Verwaltungsrecht

Widerruf einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis für eine Schank- und Speisewirtschaft (Eisdiele)

Aktenzeichen  22 ZB 18.841

Datum:
5.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25015
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GastG § 1 Abs. 1, § 2, § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2, § 31
GewO § 15 Abs. 2 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 1, Abs. 8 S. 1
StGB § 56 Abs. 1, § 266a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2
StPO § 407, § 408 Abs. 2, Abs. 3, § 410 Abs. 3
VwGO § 86 Abs. 1, § 113 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 161 Abs. 2 S. 1
SGB IV § 14 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1 Wenn hinsichtlich der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auf strafrechtliche tatsächliche Feststellungen abgestellt wird, können die sich sowohl aus einem Urteil als auch aus einem Strafbefehl ergeben. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit kann sich aus einem beharrlichen Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten ergeben. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Berechnung der nach § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge richtet sich in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 K 17.1115 2018-02-21 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf einer ihm erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnis.
Mit Bescheid vom 25. Mai 1994 erteilte das Landratsamt H* … dem Kläger eine unbefristete gaststättenrechtliche Erlaubnis, in näher bestimmten Räumlichkeiten eine Eisdiele zu betreiben. Die Erlaubnis berechtigte zum Ausschank aller alkoholischen und nichtalkoholischen Getränke (Nr. I. 3. b des Bescheides), nicht dagegen zur Abgabe von Speisen, „da keine Betriebsküche vorhanden ist“ (Nr. I. 3. c). Als Betriebsart wurde eine Schankwirtschaft festgesetzt (Nr. I. 3. d).
Das Amtsgericht H* … erließ am 24. Juli 2015 einen Strafbefehl gegenüber dem Kläger. Darin wurde der Kläger des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (Arbeitnehmeranteile) in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Arbeitgeberanteile) in 37 tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 266a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 52 und 53 StGB beschuldigt. Weiter wurde gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verhängt, deren Vollstreckung gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt wurde. Infolge der Rücknahme des vom Kläger erhobenen Einspruchs wurde der Strafbefehl am 8. Juni 2016 rechtskräftig.
Das Landratsamt H* … widerrief mit Bescheid vom 24. August 2017 die dem Kläger erteilte gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 25. Mai 1994 (Nr. 1 des Bescheides). Weiter wurde der Kläger verpflichtet, die von ihm betriebene „Schankwirtschaft“ vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zu schließen (Nr. 2). Für den Fall der nicht vollständigen oder nicht rechtzeitigen Erfüllung der Schließungsanordnung wurde dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 Euro angedroht (Nr. 3).
Der Erlaubniswiderruf wurde auf § 15 Abs. 2 GastG gestützt. In der Bescheidsbegründung wurde u.a. ausgeführt, nach den dem Strafbefehl vom 24. Juli 2015 zugrunde liegenden Tatsachen besitze der Kläger nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit zum Führen einer Gaststätte. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das von ihm geführte Gaststättengewerbe ordnungsgemäß weiter betrieben werden könne. Er habe im Zeitraum April 2009 bis August 2013 in seinem Eiscafé mindestens vier Personen beschäftigt, welche er nicht der zuständigen Einzugsstelle bzw. Krankenkasse gemeldet habe; durch sein dauerhaftes und nachhaltiges Fehlverhalten sei Beitragsschaden in Höhe von 51.056,83 Euro entstanden.
Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Klage. In der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2018 (vgl. S. 2 f. des Verhandlungsprotokolls) teilte die Beklagtenvertreterin dem Gericht mit, dass beabsichtigt gewesen sei, mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 24. August 2017 lediglich den erlaubnispflichtigen Teil der Schankwirtschaft zu widerrufen, nicht jedoch den Eisverkauf. Die Bevollmächtigte des Klägers teilte mit, dass sie gestern ein Schreiben des Landratsamtes erreicht habe, in dem mitgeteilt wird, dass ein Gewerbeuntersagungsverfahren bezüglich des Eisverkaufs erwogen werde. Die Beklagtenvertreterin erklärte weiter, die Nrn. 2 und 3 des Bescheides vom 24. August 2017 würden aufgehoben, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärten. Der Kläger beantragte zuletzt sinngemäß, den Bescheid vom 24. August 2017 aufzuheben, soweit er nicht für erledigt erklärt wurde.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg wies die Klage mit Urteil vom 21. Februar 2018 ab.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den fristgemäßen Darlegungen in der Antragsbegründung (vgl. zur deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.
1. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung vom 15. Mai 2018 ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – NVwZ-RR 2004, 542). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; in Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f. m.w.N.).
b) Der Kläger meint zunächst, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht bei der Bewertung seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit den Strafbefehl vom 24. Juli 2015 ohne eigene Prüfung zugrunde gelegt. Es gebe insoweit keine allgemeine und jede andere Bewertung ausschließende präjudizielle Wirkung. Die Berücksichtigung einer strafgerichtlichen Feststellung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren setze voraus, dass die Umstände in einem Strafverfahren im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bzw. einer Beweisaufnahme festgestellt worden seien, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei.
Das Verwaltungsgericht (Urteilsabdruck S. 12) hat angenommen, dass die Behörde strafgerichtliche tatsächliche Feststellungen heranziehen kann, wenn sich aus diesen Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des betreffenden Gewerbetreibenden ergeben. Es führt in diesem Zusammenhang weiter aus, soweit der Klägerbevollmächtigte die Vergleichbarkeit eines Strafbefehls mit einem strafgerichtlichen Urteil anzweifle, so sei auf § 410 StPO zu verweisen, wonach der Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleichstehe. Dieser rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 26.09.2002 – 3 C 37/01 – juris Rn. 38). Danach dürfen namentlich im Ordnungsrecht die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) führt dazu aus, dass der Strafbefehl „aufgrund einer tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch das Gericht (§§ 407, 408 StPO) ergeht, einen strafrechtlichen Schuldspruch enthält sowie eine strafrechtliche Rechtsfolge gegen den Beschuldigten festsetzt und – erhebt der Beschuldigte nicht rechtzeitig Einspruch oder nimmt einen Einspruch zurück – gemäß § 410 Abs. 3 StPO die Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteils erlangen kann“. Dem steht nicht entgegen, dass dem Strafbefehl keine Bindungswirkung z.B. für ein Disziplinarverfahren zukommt (vgl. BVerwG, a.a.O., juris Rn. 37). Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht von einer derartigen bindenden Wirkung ausgegangen ist; der Kläger macht nicht deutlich, welchen Urteilspassagen seines Erachtens eine solche Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu entnehmen ist.
c) Weiter macht der Kläger geltend, im vorliegenden Fall dürften die Feststellungen im Strafbefehl vom 24. Juli 2015 deshalb nicht ohne verwaltungsgerichtliche Überprüfung zugrunde gelegt werden, weil diese unzutreffend seien. Die im Strafbefehl enthaltenen Feststellungen zu einem angeblichen Gesamtbeitragsschaden von 51.056,83 Euro und von Pflichtverstößen in Bezug auf mindestens vier Arbeitnehmer seien unrichtig. Selbst in einem sogenannten Summenbeitragsbescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 15. Juli 2016 sei von einem Gesamtschaden in Höhe von 33.982,81 Euro und einem Verstoß gegen die Sofortmeldepflicht in Bezug auf drei namentlich bekannte Arbeitnehmer die Rede. Bei einer dieser Personen sei eine beitragsrechtliche Nachberechnung für drei Tage und bei einer anderen Person für acht Monate vorgenommen worden; die dritte Person sei versicherungsfrei. Die restliche Berechnung der Beitragsforderung beruhe ausschließlich auf einer Schätzung und Pauschalierung. Im Übrigen sei der genannte Summenbeitragsbescheid Gegenstand eines noch anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens, in dem der Kläger die Vorwürfe umfänglich bestritten habe. Die Klagebegründung in diesem Verfahren habe er zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens gemacht. Der Umfang von Pflichtverstößen und eines Beitragsschadens, wie sie das Verwaltungsgericht seiner Bewertung zugrunde gelegt habe, stünden nicht fest.
Zwar ist zutreffend, dass die Deutsche Rentenversicherung zuletzt einen Gesamtschaden von 33.982,81 Euro angenommen hat, wie sich auch aus deren Schreiben vom 3. Februar 2016 (vgl. Bl. 106 der Behördenakte) ergibt. Dieser Umstand wird jedoch im angefochtenen Urteil berücksichtigt. Dort wird ausgeführt (Urteilsabdruck S. 13), neben dem zeitlichen und personellen Umfang des festgestellten Verhaltens sei der hierdurch verursachte Schaden in Relation zum Umfang des klägerischen Betriebs erheblich. Dies gelte nicht nur im Hinblick auf den im Strafbefehl zunächst auf 51.056,83 Euro geschätzten Schaden, sondern auch auf den später durch den Summenbeitragsbescheid auf 33.982,81 Euro (zzgl. Säumniszuschläge) reduzierten Schaden.
An anderer Stelle im Urteil (Urteilsabdruck S. 12) macht das Verwaltungsgericht zudem deutlich, dass seine Bewertung des Klägers als gewerberechtlich unzuverlässig nicht maßgeblich von einer bestimmten Schadenshöhe anhängt. Es hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris Rn. 21) darauf abgestellt, dass ein beharrlicher Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen lässt, da hierdurch der Versicherungsanspruch des Arbeitnehmers beeinträchtigt und das Vermögen des Versicherungsträgers geschädigt wird. Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall vor allem auch darauf abgestellt, dass die im Strafbefehl festgestellten Pflichtverstöße über einen Zeitraum von vier Jahren und betreffend mindestens vier Arbeitnehmer hätten nachgewiesen werden können (Urteilsabdruck S. 13).
Weiter ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils daraus, dass die Deutsche Rentenversicherung nach dem letzten aktenkundigen Sachstand davon ausging, dass der Kläger drei namentlich bekannte Arbeitnehmer beschäftigt hat, worauf dieser hinweist. Dies wiederspricht nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck S. 13), die Pflichtverstöße des Klägers würden mindestens vier Arbeitnehmer betreffen. Im vorgenannten Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 3. Februar 2016 wird ausgeführt, dass der Kläger neben den drei benannten Arbeitnehmern eine Vielzahl namentlich nicht bekannter Personen beschäftigte, ohne dass diese Beschäftigungen ordnungsgemäß gemeldet, noch Beiträge abgeführt wurden. Nach Auswertung der Lohnkonten seien durch das gemeldete Personal wesentlich weniger Stunden abgerechnet bzw. abgedeckt worden, als nach einer Objektabklärung aufgrund der Größe der Gastronomie erforderlich. Diese Unterdeckung von Arbeitsstunden könne nur durch Mehrarbeit des angemeldeten Personals (Vergütung der Mehrarbeit durch „Schwarzlohnzahlung“) oder durch nicht angemeldete Arbeitnehmer ausgeglichen werden. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge für die unbekannten Arbeitnehmer hat die Deutsche Rentenversicherung die anhand einer Plausibilitätsprüfung ermittelten Arbeitsstunden, multipliziert mit dem ortsüblichen (Brutto-) Stundenlohn, zugrunde gelegt. Dies spricht dafür, dass durchaus von einer Beschäftigtenzahl von mindestens vier ausgegangen werden kann.
Im Übrigen würden auch Pflichtverstöße, die „nur“ in Bezug auf drei Arbeitnehmer begangen worden wären, die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Diese drei Arbeitnehmer hätten zudem den nachvollziehbaren vorgenannten Ausführungen der Deutschen Rentenversicherung zufolge für eine etwaige Mehrarbeit eine entsprechend höhere „Schwarzlohnzahlung“ erhalten müssen. Für die Beurteilung der gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers ist es im Ergebnis nicht ausschlaggebend, ob Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten und veruntreut wurden, welche in Bezug auf vier Arbeitnehmer oder – mit entsprechend höheren Beiträgen je Arbeitnehmer – aufgrund von drei Arbeitsverhältnissen angefallen sind.
Zudem hat der Kläger nicht substantiiert in Abrede gestellt, dass die Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Melde- und Beitragspflichten über einen erheblichen Zeitraum von vier Jahren aufgetreten ist. Gleichfalls hat er keine Argumente gegen die Bewertung des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck S. 13) vorgetragen, wonach bereits dieser Umstand für eine diesbezüglich verfestigte Einstellung des Klägers spricht. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (a.a.O.) wiegt weiter schwer, dass der Kläger bis zur Durchsuchung der Geschäftsräume und der Wohnung am 13. August 2013 nachweislich an seiner pflichtwidrigen Praxis der (Nicht-)Anmeldung seiner Arbeitskräfte weiter festgehalten habe, obwohl bereits am 13. Mai 2012 eine erste Zollkontrolle durch das Hauptzollamt S* … in der Eisdiele stattgefunden habe. Aus den klägerischen Darlegungen ergeben sich auch keine konkreten Einwände gegen diese verwaltungsgerichtliche Bewertung.
Soweit der Kläger eine Berechnung von Beiträgen aufgrund von Schätzungen bzw. Pauschalierungen beanstandet, ist auf § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zu verweisen. Die Berechnung der nach § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge richtet sich in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse nach dieser Vorschrift (vgl. BGH, U.v. 2.12.2008 – 1 StR 416/08 – juris Rn. 9 ff.).
Hinsichtlich des Verweises des Klägers auf ein sozialgerichtliches Verfahren wird im angefochtenen Urteil ausgeführt (Urteilsabdruck S. 14), dass sich dieses nicht auf die Beurteilung der Zuverlässigkeit auswirken könne, da dortiger Streitgegenstand der Summenbeitragsbescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 15. Juli 2016 sei und es folglich um die tatsächliche Schadenshöhe gehe, die der Kläger dem öffentlichen Träger nachzahlen müsse, weil er die gesetzlich vorgeschriebenen Anteile nicht schon von Anfang an abgeführt habe; es ändere jedoch nichts an den begangenen Verfehlungen dem Grunde nach, die mit rechtskräftigem Strafbefehl feststünden. Der Kläger hat die Bewertung, dass der Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens sich nicht auf die Bewertung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit auswirken kann, nicht mit Gegenargumenten in Zweifel gezogen. Im Übrigen hat er auch nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die Berechnung der Deutschen Rentenversicherung, die dem Summenbescheid vom 15. Juli 2016 zugrunde liegt, hinsichtlich der Schadenshöhe fehlerhaft ist. Die pauschale Verweisung auf seine Klagebegründung im sozialgerichtlichen Verfahren und deren Vorlage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind hierfür nicht ausreichend.
d) Der Kläger rügt weiter, bei Feststellung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit hätte im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit eines Widerrufs nach § 15 Abs. 2 GastG geprüft werden müssen, ob ein „rechtmäßiger Zustand“ auch durch einen geringeren Eingriff (z.B. eine Abmahnung, eine Widerrufsandrohung, eine Anordnung von Kontrollen) herstellbar wäre. Diesem Einwand ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil nicht ersichtlich ist, dass im vorliegenden Fall eine solche andere Maßnahme voraussichtlich gleichermaßen geeignet wäre, weitere Pflichtverstöße auszuschließen. Nach der Bewertung des Verwaltungsgerichts – die durch die Darlegungen des Klägers nicht erschüttert wird (vgl. oben unter 1. c) – ist von einem beharrlichen Verstoß des Klägers gegen sozialversicherungsrechtliche Vorschriften und von einem fehlenden Willen zu einer diesbezüglichen Einstellungsänderung auszugehen (Urteilsabdruck S. 13 f.). Vor diesem Hintergrund sind eine Abmahnung, eine Widerrufsandrohung und weitere Kontrollen ersichtlich nicht geeignet, weitere gravierende Pflichtverletzungen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die Untersagung einer Beschäftigung von Angestellten im Wege einer nachträglichen Auflage zur gaststättenrechtlichen Erlaubnis könnte zwar unter Umständen zur Gefahrenabwehr in Betracht kommen. Allerdings kann eine solche Auflage, die den existentiell auf die Beschäftigung von Angestellten angewiesenen Betrieb unmöglich macht, nicht als milderes Mittel angesehen werden. Allenfalls dann, wenn aufgrund eines Betriebskonzeptes für einen geänderten Gaststättenbetrieb plausibel wäre, dass die Unterstützung von Angestellten nicht benötigt wird, könnte eine solche Auflage – als minus zum Erlaubniswiderruf – zweckmäßig sein, vorbehaltlich einer hinreichenden Kontrollmöglichkeit.
e) Der Kläger rügt schließlich die Auslegung des streitgegenständlichen Bescheides durch das Verwaltungsgericht, wonach Nr. 1 des angefochtenen Bescheides vom 24. August 2017 eine konkludente Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO in Bezug auf das gaststättenrechtlich nicht erlaubnispflichtige Gewerbe umfasse. Auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei unzuverlässig auch im gewerberechtlichen Sinn, weshalb zwingend auch das ausgeübte Gewerbe zu untersagen sei, sei rechtswidrig.
Der Widerruf in Nr. 1 des Bescheides vom 24. August 2017 bezieht sich auf die gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 25. Mai 1994 insgesamt; diese Erlaubnis wurde nicht nur insoweit widerrufen, als sie die Abgabe alkoholischer Getränke sowie von selbst hergestelltem Speiseeis betrifft, wie das Verwaltungsgericht meint (Beschlussabdruck S. 14). Die Gestattungswirkung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis bezieht sich (stets) auf den Betrieb eines Gaststättengewerbes; sie ist für eine bestimmte Betriebsart und für bestimmte Räume zu erteilen (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 GastG). Es erfolgt also keine isolierte Erlaubnis der Tätigkeit, die im Einzelfall die Erlaubnispflicht nach § 2 GastG auslöst, z.B. das Verabreichen alkoholischer Getränke. Entsprechend entfällt durch den Widerruf die Erlaubnis für den Betrieb des betreffenden Gaststättengewerbes, nicht lediglich für eine bestimmte Tätigkeit. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 GastG in der aktuell geltenden Fassung vom 21. Juni 2016, wonach der Erlaubnis z.B. nicht bedarf, wer alkoholfreie Getränke (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GastG) und bzw. oder zubereitete Speisen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 GastG) verabreicht. Beschränkt sich das jeweilige Gaststättengewerbe nicht auf ein Verabreichen von solchen Speisen und Getränken im Sinne von § 2 Abs. 2 GastG, so ist der Betrieb des Gewerbes erlaubnispflichtig. Die gaststättenrechtliche Erlaubnis schließt dann ggf. das Verabreichen von Speisen und Getränken im Sinne von § 2 Abs. 2 GastG mit ein. Wird ein erlaubnispflichtiges Gaststättengewerbe trotz eines vollziehbaren Erlaubniswiderrufs weiter betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden (§ 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO). Es besteht dann kein Bedürfnis für eine (teilweise) Untersagung dieses Gewerbes nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO.
Davon zu unterscheiden ist der hypothetische Fall, dass der Kläger den bisherigen erlaubnispflichtigen Gaststättenbetrieb bereits eingestellt und – aufgrund eines geänderten Betriebskonzepts – ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe nach § 2 Abs. 2 GastG angezeigt hätte (vgl. § 31 GastG i.V.m. 14 Abs. 1 GewO). In diesem Fall wäre im Falle einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit grundsätzlich (nur) der Anwendungsbereich der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO eröffnet (vgl. hierzu Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand Oktober 2017, § 35 Rn. 195).
Die dennoch erfolgte Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO im angefochtenen Urteil stellt jedoch dessen Ergebnisrichtigkeit nicht in Frage. Der angefochtene Bescheid vom 24. August 2017 umfasste in seiner Gestalt am Ende der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2018 (nur noch) den Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis des Klägers vom 25. Mai 1994 (insgesamt); die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist am Maßstab des § 15 Abs. 2 GastG zu beurteilen, nicht nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Entsprechend ist im vorliegenden Zusammenhang lediglich entscheidungserheblich, dass sich aus den Darlegungen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Bewertung des Verwaltungsgerichts ergeben, wonach der Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis nach § 15 Abs. 2 GastG rechtmäßig war.
f) Schließlich rügt der Kläger, die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil sei rechtswidrig. Die Begründung dieser Entscheidung widerspreche der Bewertung des Verwaltungsgerichts, wonach der „erlaubnisfreie Teil“ des Gaststättenbetriebs von der Untersagung konkludent miterfasst sei. Selbst bei Unterstellung einer Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Entscheidung, wonach der Kläger hinsichtlich der Nr. 1 und der Beklagte bezüglich der Nrn. 2 und 3 des Bescheides vom 24. August 2017 unterlegen wäre, sei eine Quotelung von 4/5 zu 1/5 zu Lasten des Klägers nicht nachvollziehbar und nicht sachgerecht.
Das Verwaltungsgericht (Urteilsabdruck S. 16) hat es als angemessen angesehen, dass der Kläger die Verfahrenskosten zu 4/5 trägt. Die anteilige Kostentragung des Beklagten wurde damit begründet (vgl. § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO), dass der Beklagte hinsichtlich des für erledigt erklärten Verfahrensgegenstandes (Nrn. 2 und 3 des angefochtenen Bescheides) voraussichtlich unterlegen wäre. Ob die vom Verwaltungsgericht für das insoweit wahrscheinliche Unterliegen des Beklagten angeführte Begründung nachvollziehbar ist, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, da der Kläger jedenfalls durch die daraus gefolgerte Kostentragung des Beklagten nicht belastet wird. Weiter ist nicht zu beanstanden, dass der erledigte Streitgegenstand gegenüber dem noch zu entscheidenden Verfahrensgegenstand, in Bezug auf den der Kläger die Kosten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen hat, nur mit 1/5 gewichtet wurde. Für den zuletzt noch anhängigen Streitgegenstand, den Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis, ist ein Streitwert von 15.000 Euro anzusetzen (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013). Demgegenüber wirken sich die Einstellungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung in Höhe von 1.500 Euro (Nrn. 2 und 3 des Bescheides vom 24.8.2017) nicht streitwerterhöhend aus (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.10.2016 – 22 ZB 16.722 – juris bzgl. der Betriebseinstellung; Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs bzgl. der Zwangsgeldandrohung); es handelt sich um untergeordnete Nebenentscheidungen zum Erlaubniswiderruf, für die (allenfalls) ein geringer Kostenanteil zu veranschlagen ist.
2. Der Kläger hat weiter nicht dargelegt, inwieweit der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Wie oben (unter 1. b) näher ausgeführt ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, unter welchen Voraussetzungen die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden können. Insbesondere ergibt sich daraus auch, dass die vom Kläger aufgeworfene Frage nach einer „Bindungswirkung“ solcher Feststellungen zu verneinen ist. Im Übrigen ergibt sich aus den klägerischen Darlegungen nicht, inwieweit vorliegend entscheidungserheblich wäre, ob eine solche Bindungswirkung auch besteht, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der dem Strafbefehl zugrundeliegenden Tatsachen dargelegt werden. Wie oben (unter 1. c) im Einzelnen erläutert ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen im Strafbefehl.
Gleichermaßen hat der Kläger nicht dargelegt, inwieweit vorliegend eine „Frage zur Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Rechtsfolgenseite“ von grundsätzlicher Bedeutung ist. Hieraus ergibt sich bereits keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage. Weiter fehlt die Darlegung, weshalb eine solche Frage im vorliegend Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig), klärungsbedürftig und von einer über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehenden Bedeutung ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).
Die weiter vom Kläger aufgeworfene Frage der Zulässigkeit einer Auslegung des Bescheides durch das Gericht bei gleichzeitiger ausdrücklicher Erklärung des Beklagten zum Bescheidsinhalt ist bereits nicht entscheidungserheblich; die vom Verwaltungsgericht aufgrund einer solchen Auslegung vorgenommene Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO vorlagen, hat sich auf die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils nicht ausgewirkt (vgl. oben unter Nr. 1 e).
3. Inwieweit die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), ergibt sich aus den klägerischen Darlegungen nicht konkret. Insoweit genügt nicht die Behauptung, die vorgenannten, aus Sicht des Klägers entscheidungserheblichen Punkte seien in diesem Sinn besonders schwierig.
4. Der Kläger hat schließlich nicht dargelegt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Aus seinen Darlegungen ergibt sich nicht, dass sich im Rahmen der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) weitere Sachverhaltsermittlungen aufgedrängt hätten, weil der Kläger die Klagebegründung im sozialgerichtlichen Verfahren zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemacht hat. Nach dem maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts, den der Kläger nicht mit erheblichen Argumenten in Frage gestellt hat (vgl. oben unter 1. c), war das sozialgerichtliche Verfahren im Hinblick auf den dortigen Streitgegenstand für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit ohne Bedeutung. Ausgehend hiervon war eine weitere Sachverhaltsermittlung zu den im sozialgerichtlichen Verfahren aufgeworfenen, vorliegend jedoch als entscheidungsunerheblich angesehenen Fragen nicht veranlasst. Im Übrigen hat der Kläger mit dem bloßen Verweis auf die Klagebegründung im sozialgerichtlichen Verfahren nicht wie geboten (vgl. oben Nr. 1 b) dargelegt, dass gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen im Strafbefehl vom 24. Juli 2015, auf die das Verwaltungsgericht seine Beurteilung gestützt hat, vorliegen (vgl. Nr. 1. c). Er hat demnach gleichfalls nicht aufgezeigt, inwieweit das Verwaltungsgericht diese Feststellungen aus Rechtsgründen nicht berücksichtigen durfte.
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwert: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG, Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2013.


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