Verwaltungsrecht

Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Anwendung von Bundesrecht mangels substantiierter Willkürrüge unzulässig

Aktenzeichen  Vf. 98-VI/14

Datum:
14.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2017, 392
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 118 Abs. 1
VwGO § 161 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht durch ein Gericht beschränkt sich die Prüfung des Verfassungsgerichtshofs in materieller Hinsicht darauf, ob das Gericht gegen das Willkürverbot verstoßen hat (stRspr, zuletzt BayVerfGH BeckRS 2016, 44487 Rn. 16). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 4 K 14.3127 2014-09-02 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Gründe

I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Hauptsache ergangene Kostenentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München im Beschluss vom 2. September 2014 Az. M 4 K 14.3127.
1. Der Beschwerdeführer ist Spätaussiedler. Am 7. Oktober 2009 war er durch die Regierung von Oberbayern mit seiner Familie in ein Übergangswohnheim aufgenommen worden.
Seit Anfang 2011 forderte die Regierung von Oberbayern den Beschwerdeführer und seine Familie regelmäßig vergeblich zum Auszug auf. Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 erklärte sie das zugrunde liegende öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis zum 31. Mai 2013 für beendet, sprach zugleich eine Verpflichtung zur Räumung bis zu diesem Zeitpunkt aus, ordnete die sofortige Vollziehung an und drohte für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 250 € an. Die Regierung verwies darauf, dass die Dauer des Nutzungsverhältnisses nach § 130 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG) auf einen möglichst kurzen Zeitraum beschränkt sei und zwei Jahre nicht überschreiten solle. Aufgrund der Überschreitung der vorgesehenen Nutzungsdauer sei davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nicht unverzüglich um eine endgültige Wohnraumversorgung bemüht und damit gegen seine Obliegenheit aus § 130 Abs. 3 Satz 2 AVSG verstoßen habe.
Gegen diesen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingelegt. Der Beschwerdeführer erreichte allerdings, dass die Regierung mit Schreiben vom 27. Mai 2013 den Auszugstermin verschob und unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 18. Februar 2013 das Nutzungsverhältnis nunmehr zum 31. Juli 2013 beendete.
Mit Schreiben vom 1. August 2013 stellte die Regierung das im Bescheid vom 18. Februar 2013 festgesetzte Zwangsgeld von 250 € unter Hinweis auf den bis dahin nicht erfolgten Auszug zur Zahlung fällig. Mit Bescheid vom selben Tag wurde Frist zum Auszug bis 30. September 2013 gesetzt und ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € angedroht.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Anwaltsschreiben vom 15. Oktober 2013 die Aufhebung der Beendigung des Nutzungsverhältnisses und des Zwangsgelds im Wege einer Neuverbescheidung. Die Klagefrist sei aus fehlender Kenntnis der Rechtslage versäumt worden. Der Beschwerdeführer schilderte seine Bemühungen um Wohnraum und die seines Erachtens gegebenen Versäumnisse des Amtes für Wohnen und Migration. Es treffe ihn kein Verschulden am überlangen Aufenthalt. Das Zwangsgeld sei außerdem unverhältnismäßig.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2013 hielt die Regierung an ihren Entscheidungen fest. Der Beschwerdeführer habe nach seinen eigenen Ausführungen Wohnungsangebote, die zumutbar gewesen seien, abgelehnt und außerdem angefallene Gebühren nicht bezahlt.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2013 stellte die Regierung das im Bescheid vom 1. August 2013 festgesetzte Zwangsgeld in Höhe von 500 € unter Hinweis auf den bis 30. September 2013 nicht erfolgten Auszug fällig. In der Folgezeit bestritt der Beschwerdeführer in diversen Schreiben die Zumutbarkeit ihm unterbreiteter Wohnungsangebote und die Existenz noch ausstehender Gebührenforderungen und forderte die Regierung auf, ihre Entscheidungen zu überdenken.
Am 18. Januar 2014 zog der Beschwerdeführer mit seiner Familie aus dem Übergangswohnheim aus. In der Folgezeit machte er unter Berufung auf Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG geltend, das verhängte Zwangsgeld sei mit dem Auszug gegenstandslos geworden. Mit Schreiben vom 18. Februar 2014 teilte die Regierung daraufhin mit, an der Forderung werde festgehalten. Das Zwangsgeld sei verhängt worden, weil der Beschwerdeführer nicht zum festgesetzten Beendigungstermin ausgezogen sei. In der Folgezeit unternahm das von der Staatsoberkasse Bayern beauftragte Finanzamt München Anstrengungen, das Zwangsgeld einzuziehen.
2. Mit seiner am 17. Juli 2014 zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhobenen Klage stellte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer den als „innerprozessual“ bezeichneten Antrag, festzustellen, dass die Aufforderung, das Übergangswohnheim zu verlassen, rechtswidrig gewesen sei. Er beantragte außerdem die Feststellung, dass die Androhung des Zwangsgelds vom 18. Februar 2013 vom beklagten Freistaat Bayern außer Kraft gesetzt worden sei. Der Beklagte habe das Nutzungsverhältnis zweifach verlängert.
Weiter focht der Beschwerdeführer die Bescheide vom 1. August, 18. Oktober und 31. Oktober 2013 sowie vom 18. Februar 2014 an, soweit diese Verwaltungsakte bzw. „verwaltungsaktähnliche anfechtbare Entscheidungen“ darstellten. Was das Datum 1. August 2013 anlangt, legte er jenes Schreiben vor, mit dem die Regierung das Zwangsgeld in Höhe von 250 € fällig gestellt hatte und nahm inhaltlich hierauf Bezug. Außerdem beantragte er festzustellen, dass er zur Zahlung des festgesetzten Zwangsgelds nicht verpflichtet sei.
Mit ihrer Klageerwiderung legte die Regierung von Oberbayern als Vertreterin des Beklagten einen Bescheid vom 19. August 2014 vor, mit dem die Bescheide vom 18. Februar, 27. Mai, 1. August und 31. Oktober 2013 aufgehoben wurden und die mit Schreiben vom 1. August und 31. Oktober 2013 verhängten Zwangsgelder sowie sämtliche Mahn- und Vollstreckungsgebühren unbefristet niedergeschlagen wurden. Zur Begründung führte die Regierung in ihrem Bescheid aus, sie gehe aufgrund der Schilderungen des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers nicht mehr von einer Verletzung der Obliegenheit aus § 130 Abs. 3 AVSG (Bemühen um Wohnraumversorgung) aus. Ebenso liege auch keine Pflichtverletzung im Sinn des § 130 Abs. 5 Nrn. 3, 4 (jeweils Zahlung von Gebühren) und 6 (Ablehnung von zumutbarem Wohnraum) AVSG vor, die eine Beendigung des Nutzungsverhältnisses geboten hätte. Die seinerzeit angemahnten Gebührenschulden seien allesamt beglichen worden. Mittlerweile wohne der Beschwerdeführer mit seiner Familie in einer Privatwohnung und sei damit seiner Verpflichtung aus § 130 Abs. 3 AVSG nachgekommen. Die vormals erlassenen Beendigungsbescheide seien daher aufzuheben, von der Beitreibung des verhängten Zwangsgelds sei abzusehen.
Die Regierung beantragte, die Klage in der Hauptsache für erledigt zu erklären und die Kosten gegeneinander aufzuheben. Der Aufhebungsbescheid sei nach nochmaliger Überprüfung und rechtlicher Bewertung sowie zur Wahrung des Rechtsfriedens unter anderem wegen des Auszugs des Beschwerdeführers und seiner schwierigen sozialen und persönlichen Situation ergangen.
Mit Schreiben vom 27. August 2014 erklärte auch der Beschwerdeführer die Sache für erledigt. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beklagten aufzuerlegen. Es habe an Rechtsgrundlagen für dessen frühere Bescheide gefehlt. Allein der Beklagte habe die Klageerhebung verschuldet, weil er trotz der Hinweise des Beschwerdeführers an seinen Bescheiden festgehalten und erst aufgrund der Klage die rechtswidrigen Bescheide aufgehoben habe.
3. Mit dem im Kostenpunkt angegriffenen Beschluss vom 2. September 2014, beim Beschwerdeführer eingegangen am 8. September 2014, stellte das Bayerische Verwaltungsgericht München das Verfahren ein und hob die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf. Über die Kosten sei nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Der Prozessausgang sei bei Eintritt der Erledigung nicht mit hinreichender Sicherheit zu prognostizieren. Es entspreche daher billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Im vorliegenden Fall sei die Klage außerdem im Wesentlichen unzulässig. Der Anfechtungsantrag richte sich gegen unanfechtbare Bescheide, die Feststellungsanträge seien teilweise unbestimmt, teilweise „wegen § 42 Abs. 2 VwGO“ unzulässig.
II. 1. Mit seiner am 6. November 2014 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer durch seinen Bevollmächtigten die Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) und des Eigentumsrechts (Art. 103 Abs. 1 BV).
Das Wohnungsgrundrecht sei verletzt, weil die Aufforderung an den Beschwerdeführer, aus seiner Wohnung auszuziehen, rechtswidrig und ungerechtfertigt gewesen sei.
Spätestens nach seinem Umzug habe kein Anspruch mehr auf Entrichtung des Zwangsgelds bestanden. Zahlungsaufforderung und Vollstreckungsmaßnahmen stellten daher einen ungerechtfertigten Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers dar.
Das Verwaltungsgericht habe im Rahmen seiner Kostenentscheidung die Grundrechtsverletzungen nicht berücksichtigt. „Lediglich hilfsweise“ werde ausgeführt, dass der Begründung, der Prozessausgang sei nicht mit hinreichender Sicherheit zu prognostizieren, nicht gefolgt werden könne. Die Ausführungen seien verfehlt. Die angegriffenen Bescheide seien noch nicht unanfechtbar, weil mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO gelte. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Räumungsaufforderung gelte einer innerprozessualen Vorfrage. Auf unzutreffende oder unbestimmte Antragsformulierungen hätte das Gericht hinweisen müssen. Die Rechtswidrigkeit seiner Bescheide sei dem Beklagten nachgewiesen worden, so dass dieser trotz eingetretener Rechtskraft verpflichtet gewesen sei, diese aufzuheben und rechtmäßig zu entscheiden. Mit der vollumfänglichen Aufhebung der Bescheide habe sich der Beklagte in die Rolle des Unterlegenen begeben. Schon deshalb habe man nicht von einer Ungewissheit des Prozessausgangs sprechen können.
Durch Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2014 erklärte der Beschwerdeführer, die Rüge der Verletzung des Art. 106 Abs. 3 BV zurückzunehmen. Die Räumungsaufforderung stelle aber eine Eigentumsverletzung dar. Darüber hinaus machte der Beschwerdeführer geltend, die angegriffene Entscheidung verstoße auch gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Das willkürliche Verwaltungshandeln schlage auf die falsche gerichtliche Entscheidung durch.
Mit weiterem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25. Mai 2015 machte der Beschwerdeführer außerdem eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) geltend. Auf Zweifel an der Bestimmtheit einzelner Anträge hätte das Verwaltungsgericht hinweisen und Hilfe bei der Formulierung der Anträge geben müssen.
2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig.
III. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Innerhalb der zweimonatigen Frist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG zur Einlegung und Begründung einer Verfassungsbeschwerde ist allein das Schreiben vom 6. November 2014 eingegangen. Darin rügt der Beschwerdeführer ausdrücklich nur eine Verletzung seines Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106] Abs. 3 BV) und seines Eigentumsgrundrechts (Art. 103 Abs. 1 BV). Hierauf kann die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht unmittelbar und allein gestützt werden.
Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das, wie hier § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, auf den die angegriffene Kostenentscheidung des Ausgangsverfahrens gestützt ist, wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung in materieller Hinsicht darauf, ob das Gericht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstoßen hat. Ohne erfolgreiche Willkürrüge kann die angegriffene Entscheidung daher nicht an anderen materiellen Grundrechten der Bayerischen Verfassung, wie dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 103 Abs. 1 BV) oder dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV), gemessen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/97 m. w. N.; vom 25.11.2014 BayVBl 2015, 321 Rn. 24; vom 8.3.2016 – Vf. 21-VI-15 – juris Rn. 16).
2. Eine im Sinn des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG hinreichend substanziierte Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) wurde nicht fristgerecht (Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG) erhoben.
Eine Verfassungsbeschwerde ist nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 VfGHG nur zulässig, wenn das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, innerhalb der Verfassungsbeschwerdefrist von zwei Monaten bezeichnet wird. Dazu muss erkennbar sein, inwiefern durch eine Maßnahme oder Entscheidung ein solches Recht verletzt ist. In dieser Hinsicht ist die Darstellung des wesentlichen zugrunde liegenden Sachverhalts, die genaue Bezeichnung der beanstandeten Handlung und des durch die Handlung verletzten verfassungsmäßigen Rechts erforderlich. Die bloße Behauptung, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht; auf der Grundlage des Vortrags in der Verfassungsbeschwerde muss die behauptete Grundrechtsverletzung vielmehr zumindest möglich erscheinen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 14.9.2009 BayVBl 2010, 250/251; vom 8.3.2016 – Vf. 21-VI-15 – juris Rn. 18; vom 20.7.2016 – Vf. 74-VI-15 – juris Rn. 17).
An einem derartigen Vortrag fehlt es.
a) Selbst wenn man davon ausgeht, der Beschwerdeführer habe in seiner Verfassungsbeschwerdeschrift vom 6. November 2014 und damit rechtzeitig zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäß die Rüge einer Verletzung des Art. 118 Abs. 1 BV erhoben, weil er „hilfsweise“ ausgeführt hat, der Begründung des Verwaltungsgerichts, der Prozessausgang sei nicht zu prognostizieren gewesen, könne nicht gefolgt werden und die Ausführungen seien verfehlt, genügt dies den Anforderungen an eine substanziierte Grundrechtsrüge nicht. Den Ausführungen ist nämlich nicht hinreichend zu entnehmen, worin eine Verletzung des Willkürverbots liegen soll.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs könnte bei einer gerichtlichen Entscheidung ein Verstoß gegen das Willkürverbot nur dann festgestellt werden, wenn die Entscheidung bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt vertretbar sein; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet deshalb für sich allein noch keinen Verstoß gegen das Willkürverbot als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.1.2002 VerfGHE 55, 12/18; vom 16.3.2010 VerfGHE 63, 32/35; vom 25.8.2016 – Vf. 2-VI-15 – juris Rn. 44).
b) Vorliegend hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer keine Anhaltspunkte vorgetragen, die einen Verstoß gegen das Willkürverbot auch nur ansatzweise möglich erscheinen lassen.
aa) Der Umstand, dass der Beklagte die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die verhängten Zwangsgelder unbefristet niedergeschlagen hat, zwang das Verwaltungsgericht nicht, die Kosten allein dem Beklagten aufzuerlegen. Schon § 161 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO gebietet, bei der Kostenentscheidung den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Zwar darf sich die Kostenentscheidung auch an anderen Gesichtspunkten orientieren und etwa demjenigen, der sich in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, ohne nähere Prüfung der Erfolgsaussichten die Kosten auferlegen. Einen allgemeinen Grundsatz, der klaglos stellenden Behörde stets vollumfänglich die Verfahrenskosten aufzuerlegen, gibt es jedoch nicht. Dem Gericht steht ein weites Ermessen zu. Typischerweise zu beachtende Gesichtspunkte kann das Gericht je nach Fallgestaltung unterschiedlich gewichten (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 161 Rn. 22). Auch die Gründe des „Nachgebens“ einer Behörde hat das Gericht zu prüfen (vgl. Clausing, a. a. O., Rn. 24 m. w. N.). Demnach durfte das Gericht berücksichtigen, dass die Regierung von Oberbayern ihren Aufhebungsbescheid mit einer veränderten Tatsachenbasis, insbesondere auch mit dem zwischenzeitlichen Auszug begründet hatte. Dass das Gericht letztlich die Kostenentscheidung in Wertung des bisherigen Sach- und Streitstands getroffen hat, lässt daher auch nicht ansatzweise eine Verletzung des Willkürverbots als möglich erscheinen.
bb) Soweit das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstands eine Kostenaufhebung für billigem Ermessen entsprechend erachtet hat, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. Es ist verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden, dass das Gericht davon ausgegangen ist, die Klage sei im Wesentlichen unzulässig und der Prozessausgang jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit zu prognostizieren.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Klagefrist des § 58 Abs. 2 VwGO geht schon deshalb ins Leere, weil es zumindest vertretbar ist, die Unzulässigkeit der Anfechtungen schon aus anderen Gründen anzunehmen. Der Beschwerdeführer hat die von ihm benannten Bescheide des Beklagten angefochten, „soweit diese Verwaltungsakte bzw. verwaltungsaktähnliche anfechtbare Entscheidungen dar stellen“ und damit die Klage unter eine Bedingung gestellt. Die Erhebung einer Klage ist jedoch bedingungsfeindlich (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 82 Rn. 4). Der Beschwerdeführer hatte sich zu entscheiden, ob er die von ihm genannten Bescheide anficht oder nicht. Dem Risiko einer unzulässigen Anfechtungsklage gegen einen nicht anfechtbaren Akt konnte er nicht dadurch entgehen, dass er die Klageerhebung unter die Bedingung stellte, dass das Gericht die Anfechtbarkeit bejaht.
Im Übrigen waren jedenfalls die Bescheide vom 1. August und vom 31. Oktober 2013, mit denen jeweils das angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt wurde, von vornherein keine mittels Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakte (vgl. VerfGH vom 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46).
Gegen den mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 18. Februar 2013 hätte fristgerecht binnen eines Monats (§ 74 Abs. 1 VwGO) Anfechtungsklage erhoben werden müssen (§ 42 Abs. 1 VwGO). Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Feststellungsklage ist unzulässig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Daran ändert der Hinweis, die Feststellungsklage diene der Klärung einer innerprozessualen Vorfrage, nichts. Auch sieht die Verwaltungsgerichtsordnung eine derartige Feststellungklage nicht vor.
IV. Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr in Höhe von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).

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