Verwaltungsrecht

Unbegründete Furcht vor Repressalien in Äthiopien

Aktenzeichen  8 ZB 18.31141

Datum:
9.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18295
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

Die bloße Behauptung, bei einer Rückkehr nach Äthiopien bestehe die Gefahr von Repressalien sowie von Ächtung und Diskriminierung, stellt keine Frage dar, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung bedarf. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 12 K 17.43453 2017-12-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtlich Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 21.11.2017 – 1 B 148.17 u.a. – juris Rn. 4 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 30.9.2015 – 1 B 42.15 – juris Rn. 3). Darzulegen sind mithin die konkrete Frage sowie ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung (vgl. OVG NRW, B.v. 15.12.2017 – 13 A 2841/17.A – juris Rn. 3 ff.).
Diesen Anforderungen wird das klägerische Vorbringen nicht gerecht. Die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage,
„ob einem Flüchtling, der gegen seinen Willen in einem dritten Land als Arbeitskraft gehalten wird, ein Asylstatus zuzuerkennen ist“,
ist in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig und damit nicht entscheidungserheblich. Die Antwort auf diese Fragestellung hängt von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren ab. Sie ist deshalb nicht hinreichend konkret gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 14 f.; BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 9, 20; OVG NW, B.v. 1.12.2017 – 13 A 2643/17.A – juris Rn. 23).
Die Entscheidungserheblichkeit der Vorgänge in Dubai wurde zudem im Urteil verneint. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass der Verfolgungsgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 5 i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG (Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) in Fällen von Menschenhandel in Betracht kommen kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2018 – 21 ZB 17.30184 – juris Rn. 5; Göbel-Zimmermann/Benedetti in Göbel-Zimmermann/Eichhorn/Beichel-Benedetti, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 2017, Rn. 162 jew. m.w.N.). Die aufgeworfene Frage war für das Verwaltungsgericht, auf dessen Sichtweise es ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2018 – 21 ZB 17.30184 – a.a.O.), hier aber nicht entscheidungserheblich. Es hat eine Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG verneint, weil es nach dem Vorbringen der Klägerin insofern an einer Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale in Bezug auf Äthiopien fehlt. Ihren Vortrag in Bezug auf den Aufenthalt in Dubai hat das Verwaltungsgericht daher als nicht relevant bewertet. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung geltend gemacht, sie sei freiwillig aus Äthiopien ausgereist und habe zunächst in Syrien gearbeitet, wo sie „gut mit dem Arbeitgeber ausgekommen“ sei. Erst nach der durch Unruhen verursachten Flucht nach Dubai sei sie dort „wie ein Sklave“ behandelt worden. Woraus sich bei der Rückkehr nach Äthiopien eine Betroffenheit durch weitere Menschenrechtsverletzungen ergeben soll, wird weder aus dem erstinstanzlichen Vortrag noch aus dem Zulassungsvorbringen ersichtlich. Im Übrigen hat die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt, woraus sich die Gefahr von Repressalien durch ihren früheren, in Dubai ansässigen Arbeitgeber ergeben soll.
Weiterhin hat die Klägerin auch nicht dargetan, weshalb die von ihr aufgeworfene Frage im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung bedarf. Hierfür genügt die bloße Behauptung, es bestehe die Gefahr von Repressalien sowie von Ächtung und Diskriminierung bei ihrer Rückkehr ins Heimatland, nicht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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