Verwaltungsrecht

Zulassung der Berufung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs

Aktenzeichen  20 ZB 18.30175

Datum:
19.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 3063
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 108 Abs. 2, § 138

 

Leitsatz

Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn ein vor Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangener Schriftsatz  bei der Entscheidung nicht berücksichtigt wird, weil er dem Spruchkörper nicht rechtzeitig vorgelegt wurde. (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 K 16.33570 2017-11-21 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Berufung wird wegen eines Verfahrensfehlers (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) zugelassen, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) beruht. Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn vor Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangene Schriftsätze deshalb bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden, weil sie dem Spruchkörper nicht rechtzeitig vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall muss der Senat aufgrund der anwaltlichen Versicherung des Bevollmächtigten des Klägers davon ausgehen, dass der Schriftsatz mitsamt dem Schreiben der Al-Shabaab am 15. November 2017 bei der Poststelle des Verwaltungsgerichts München abgegeben wurde. Denn grundsätzlich darf von dem anwaltlich Versicherten als richtig ausgegangen werden, es sei denn, konkrete Anhaltspunkte schließen es aus, den geschilderten Sachverhalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zutreffend zu erachten (BGH, B. v. 12.11.2014 – XII ZB 289/14 – NJW 2015, 349). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich, zumal das Verwaltungsgericht bei der Vorlage an den Senat lediglich erklärt hat, dass laut Auskunft der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts der betreffende Schriftsatz nicht bekannt sei. Dieses Nichtwissen schließt jedoch die Wahrscheinlichkeit des Vortrags des Bevollmächtigten des Klägers nicht aus.
Gemäß der unwiderleglichen Vermutung des § 138 VwGO gilt der gerügte Mangel als ursächlich für die angefochtene Entscheidung. Ausnahmen hiervon kommen nur dann in Betracht, wenn die unberücksichtigt gebliebene Äußerung „neben der Sache“ liegt, also in keinem Zusammenhang mit ihr steht und es auf sie daher unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ankommen kann (BVerwG, a.a.O., m.w.N.). Auf den Schriftsatz des Klägers vom 15. November 2017 treffen diese Voraussetzungen nicht zu. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Vorbringen des Klägers vom Bundesamt und dem Verwaltungsgericht weitgehend als unglaubhaft eingestuft worden ist. Dem Senat ist im Zulassungsverfahren jedoch eine eigene Sachverhalts- und Beweiswürdigung verwehrt (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 30.6.2005 – 1 BvR 2615/04 – NVwZ 2005,1176).


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