Verwaltungsrecht

Vollstreckung von Grundsteuern

Aktenzeichen  W 8 K 18.1386

Datum:
11.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 4024
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 37 Abs. 5 S. 1
VwZVG Art. 21, Art. 22, Art. 23 Abs. 2, Art. 24 Abs. 3
ZPO § 227

 

Leitsatz

1 Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erlassen wird, können Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Dies trifft auf einen maschinell erstellten Grundsteuerbescheid zu. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes wird im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geprüft. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Grundsteuererhebung findet auf der Stufe der Vollstreckung nicht mehr statt. Es reicht, wenn der Grundverwaltungsakt rechtswirksam ist. (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist (§ 102 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.
Zunächst wird angemerkt, dass die mündliche Verhandlung am 11. Februar 2019 nicht verlegt werden musste. Einen ausdrücklichen Verlegungsantrag unter Nennung erheblicher Gründe i.S.v. § 227 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO hat der Kläger nicht gestellt. Das an das Verwaltungsgericht in Kopie übermittelte Fax vom 18. Januar 2019, welches an das Bundesverfassungsgericht adressiert war und in dem der Kläger in der Sache Verfassungsbeschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Gerichts vom 14. November 2018 einlegte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig. Denn der Kläger hat schon den Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), weil er trotz Rechtsmittelbelehrungkeine Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss eingelegt hat. Des Weiteren hat er die Monatsfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG versäumt, weil das Fax gegen den Kläger laut Postzustellungsurkunde am 17. November 2018 zugestellten Prozesskostenhilfebeschluss auf den 18. Januar 2019 datiert. Des Weiteren ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger durch öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten verletzt sein sollte (vgl. § 90 Abs. 1 und § 92 BVerfGG).
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Zunächst ist schon fraglich, ob die Klage zulässig ist, nachdem die Beklagte im Schreiben vom 30. Oktober 2018 mitgeteilt hat, dass sie aktuell von einer tatsächlichen Vollstreckung absehen werde, da sie auf eine gütliche Lösung hoffe und auch die aufgelaufene Steuerschuld in einer Höhe sei, die keine weitere Vollstreckungsmaßnahmen veranlasse. Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Ankündigung der Vollstreckung kein Verwaltungsakt ist und deshalb nicht mit einer Anfechtungsklage angefochten werden kann (vgl. VG Würzburg, U.v. 25.1.2016 – W 6 K 15.1182 – juris m.w.N). Der Grundsteuerbescheid selbst ist bestandskräftig geworden.
Zugunsten des Klägers legt das Gericht sein Vorbringen dahingehend aus, dass er die Einstellung der Vollstreckung anstrebt (Art. 22 VwZVG). Eine dahingehende Verpflichtungsklage ist statthaft, weil die Unzulässigerklärung der Vollstreckung ein begünstigender Verwaltungsakt ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 25.1.2016, W 6 K 15.1182 – juris m.w.N.). Zweifelhaft ist jedoch weiter die Klagebefugnis, weil der Kläger entgegen Art. 21 Satz 2 VwZVG offensichtlich nur Gründe vorbringt, die nicht erst nach Erlass des Verwaltungsaktes entstanden sind. Anders ist dies nur hinsichtlich der Mahngebühren.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedenfalls unbegründet.
Denn die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung nach Art. 22 Nr. 1 VwZVG und das Absehen von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen ist nicht gegeben, weil die angekündigte Vollstreckung rechtmäßig ist.
Die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor.
Die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VwZVG sind gegeben, weil der Grundsteuerbescheid vom 15. Januar 2018 gemäß Art. 17 Abs. 1 VwZVG durch Zusendung eines einfachen verschlossenen Briefes, welcher am 22. Januar 2018 zur Post aufgegeben wurde, ordnungsgemäß zugestellt wurde. Innerhalb der Monatsfrist erhob der Kläger keine Klage dagegen. Der Grundsteuerbescheid ist bestandskräftig. Die noch offenen Steuerforderungen samt Nebenkosten belaufen sich auf 58,76 EUR (2 x 20,23 Grundsteuer + 3 x 6,10 EUR Mahngebühren).
Des Weiteren sind die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Vollstreckung von Verwaltungsakten, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, nach Art. 23 ff. VwZVG gegeben. Dem Kläger wurde der Steuerbescheid – wie bereits ausgeführt – ordnungsgemäß zugestellt. Art. 23 Abs. 2 VwZVG bestimmt ausdrücklich, dass bei Verwaltungsakten, die bei der Festsetzung und Erhebung von Realsteuern (wie die Grundsteuer, § 3 Abs. 2 AO) ergehen, anstelle der Zustellung die Zusendung gemäß Art. 17 VwZVG reicht. Die Grundsteuerforderung ist in ihren Teilbeträgen vierteljährlich auch fällig geworden. Der Kläger wurde des Weiteren ordnungsgemäß gemahnt.
Ergänzend ist anzumerken, dass die fehlende Unterschrift unschädlich ist. Der Gesetzgeber hat in Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG ausdrücklich bestimmt, dass bei einem schriftlichen Verwaltungsakt der mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erlassen wird, Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen können. Dies trifft auf den hier maschinell erstellten Grundsteuerbescheid zu. Gleichermaßen hat der Gesetzgeber in Art. 24 Abs. 3 VwZVG ausdrücklich geregelt, dass selbst bei einer Vollstreckungsanordnung, die mit Hilfe automatischer Einrichtung erlassen wird, Unterschrift und Dienstsiegel fehlen können.
Auch sonst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die allgemeinen bzw. besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden. Die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes wird im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nur nach Maßgabe des Art. 21 VwZVG hat der Schuldner im Vollstreckungsverfahren die Möglichkeit, materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch geltend zu machen. Gemäß Art. 21 Satz 2 VwZVG sind derartige Einwendungen jedoch nur zulässig, soweit die geltend gemachte Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes entstanden sind (z.B. Erfüllung, Verzicht, Erlass oder Stundung der Forderung) und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl. VG Würzburg, U.v. 25.1.2016 – W 6 K 15.1182 – juris m.w.N). Solche Einwände, die die Voraussetzungen des Art. 21 VwZVG erfüllen, hat der Kläger indes nicht vorgebracht.
Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Grundsteuererhebung findet auf der Stufe der Vollstreckung – abgesehen von Ausnahmen (wie etwa Nichtigkeit), die hier nicht vorliegen, – nicht mehr statt. Es reicht, wenn der Grundverwaltungsakt rechtswirksam ist. Der Kläger hatte die Möglichkeit, Einwendungen mit Rechtsbehelfen gegen den Grundsteuerbescheid selbst geltend zu machen (vgl. VG Würzburg, U.v. 25.1.2016 – W 6 K 15.1182 – juris m.w.N).
Ergänzend wird noch angefügt, dass gegen die jeweilige Mahngebühr in Höhe von 6,10 EUR keine Bedenken bestehen. Die Mahngebühr entspricht der laufenden Nummer 1.I.7 des Kostenverzeichnisses. Sie bewegt sich am untersten Rand der Rahmengebühr von 5,00 EUR bis 150,00 EUR. Die Mahnkosten sind Nebenkosten zur Hauptsache. Die Mahnung ist eine gebührenpflichtige Amtshandlung. Ein eigener zusätzlicher Leistungstitel ist für die Mahngebühr nicht erforderlich. Mahnkosten werden ohne besonderen Vollstreckungstitel zusammen mit dem Hauptanspruch beigetrieben.
Soweit der Kläger Ratenzahlung oder Stundung begehren sollte (das Begehren des Klägers ist aus seinen handschriftlichen Schreiben – wenn überhaupt – nicht immer deutlich und gut verständlich zu entnehmen), hätte sich der Kläger zunächst an die Beklagte zu wenden und dies dieser gegenüber hinreichend deutlich zu machen. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vom 30. Oktober 2018 ausdrücklich betont, dass sie eine gütliche Lösung mit dem Kläger erhoffe. Abgesehen davon kann das Gericht keinen durchgreifenden Anhaltspunkt erkennen, dass dem Kläger zurzeit ein verpflichtender Anspruch auf Stundung etwa wegen einer persönlichen oder wirtschaftlichen Härte zustände. Eine gütliche Einigung im gegenseitigen Einvernehmen der Beteiligten bleibt davon unbenommen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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