Verwaltungsrecht

Verlustfeststellung des Freizügigkeitsrechts bei Wegzug des Ehegatten aus dem Aufnahmemitgliedstaat – erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Aktenzeichen  10 ZB 19.2131

Datum:
4.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34594
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5, § 86 Abs. 1, Abs. 2
FreizügG/EU § 5 Abs. 4, § 4a Abs. 1 S. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 6

 

Leitsatz

1. Für den Ablauf der in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannten Fünfjahresfrist, nach deren Ablauf ein Unionsbürger ein Daueraufenthaltsrecht erwirbt und die Möglichkeit einer Feststellungsentscheidung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU erlischt, kommt es ausnahmsweise auf den Erlasszeitpunkt der Verlustfeststellung an.  (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannte Fünfjahresfrist bezieht sich darauf, dass nach Ablauf eines rechtmäßigen, ununterbrochenen, fünfjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht erworben wird und danach die Möglichkeit zur Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts erlischt; auf den tatsächlichen Aufenthalt kommt es somit nicht an. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der drittstaatsangehörige Ehegatte eines Unionsbürgers kann sich auf das in der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehene Aufenthaltsrecht nur in dem Aufnahmemitgliedstaat berufen, in dem der Unionsbürger wohnt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 K 18.641 2019-09-17 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28. März 2018 weiter, mit dem festgestellt wird, dass er sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, seine vorläufig ausgestellte Bescheinigung über sein Freizügigkeitsrecht eingezogen und er aufgefordert wird, die Bundesrepublik innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Andernfalls wird die Abschiebung nach Pakistan angedroht.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), das Vorliegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), sind bereits nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage des Klägers gegen die Verlustfeststellung damit begründet, dass eine solche nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU noch ergehen konnte, obwohl sich der Kläger schon länger als fünf Jahre ständig im Bundesgebiet aufgehalten hat, weil er noch kein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU erworben hat. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU lägen nicht vor, weil die Ehefrau des Klägers nur im April 2012 erwerbstätig gewesen sei. Sie habe auch die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU nicht erfüllt, weil nicht nachgewiesen sei, dass auseichender Krankenversicherungsschutz bestanden habe. Bei der AOK sei die Ehefrau des Klägers nur von 1. April bis 30. April 2012 versichert gewesen. Eine Familienversicherung mit dem Kläger habe nicht bestanden. Auch eine portugiesische Krankenversicherung sei nicht belegt. Unabhängig davon sei das Freizügigkeitsrecht des Klägers mit der Ausreise der Ehefrau im Laufe des Jahres 2015 erloschen. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht habe der Kläger nicht erworben, weil im Zeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags im August 2016 ein Aufenthaltsrecht nicht mehr bestanden habe. Es sei mit dem Wegzug der Ehefrau nach Portugal erloschen. Die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden.
Dem Zulassungsvorbringen lässt sich bezogen auf Richtigkeitszweifel entnehmen, dass der Kläger der Auffassung ist, das Verwaltungsgericht habe von einem Krankenversicherungsschutz der Ehefrau des Klägers ausgehen müssen, weil diese auch noch nachträglich hätte (familien-)krankenversichert werden können. Deshalb sei die Verlustfeststellung auch unverhältnismäßig. Für den Kläger spreche ein Aufenthalt im Unionsgebiet von elf Jahren und nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – von sieben Jahren. Damit zieht der Kläger die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung jedoch nicht ernsthaft in Zweifel.
Die Verlustfeststellung findet ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU. Danach kann die zuständige Behörde den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU feststellen, wenn die Voraussetzungen des Freizügigkeitsrechts im Sinne des § 2 Abs. 1 FreizügG/EU innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass für die rechtliche Beurteilung der Feststellung des Nichtbestehens eines Freizügigkeitsrechts nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich ist (BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22.14 – juris Rn. 11). Dies gilt nur dann nicht, wenn und soweit aus Gründen des materiellen Rechts ausnahmsweise ein anderer Zeitpunkt maßgeblich ist. Für den Ablauf der in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannten Fünfjahresfrist, nach deren Ablauf ein Unionsbürger ein Daueraufenthaltsrecht erwirbt und die Möglichkeit einer Feststellungsentscheidung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU erlischt, kommt es ausnahmsweise auf den Erlasszeitpunkt der Verlustfeststellung an. Denn § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ist zu entnehmen, dass ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrechts durch einen späteren Wegfall der Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22.14 – juris Rn. 16; B.v. 7.12.2017 – 1 B 142/17 – juris Rn. 5).
Die streitgegenständliche Verlustfeststellung scheitert nicht daran, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der Verlustfeststellung schon mehr als sechs Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat. Denn die in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannte Fünfjahresfrist bezieht sich darauf, dass nach Ablauf eines rechtmäßigen, ununterbrochenen, fünfjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht erworben wird und danach die Möglichkeit zur Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts erlischt. Das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts wiederum setzt unionsrechtlich voraus, dass der Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG, der für das deutsche Recht durch § 2 Abs. 2 und Abs. 3 FreizügG/EU umgesetzt worden ist, erfüllt hat (vgl. BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22.14 – juris -Ls-; U.v. 31.5.2012 – 10 C 8.12 – juris Rn. 16; EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-424/10 und C-425/10 – juris Rn. 42; BayVGH, B.v. 27.3.2019 – 10 C 19.68 – juris Rn. 9). Auf den tatsächlichen Aufenthalt kommt es somit nicht an. Unerheblich ist auch, ob der Kläger von Juli 2010 bis März 2012 „von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch“ hat, weil er sich jedenfalls nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.
Im Zeitpunkt des Erlasses der Verlustfeststellungsentscheidung war der Kläger noch nicht fünf Jahre als Familienangehöriger einer Unionsbürgerin freizügigkeitsberechtigt im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 FreizügG/EU, weil – wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist – ein etwaiges Freizügigkeitsrecht des Klägers jedenfalls durch den Wegzug der Ehefrau nach Portugal im Laufe des Jahres 2015 erloschen ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH muss der Ehegatte eines Unionsbürgers zwar nicht notwendigerweise ständig bei dem Unionsbürger wohnen, um Inhaber eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts zu sein (EuGH, U.v. 8.11.2012 – C-40/11 – juris Rn. 58 f.). Die Voraussetzung in § 3 Abs. 1 FreizügG/EU, dass der drittstaatsangehörige Familienangehörige den Unionsbürger „begleiten“ oder ihm „nachziehen“ muss, ist so zu verstehen, dass sie nicht auf die Verpflichtung der Eheleute abstellt, unter demselben Dach zusammenzuwohnen, sondern auf diejenige, dass beide in demselben Mitgliedstaat bleiben, in dem der Ehegatte, der Unionsbürger ist, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht. Folglich kann sich der drittstaatsangehörige Ehegatte eines Unionsbürgers auf das in der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehene Aufenthaltsrecht nur in dem Aufnahmemitgliedstaat berufen, in dem der Unionsbürger wohnt (EuGH, U.v. 16.7.2015 – C-218/14, Singh – Rn. 54 f. m.w.N.). Aufnahmemitgliedstaat ist nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 3 Richtlinie 2004/38/EG der Mitgliedstaat, in den sich der Unionsbürger begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt auszuüben. Verlässt ein Unionsbürger den Aufnahmemitgliedstaat und lässt er sich in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland nieder, entfällt damit aber automatisch das abgeleitete Recht seines drittstaatsangehörigen Ehegatten auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat (EuGH, U.v. 16.7.2015, a.a.O. – Rn. 58; BVerwG, U.v. 28.3.2019 – 1 C 9.18 – juris Rn. 20 ff.). Da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung selbständig tragend („auch unabhängig davon“, UA S. 9 Rn. 32) auf das Erlöschen des abgeleiteten Rechts auf Einreise und Aufenthalts durch die Rückkehr der Ehefrau des Klägers in ihr Heimatland Portugal gestützt hat, kommt es nicht mehr darauf an (BayVGH, B.v. 30.7.2015 – 10 ZB 15.819 – juris Rn. 44 m.w.N.), ob diese von Mai 2012 bis zum Verlassen des Bundesgebiets im Laufe des Jahres 2015 einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz besaß oder besitzen hätte können und nach § 4 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt war.
Aus dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren ergibt sich auch nicht, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten zur Verlustfeststellung mit einem im Rahmen des § 114 Satz 2 VwGO zu berücksichtigenden Ermessensfehler behaftet gewesen ist. Die Aufenthaltszeiten des Klägers im Bundesgebiet hat die Beklagte zutreffend gewürdigt. Die Zeiten, in denen der Kläger sich in Portugal aufgehalten hat, durften insoweit unberücksichtigt bleiben, weil § 5 Abs. 4 FreizügG/EU auf den Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat abstellt. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU für die Ehefrau des Klägers rückwirkend durch eine Erklärung zur Aufnahme in die Familienversicherung hätten geschaffen werden können, kommt es nicht an, weil das abgeleitete Aufenthaltsrecht des Klägers jedenfalls erloschen ist, als die Ehefrau das Bundesgebiet verließ. Die Ermessensentscheidung der Beklagten leidet daher an keinem nach § 114 Satz 2 VwGO beachtlichen Fehler.
Bezüglich des Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist schon nicht hinreichend dargelegt, welche besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten die Rechtssache aufweisen sollte. Schwierigkeiten solcher Art liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint. Dies ist der Fall, wenn das Zulassungsvorbringen – etwa wegen der Komplexität der betroffenen Tatsachenfragen – Anlass zu solchen Zweifeln gibt, welche sich nicht schon ohne Weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden lassen. Die Frage, ob sich der Kläger bereits seit elf Jahren im Bundesgebiet bzw. der EU aufgehalten hat, ist nicht entscheidungserheblich und würde sich daher in einem Berufungsverfahren nicht stellen.
Mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte seine ehemalige Ehefrau zu der Frage, ob sie in Portugal krankenversichert gewesen sei, als Zeugin vernehmen müssen, hat der Kläger keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dargelegt. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 12 5.09 – juris Rn. 23 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Das Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts nämlich grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung – wie hier – nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen würde die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht auf der fehlenden Vernehmung der Ehefrau beruhen, weil ein etwaiges Freizügigkeitsrecht der Ehefrau des Klägers mit deren Wegzug nach Portugal erloschen ist.
Auch eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung von rechtlichem Gehör ist nicht hinreichend dargelegt. Das Gebot rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht dazu, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Davon, dass das Gericht ihm unterbreitetes Vorbringen auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt, ist grundsätzlich auszugehen (BVerfG, B.v 24.2.2009 -1 BvR 188/09 – juris). Der Begründung des Zulassungsantrags ist schon nicht zu entnehmen, welches Vorbringen des Klägers das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt haben sollte. Weder im Klageverfahren noch im der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er auf die Möglichkeit einer rückwirkenden Familienversicherung hingewiesen. Zudem kam es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts darauf letztlich auch nicht entscheidungserheblich an.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt ebenfalls nicht vor bzw. ist nicht hinreichend dargelegt
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2019 – 10 ZB 19.275 – juris 7; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72).
Der Kläger formuliert die Frage, ob „es im Rahmen einer Freizügigkeitsbescheinigung bei einem abgeleiteten Freizügigkeitsrecht darauf ankommt, dass die Person, von der das Freizügigkeitsrecht abgeleitet ist, (nachweislich) über bestehenden Krankenversicherungsschutz verfügt, oder ist es auseichend, dass ausreichender Krankenversicherungsschutz für die Person jederzeit durch formlose Erklärung ohne Prüfung weiterer Anspruchsvoraussetzungen hergestellt und damit nachweisbar (gewesen) wäre.“
Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Verlustfeststellung, die davon abhängt, ob der Kläger ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 Satz 2 AufenthG erworben hat. Da der ständige rechtmäßige Aufenthalt des Klägers mit dem Unionsbürger, d.h. seiner Ehefrau, unabhängig davon, ob diese die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU erfüllt hat, mit deren Ausreise aus dem Bundesgebiet im Jahr 2015 endete, kommt es nicht mehr darauf an, ob diese über ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügte oder ein solcher „hergestellt werden“ kann.
Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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