Verwaltungsrecht

Verwaltungsakt, Bescheid, Anfechtungsklage, Widerruf, Waffen, Zustellung, Aufhebung, Kostenentscheidung, Landratsamt, Vollstreckung, Auslegung, Klage, Anordnung, Zeitpunkt, Kosten des Verfahrens, aufschiebende Wirkung, angemessene Frist

Aktenzeichen  RN 4 K 19.1326

Datum:
18.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53290
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht wegen des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist hinsichtlich der Nr. 2 und 3 des angefochtenen Bescheids unzulässig (dazu I.). Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber im Hauptantrag (dazu II.) ebenso unbegründet wie im Hilfsantrag (dazu III.)
I. Soweit sich die Klage gegen die Anordnung der Einziehung und Verwertung der sichergestellten Waffen (Nr. 2 des Bescheids) richtet, kommt eine Aufhebung mangels Statthaftigkeit nicht in Betracht (dazu 1.). Hinsichtlich der Nr. 3 des Bescheids fehlt dem Begehren der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis (dazu 2.).
Die Klage ist unstatthaft, soweit die Klägerin die Aufhebung der Nr. 2 des Bescheids erstrebt. Die hier getroffene Anordnung stellt sich bei Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert aus Sicht des Empfängerhorizonts (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2013 – 5 C 16/12 – NJW 2013, 1823) als bedingte Einziehungs- und Verwertungsanordnung dar. Tenor und Begründung des Bescheids legen nahe, dass sich die Behörde insoweit auf § 46 Abs. 5 WaffG stützen wollte. Hiernach können sichergestellte Waffen und Munition eingezogen und verwertet werden, sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach der Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt.
Vom Vorliegen einer solchen Konstellation ist der Beklagte erkennbar ausgegangen. Zwar irrte er insoweit, weil die Polizei die Waffen auf Grundlage von Art. 25 Abs. 1 Polizeiaufgabengesetz (PAG) sichergestellt hat. § 46 Abs. 5 WaffG liegt aber ein engeres Verständnis des Sicherstellungsbegriffs zugrunde, das nur Maßnahmen nach § 46 Abs. 2 Satz 2, § 46 Abs. 3 Satz 2 und § 46 Abs. 4 WaffG erfasst. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm, in Fällen unterbliebener Mitwirkung durch den früheren Inhaber Waffen und Munition nicht unbefristet aufbewahren zu müssen (BT-Drs. 14/8886 S. 117). Eine derart unbefristete Unmöglichkeit der Rückgabe fehlt bei polizeilichen Sicherstellungen regelmäßig (vgl. Art. 28 Abs. 1 PAG). Im Übrigen hätte es der gesonderten Regelung in § 37 Abs. 1 Satz 3 WaffG nicht bedurft, wenn im Rahmen des § 46 Abs. 5 WaffG schlechterdings jede Art der Sicherstellung ausreichend wäre. Entscheidend ist ungeachtet der behördlichen Fehlsubsumtion aber allein, dass sich die Maßnahme aus Sicht des objektiven Empfängers vor dem Hintergrund des § 46 Abs. 5 WaffG als aufschiebend bedingte Einziehungs- und Verwertungsanordnung darstellt. Dabei ist die aufgegebene Benennung eines Berechtigten – der gesetzlichen Regelung entsprechend – erkennbar als bloße Obliegenheit (und nicht als durchsetzbare Verpflichtung) ausgestaltet.
Die Anfechtungsklage gegen diese Maßnahme richtet sich gemäß § 42 Abs. 1 VwGO auf ihre Aufhebung. Aus § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO folgt, dass der so angegriffene Verwaltungsakt im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch wirksam sein muss (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 14). Andernfalls kommt eine Aufhebung durch das Gericht nicht in Betracht. Die Erledigung von Verwaltungsakten regelt Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Danach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Die Klägerin hat in einer mit dem Beklagten abgestimmten Art und Weise einen Berechtigten benannt, an den die Waffen zwischenzeitlich übergeben wurden. Die für die Maßnahme ausgesprochene aufschiebende Bedingung ist danach endgültig nicht eingetreten. Von der Einziehungs- und Verwertungsanordnung gehen angesichts dieses finalen Bedingungsausfalls keine Regelungswirkungen mehr aus, die das Gericht im Rahmen einer Anfechtungsklage beseitigen könnte.
2. Soweit sich die Klage gegen Nr. 3 des Bescheids richtet, ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die genannte Nummer bestimmt, dass eventuell noch vorhandene Munition binnen eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Bescheids unbrauchbar zu machen, einem Berechtigten zu überlassen oder dem Landratsamt „vorzulegen“ sei. Sie stützt sich auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach kann die Behörde, wenn jemand aufgrund einer zurückgenommen, widerrufenen oder erloschenen Erlaubnis Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen hat und sie noch besitzt, die dauerhafte Unbrauchbarmachung oder Überlassung an einen Berechtigten verfügen oder entsprechende Nachweise verlangen. Das Gericht kann an dieser Stelle offenlassen, ob die im Wortlaut der Norm nicht vorgesehene „Vorlage“ der Munition an die Behörde eigentlich auf die Vorlage des Nachweises bezogen war und sich als bloß fehlerhafte Formulierung darstellt. Denn die Anordnung in Nr. 3 ist zwischenzeitlich in vollem Umfang gegenstandslos geworden.
Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist für die Abgabe von Waffen und Munition eine angemessene Frist zu bestimmen, die nach dem Willen der Behörde vorliegend mit der Zustellung des Bescheids beginnen sollte. Der Behörde ist es nicht prinzipiell verwehrt, den Fristbeginn auf die Zustellung oder Bekanntgabe des Bescheids festzusetzen. Sie hat in derartigen Fällen aber zu beachten, dass eine Klage gegen Anordnungen nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG aufschiebende Wirkung hat. Denn ausgeschlossen ist der gesetzliche Suspensiveffekt des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO nur für den Widerruf bei fehlender Zuverlässigkeit (§ 45 Abs. 5 VwGO) sowie für die sofortige Sicherstellung (§ 46 Abs. 4 Satz 3 WaffG). Wird – wie vorliegend – Klage gegen die Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG erhoben, dann tritt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Vollziehungshemmung ein (U.v. 21.6.1961 – VIII C 398/59 – NJW 1962, 602/ 603 f.; U.v. 20.1.2016 – 9 C 1/15 – NVwZ 2016, 1333/1334). Dies bedeutet, dass die Behörde für die Dauer des Schwebezustandes alle der Verwirklichung der mit dem Verwaltungsakt ausgesprochenen Rechtsfolgen und der sich hieraus ergebenden Nebenfolgen unterlassen muss und es ihr untersagt ist, aus dem Verwaltungsakt die Folgerungen zu ziehen, die sie als Hoheitsträgerin ziehen könnte (BVerwG, U.v. 20.1.2016 – 9 C 1/15 – NVwZ 2016, 1333/1334). Die Behörde ist also nicht nur an einer Vollstreckung gehindert, sondern kann weder rechtliche oder tatsächliche noch unmittelbare oder mittelbare Folgerungen aus dem suspendierten Verwaltungsakt ziehen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 12).
Der Beklagte hätte vor diesem Hintergrund (auch hilfsweise für den Fall der Klageerhebung) eine Frist ab Bestandskraft seiner Anordnung bestimmen oder aber die sofortige Vollziehung der Nr. 3 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anordnen können. Er hat den Fristbeginn indes auf den Zustellungszeitpunkt festgesetzt, ohne solch flankierende Maßnahmen zu treffen. Wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage musste die Klägerin die in Nr. 3 auferlegte Verpflichtung daher während des gesamten Fristlaufs nicht beachten. In der Folge ist die Fristsetzung gegenstandslos geworden (BayVGH, U.v. 12.11.1979 – 169 X 78 – BayVBl 1980, 50/51; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 51). Da der Ausspruch nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG zwingend mit einer Fristsetzung zu verbinden ist, wurde zugleich mit der Fristbestimmung auch die Verpflichtung insgesamt gegenstandslos (BVerwG, U.v. 26.2.1980 – I C 90.76 – juris Rn. 15; NdsOVG, U.v. 25.4.2002 – 8 LB 47/01 – NVwZ-RR 2002, 734/736). Nr. 3 des Bescheids belastet die Klägerin daher nicht mehr, ihre Aufhebung kommt mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht in Betracht (VG Köln, U.v. 10.11.2011 – 20 K 1065/09 – juris Rn. 18 ff. unter Bezugnahme auf OVG NW, U.v. 16.12.1983 – 20 A 1894/83 – n.v.).
III. Im Übrigen ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet, denn insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies gilt für den Widerruf der Waffenbesitzkarten (dazu 1.) ebenso wie für die Kostenentscheidung (dazu 2.).
1. Der Widerruf der Waffenbesitzkarten in Nr. 1 des angegriffenen Bescheids stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach sind Erlaubnisse nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zu deren Versagung hätten führen müssen. Waffenbesitzkarten müssen versagt werden, wenn dem Betreffenden die nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Dies ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG in der Regel für Personen der Fall, die gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben.
Für die Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts ein solcher Verstoß zu bejahen (dazu a)). Aus diesem hat das Landratsamt in fehlerfreier Weise auf die Unzuverlässigkeit der Klägerin geschlossen (dazu b)).
a) Der Klägerin ist ein gröblicher Verstoß gegen das Waffengesetz vorzuwerfen, denn sie hat ihre Pflicht zur sicheren Aufbewahrung von Waffen gemäß § 36 Abs. 1 WaffG verletzt. Gröblich ist eine vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung dann, wenn sie nach ihrem objektiven Gewicht und ihrer Vorwerfbarkeit als schwerwiegend zu beurteilen ist (Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 25).
Wer Waffen oder Munition besitzt, hat gemäß § 36 Abs. 1 WaffG die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Der Verordnungsgeber hat diese nur sehr allgemein formulierten Anforderungen entsprechend der Ermächtigung in § 36 Abs. 5 WaffG in § 13 Abs. 1 und § 13 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a Allgemeine Verordnung zum Waffengesetz (AWaffV) dahingehend konkretisiert, dass erlaubnispflichtige Kurzwaffen mindestens in einem Behältnis des Widerstandsgrads 0 aufbewahrt werden müssen. Für vor dem 6.7.2017 zulässigerweise verwendete Behältnisse lässt § 36 Abs. 4 WaffG die Weiternutzung zu.
Das Gericht ist in der Gesamtschau der aus der Akte ersichtlichen und in das Verfahren eingeführten Faktoren überzeugt, dass die Klägerin die Pistole „F2* …“ nicht in der vorgeschriebenen Weise gelagert hat. Dass die Waffe in einem der beiden Waffenschränke aufbewahrt worden wäre, die der Behörde angezeigt worden waren, behauptet auch die Klägerin nicht. Sie trägt vielmehr vor, die Waffe sei in einem Stahlschrank der Sicherheitsstufe B gelagert worden. Dem vermag das Gericht aus verschiedenen Gründen keinen Glauben zu schenken.
Es fällt zunächst ins Auge, dass die Klägerin widersprüchliche Angaben zu der Frage macht, wann der betreffende Waffenschrank erworben wurde. So ist im Anhörungsverfahren noch ausdrücklich vorgebracht worden, die Klägerin und ihr Ehemann hätten den Schrank nicht 2014, sondern bereits 2004 erworben. Der Klägerbevollmächtigte hat hingegen im Gerichtsverfahren erklärt, der Schrank sei erst im Jahr 2014 gekauft worden. Einen Nachweis hierüber konnte die Klägerin nicht vorlegen. Auch die Quittung der Ersterwerber brachte insoweit keine weiteren Erkenntnisse, weil die gefertigte Kopie unleserlich und das Original nach der Einlassung der Klägerin beim Kopieren verloren gegangen war. Es bedarf aber ohnehin keiner weiteren Aufklärung der Frage, wann die Klägerin und ihr Ehemann den Schrank erworben haben, denn selbst wenn das Datum sicher feststünde, so wäre damit doch kein Nachweis erbracht, dass die Waffe tatsächlich in besagtem Schrank gelagert wurde. Neben den widersprüchlichen Angaben zum Erwerb des Schranks fällt auf, dass die Klägerin im Verfahren in einer Weise zum Aufbewahrungsort des Stahlbehältnisses vorgetragen hat, die mit den Fotografien in der Behördenakte nicht in Einklang zu bringen ist. Denn ihrer Erklärung zufolge soll der Schrank „zum Zeitpunkt der Kontrolle auf dem Foto mittig zwischen Herd und dem zweiflügligen Schrank, in welchem sich die Waffenkoffer befanden“ platziert gewesen sein. Die von der Polizei gefertigten Lichtbilder zeigen indes, dass sich jedenfalls im Zeitpunkt der zweiten Kontrolle, am 10.3.2019, an der beschriebenen Stelle kein Stahlschrank befand. Auf dem Küchenschrank stand eine alte Mikrowelle, auf dem Herd (dessen eine Platte in den von der Klägerin vorgelegten Fotografien zu sehen ist) befanden sich mehrere kleinere Gegenstände, nicht aber der Stahlschrank. Die letztgenannte Tatsache lässt im Übrigen vermuten, dass der Stahlschrank auch bei der Kontrolle am Vortag nicht an dieser Stelle platziert war. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass der zunächst durch den Stahlschrank eingenommene Platz binnen 24 Stunden von mehreren anderen Gegenständen hätte beansprucht werden müssen. Zugleich erschließt sich nicht, warum der schwere Stahlschrank von der Klägerin oder ihrem Ehemann in der betreffenden Zeit hätte bewegt werden sollen. Die Kammer hat daneben berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann nach Schilderung der Polizei den Schlüssel zum Munitionsschrank „verlegt“ haben und den Polizisten daher keinen Zugang gewähren konnten. Nicht nur sind mit einer solchen Situation gewisse Risiken verbunden – es ist etwa möglich, dass der Schlüssel in der näheren Umgebung des Hauses oder im Haus selbst verloren gegangen ist und ein unberechtigter Dritter so die Möglichkeit erhielte, Zugang zu erlangen. Das Versäumnis der Klägerin und ihres Ehemanns stellt sich auch als wenig gewissenhafter und sorgfältiger Umgang mit den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten dar. Denn ein Waffenbesitzer muss sich – schon um den Zugriff Dritter sicher auszuschließen – stets vergewissern können, dass auch die Schlüssel zu seinen Waffenschränken sicher verwahrt sind. Angesichts dessen drängt sich der Eindruck einer gewissen Sorglosigkeit aufseiten der Klägerin auf, der bei der Bewertung der klägerischen Einlassung berücksichtigt werden muss. Inhaltlich hat die Kammer weiter gewürdigt, dass sich die Klägerin mit ihrer Behauptung, die Waffe sei in dem betreffenden Stahlbehältnis gelagert worden, in Widerspruch zu ihrer eigenen Anzeige gegenüber der Behörde setzt. Denn im Jahr 2011 hatte sie mit selbst unterschriebenem Schreiben Bilder der beiden anderen Waffenschränke vorgelegt und erklärt, ihre Waffen würden dort aufbewahrt. Das Stahlbehältnis, das die Klägerin und ihr Ehemann nach der Einlassung in der Anhörung zu diesem Zeitpunkt bereits besaßen, erwähnte sie hingegen nicht. Umgekehrt hätte – wenn der Erwerb tatsächlich 2014 stattgefunden hätte – wegen der noch nicht übermäßig lange zurückliegenden Korrespondenz mit der Behörde nahegelegen, dieser die geänderte Aufbewahrung mitzuteilen. Wenig überzeugend ist das Vorbringen der Klägerin zudem deshalb, weil der Stahlschrank am 9.3.2019 von den durchsuchenden Polizisten nicht erkannt wurde und die Klägerin und ihr Ehemann die Polizisten auch nicht darauf aufmerksam machten. Wäre die Waffe vorschriftsgemäß aufbewahrt worden, so hätte indes nichts entgegengestanden, auf die Frage der Polizisten nach den Waffen auch den Stahlschrank anzugeben. Auffällig ist deshalb, dass die angeblich vorschriftsmäßig aufbewahrte Waffe – wie die unzulässigerweise im Küchenschrank gelagerten Gewehre – am 9.3.2019 von der Klägerin und ihrem Ehemann „vergessen“ wurden. Schwer wiegt in diesem Zusammenhang schließlich, dass die Waffe zwischen dem 9.3.2019 und dem 10.3.2019 umgelagert worden sein muss, denn in den beiden gemeldeten Waffenschränken befanden sich nach der Kontrolle am 9.3.2019 keine Waffen mehr. Am Folgetag wurde die „F2* …“ hingegen in einem dieser Waffenschränke aufgefunden. Die Klägerin hat weder in der Anhörung noch auf die explizite Frage des Gerichts im Verfahren Ausführungen gemacht, warum es zu diesem Ortswechsel kam. Fest steht indes, dass ein solcher aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich gewesen wäre, hätte die Klägerin die Waffe schon vorher ordnungsgemäß aufbewahrt. Mangels anderer erkennbarer Ursachen kann daraus nur geschlossen werden, dass die Kurzwaffe bis zum 10.3.2019 eben nicht in der vom Waffengesetz geforderten Weise aufbewahrt wurde. Davon ist die Kammer zuletzt deshalb überzeugt, weil der Ehemann der Klägerin der Polizei am 10.3.2019 nur mitteilte, er habe noch drei Gewehre aufgefunden. Die Waffe der Klägerin erwähnten nach der polizeilichen Sachverhaltsdarstellung weder die Klägerin selbst noch ihr Ehemann, obwohl diese kurz zuvor noch umgelagert worden war.
Der danach feststehende Verstoß wiegt objektiv schwer. Die Aufbewahrungsvorgaben stellen Zentralvorschriften des Waffenrechts dar, weil die sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition eine unberechtigte Nutzung durch Dritte und die damit verbundenen, erheblichen Gefahren verhindern soll (BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 15). Zugleich ist die Zuwiderhandlung der Klägerin in besonders erheblichem Maße vorwerfbar. Denn als erfahrene Waffenbesitzerin musste sie die geltenden Aufbewahrungsvorschriften kennen. Ihr Vortrag, sie habe in der Hektik vergessen, die Polizisten auf den Stahlschrank aufmerksam zu machen, kann sie schon deshalb nicht entlasten, weil er nicht den Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten betrifft. Es handelt sich allein um ein Vorbringen, dass die klägerische Einlassung plausibel und glaubhaft machen soll.
b) Der Beklagte durfte aus diesem gröblichen Verstoß auch auf einen Wegfall der Zuverlässigkeit schließen. Bei der Anwendung der Regelvermutung ist der sicherheitsrechtliche Zweck der Vorschrift zu berücksichtigen, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – NJW 2015, 3594/3595). Eine Abweichung von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG kommt vor diesem Hintergrund nur in Betracht, wenn die Umstände des betreffenden Verhaltens die Verfehlung des Antragstellers ausnahmsweise in einem derart milden Licht erscheinen ließen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers durch das Verhalten begründeten Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit im Hinblick auf den Umgang mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt wären (BVerwG, B.v. 21.7.2008 – 3 B 12/08 – NVwZ 2009, 398; BayVGH, B.v. 21.11.2016 – 21 ZB 15.931 – juris Rn. 19).
Umstände der genannten Art sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere gebietet die Tatsache, dass bislang keine weiteren Verstöße der Klägerin gegen das Waffengesetz bekannt geworden sind, keine andere Bewertung. Denn § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG lässt – der genannten sicherheitsrechtlichen Zielsetzung entsprechend – für die Unzuverlässigkeit bereits einen einzelnen Verstoß ausreichen; die Regelung verlangt also nicht, dass darüber hinaus weitere nachteilige Umstände über den Betroffenen bekannt geworden sind. Vielmehr setzt es das Waffengesetz als Selbstverständlichkeit voraus, dass ein Waffenbesitzer die Regeln des Waffenrechts vollständig und genau befolgt. In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften die Unzuverlässigkeit begründen kann (BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 9). Vorliegend ist deshalb unerheblich, dass keine weiteren Verstöße seitens der Klägerin bekannt sind; eine im Übrigen ordnungsgemäße Lebensführung steht der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht entgegen (BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 21 ZB 12.819 – juris Rn. 15; OVG NW, B.v. 4.4.2013 – 16 A 2905/11 – juris Rn. 10).
2. Die Kostenentscheidung in Nr. 4 und 5 des angegriffenen Bescheids ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der von Nr. 2.II.7/7.2 und 39 Kostenverzeichnis vorgesehene Gebührenrahmen eingehalten.
IV. Unbegründet ist die Klage auch im Hilfsantrag, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Neuerteilung einer Waffenbesitzkarte (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ihr fehlt nach dem oben unter III.1 Festgestellten die Zuverlässigkeit. Damit sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte nicht gegeben (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG).
V. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
VI. Rechtsgrundlage des Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit sind § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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