Verwaltungsrecht

Verwaltungsgerichte, Prüfungsunfähigkeit, Amtsärztliches Attest, Einstweilige Anordnung, Effektiver Rechtsschutz, Modulprüfung, Prüfungsentscheidungen, Wiederholungsprüfung, Widerspruchsbescheid, Aufschiebende Wirkung, Beamtenverhältnis auf Widerruf, Dienstverhältnis, Prozeßbevollmächtigter, Antragstellers, Streitwertfestsetzung, Aufhebung, Prozeßkostenhilfeverfahren, Festsetzung des Streitwerts, Streitwertkatalog, Beschwerdeschrift

Aktenzeichen  M 21a E 20.3661

Datum:
17.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32752
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 37 Abs. 2 S. 2 Nr. 1
GntDBwVVDV § 53 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 4.535,58 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die vorläufige (Wieder-)Begründung eines Dienstverhältnisses zur Fortsetzung seiner Laufbahnausbildung.
Der im Jahr 2000 geborene Antragsteller mit bürgerlichem Wohnsitz in … stand als Beamter auf Widerruf im Amt eines Regierungsinspektoranwärters (* * …*) vom … April 2019 bis … Dezember 2019 im Dienst der Antragsgegnerin. Er war zuletzt zur Laufbahnausbildung für den gehobenen nicht-technischen Verwaltungsdienst an die Hochschule des Bundes für die öffentliche Verwaltung – Fachbereich Bundeswehrverwaltung – in … (Hochschule) abgeordnet.
Am *. September 2019 beantragte der Antragsteller beim Prüfungsamt der Hochschule erstmalig den Rücktritt von der Modulprüfung 5, woraufhin ihm ein Formular über die „Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit“ ausgehändigt wurde. Aufgrund der darin privatärztlich attestierten Beschwerden (Durchfall, Übelkeit und Erschöpfung), stellte das Prüfungsamt mit Bescheid vom … Oktober 2019 eine Prüfungsunfähigkeit fest und wies ihn daraufhin, dass somit die Modulprüfung 5 noch ausstehe.
Unter dem … Oktober 2019 teilte das Prüfungsamt dem Antragsteller mit, dass er die Modulprüfungen 3, 4 und 6 nicht bestanden habe. Er erhalte Gelegenheit, diese im Rahmen der Wiederholungsprüfungen vom 15. bis 22. November 2019 erneut abzulegen. Auch zur Modulprüfung 5 hätte der Antragsteller im Wiederholungstermin erneut antreten sollen. Mit Schreiben vom selben Tag wies das Prüfungsamt zudem darauf hin, dass bei krankheitsbedingter Verhinderung während der Wiederholungsprüfungen ein amtsärztliches Attest vorzulegen sei. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller nach Aktenlage am … Oktober 2019 persönlich ausgehändigt.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom … November 2019 teilte der Antragsteller am … November 2019 gegenüber dem Prüfungsamt mit, dass er beabsichtige, an der für den … November 2019 angesetzten Modulprüfung 5 nicht teilzunehmen, weil er prüfungsunfähig sei. Daraufhin wurden ihm vom Prüfungsamt die Kontaktdaten des amtsärztlichen Dienstes in … genannt und ihm empfohlen, dort bereits am folgenden Morgen und damit rechtzeitig vor den Prüfungen vorstellig zu werden. Am … November 2019 meldete er sich telefonisch beim Prüfungsamt und beantragte die Genehmigung seiner krankheitsbedingten Verhinderung für die Modulprüfung 5. Auf die von ihm verneinte Frage, ob er sich beim zuständigen Amtsarzt vorgestellt habe, wurde er angewiesen, bei diesem vorstellig zu werden. Am … November 2019 meldete er sich nochmals telefonisch beim Prüfungsamt und beantragte den Rücktritt auch von den übrigen Wiederholungsprüfungen der Module 3, 4 und 6.
Am … November 2019 ging bei der Hochschule eine auf den … November 2019 datierte privatärztliche Bescheinigung über die Prüfungsunfähigkeit des Antragstellers für die Modulprüfungen 3, 4, 5 und 6 ein. Danach sei der Antragsteller seit dem … November 2019 durch ein „akutes Erschöpfungssyndrom“ und Verdacht auf Burnout beeinträchtigt, was sich durch „schwere Konzentrationsstörung[en] durch Schlafmangel, Blackouts, Insuffizienzgefühle, Wahrnehmungsstörungen“ und „psych[ische] Dekompensation“ äußere.
Mit Bescheid des Prüfungsamts der Hochschule vom *. Dezember 2019, dem Antragsteller am *. Dezember 2019 zugestellt, wurde der Antrag auf Rücktritt von den Modulprüfungen abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Modulprüfungen 3, 4 und 6 wiederholt als nicht bestanden sowie die Modulprüfung 5 im Erstversuch als nicht bestanden zu bewerten seien. Der Antragsteller habe es bereits versäumt, ein amtsärztliches Attest über die Prüfungsunfähigkeit vorzulegen, obwohl er auf dessen Notwendigkeit hingewiesen worden sei. Im Übrigen handele es sich bei den Beeinträchtigungen um solche, die gleichzeitig als Auswirkungen der seit dem Jahr 2011 vorliegenden psychischen Erkrankung des Antragstellers anzusehen seien und hinsichtlich derer dem Antragsteller bereits ein Nachteilsausgleich mit Bescheid vom … August 2019 bestandskräftig versagt worden sei. Daher sei vorliegend von einer Dauererkrankung des Antragstellers auszugehen, womit die Fähigkeit, diese konstitutionellen Leistungsmängel auszugleichen, zum regulären Leistungsbild des Antragstellers gehöre. Demzufolge präge diese Erkrankung als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft dauerhaft die Leistungsfähigkeit des Antragstellers und berechtige nicht zum Rücktritt von einer Prüfung. Da der Antragsteller aber die Modulprüfungen 3, 4 und 6 spätestens im Wiederholungsversuch hätte bestehen müssen, weil eine zweite Wiederholung nur in einem Pflichtmodul zulässig sei, sei sein Prüfungsanspruch erloschen.
Gegen diese Entscheidung der Hochschule legte der Antragsteller mit Schreiben vom … Dezember 2019 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom … März 2020 zurückgewiesen wurde.
Daraufhin hat der Antragsteller am … April 2020 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe (Az. 11 K 1841/20) erheben lassen mit dem Antrag, ihm unter Aufhebung der Bescheide vom *. Dezember 2019 und … März 2020 die Prüfungsunfähigkeit anzuerkennen und eine Prüfungswiederholung zu gewähren. Zur Begründung führt er aus, dass ihm bei dem Gespräch am … November 2010 mit dem Prüfungsamt lediglich empfohlen worden sei, ein amtsärztliches Attest vorzulegen, ein solches jedoch nach Aussage des zuständigen Mitarbeiters nicht als erforderlich erachtet werde. Im Übrigen widerspreche die Annahme der Hochschule, es läge eine vorhersehbare Erkrankung vor, den ärztlichen Feststellungen. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und führte aus, dass sie bestreite, dass es sich lediglich um eine Empfehlung gehandelt habe, ein amtsärztliches Attest vorzulegen. Vielmehr sei dem Prüfling empfohlen worden, sich frühzeitig um ein amtsärztliches Attest zu kümmern, sodass sich die Empfehlung allein auf den Zeitpunkt bezogen habe. Es sei zudem ständige Praxis der Hochschule, beim Erstversuch ein privatärztliches Attest genügen zu lassen, bei Wiederholungs- oder Nachprüfungen aber ein amtsärztliches Attest zu verlangen, zumal ein Interesse des Dienstherrn daran bestehe, dass die Prüfungen aufgrund der Alimentation der Studierenden zeitnah abgeschlossen würden. Was die Frage der Prüfungsunfähigkeit des Antragstellers betreffe, obliege die Beurteilung allein der Hochschule als Prüfungsbehörde. Die ärztlichen Feststellungen beschränkten sich allein auf das Vorliegen einer Erkrankung überhaupt.
Am … Dezember 2019 teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr dem Antragsteller mit, dass sein Beamtenverhältnis auf Widerruf nach § 37 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBG i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen nicht-technischen Verwaltungsdienst in der Bundeswehrverwaltung (GntDBwVVDV) mit dem Ablauf des Tages der Bekanntgabe des Nichtbestehens der Prüfung, mithin dem *. Dezember 2019, ende und Bezüge nach § 60 BBesG noch bis zum Ende des Monats Dezember 2019 weitergewährt würden.
Hiergegen ließ der Antragsteller mit Schreiben vom … Januar 2020 Widerspruch einlegen. Dabei trägt er vor, dass der Widerspruch seiner Auffassung nach aufschiebende Wirkung entfalte und er sich demnach weiterhin im Beamtenverhältnis auf Widerruf mit Anspruch auf Alimentation befinde. Im Übrigen sei er rechtzeitig vor Prüfungsbeginn wegen Prüfungsunfähigkeit zurückgetreten. Die Beeinträchtigungen seien nicht vorhersehbar gewesen und stünden nicht in Zusammenhang mit seiner schon bisher bekannten psychischen Erkrankung. Auch sei das privatärztliche Attest ausreichend gewesen, um die Prüfungsunfähigkeit zu belegen. Da die Entscheidung der Hochschule rechtswidrig gewesen sei, könne seine Entlassung keinen Bestand haben.
Am … April 2020 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Stuttgart beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom … Januar 2020 gegen die Mitteilung der Entlassung durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr vom Dezember 2019 wiederherzustellen (Az. 15 K 2194/20). Mit Beschluss vom *. Juni 2020 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart das Verfahren an das Verwaltungsgericht München verwiesen, wo es unter dem Aktenzeichen M 21a S 20.2508 geführt wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom … Mai 2020 wurde der Widerspruch vom … Januar 2020 durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zurückgewiesen. Denn die Entlassung ergebe sich als gesetzliche Folge unmittelbar aus § 37 Abs. 2 Satz 2 BBG, wenn eine Teilprüfung oder die gesamte Laufbahnprüfung nicht bestanden worden sei. Die gesetzliche Folge knüpfe dabei an die tatsächliche Bekanntgabe des Nichtbestehens an, unabhängig davon, ob die Prüfungsentscheidung auch rechtlich Bestand habe. Auch entfalte der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung, sodass der Antragsteller keinen Anspruch auf weitergehende Besoldung über den Monat Dezember 2019 hinaus habe.
Mit Schreiben vom … Juni 2020 hat die Kammer die Beteiligten im Verfahren M 21a S 20.2508 auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom *. Juni 2020 (Az. 2 BvR 496/20) hingewiesen. Nach Rücknahme des Antrags wurde das Verfahren mit Beschluss vom *. Juli 2020 eingestellt.
Am … Juni 2020 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 28 K 209/20) Klage mit dem Antrag erheben lassen, den Entlassungsbescheid vom … Dezember 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Mai 2020 aufzuheben.
Zudem hat der Antragsteller am … Juli 2020 beim Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 28 L 232/20) beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig unter erneuter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf oder Begründung eines vergleichbaren Dienstverhältnisses die Laufbahnausbildung für den gehobenen nicht-technischen Verwaltungsdienst bis zu einer abschließenden Entscheidung über den Bescheid der Hochschule des Bundes vom *. Dezember 2019 über das Nichtbestehen der Bachelorprüfung zu ermöglichen.
Zur Begründung trägt er vor, dass die Ungewissheit über den Bestand der prüfungsrechtlichen Entscheidung der Hochschule für den Antragsteller unzumutbar sei. Er wisse nicht, wovon er leben solle, weil er seit sieben Monaten keine Bezüge erhalte. Er müsse sich daher nun zwangsläufig um eine andere Ausbildung bemühen. Auch könne er die bisher im Rahmen des Vorbereitungsdienstes erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht bis zum Abschluss der prüfungsrechtlichen Hauptsache weiter prüfungstauglich über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten. Effektiver Rechtsschutz gebiete es, im Wege der einstweiligen Anordnung eine mit der Entlassung einhergehende faktische Vereitelung der Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG zu verhindern.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom … August 2020 hat das Verwaltungsgericht Berlin dieses Verfahren sowie das Verfahren VG 28 K 209/20 an das Verwaltungsgericht München verwiesen, wo sie die Aktenzeichen M 21a E 20.3661 und M 21a K 20.3660 erhalten haben.
Im Verfahren 11 K 1841/20 und im Verfahren M 21a K 20.3660 ist bisher keine Entscheidung ergangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem sowie in den Verfahren 11 K 1841/20, M 21a K 20.3660 und M 21a S 20.2508 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
In Bezug auf die örtliche Zuständigkeit ist die Kammer an den Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin gebunden (§ 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 1 GVG). Gleichwohl dürfte – ausgehend vom Wortlaut des Antrags – Gericht der Hauptsache im Sinne des § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der vorliegenden Konstellation das Gericht sein, bei dem die prüfungsrechtliche Hauptsache anhängig ist (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 34: „gestuft prüfungs- und beamtenrechtlichen Hauptsache“).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO u.a. § 920 Abs. 2 ZPO entsprechend, d.h. der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und insbesondere nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Regelungsanordnung statthaft. Der Antragsteller kann die vorläufige Neubegründung eines Beamtenverhältnisses im Wege einer einstweiligen Anordnung verfolgen (BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 34).
Jedenfalls einen Anordnungsanspruch hat der Antragsteller vorliegend aber nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller kann nicht verlangen, vorläufig bis zu einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung unter erneuter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf oder mittels Begründung eines vergleichbaren Dienstverhältnisses seine Laufbahnausbildung fortzusetzen.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Frage einer vorläufigen Wiederbegründung eines Beamten- oder sonstigen Dienstverhältnisses nicht völlig losgelöst vom rechtlichen Bestand der Prüfungsentscheidung betrachtet werden darf und effektiver Rechtsschutz dadurch gewährt werden müsse, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht generell und von vornherein ausgeschlossen werde (BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 24). Damit ist auch die bisherige verwaltungsgerichtliche Spruchpraxis überholt, wonach eine vorläufige Fortsetzung oder Neubegründung eines Beamtenverhältnisses nicht in Betracht komme (so etwa noch OVG Sachsen, B.v. 11.2.2016 – 2 A 428/14). Das Bundesverfassungsgericht hat aber gleichwohl keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen geäußert, dass der Beamte zunächst kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis entlassen ist und es gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 BBG für den Eintritt der Beendigungswirkung lediglich auf den Realakt der ‚Bekanntgabe des endgültigen Nichtbestehens‘ ankomme. Denn insoweit sei die Frage der Beendigungswirkung kraft Gesetzes von der Frage der Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu trennen (BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 32 ff.).
Das Beamtenverhältnis des Antragstellers endete mit Ablauf des *. Dezember 2019 durch Entlassung kraft Gesetzes gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBG, weil er die Laufbahnprüfung endgültig nicht bestanden hatte, was ihm mit Bescheid vom *. Dezember 2019 am *. Dezember 2019 von der Hochschule mitgeteilt wurde.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf (vorläufige) Wiedereinstellung oder Begründung eines sonstigen Dienstverhältnisses bis zu der Entscheidung im prüfungsrechtlichen Hauptsacheverfahren. Eine Regelungsanordnung dieses Inhalts ist unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes vorliegend nicht geboten, weil sich die Prüfungsentscheidung der Hochschule nach einer hier erforderlichen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 30) voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird.
Denn die Hochschule ging zutreffend davon aus, dass das Nichtbestehen der Teilprüfungen in den Modulen 3, 4 und 6 zum endgültigen Nichtbestehen der Laufbahnprüfung nach Maßgabe der Prüfungsordnung geführt hat. Bei den vom Antragsteller im ersten Wiederholungsversuch nicht bestandenen Modulen 3, 4 und 6 handelt es sich nach § 22 Abs. 1 GntDBwVVDV, 3. Spalte, jeweils um Pflichtmodule, sodass nach Maßgabe von § 38 Abs. 1 GntDBwVVDV höchstens in einem dieser Module ein zweiter Wiederholungsversuch möglich gewesen wäre. Das Nichtbestehen von mehr als einer dieser Pflichtmodulprüfungen führte somit folgerichtig – und unabhängig davon, dass Modulprüfung 5 noch einmal hätte wiederholt werden können – zum endgültigen Nichtbestehen der Laufbahnprüfung im Sinne von § 37 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBG.
Das Fernbleiben von den Prüfungen hatte auch das Nichtbestehen der jeweiligen Teilprüfung zur Folge, weil es sich um eine nicht genehmigte Verhinderung im Sinne von § 57 Abs. 5 Satz 2 GntDBwVVDV handelte. Danach wird die jeweilige Prüfungsleistung mit null Rangpunkten bewertet, womit diese nach § 37 Abs. 1 GntDBwVVDV nicht bestanden ist, weil hierfür mindestens fünf Rangpunkte erforderlich sind.
Gegen die Verfahrensweise einer Genehmigung der Verhinderung, wie dies in § 57 GntDBwVVDV geregelt ist, bestehen keine Bedenken. Auch die Anordnung, bei einer Verhinderung während der Wiederholungs- und Nachprüfungen ein amtsärztliches Attest beizubringen, war rechtmäßig und findet in § 57 Abs. 2 Satz 3 GntDBwVVDV ihre Rechtsgrundlage. Diese Anordnung wurde den Prüflingen auch schriftlich sowie dem Antragsteller ausweislich des Aktenvermerks über die Telefongespräche nochmals mehrmals mündlich bekanntgemacht. Da die Obliegenheit zur Einholung eines amtsärztlichen Attests allein für die Wiederholungsprüfungen angeordnet wurde, bestehen auch keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme, zumal es dem Prüfungsamt im Rahmen des ihm durch § 57 Abs. 2 Satz 3 GntDBwVVDV eingeräumten Ermessens freistand, besondere Anforderungen an die Vorlage ärztlicher Atteste zu stellen. Ermessensfehler, insbesondere sachfremde Erwägungen, sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr dient die Strenge der Regelung in geeigneter Weise dem legitimen Ziel, Missbräuchen vorzubeugen, durch die sich Prüflinge eine ihnen nicht zustehende und damit den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende weitere Prüfungschance verschaffen könnten (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 10.4.1990 – 7 B 48/90 – juris Rn. 4).
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Beurteilung der Prüfungs(un) fähigkeit des Antragstellers durch die Hochschule fehlerhaft ist. Ob die Voraussetzungen einer Prüfungs(un) fähigkeit gegeben sind, ist eine Rechtsfrage, welche die Prüfungsbehörde anhand des von ihr ermittelten Sachverhaltes in eigener Verantwortung zu beantworten hat (VGH Baden-Württemberg, B.v. 29.4.2016 – 9 S 582/16 – juris Rn. 9 mit Hinweis auf BVerwG, BVerwG, B.v. 14.7.2004 – 6 B 30/04 – juris Rn. 8). Dies gilt entsprechend im Hinblick auf das Vorliegen eines Dauerleidens. Auch insoweit hat die Prüfungsbehörde in eigener Verantwortung eine prüfungsrechtliche Würdigung der ärztlicherseits beschriebenen Umstände und Auswirkungen einer Erkrankung auf das Leistungsvermögen des Prüflings in der Prüfung vorzunehmen (VGH Baden-Württemberg, B.v. 29.4.2016 – 9 S 582/16 – juris Rn. 9 mit Hinweis auf BVerwG, B.v. 6.8.1996 – 6 B 17/96 – juris). Insoweit hat die Hochschule plausibel und widerspruchsfrei ausgeführt, dass die ärztlicherseits festgestellten Beeinträchtigungen (akutes Erschöpfungssyndrom, Verdacht auf Burnout, Konzentrationsstörungen durch Schlafmangel, Blackouts, Insuffizienzgefühle, Wahrnehmungsstörungen sowie psychische Dekompensation) auf die bereits seit 2011 bestehende psychische Erkrankung des Antragstellers zurückzuführen seien. Dem hatte die Antragstellerseite, außer einem einfachen Bestreiten, nichts Substantiiertes entgegenzusetzen.
Auch sonstige offensichtliche Mängel des Prüfungsverfahrens (vgl. hierzu die exemplarische Aufzählung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom *. Juni 2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 30) sind nicht ersichtlich.
Somit war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges. Danach war ein Viertel der Anwärterbezüge für das maßgebliche Jahr 2020 (§ 40 GKG) anzusetzen, ausgehend von einem monatlichen Anwärtergrundbetrag von 1.511,86 EUR für den gehobenen Dienst gemäß Anlage VIII zum BBesG (3 x 1.511,86 EUR).


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