Verwaltungsrecht

Waffenbesitz- und Erwerbsverbot

Aktenzeichen  24 ZB 19.1176

Datum:
14.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20663
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, lit. b, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2
VwGO § 108 Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Die Behörde darf grundsätzlich von der Richtigkeit einer strafgerichtlichen Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Weder das Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 WaffG noch das Waffenbesitzverbot bezüglich erlaubnispflichtiger Waffen oder Munition nach § 41 Abs. 2 WaffG setzen voraus, dass der Betroffene die tatsächliche Gewalt über Waffen oder Munition bereits ausübt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 9 K 17.836 2019-04-17 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen das mit Bescheid des Beklagten vom 19. Juli 2017 ausgesprochene Waffenbesitz- und Erwerbsverbot für erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Waffen sowie die hierzu ergangenen Nebenentscheidungen.
Das Verwaltungsgericht Würzburg wies die entsprechende Klage mit Urteil vom 17. April 2019 ab. Der Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG seien gegeben. Der Kläger sei absolut unzuverlässig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG, da dieser vom Landgericht A. mit Urteil vom 20. Juli 2018 wegen Vergewaltigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen und schwerer Vergewaltigung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden sei. Das rechtskräftige Urteil des Landgerichts könne zugrunde gelegt werden, ohne dessen inhaltliche Richtigkeit im Hinblick auf die festgestellten Tatsachen oder auf das ausgesprochene Strafmaß zu überprüfen. Einen Irrtum lasse das ausführliche und nachvollziehbare Urteil nicht erkennen. Auch lägen aufgrund der absoluten Unzuverlässigkeit des Klägers die Voraussetzungen für ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 2 WaffG vor. Die Ermessensausübung des Beklagten sei nicht zu beanstanden.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er ist der Auffassung, an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden ernstliche Zweifel. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen sowie des Vorbringens im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes macht der Bevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen geltend, eine Regelunzuverlässigkeit sei nicht anzunehmen, da nicht er der Besitzer von Munition gewesen sei, sondern dessen Ehefrau. Die strafrechtliche rechtskräftige Verurteilung des Klägers könne das Verwaltungsgericht nicht einfach übernehmen, sondern sei gehalten, eigene Feststellungen zu treffen. Es liege zudem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG vor, da das Gericht den klägerischen Vortrag nicht hinreichend gewürdigt habe. Dem Kläger werde der gesetzliche Richter entzogen, wenn das Verwaltungsgericht einfach das Strafurteil heranziehe und keine eigene Beweiserhebung und -würdigung vornehme bzw. aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 1 WaffG vornehmen müsse. Das Urteil beruhe auch auf den vorgenannten Fehlern, da andernfalls insbesondere Beweis durch Zeugeneinvernahmen hätte erhoben werden müssen. Schließlich habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, da die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts gegen grundlegende zivilrechtliche Eigentumsvorschriften verstoße. Sollte es sich bei der Regelung des § 5 Abs. 2 WaffG um eine ausnahmslose Mussregel handeln, so bestünden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regel vor dem Hintergrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör; gleiches gelte in Bezug auf § 5 Abs. 1 WaffG für den Entzug des gesetzlichen Richters.
Der Beklagte – Landesanwaltschaft Bayern – ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen in diesem Verfahren sowie im Eilverfahren und auf die vorgelegten Akten des Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das Darlegungsgebot gestaltet das Zulassungsverfahren dahingehend, dass das gerichtliche Prüfungsprogramm im Zulassungsverfahren jedenfalls im Wesentlichen darauf beschränkt ist zu klären, ob der Rechtsmittelführer seine Darlegungslast erfüllt hat und die dargelegten Gründe eine Zulassung der Berufung tragen (BVerfG, B.v. 23.7.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163). Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die Darlegung nur in einer Weise gestellt werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt mit zumutbarem Aufwand noch erfüllt werden können (BVerfG, B.v. 8.1.2009 – 2 BvR 758/07 – BVerfGE 125, 104). Dem Darlegungsgebot ist genügt, wenn der dargelegte Zulassungsgrund in der Sache auf einen der gesetzlichen Tatbestände zielt (BVerwG, B.v. 2.10.2003 – 1 B 33/03 – NVwZ-RR 2004, 220). Das Oberverwaltungsgericht muss sich aber nicht aus einem Darlegungsgemenge das heraussuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BayVBl 2011, 338). Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist ein Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.
1. Der Kläger macht zunächst ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend. Solche sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden können (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel genügt keine unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung.
In Ansehung des Vortrags in der Zulassungsbegründung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
1.1. Rechtsgrundlage für die Anordnung des Waffenbesitz- und Erwerbsverbots ist § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 3 und Abs. 2 WaffG i.V.m. § 5 Abs. 1 WaffG.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 3 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, unter anderem dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Gegenstände erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Für die Frage der Zuverlässigkeit darf auf die Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, denn sie konkretisiert den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2019 – 21 ZB 19.761 – juris Rn. 14; B.v. 8.1.2019 – 21 CS 18.657 – juris Rn. 15; B.v. 22.1.2014 – 21 ZB 13.1781 – juris; Lehmann/v. Grotthuss, Aktuelles Waffenrecht, Stand April 2020, § 41 Rn. 23; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 5). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG besitzen Personen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, die rechtskräftig verurteilt worden sind wegen eines Verbrechens (Buchstabe a) oder wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (Buchstabe b), wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind.
Nach § 41 Abs. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. Ein Waffenverbot ist hiernach nur dann geboten, wenn der Waffenbesitzer bzw. der Erwerbswillige in der Vergangenheit ein Verhalten oder eine Eigenschaft in seiner Person zutage gelegt hat, welche den auf Tatsachen beruhenden Verdacht begründet, dass durch einen Umgang mit der Waffe eine nicht hinnehmbare Gefahrensituation für die öffentliche Sicherheit verursacht würde (BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 33; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 9). Dabei ist im Rahmen der gebotenen Gefahrenprognose derselbe Maßstab anzulegen, der auch im Zuge eines Erwerbs- und Besitzverbots für erlaubnisfreie Waffen nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG zur Anwendung kommt (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 31 und 33).
1.2. Das Vorbringen in der Zulassungsbegründung führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht dürfe die Erwägungen des strafrechtlichen Urteils nicht einfach übernehmen und sei gehalten, eigene Feststellungen zu treffen, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu § 5 WaffG (BVerwG, B.v. 21.7.2008 – 3 B 12/08 – juris Rn.9), der auch der erkennende Senat folgt (BayVGH, B.v. 8.6.2020 – 24 ZB 18.2457; B.v. 23.6.2020 – 24 CS 20.1226), bedarf die Anwendung des gesetzlichen Tatbestands keiner Prüfung der Behörde, ob der Betroffene tatsächlich eine Straftat begangen hat. Indem das Gesetz eine rechtskräftige Verurteilung voraussetzt, will es sichern, dass die behördliche Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auf tragfähiger Grundlage erfolgt. Das gerichtliche Strafverfahren, in dem der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und im Zweifel zugunsten des Betroffenen zu entscheiden ist, bietet dafür eine besondere Gewähr. Daraus folgt, dass sich die Behörde auch auf die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts stützen darf. Sie darf grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben danach, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (vgl. Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015 § 5 Rn. 4 ff.).
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b WaffG erfüllt seien, da der Kläger vom Landgericht A. rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden sei. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht weiter davon aus (UA Seite 11 f.), dass die Anwendung des gesetzlichen Tatbestands keine Prüfung der Behörde erfordert, ob der Betroffene tatsächlich eine Straftat begangen hat, sich die Behörde vielmehr auf die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts stützen und von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen darf. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, das strafgerichtliche Urteil könne unter anderem deswegen nicht übernommen werden, da das Strafgericht die Glaubwürdigkeit einer Zeugin falsch beurteilt habe, geht auch dieser Einwand ins Leere. Das Erstgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das ausführliche und nachvollziehbare Urteil des Landgerichts vom 20. Juli 2018 keinerlei Irrtum erkennen lasse (UA Seite 12) und ein Sonderfall, in dem die Behörde die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, nicht gegeben sei (UA Seite 12). Diese Einschätzung teilt der erkennende Senat.
Das Verwaltungsgericht durfte auch das Strafurteil vom 20. Juli 2018 seinem Urteil zugrunde legen, obwohl dieses zeitlich dem streitgegenständlichen Bescheid nachfolgte. Das Waffenbesitzverbot ist ein sogenannter Dauerverwaltungsakt, bei dem maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die letzte mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichts ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1978 – I C 23.76 – juris Rn. 13; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 77).
Auch der Einwand des Klägers, seine Regelunzuverlässigkeit könne nicht deswegen angenommen werden, da er nicht im Besitz der aufgefundenen Munition gewesen sei, verfängt nicht. Weder das Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 WaffG noch das Waffenbesitzverbot bezüglich erlaubnispflichtiger Waffen oder Munition nach § 41 Abs. 2 WaffG setzen nämlich voraus, dass der Betroffene die tatsächliche Gewalt über Waffen oder Munition bereits ausübt (BayVGH, BayVBl 1984,304; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 7). Es kann mit diesen Regelungen vielmehr als Präventivmaßnahme auch der künftige Besitz verboten werden (BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 18). Gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichts (UA Seite 12) ist nichts zu erinnern. Lediglich ergänzend wird ausgeführt, dass das Verbot nach § 41 Abs. 2 WaffG dann geboten ist, wenn der Waffenbesitzer bzw. Erwerbswillige in der Vergangenheit ein Verhalten oder eine seiner Person anhaftende Eigenschaft zu Tage gelegt hat, welche den auf Tatsachen beruhenden Verdacht begründet, dass durch einen Umgang mit der Waffe Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursacht werden (BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 33). Diese gesteigerten gesetzlichen Voraussetzungen eines zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit gebotenen Waffenverbots erfüllt der Kläger. Anordnungen nach § 41 Abs. 2 WaffG sind nämlich insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene eine Straftat begangen hat und aus der Tat auf eine rohe oder gewalttätige Gesinnung zu schließen ist oder wenn der Täter eine schwere Straftat mithilfe oder unter Mitführen von Waffen begangen hat. Das im Strafurteil des Landgerichts A. zum Ausdruck kommende Maß an Gewaltbereitschaft des Klägers und zwar insbesondere in Verbindung mit der Androhung von Waffengewalt lassen die Verhängung des Verbots als unausweichlich und somit geboten erscheinen (vgl. BVerwG, a.a.O., juris Rn. 34).
2. Einen Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem das Urteil beruhen kann, hat der Kläger – auch nicht sinngemäß – ebenfalls nicht dargelegt. Insoweit kommt nach seinem Vorbringen eine Verletzung der Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) in Betracht. Jedoch hat das Verwaltungsgericht weder ein Überraschungsurteil gefällt noch erheblichen Sachvortrag übergangen. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung liegt eine Überraschungsentscheidung vor, wenn das Gericht, das auf den Inhalt der beabsichtigten Entscheidung regelmäßig nicht vorab hinweisen muss, auf eine rechtliche Sichtweise und auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht, und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2017 – 6 B 52.17 – juris Rn. 6; B.v. 27.7.2015 – 9 B 33.15 – juris Rn. 8; B.v. 19.7.2010 – 6 B 20.10 – juris Rn. 4). Der Einwand des Klägers, dass dem Betroffenen der gesetzliche Richter entzogen werde, wenn das Erstgericht das Strafurteil heranziehe und keine eigene Beweiserhebung und -würdigung vornehme, verfängt nicht. Wie oben dargelegt, darf die Verwaltungsbehörde und damit auch das Erstgericht, das die behördliche Entscheidung überprüft, von der Richtigkeit der rechtskräftigen Strafurteile einschließlich der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen bei der Prüfung der Zuverlässigkeit im Rahmen des § 5 WaffG ausgehen (BVerwG, B.v. 21.7.2008 – 3 B 12/08 – juris; BayVGH, B.v. 8.6.2020 – 24 ZB 18.2457; B.v. 23.6.2020 – 24 CS 20.1226). Diese Einschätzung teilt der erkennende Senat; ein Verfahrensverstoß des Erstgerichts liegt insoweit nicht vor.
3. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das ist nur dann der Fall, wenn eine kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 27). Dabei erfordert die Darlegung besonderer rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass der Rechtsmittelkläger sich mit dem verwaltungsrechtlichen Urteil substantiell auseinandersetzt und deutlich macht, in welchem konkreten rechtlichen oder tatsächlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist (OVG Münster NVwZ 19999, 202). Soweit den Ausführungen des Klägers in der Zulassungsbegründung sinngemäß entnommen werden kann, dass besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache darin zu sehen seien, dass klärungsbedürftig sei, ob und unter welchen Voraussetzungen das Erstgericht im Rahmen des § 5 WaffG von der Richtigkeit eines Strafurteils ausgehen darf, ist die aufgeworfene Frage – wie oben dargelegt – bereits in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte rechtskräftig geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig.
4. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Das ist nur dann der Fall, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. An der Klärung der aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage muss ein über den Einzelfall hinausgehendes, allgemeines Interesse bestehen. An der allgemeinen Bedeutung der Sache fehlt es regelmäßig, wenn lediglich die Anwendung von in sich nicht zweifelhaften Vorschriften auf den konkreten Fall in Rede steht oder wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ausschlaggebend von einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abhängt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36). Eine grundsätzliche Bedeutung wird dementsprechend nicht dargetan, wenn sich der Rechtsmittelführer darauf beschränkt, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Einzelfall mit tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen als unrichtig anzugreifen (BayVGH, B.v. 13.3.2020 – 24 ZB 17.1148).
Der Kläger sieht die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig, ob es sich bei der „Zuverlässigkeitsregel des § 5 Abs. 2 WaffG um eine bloße (zu entkräften mögliche) Vermutungsregel oder um eine ausnahmslose Mussregel handelt“. Diese Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich, da das Erstgericht ausweislich der Entscheidungsgründe davon ausgegangen ist, dass der Kläger bereits absolut unzuverlässig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG ist und es offengelassen hat, ob der Kläger darüber hinaus auch nach den §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG und Abs. 2 Nr. 5 WaffG unzuverlässig ist (UA Seite 12). Auch die weitere sinngemäß vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob § 5 Abs. 1 WaffG zu einem Entzug des gesetzlichen Richters führt, indem eine strafrechtliche Verurteilung die eigene Sachverhaltsermittlung und -wertung des Verwaltungsgerichts ersetzt, geht ins Leere. Die aufgeworfene Frage ist in der Rechtsprechung geklärt. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
Soweit der Kläger schließlich ausführt, die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts verstoße gegen grundlegende zivilrechtliche Eigentumsvorschriften, fehlt es bereits an einer notwendigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 124a Abs. 4 VwGO. Der Kläger hat weder eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, noch ausgeführt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, noch hat er erläutert, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und dargelegt, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 124 a Rn. 72).
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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