Verwaltungsrecht

Ungünstige Rechtsausführungen rechtfertigen keine Richterablehnung

Aktenzeichen  13 W 1223/20

Datum:
4.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43684
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 42 Abs. 1

 

Leitsatz

Einer Partei ungünstige Ausführungen im Rahmen der richterlichen Begründungspflicht, aber auch Verfahrensverstöße und auch fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

III ZA 9/20 2020-06-04 Bes BGH BGH Karlsruhe

Tenor

Die Anhörungsrüge des Antragstellers vom 26.10.2020, gerichtet gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 20.10.2020, Az. 13 W 1223/20, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

Das Telefaxschreiben des Antragstellers vom 26.10.2020 ist als Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO auszulegen. Der Rechtsbehelf bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die vom Antragsteller ausdrücklich erhobene Gegenvorstellung ist schon nicht statthaft, weil der die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückweisende Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 20.10.2020 in entsprechender Anwendung von § 318 ZPO Bindungswirkung entfaltet. Der das Ablehnungsverfahren abschließende und unanfechtbare Beschluss kann durch das Gericht selbst nicht durch einen gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsbehelf wie die Gegenvorstellung abgeändert werden. Es verstößt gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsmittelklarheit, wenn außerordentliche Rechtsbehelfe außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffen werden, um tatsächliche oder vermeintliche Lücken im bisherigen Rechtsschutzsystem zu schließen (vgl. zum Ganzen BGH BeckRS 2018, 27098, Rdn. 12ff. = BGHZ 220, 90; Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., § 46 Rdn. 12 und 24; Hamdorf in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., vor § 567 Rdn. 21).
2. Das Schreiben des Antragstellers vom 26.10.2020 ist vor diesem Hintergrund und seinem Inhalt entsprechend als Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO auszulegen.
Die Anhörungsrüge ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Aus dem Schreiben vom 26.10.2020 ergibt sich nicht, dass der Senat durch seinen Beschluss vom 20.10.2020 den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt hätte. In der gemäß § 321a Abs. 4 S. 5 ZPO gebotenen Kürze ist Folgendes auszuführen:
Im Richterablehnungsverfahren wird nicht erneut die Sachentscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers überprüft. Prüfungsgegenstand ist gemäß § 42 Abs. 2 ZPO vielmehr, ob Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen. Einer Partei ungünstige Ausführungen im Rahmen der richterlichen Begründungspflicht, aber auch Verfahrensverstöße und auch fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. In dem Verfahren nach §§ 42 ff. ZPO geht es ausschließlich um eine mögliche Parteilichkeit des Richters und nicht um die inhaltliche Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein den Rechtsmittelgerichten vorbehalten ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht (vgl. zum Ganzen BVerfG NJW 2012, 3228; BGH NJW-RR 2017, 189, 190; BAG NJW 2019, 3403, 3404; OLG Karlsruhe NJW-RR 2013, 1535, 1536; BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf/Vossler, 38. Edition, § 42 Rdn. 17; Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 42 Rdn. 45ff.).
Dass der Senat bei seiner Entscheidung vom 20.10.2020 entscheidungserhebliche Umstände übersehen hätte, ergibt sich aus dem Schreiben des Antragstellers vom 26.10.2020 nicht.
2) Der Antragsteller lässt insbesondere unerwähnt, dass das Oberlandesgericht bei der Prüfung der Frage, wann Richterin am Landgericht B. den auf den „27.01.2020“ datierten Prozesskostenhilfe-Ablehnungsbeschluss tatsächlich erlassen hat, wesentlich auf den Inhalt des Schreibens des Antragstellers vom 02.02.2020 abgestellt hat. Das dortige Vorbringen findet nämlich in dem Beschluss Berücksichtigung. Folglich kann dieser tatsächlich nicht am 27.01.2020 ergangen sein, sondern erst nach Eingang des Schreibens des Antragstellers vom 02.02.2020.
Dass diese Umstände in der dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin vom 23.06.2020 nicht erwähnt werden, vermag keine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme befanden sich die Akten zu diesem Zeitpunkt beim Bundesgerichtshof. Diese waren nach Aktenlage tatsächlich noch nicht vom Bundesgerichtshof in Rücklauf gelangt. Die abgelehnte Richterin hatte weiter ausgeführt, dass sie ohne Akten den genauen Aktengang nicht nachvollziehen könne.
2) Der Vortrag des Antragstellers in seinem Schreiben vom 26.10.2020, er sei von der Antragsgegnerin E. K. „im Aug./September 2016“ beauftragt worden (Bl. 109 d.A.), steht im Widerspruch zu seinem Vorbringen im Schreiben vom 02.02.2020, wonach die Beauftragung „an einem der letzten sommerlichen Tage im Monat August 2017“ erfolgt sei (Bl. 13 d.A.).
2) Die vom Antragsteller zitierte Vorschrift des § 105a BGB betrifft nur Geschäfte des täglichen Lebens, die mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden können. Um ein solches Geschäft handelt es sich vorliegend nicht.
2) Das Schreiben des Antragstellers an das Landgericht München I vom 23.08.2020 war hinsichtlich seiner Zielrichtung auslegungsbedürftig. Das Oberlandesgericht hat das Schreiben nach seinem Inhalt und dem Gesamtzusammenhang als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 18.08.2020 ausgelegt (s. Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 20.10.2020, Ziffer II.1). Dass es sich lediglich um einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine noch anzubringende Beschwerde gehandelt haben soll, war dem Schreiben so nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die im Beschluss vom 20.10.2020 auf Seite 3 zitierten Textpassagen. Dass in der Betreffzeile des Schreibens unter anderem von einem „Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe“ die Rede ist, ändert hieran nichts. Schließlich lag dem gesamten Verfahren ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine vom Antragsteller beabsichtigte Klage zugrunde.
2) Im Übrigen wird auf die weiterhin zutreffende Begründung in dem Beschluss vom 20.10.2020 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, KV-GKG 1700.


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