Verwaltungsrecht

Zulässigkeit des Betriebs von Geldspielautomaten neben Sportwett-Terminals

Aktenzeichen  1 HK O 1639/17

Datum:
8.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 50642
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GlÜSpV § 1, § 3 Abs. 7, § 21 Abs. 2
UWG § 3a
SpielV § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Werden in einer Gaststätte Geldspielautomaten aufgestellt, führt dies für sich alleine nicht dazu, dass die Gaststätte als Spielhalle im Sinne des § 3 Abs. 7 GlüStV anzusehen ist. (Rn. 30 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus § 3 Abs. 1 SpielV ergibt sich nicht das Verbot des Aufstellens von Sportwett-Terminals. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV ergibt sich nicht, dass neben Geldspielgeräten keine Sportwett-Terminals aufgestellt werden dürfen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages (§ 1 GlüStV) lässt sich kein Verbot des Aufstellens von Geldspielgeräten und Sportwett-Terminals nebeneinander herleiten. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Durch die Mitgliedschaft zweier Unternehmen direkt in Kaufbeuren und von drei Unternehmen in naher Umgebung ist die notwendige Anzahl von Mitgliedern auf demselben sachlichen und räumlichen Bereich gegeben.
Dem Kläger steht jedoch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
Während der Kläger hinsichtlich seiner Aktivlegitimation noch die entsprechende rechtliche Norm angeben kann, ist dies bei der Anspruchsgrundlage nicht der Fall.
Ein Unterlassungsanspruch nach § 3 a UWG ist nicht gegeben. Das gerügte geschäftliche Verhalten stellt keine Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift dar.
Ein Verstoß gegen § 21 GlüStV liegt nicht vor.
Eine Gaststätte ist keine Spielhalle und auch keine Spielbank. Den Begriff der Spielhalle definiert § 3 Abs. 7 GlüStV selber als ein Unternehmen oder einen Teil eines Unternehmens, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten dient. Somit kann durchaus im Einzelfall auch eine Gaststätte unter den Begriff der Spielhalle oder Spielbank fallen, jedoch nach der Definition des § 3 Abs. 7 GlüStV nur, wenn sie ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielautomaten oder Wettautomaten dient. Für den Umstand, dass der Schwerpunkt des streitigen Betriebs in der Annahme von Sportwetten bzw. dem Anbieten des Spielens mit Geldautomaten liegt, ist der Kläger dahingehend beweispflichtig, dass er einen äußeren Tatbestand darlegen und ggf. beweisen muss, der den Schluss auf diesen Schwerpunkt zulässt. Dass die durchaus im Einzelfall machbar ist, zeigen die Ausführungen des OVG Saarlouis (Az.: 1 B 150/17), wo beispielhaft Kriterien für die nicht typisch gastronomische Nutzung aufgeführt sind. Würde die Legaldefinition des § 3 Abs. 7 GlüStV so verstanden wie seitens des Klägers unter Verweis auf die angegebene Kommentarstelle im Schriftsatz vom 22.01.2018, würde dies dem Wortlaut des § 3 Abs. 7 GlüStV nicht gerecht.
Letztendlich legt auch der Leitsatz des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10.11.2015 (Az. 10 CS 15.1538) dar, dass § 21 Abs. 2 GlüStV die hier vorliegende Konstellation nicht regelt, wenn dort ausgeführt wird, es spreche einiges für die Rechtsauffassung, dass § 21 Abs. 2 GlüStV die Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der zugleich Geldspielgeräte aufgestellt sind, nicht regelt.
Auch § 3 Abs. 1 SpielV ergibt kein gesetzliches Verbot im Sinne des klägerischen Anspruchs.
Soweit vertreten wird, aus § 3 Abs. 1 SpielV ergebe sich das Verbot des Aufstellens von Wettautomaten, lässt sich dies aus der Norm nicht ableiten. § 3 Abs. 1 SpielV regelt ausschließlich die Aufstellung von Geld- oder Warenspielgeräten. Hierunter ist ein Sportwettautomat nicht zu erfassen. Die Auffassung, dass über die dort genannte Anzahl an Geld- oder Warenspielgeräten überhaupt kein sonstiges Gerät mehr aufgestellt werden darf, das unter den Begriff des Glückspiels zu fassen ist, geht über den Wortlaut der Verordnung hinaus. Die Verordnung befasst sich unter I. ausschließlich mit der Aufstellung von Geldspielgeräten. Somit lässt sich hieraus ein gesetzliches Verbot nicht ableiten.
Auch § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV ergibt für den Kläger kein gesetzliches Verbot im Sinne des § 3 a UWG. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift handelt es sich zunächst um eine Erlaubnisvorschrift, die in ihrer Nr. 3 die Erlaubnis der Aufstellung von Geldspielgeräten bezüglich Wettannahmestellen regelt. Soweit der Schluss gezogen wird, aus dem Umstand, dass sich aus § 1 Nr. 3 SpielV ergibt, dass in Wettannahmestellen keine Geldspielgeräte stehen dürfen, der Schluss zu ziehen ist, dass dies auch im vorliegenden Fall gelte, wird dem nicht gefolgt. Diese Argumentation lässt außer Betracht, dass in § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV eben das Aufstellen von Spielgeräten in Gaststätten nicht geregelt und nicht angesprochen ist. Vielmehr ist in § 3 SpielV das Aufstellen von Geld- oder Warenspielgeräten in Gaststätten erlaubt. Wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Einschränkung hinsichtlich Sportwettautomaten gewollt hätte, hätte er dies in diesem Zusammenhang geregelt.
In diesem Sinne kann auch § 1 GlüStV nicht als gesetzliche Norm verstanden werden, gegen die in vorliegendem Fall verstoßen wurde.
Zum einen zählt § 1 GlüStV lediglich Ziele auf. Ziele sind nicht gleichzustellen mit gesetzlichen Verboten. Ein gesetzliches Verbot lediglich damit zu begründen, dass ein Verhalten gegen Ziele des Staatsvertrages verstoße, würde gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen (hierzu: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Az.: 3 B 135/16). Dies lässt sich schon damit begründen, dass per se auch die erlaubten Tätigkeiten im Bereich des Glücksspiels – so das Aufstellen eines einzigen Geldspielautomaten – im Endeffekt gegen das Ziel verstößt, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern. Letztendlich lässt sich auch aus § 1 Satz 2 GlüStV erkennen, dass die Ziele allein kein relevanter Maßstab sind, wenn dort ausgeführt ist, dass zur Erreichung dieser Ziele differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glückspielformen vorgesehen sind. Zumindest im Bundesland Saarland wurde versucht, dem in § 11 Abs. 4 des Saarländischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland Folge zu tragen, wenn dort die Erlaubnisfähigkeit einer Wettvermittlungsstelle angeknüpft wurde an die Räumlichkeiten der Wettvermittlungsstelle, insbesondere nach ihrer Lage und ihrer Gestaltung, in Hinblick auf die Ziele des § 1 GlüStV. Eine derartige Regelung ist in Bayern nicht getroffen. So ist in dem Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, geltend für Bayern, in Artikel 2 zwar das Erlaubnisverfahren beinhaltet, jedoch kein Bezug hinsichtlich Lage und Gestaltung zu § 1 GlüStV getroffen.
Im Übrigen ist selbst eine Erlaubnisvorschrift wie in § 11 Nr. 4 des Saarländischen Gesetzes aufgeführt zu unbestimmt, um ein Verbot in vorliegendem Sinne begründen zu können.
Auch ein Verstoß gegen § 284 StGB, § 4 GlüStV ist nicht gegeben.
Aufgrund Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 wurde der am 01.07.2004 in Kraft getretene Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland wegen Verstoßes gegen Artikel 12 GG insoweit als verfassungswidrig erklärt. Die Nachfolgeregelung, der am 01.01.2008 in Kraft getretene Staatsvertrag zum Glücksspielwesen, wurde durch den am 01.07.2012 geltenden Glücksspielstaatsvertrag abgelöst. Nach dessen § 10 Abs. 6, 10 a sollten für Sportwetten das generelle Verbot für private Durchführung nicht mehr gelten, vielmehr war die Erteilung von Konzessionen vorgesehen. Wenn dem Veranstalter eine Konzession erteilt ist, könne sein Vermittler eine Erlaubnis erhalten, für ihn Wetten anzunehmen. Tatsächlich wurde und wird auf dieser Grundlage das Zuteilungsverfahren nicht betrieben. Der europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 04.02.2016 (Az. C 336/14) diese Art der im Glücksspielstaatsvertrag geregelten Konzessionsvergabe als gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßend bezeichnet. Bei der tatsächlichen Praxis der Umsetzung der Vergabe der Konzessionen dürfe ein Mitgliedsstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat. Wenn nun das Aufstellen eines Sportwettautomaten ohne entsprechende Erlaubnis als den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels erfüllend bezeichnet wird (so Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Az.: 10 CS 15.1538) setzt dies zum einen voraus, dass das aus § 21 Abs. 2 GlüStV entnommene Trennungsverbot, geltend für Spielhallen und Spielbanken bezüglich Sportwetten, über den Wortlaut hin auf Gaststätten ausgedehnt wird. Schon dies ist nach Ansicht des Gerichts mit der ausgeführten Argumentation nicht möglich. Zum anderen lässt die Ansicht, es läge ein Verstoß gegen § 284 StGB vor, außer Acht, dass rein faktisch eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten nicht erteilt werden kann. Ob in vorliegendem Fall nicht eine solche Erlaubnis erteilt worden wäre, steht durchaus in Frage, wenn berücksichtigt wird, dass den öffentlichen Behörden der relevante Sachverhalt in allen Einzelheiten bekannt war, also das Zusammentreffen von Geldspielgeräten mit Wettvermittlung.
Auch eine sonstige Anspruchsgrundlage ist nicht gegeben. Weder aus § 4 UWG noch aus § 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG ist ersichtlich, dass das relevante Verhalten unzulässig war.
Mangels entsprechendem Anspruch waren auch die sonstigen geltend gemachten Ansprüche des Klägers nicht gegeben. Abschließend sei ausgeführt, dass die Kosten der Abmahnung nach ständiger Rechtsprechung ohnehin nicht zugesprochen hätten werden können, nachdem der Kläger als entsprechender Verband selber in der Lage sein muss, Abmahnungen auszusprechen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 S. 1 ZPO.


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