Verwaltungsrecht

Vorauszahlung auf Verbesserungsbeitrag, Verbesserungsmaßnahme, Wasserversorgung, Einrichtungseinheit

Aktenzeichen  W 2 K 20.942

Datum:
21.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9366
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1
KAG Art. 5 Abs. 4
KAG Art. 5 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. 

Gründe

1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden werden, da beide Beteiligten mit Schreiben vom 28. Januar 2021 und vom 4. Februar 2021 ihr Einverständnis zu dieser Entscheidungsform erklärten (§ 101 Abs. 2 VwGO).
2. Die Klage gegen die Festsetzung des vorläufigen Verbesserungsbeitrags ist in Form einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
Der mit Beitragsbescheid vom 6. November 2019 in der Form des Änderungsbescheids vom 12. November 2019 erhobene vorläufige Verbesserungsbeitrag ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Juni 2020 (GVBl S. 286), können Gemeinden für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung einen besonderen Vorteil bildet.
2.1 Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte die Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Wasserversorgungseinrichtung des Marktes R. vom 25. Juni 2020 erlassen. An dem ordnungsgemäßen Zustandekommen dieser Satzung gem. Art. 26 Abs. 2 GO bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Diese Satzung kann auch rückwirkend den Bescheiden vom 6. bzw. 12. November 2019 als Rechtsgrundlage dienen, da im Beitragsrecht ein Austausch einer nichtigen Satzung durch eine wirksame mangels anzuerkennenden Vertrauensschutzes auch rückwirkend möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 1.2.2018 – 20 BV 15.1025 – juris).
Das Beitragsrecht beruht auf dem Prinzip der Einmaligkeit der Erhebung (vgl. statt vieler: BayVGH, U.v. 11.3.2010 – 20 B 09.1890 – BeckRS 2010, 55166). An bereits abgeschlossene Tatbestände dürfen nicht durch Rechtsvorschrift rückwirkend ungünstigere Folgen geknüpft werden als die vorausgegangenen Bestimmungen vorsehen (vgl. BayVerfGH vom 6.11.1991 – Vf.9-VII-90 – BayVBl 1992, 80). Ein Verbesserungsbeitrag bezieht sich deshalb nicht auf den abgeschlossenen Tatbestand der erstmaligen Herstellung und Anschaffung, für den ein Herstellungsbeitrag entrichtet wurde, sondern auf neue Investitionen zur Verbesserung einer Anlage, wodurch mit Wirkung für die Zukunft auf der Grundlage eines neuen Sachverhalts ein neuer Beitragstatbestand geschaffen wurde (BayVerfGH a.a.O.). Die Entstehung des Verbesserungsbeitrags ist deshalb nur möglich, wenn zuvor für die betreffende Einrichtung Herstellungsbeiträge entstanden sind. Dies erfordert insbesondere das Vorliegen von gültigem Herstellungsbeitragsrecht (BayVGH, B.v. 11.5.2005 – 23 ZB 04.3348 – BeckRS 2005, 39605; U.v. 16.3.2005 – 23 BV 04.2295 – GK 2005, Rn. 188). Dies gilt auch für die Erhebung einer Vorauszahlung auf einen Verbesserungsbeitrag (BayVGH, B.v. 11.5.2005 – 23 ZB 04.3348 – BeckRS 2005, 39605).
Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verbesserungsbeitragssatzung am 25. Juni 2020 lag mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung des Marktes R. (BGS-WAS) vom 5. September 2019 Herstellungsbeitragsrecht vor, an dessen Wirksamkeit kein Anlass zu Zweifel besteht. Gleiches trifft auf die Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Marktes R. (Wasserabgabensatzung – WAS) vom 5. September 2019 zu. Da die Verbesserungsmaßnahmen, die der erhobenen Vorauszahlung zugrundeliegen, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht abgeschlossen sind, kann derzeit offenbleiben, ob die aktuell gültige Herstellungsbeitragssatzung bereits neu kalkulierte Beitragssätze beinhaltet (vgl. dazu: Bay. VGH, B.v.9.12.2003 – 23 CS 03.2903 – GK 2004, Rn. 118).
In § 6 VES-WAS 2020 hat der Beklagte zulässigerweise von der Möglichkeit des Art. 5 Abs. 4 KAG Gebrauch gemacht, zunächst einen vorläufigen Verbesserungsbeitrag zu erheben, und in § 3 Abs. 2 VES-WAS 2020 die gemäß Art. 5 Abs. 5 KAG vorgesehene Möglichkeit zur Erhebung von Vorauszahlungen bis zu 100 Prozent genutzt.
Jenseits der Frage, ob die dem erhobenen Verbesserungsbeitrag zugrundeliegenden Baumaßnahmen verbesserungsbeitragsfähig sind, sind Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der Verbesserungsbeitragssatzung und der darin enthaltenen Regelungen zur Erhebung von Vorauszahlungen auf den Verbesserungsbeitrag weder vorgetragen noch ersichtlich.
2.2 Der Kläger führt in der Klagebegründung ausschließlich an, dass die Maßnahmen, die in § 1 VES-WAS 2020 Verbesserungsbeitrage erhoben werden sollen, nur die Wasserversorgung des Ortsteils G. beträfen und er dadurch keinen Vorteil erhalte. Dieser Einwand dringt rechtlich nicht durch.
Der Beklagte betreibt seine Wasserversorgungsanlage als öffentliche Einrichtung im Sinne einer Einrichtungseinheit gem. Art. 21 Abs. 2 GO und hat die in Art. 21. Abs. 2 Satz 2 GO grundsätzlich vorgesehen Einrichtungseinheit der Wasserversorgung nicht getrennt. Vielmehr hat er in § 1 Abs. 1 WAS festgelegt, dass die Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung die Gemeindeteile G., M. und R. umfasst. Eine andere Regelung hätte der Beklagte nur per Satzung (vgl. Art. 21. Abs. 2 Satz 2 GO) erlassen können, was nicht ersichtlich ist. Insbesondere stellt nicht der Satz in § 1 Nr. 1 VES-WAS 2020 „Grundsätzlich soll die Wasserversorgung im Gemeindeteil G. eigenständig bleiben. Grundsatzbeschluss.“ eine solche Satzungsregelung dar. Dieser Satz zielt erkennbar auf eine rein technische Trennung der Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten in zwei Zonen ab, wonach für die Zone G. weiterhin eine eigenständige Wasserversorgung betrieben werden soll. Dies hat der Beklagte in der Klageerwiderung bekräftigt. Eine rechtliche Trennung der Einrichtungseinheit wurde damit nicht geregelt und war ersichtlich auch nicht gewollt.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte bei der Entscheidung, die Wasserversorgung weiterhin als Einrichtungseinheit für alle Gemeindeteile zu betreiben, sich von Willkür leiten ließ, eventuellen Rechtsirrtümern unterlegen ist oder von sachfremden Erwägungen ausgegangen ist (vgl. Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Stand Dez. 2020, Abschnitt IV, Art. 5, Frage 2, Pk. 1.2).
Aus diesen Gründen kann der Kläger nicht aus der Solidargemeinschaft aller durch die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten versorgten Anschlussnehmer entlassen werden. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.
3. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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