Verwaltungsrecht

Umverteilung wegen gewalttätigen Verhaltens

Aktenzeichen  Au 1 S 17.1297

Datum:
31.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayAufnG BayAufnG Art. 10 Abs. 1 S. 2
BayDVAsyl BayDVAsyl § 7 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

Gefährdet der Antragsteller durch sein gewalttätiges Verhalten in einer Gemeinschaftsunterkunft den geordneten und sicheren Betrieb der Einrichtung und bzw. oder die Sicherheit und Unversehrtheit der dort tätigen Mitarbeiter und Mitbewohner, liegt die Zuweisung in eine andere Gemeinschaftsunterkunft im überwiegenden öffentlichen Interesse.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, ein senegalesischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Umverteilung nach …
Er reiste im Dezember 2014 in die Bundesrepublik ein und beantragte im Januar 2015 die Anerkennung als Asylberechtigter. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 22. Mai 2017 ab. Über die hiergegen erhobene Klage (Au 1 K 17.33178) ist noch nicht entschieden. Ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 20. Juni 2017 abgelehnt (Au 1 S. 17.33179).
Der Antragsteller war zunächst einer Unterkunft im … zugewiesen. Nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit Mitbewohnern im April 2016 wurde er im Bezirkskrankenhaus … untergebracht und anschließend ab 2. Mai 2016 einer Unterkunft in … zugewiesen.
Am 7. August 2017 hat der Antragsteller dort drei Fensterscheiben mit Steinen eingeschmissen. Er wurde daraufhin von der Polizei in das Bezirkskrankenhaus … verbracht. Die Regierung von … erteilte ihm ein Hausverbot für die Gemeinschaftsunterkunft. Mit Bescheid vom 22. August 2017 wurde der Antragsteller der Gemeinschaftsunterkunft … zugewiesen.
Am 28. August 2017 ließ der Antragsteller hiergegen Klage erheben (Au 1 K 17.1296), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig begehrt er vorläufig einstweiligen Rechtsschutz. Zur Begründung trägt sein Bevollmächtigter vor, die Erteilung des Hausverbotes sei rechtswidrig. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Antragsteller psychisch krank sei und deswegen sich auch wiederholt im Bezirkskrankenhaus … zur Behandlung befunden habe. Der Umzug und das Einleben in eine neue Umgebung sei dem Antragsteller krankheitsbedingt auch nicht zumutbar. Für dieses Verfahren begehrt der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.8.2017 anzuordnen.
Der Antragsgegner
hat keinen Antrag gestellt.
Die Regierung von … legte am 30. August 2017 die Behördenakte vor, hat sich darüber hinaus aber nicht geäußert.
Ergänzend wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Gegenstand des Antrags ist die mit Bescheid des Antragsgegners vom 22. August 2017 verfügte (landesinterne) Umverteilung des Antragstellers von … nach …. Diese ist nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 AufnG trotz Klageerhebung durch den Antragsteller sofort vollziehbar.
2. Der Antrag ist nicht begründet.
Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Gericht die privaten Interessen des Antragstellers an der Aussetzung und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage beurteilt werden können.
Diese Abwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Die Zuweisungsentscheidung der Regierung von … vom 22. August 2017 wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen, so dass sie den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Überwiegende Interessen, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
a) Rechtsgrundlage der Umverteilungsentscheidung ist § 9 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Asylgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes, des Aufnahmegesetzes und des § 12a des Aufenthaltsgesetzes (Asyldurchführungsverordnung – DVAsyl).
Danach kann aus Gründen des öffentlichen Interesses (…) landesintern eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder eine andere kreisfreie Gemeinde im selben oder in einem anderen Regierungsbezirk erfolgen. Ein öffentliches Interesse besteht gemäß § 9 Abs. 5 DVAsyl i.V.m. § 7 Abs. 3 DVAsyl und § 10 Nr. 1 d) DVAsyl insbesondere dann, wenn durch die Belegung die innere Ordnung oder die internen Betriebsabläufe in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigt werden. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 DVAsyl soll durch die Verteilung und die Zuweisung auch die Begehung von Sicherheitsstörungen unterbunden oder verhütet werden.
b) Der Bescheid vom 22. August 2017 begegnet zunächst in formaler Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere bedurfte er keiner Begründung. Nach § 9 Abs. 4 DVAsyl gilt für die landesinterne Umverteilung § 7 Abs. 2 DVAsyl entsprechend. Dieser verweist auf § 50 Abs. 4 AsylG, der eine Begründung für die Umverteilungsentscheidung entbehrlich macht.
c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine landesinterne Umverteilung lagen beim Antragsteller vor, da Gründe des öffentlichen Interesses eine solche rechtfertigten.
Zu diesen Gründen zählt, wie sich aus den gesetzlichen Vorgaben ergibt, auch der geordnete und sichere Betrieb einer Unterkunft bzw. die Sicherheit und Unversehrtheit der dort tätigen Mitarbeiter und Mitbewohner.
Der Antragsteller hat diese durch sein Verhalten gefährdet. Er hat mit großen Steinen Fensterscheiben eingeworfen und ist damit massiv gewalttätig geworden. Dies ergibt sich einerseits aus den Behördenakten, andererseits aus dem Vortrag des Antragstellers. Er bestreitet den Vorfall nicht, der letztlich auch zu seiner Unterbringung im Bezirkskrankenhaus geführt hat.
Nachdem der Antragsteller bereits mehrfach durch gewalttätiges Verhalten auffällig geworden ist und selbst davon ausgeht, dass seine nach wie vor bestehenden psychischen Probleme hierfür verantwortlich sind, liegen die Voraussetzungen für eine Umverteilung vor. Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Antragsteller sein Verhalten im strafrechtlichen Sinne vorgeworfen werden kann. Vorliegend ist Schutzziel der einschlägigen Vorschriften alleine die Gewährleistung eines geordneten Betriebs der Unterkünfte. Wird diese gefährdet, so ist es legitim und sachgerecht, wenn versucht wird, durch eine Umverteilung in eine andere Unterkunft (zudem mit Sicherheitsdienst) dafür zu sorgen, dass mögliche weitere Störungen oder Gefährdungen unterbleiben.
d) Die vom Antragsgegner getroffene Entscheidung leidet auch nicht an Ermessensfehlern.
Es ist nicht erkennbar, dass sich die Regierung von … bei ihrer Entscheidung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder wesentliche Gesichtspunkte nicht beachtet hat. Sie hat das gewalttätige Verhalten des Antragstellers zum Anlass genommen, ihn in eine andere Unterkunft zu verlegen. Ob daneben das ihm erteilte Hausverbot rechtmäßig ist oder nicht, spielt letztlich im hier zu entscheidenden Verfahren keine Rolle.
Auch im Übrigen wurde vom Antragsteller nichts vorgetragen, was Ermessensfehler begründen könnte. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass eine medizinische Versorgung des Antragstellers, der zunächst im Bezirkskrankenhaus … und dann im Bezirkskrankenhaus … untergebracht war, nur in … gewährleistet wäre.
e) Überwiegende Interessen des Antragstellers, die trotz der fehlenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine Entscheidung zu seinen Gunsten rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar oder vorgetragen.
Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den ordnungsgemäßen Betrieb der Unterkünfte zu gewährleisten. Daneben ist nicht erkennbar, dass für den Antragsteller mit einer Verlegung nach … wesentliche Nachteile verbunden wären. Er kann dort, ebenso wie in, seine psychischen Probleme behandeln lassen. Im Übrigen sind weder familiäre noch sonstige beachtliche Gesichtspunkte gegeben, die einen Verbleib in … zwingend erfordern würden.
3. Die Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller trägt als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren war abzulehnen.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind, wie oben ausgeführt, nicht erfüllt.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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