darauf an, ob die Gefahreinschätzung dem Urteil eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters entspricht. Die bei verständiger Würdigung der erkennbaren Umstände bestehende Anscheinsgefahr steht einer objektiven Gefahr gleich und rechtfertigt ein polizeiliches Einschreiten (vgl. BayVGH, U.v. 2.12.1991 – 21 B 90.1066 – juris Rn. 54).
Die Tatsachen, die dem Gericht derzeit vorliegen und die im Rahmen des Eilverfahrens zu würdigen sind, lassen den gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen Platzverweis nach diesen Grundsätzen als rechtmäßig erscheinen. Es lagen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller die Beigeladene auch zukünftig bedrohen oder verletzen wird.
Die Beigeladene erschien am 17. August 2018 bei der Polizei und schilderte, dass der Antragsteller im Rahmen einer Auseinandersetzung aus Wut die Kinderzimmertüre so fest zugeworfen habe, dass das Türblatt beschädigt worden sei. Zudem habe er ihr Handy so häufig auf den Boden geworfen, dass es nicht mehr gebrauchsfähig gewesen sei. Auch ihren Laptop habe der Antragsteller auf den Küchentisch geworfen. Aus Angst vor neuen Übergriffen des Antragstellers sei sie aus der gemeinsamen Wohnung geflohen. Sie habe große Angst, nach Hause zu gehen, da der Antragsteller ihr gegenüber schon in der Vergangenheit handgreiflich geworden sei.
Vor diesem Hintergrund ist die von den handelnden Polizeibeamten ex-ante getroffene Gefahrenprognose nicht zu beanstanden. Vielmehr rechtfertigen diese Tatsachen die Annahme, dass es zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen kommen wird. Das bei den bisherigen Auseinandersetzungen gezeigte aggressive Verhalten des Antragstellers rechtfertigt zudem die Prognose, dass der Antragsteller auch bei den zu befürchtenden neuerlichen Auseinandersetzungen handgreiflich gegenüber der Beigeladenen werden wird. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Antragsteller sogar gegenüber den Polizeibeamten in Rage geriet. Dabei ist insbesondere der Grundsatz zu beachten, dass die Anforderungen für die Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts umso geringer sein können, je größer der möglicherweise eintretende Schaden ist (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, Art. 16 Rn. 3).
Diese Gefahr besteht auch für das bedeutende Rechtsgut der Gesundheit, Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 PAG. Aufgrund der Handgreiflichkeiten des Antragstellers gegenüber der Beigeladenen in der Vergangenheit liegt eine Gefahr für deren körperliche Unversehrtheit vor.
Der Platzverweis genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Art. 4 PAG. Nach Art. 4 Abs. 2 PAG darf eine Maßnahme nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Eine Maßnahme ist nach Art. 4 Abs. 3 PAG nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. Durch das Verbot des Betretens der Wohnung und des Aufenthalts darin, wird in eine besonders nachhaltig geschützte Rechtsposition des Betroffenen eingegriffen. So liegt in dem Betretungsverbot für die Wohnung ein Eingriff in eine nach Art. 14 GG geschützte Rechtsposition, die aber jedenfalls bei einem rechtmäßigen Betretungsverbot als zulässige Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG angesehen werden kann. Darüber hinaus können auch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG, die Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG, und der Schutz von Ehe und Familie, Art. 6 GG, des Antragstellers betroffen sein. Andererseits wiegen auch die durch das Verhalten des Antragstellers betroffenen Rechtsgüter der körperlicher Unversehrtheit der Beigeladenen, Art. 2 Abs. 2 GG, sowie des Eigentums, Art. 14 GG, schwer. Von entscheidender Bedeutung ist daher im vorliegenden Fall, wie lange die Maßnahme andauert. Ab einem bestimmten Zeitpunkt sind die Beschränkungen der Rechte des Antragstellers nicht mehr verhältnismäßig. Es kann nicht Aufgabe der Polizei sein, häusliche Konflikte auf Dauer zu regeln und die notwendige Privatinitiative unbegrenzt zu suspendieren. Das hier auf einen Zeitraum von 14 Tagen befristete Betretungsverbot überschreitet die durch das Übermaßverbot gezogene Grenze nicht. Die gewählte Dauer der Maßnahme ist ausreichend und angemessen, um zivilrechtlichen Rechtsschutz nach dem Gewaltschutzgesetz in Anspruch zu nehmen (vgl. VG München, B.v. 18.7.2018 – M 7 E 18.3382 – juris Rn. 24; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Art. 16 Rn. 47).
2. Auch das hinsichtlich der Beigeladenen am 17. August 2018 angeordnete Kontaktverbot in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23. August 2018 ist voraussichtlich rechtmäßig und der Antragsteller daher nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAG, wonach die Polizei zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut einer Person verbieten kann, ohne polizeiliche Erlaubnis zu bestimmten Personen oder zu Personen einer bestimmten Gruppe Kontakt zu suchen oder aufzunehmen (Kontaktverbot), liegen vor. Insoweit sind die oben zu Ziffer 1 im Einzelnen dargelegten Gründe, auf die der Antragsgegner den Platzverweis zu Recht gestützt hat, in gleicher Weise anzuwenden. Das Kontaktverbot stellt sich somit als rechtmäßig dar.
3. Soweit das Kontaktverbot vom 17. August 2018 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23. August 2018 auch hinsichtlich der im selben Haushalt lebenden Kinder angeordnet wurde, ist das Kontaktverbot voraussichtlich rechtswidrig.
Den tatsächlichen Feststellungen der Polizeibeamten in der Wohnung des Antragstellers im Zeitpunkt der Erteilung des Kontaktverbots nach schliefen die Kinder in ihren Betten und die Wohnung befand sich in einem sauberen Zustand. Das Allgemeinbild der Situation ließ nach den Einschätzungen der Polizisten nicht auf eine Gefährdung des Kindeswohls schließen (Bl. 29 der Behördenakte). Auf Grundlage dieser Feststellungen war eine konkrete Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut der Kinder (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAG) nicht zu bejahen.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kostentragung der Beigeladenen beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 35.1, 35.4 und Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der in der Hauptsache anzusetzende Streitwert in Höhe von 7.500,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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