Verwaltungsrecht

Unterhaltungspflicht wasserrechtlicher Anlagen

Aktenzeichen  8 CS 19.2534

Datum:
18.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2724
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146
BayWG Art. 16 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 a BayWG  legt dem Unternehmer keine Verpflichtung auf, Anlagen, die er ohne Erlaubnis nicht mehr benutzen darf und aus denen ihm deshalb auch kein Vorteil mehr erwächst, weiter zu unterhalten. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 2 S 19.2428 2019-12-03 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist u.a. Inhaberin eines Erbbaurechts sowie Nießbrauchsberechtigte am Grundstück FlNr. … sowie hinsichtlich der angrenzenden Grundstücke FlNrn. … und … der Gemarkung S… Auf diesen Grundstücken befindet sich eine seit alters bestehende, zuletzt durch wasserpolizeiliche Genehmigung vom 7. April 1903 des Königlichen Bezirksamts W… in Gestalt des Beschlusses des Bezirksamts W… vom 26. Januar 1936 genehmigte Stau- und Triebwerksanlage an der A., einem Gewässer dritter Ordnung. Die Triebwerksanlage, die im Jahr 1939 erheblich umgebaut wurde, wird seit Mitte der 1970er Jahre nicht mehr betrieben.
Mit Bescheid vom 16. April 2019 hat das Landratsamt W… unter Anordnung des Sofortvollzugs (Ziffer 3) die Unterhaltung der Stauanlage L… an der A. im Bereich der Grundstücke FlNrn. … und … der Gemarkung S… mit sofortiger Wirkung an den Antragsgegner übertragen (Ziffer 1) sowie die Antragstellerin und die Grundstückseigentümerin verpflichtet, die dem Antragsgegner übertragenen Unterhaltungsmaßnahmen, die regelmäßigen Kontrollen sowie das vorherige Betreten zu Besichtigungs- und Vermessungsarbeiten auf den im Einzelnen bezeichneten Grundstücken zu dulden (Ziffer 2). Ferner wurde die Antragstellerin zur Übernahme der für die notwendige Sanierung der Stauanlage L… an der A. entstehenden Kosten verpflichtet (Ziffer 4). Von einer ausdrücklichen Verpflichtung der Antragstellerin bzw. der Grundstückseigentümerin zum Bestehenlassen der Stauanlage sah das Landratsamt mit der Begründung ab, dass der bisherige Unternehmer derzeit keine Rückbau- bzw. Beseitigungsabsichten verfolge.
Die Antragstellerin hat gegen diesen Bescheid Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Die aufschiebende Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. Dezember 2019 hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheids wiederhergestellt. Im Übrigen wurde der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig abgelehnt. Der Antragstellerin fehle in Bezug auf die Ziffer 1 des Bescheides die Antragsbefugnis. Die Übertragung der Unterhaltungspflicht auf den Antragsgegner sei eine nur diesen belastende Maßnahme. Subjektive Rechte der Antragstellerin würden dadurch nicht berührt. Vielmehr bildeten Art. 37 BayWG bzw. Art. 16 Abs. 1 BayWG Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu dem zu Gunsten der Antragstellerin bestehenden – und von Art. 14 GG grundsätzlich geschützten – Erbbau- bzw. Nießbrauchrecht. Durch Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids werde die Antragstellerin indes von den mit diesen Rechten verbundenen belastenden Verpflichtungen befreit. Sie behalte im Ergebnis alle von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie umfassten Rechte, jedoch ohne den spezifisch wasserrechtlichen Verpflichtungen unterworfen zu werden bzw. zu sein. Dem Antrag fehle es jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis, da die Antragstellerseite selbst davon ausgehe, dass die Unterhaltslast schon seit langem beim Antragsgegner liege und der Erlass der Übertragungsverfügung daher überflüssig gewesen sei.
Im Beschwerdeverfahren verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren in Bezug auf die in Ziffer 1 des Bescheids übertragene Unterhaltungslast weiter. Es treffe faktisch nicht zu, dass die Rechtsposition der Antragstellerin durch die Übertragung der Unterhaltungslast nicht beeinträchtigt werde. Aus dem angefochtenen Bescheid, insbesondere der Darstellung der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen in Ziffer II.2.4 ergebe sich, welche massiven Eingriffe in die Stauanlage beabsichtigt seien. Die Sanierungsarbeiten hätten eine erhebliche Veränderung der Anlage zur Folge. Kein Erbbauberechtigter sei in der Regel verpflichtet, Verbesserungen bzw. Veränderungen auf seinem Grundstück zu dulden, zumal er sie nach der Vorstellung des Antragsgegners bezahlen solle. Hier werde die Entscheidungsbefugnis der Antragstellerin erheblich beeinträchtigt. Ferner wäre die Durchführung von Unterhaltsmaßnahmen an der Stau- und Triebwerksanlage aus technischen Gründen nicht mit einer derzeit geprüften Wiederinbetriebnahme der Anlage durch die Antragstellerin in Einklang zu bringen. Die Entscheidung zur Übertragung der Unterhaltslast habe daher durchaus enteignungsrechtliche Auswirkungen.
II.
1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist als unzulässig zu verwerfen, weil die innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO abgegebene Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung liegt nur dann vor, wenn die dargelegten Gründe an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind bzw. aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen die Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses (vgl. BayVGH, B.v. 9.4.2008 – 4 CS 08.503 – juris Rn. 13). Eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens, ohne auf die die angefochtene Entscheidung tragenden Erwägungen einzugehen, reicht grundsätzlich ebenso wenig wie nur pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22b). Stützt das Verwaltungsgericht die Entscheidung kumulativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auch nur auf eine die angefochtene Entscheidung selbständig tragende Erwägung nicht ein, kann sie schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2015 – 8 CE 15.7 – juris Rn. 5; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 RdNr. 78 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 146 Rn. 41).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie setzt sich zwar mit der die angefochtene Entscheidung in erster Linie tragenden Begründung auseinander, dass der Antrag hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheides unzulässig sei, weil der Antragstellerin in analoger Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO die Antragsbefugnis fehle. Keine Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung jedoch zu der vom Verwaltungsgericht kumulativ angeführten, selbständig tragenden Begründung, mit der das Rechtsschutzbedürfnis verneinte wurde.
2. Selbst wenn man von einer Erfüllung des Darlegungserfordernisses und damit einer zulässigen Beschwerde ausgehen würde, dürfte das Verwaltungsgericht zutreffend von einer fehlenden Antragsbefugnis der Antragstellerin und damit von der Unzulässigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ausgegangen sein, soweit er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids betrifft.
Nach § 42 Abs. 2 VwGO analog ist antragsbefugt nur, wer geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein. Eine solche Verletzung erscheint hier unter Berücksichtigung des Beschwerdevortrags nicht möglich. Die Ziffer 1 des Bescheids richtet sich offensichtlich nur an den Antragsgegner, der Hauptadressat des streitgegenständlichen Bescheids ist. Die Antragstellerin wird in diesem Zusammenhang vom Landratsamt im Adressfeld nur als sog. „Inhaltsadressat“ bezeichnet. Darüber hinaus dürfte die Ziffer 1 lediglich eine deklaratorische, die nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayWG kraft Gesetzes bestehende Pflicht feststellende Anordnung gegen den am Fortbestand der Anlage Interessierten und damit zugleich Sorgepflichtigen für die Unterhaltung darstellen (vgl. Knopp in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand Februar 2019, Art. 16 Rn. 29). Eine Verletzung subjektiver Pflichten der Antragstellerin dürfte daraus nicht folgen. Das Gesetz verpflichtet den Unternehmer zwar in Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 a BayWG, die Benutzungsanlagen aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit bestehen zu lassen. Es legt ihm aber keine Verpflichtung auf, diese Anlagen, die er ohne Erlaubnis nicht mehr benutzen darf und aus denen ihm deshalb auch kein Vorteil mehr erwächst, weiter zu unterhalten (vgl. Knopp a.a.O. Art. 16 Rn. 19). Er wird im Gegenteil von dieser Verpflichtung und Belastung befreit, indem Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayWG die Sorge für die künftige Unterhaltung demjenigen auferlegt, in dessen Interesse der Fortbestand der Anlage liegt. Die Einwände der Antragstellerin, die sich vor allem gegen die kostenmäßigen Folgen der Übertragung der Unterhaltungslast (vgl. Art. 26 BayWG) und die anstehenden Sanierungsmaßnahmen richten, dürften daher ins Leere gehen. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang wohl zurecht ausgeführt, dass die finanziellen Folgen eigenständig in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt und nicht Gegenstand im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes seien.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 Alt. 1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht der Wertfestsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die Bedenken nicht vorgebracht wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO)


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