Verwaltungsrecht

Zur Verzahnung von Straf- und Immissionsschutzrecht bei einer Beseitigungsanordnung gegen eine Bauschuttrecyclinganlage

Aktenzeichen  22 ZB 18.855

Datum:
3.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17218
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 3 Abs. 5 Nr. 3, § 4 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 3 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1
StGB § 13, § 164, § 327 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2
4. BImSchV § 1
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
GG Art. 2 Abs. 2, Art. 28, Art. 103 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Mit den verschiedenen Regelungszwecken des Strafrechts (u.a. Ahndung von schuldhaftem Fehlverhalten) und des Immissionsschutzrechts (Gefahrenabwehr) lässt es sich rechtfertigen, dass das illegale Betreiben einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage unter den Voraussetzungen des § 327 Abs. 2 und 3 StGB im Fall schuldhaften Handelns bestraft wird, wogegen die Rechtmäßigkeit einer Anordnung nach § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG nicht davon abhängt, ob den Betreiber der Anlage hinsichtlich der Umstände, die ihre formelle Illegalität nach sich ziehen, ein Verschulden trifft (ebenso BayVGH BeckRS 2015, 52654). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Verweisung in § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz bezüglich der Genehmigungspflicht von Anlagen ist verfassungskonform und die darin liegende Verzahnung des Strafrechts mit dem Verwaltungsrecht verstößt nicht gegen das Gewaltenteilungsprinzip und den Gleichheitssatz (ebenso BVerfG BeckRS 9998, 164412). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3 § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO fordert, dass in genügender Weise dargelegt wird, welche Rechtsfrage nach der für die angefochtene oder erstrebte Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 4 K 17.22 2018-02-28 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Klägerin, eine A.- und R. GmbH, hatte am 19. August 1999 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Bauschutt-Behandlungsplatzes (Bauschuttbrecher und Lagerplatz) erhalten (§ 4 Abs. 1 BlmSchG i.V.m. § 1 der 4. BlmSchV und Nr. 2.2 Spalte 2 des Anhangs der 4. BlmSchV a.F.). Gemäß der Nebenbestimmung Nr. III.B zu dieser Genehmigung durfte die Bauschuttrecyclinganlage bis zur Endverfüllung des gesamten Bauschutt-Deponiegeländes, längstens aber bis zum 30. November 2016, betrieben werden. Mit der Nebenbestimmung Nr. III.A.1.4 (in der Fassung des letzten Änderungsbescheids vom 27.2.2015) wurde das Material, das auf dem Betriebsgelände höchstens zwischengelagert werden durfte, nach Art (Betonbruch, Ziegelbruch, unbelasteter Beton und Ziegel), Menge (in Tonnen bzw. Kubikmeter) und Lagerhöhe (Meter über Erdgleiche) begrenzt. Mit der Nebenbestimmung Nr. III.A.1.5 (gleichfalls i.d.F. vom 27.2.2015) wurde angeordnet, dass der in einem (näher bestimmten) Bereich des Betriebsgeländes zwischengelagerte Bauschutt und Straßenaufbruch mindestens einmal jährlich und der in einem andern (näher bestimmten) Bereich zwischengelagerte Bauschutt spätestens bis 30. November 2016 aufbereitet werden müsse.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2016 wies das Landratsamt die Klägerin darauf hin, dass ihre immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum 30. November 2016 ende. Zur bevorstehenden Stilllegung habe das Amt noch keine Informationen und bitte daher um entsprechende Unterlagen gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 BlmSchG, spätestens bis zum 18. November 2016. Das Amt weise vorsorglich darauf hin, dass ein Betrieb des Bauschuttrecyclings nach Ablauf der Genehmigung gemäß § 327 Abs. 1 StGB strafbar sei, daher seien die Grundstücke bis zum 30. November 2016 vollständig zu räumen.
Nachdem bei einer unangekündigten Ortseinsicht am 1. Dezember 2016 Mitarbeiter des Landratsamts auf dem Betriebsgelände Bauschutt (Betonbruch, Altholz, Baumschnitt, Kabelschrott) und eine neue Aufgrabung mit (aus dem alten Deponiekörper entnommenem) verfülltem Bauschutt festgestellt hatten, und nach Anhörung und Äußerung der Klägerin erließ das Landratsamt den Bescheid vom 9. Dezember 2016. Mit dessen Nr. 1 verpflichtete das Landratsamt die Klägerin, spätestens bis zum 31. Dezember 2016 alle Abfälle von den – jeweils mit Flurnummer und Gemarkungsname bezeichneten – Flächen ihres Betriebsgrundstücks zu beseitigen; weitere elf Einzelverfügungen des Bescheids sind nicht mehr streitgegenständlich.
2. Am 10. Januar 2017 erhob die Klägerin Anfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 9. Dezember 2016. Im Lauf des Gerichtsverfahrens kam es zu einem weiteren Bescheid des Landratsamts vom 13. Januar 2017, zu dessen Einbeziehung in das laufende Gerichtsverfahren, zur anschließenden zweimaligen Trennung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht (abgetrennte Verfahren Au 4 K 17.233 und Au 4 K 18.302) und schließlich zu übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten hinsichtlich der meisten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vom 28.2.2018) noch verbliebenen einzelnen Anordnungen im angegriffenen Bescheid vom 9. Dezember 2016 (Nrn. 2, 3, 8, 9 und 10).
Bezüglich der in der Sache gleichfalls erledigten, ursprünglich angefochtenen Anordnung zur Beseitigung von Abfällen unter Nr. 1 des Bescheids vom 9. Dezember 2016 beantragte die Klägerin zuletzt die gerichtliche Feststellung, dass diese Anordnung rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hat unter Nr. I des Tenors des angegriffenen Urteils vom 28. Februar 2018 zum einen die auf Nr. 1 des Bescheids bezogene Fortsetzungsfeststellungsklage abgewiesen und zum andern bezüglich Nrn. 2, 3, 8, 9 und 10 dieses Bescheids das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt.
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin mit einem noch in der Berufungsinstanz anhängigen Strafurteil zu einer Geldstrafe wegen des Betreibens einer genehmigungsbedürftigen Anlage ohne die erforderliche Genehmigung verurteilt worden sei. Die Beseitigungsanordnung sei aber rechtens gewesen. Sie habe ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 2 Satz 1 BlmSchG, wonach dann, wenn eine Anlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert werde, die Stilllegung oder Beseitigung dieser Anlage angeordnet werden solle. Die der Klägerin erteilte befristete Genehmigung vom 19. August 1999 für die Lagerung von Abfällen auf den streitgegenständlichen Grundstücken sei abgelaufen gewesen; der Fall einer durch Fristablauf erloschenen Genehmigung gehöre zum Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 1 BlmSchG. Für die weitere Lagerung von Abfällen über das Ablaufdatum hinaus hätte die Klägerin eine Genehmigung benötigt; der vorgefundene Bauschutt sei kein Material gewesen, dessen Lagerung genehmigungsfrei gewesen wäre. Schon das genehmigungsbedürftige, aber nicht (mehr) genehmigte „Liegenlassen“ des Abfalls stelle den Betrieb einer Anlage, nämlich des Lagerplatzes dar (§ 3 Abs. 5 Nr. 3 BlmSchG). Für die Beseitigungsanordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BlmSchG reiche die formelle Illegalität aus. Gründe, um ausnahmsweise von dem – gesetzlich regelmäßig gewollten – behördlichen Einschreiten abzusehen, lägen nicht vor. Die von der Klägerin vorgebrachen Umstände könnten einen derartigen Ausnahmefall nicht begründen. Eine (bloße) Stilllegungsanordnung (anstelle einer Beseitigungsanordnung) hätte am Befund, dass auf dem Gelände Abfälle gelegen hätten, nichts geändert. Die eingeräumte Frist sei angesichts des der Klägerin seit langem bekannten Datums für das Auslaufen der Genehmigung noch angemessen.
Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragt. Der Beklagte hat beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen fristgerechten Darlegungen der Klägerin in der Antragsbegründung (Schriftsätze vom 26.4.2018 und 28.6.2018), auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen keinen der nach dem Vortrag der Klägerin in Betracht kommenden Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 VwGO hervortreten.
Die Klägerin benennt in ihrer Antragsbegründung keinen konkreten Zulassungsgrund; sie hat dies auch nicht auf die entsprechende Erwiderung des Beklagten (vom 12.6.2018) getan, wonach die Klägerin nur sinngemäß wohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und – lediglich verbal – eine grundsätzliche Bedeutung der Streitsache geltend mache. Die Klägerin erklärte auf die Antragserwiderung u.a., der beanstandete Bescheid des Landratsamts sei „in einem wesentlichen Teil seiner Begründung“ rechtswidrig gewesen und es begegne verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das „Betreiben einer Anlage“ von der Verwaltung und den Verwaltungsgerichten anders verstanden werde als im Strafrecht (Schriftsatz vom 28.6.2018). Bei wohlwollender Betrachtung kann daher angenommen werden, dass die Klägerin sinngemäß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) geltend machen will; dass andere Berufungszulassungsgründe bestehen sollen, kann dagegen dem Vortrag der Klägerin nicht einmal sinngemäß entnommen werden. Die wohlwollende Interpretation ist allerdings nicht mit einer Minderung der Darlegungsanforderungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) verbunden; die Beachtung dieser gesetzlichen Anforderungen ist (anders als die Klägerin im Schriftsatz vom 28.6.2018 meint) kein „Zurückziehen auf die eher formale Verteidigungsposition der Landesanwaltschaft“.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem andern Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124 Rn. 7 bis 7d m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).
1.1. Die Klägerin moniert (ohne dass sie herausarbeitet, ob und in welcher Weise diesbezüglich dem Landratsamt oder/und dem Verwaltungsgericht ein zur Unrichtigkeit des Urteils führender Fehler unterlaufen sei), dass der Abfallbegriff verkannt worden sei. Sie betont hierbei, dass der Abfallbegriff eine subjektive Komponente habe insofern, als ein und dasselbe Material zwar im Fall der Absicht seiner Dereliktion zu Abfall werde, im Fall der Weiterverarbeitungsabsicht dagegen Rohstoff sei. Die Klägerin macht geltend, der gedankliche Fehler liege in der Annahme, dass mit dem Ende der Genehmigung (gemeint ist hier: der Genehmigung zum Betrieb des Bauschutt-Behandlungsplatzes) das Material „automatisch“ Abfall werde, die Klägerin hätte das Material, selbst wenn sie es nicht selber hätte weiterverarbeiten dürfen, jedenfalls an andere weitergeben dürfen. Am 1. Dezember 2016 habe daher denkgesetzlich kein Abfall vorgelegen (Schriftsatz vom 26.4.2018 Nr. 1).
Damit kann die Klägerin aus mehreren Gründen nicht durchdringen. Zum einen bemängelt sie eine angebliche Argumentation des Verwaltungsgerichts, die sich so in dem angegriffenen Urteil nicht findet. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass das auf den Grundstücken der Klägerin gelagerte Material (hauptsächlich Bauschutt) erst und gerade infolge des Ablaufs der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (zum 30.11.2016) zum Abfall im Rechtssinn geworden sei. Dies ergibt sich unmissverständlich aus den Entscheidungsgründen (insb. Urteilsabdruck – UA – Rn. 94 ff.), in denen das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass die Klägerin nach Ablauf ihrer Genehmigung vom 19. August 1999 „keine Genehmigung für die weitere Lagerung von Abfällen auf den streitgegenständlichen Grundstücken mehr“ gehabt habe, für die „weitere Lagerung von Abfall nach diesem Zeitpunkt“ aber gemäß § 4 Abs. 1 BlmSchG i.V.m. § 1 4. BlmSchV i.V.m. Nr. 8.12.2 Anhang 1 der 4. BlmSchV eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen wäre [Hervorhebungen durch den Senat]. Soweit das Verwaltungsgericht auf die zeitliche Zäsur bei Ablauf der Genehmigung (30.11./01.12.2016) und auf die sich hieraus ergebende rechtliche Bewertung des auf dem Betriebsgrundstück gelagerten Materials eingegangen ist, ist es gerade der Ansicht der Klägerin entgegen getreten, die anscheinend meinte (und immer noch meint), nach Ablauf der Genehmigung sei das gelagerte Material – weil es anderweitig verwertet werden könne – kein Abfall im Rechtssinn oder allenfalls solches Material, das erst auf dem Betriebsgelände der Klägerin die Abfalleigenschaft „neu“ erlangt habe und deshalb nach der in Nr. 8.12.2 Spalte b des Anhangs 1 der 4. BlmSchV genannten Ausnahme dort zeitweilig bis zu seinem Einsammeln genehmigungsfrei gelagert werden dürfe. Das Verwaltungsgericht ist dieser Rechtsauffassung mit überzeugender Begründung nicht gefolgt (UA Rn. 95). Der Abfallbegriff wird vom Gesetz in § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vorausgesetzt; er ist eine von mehreren Tatbestandsvoraussetzungen dafür, dass eine Anlage immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist. Der Begriff des Abfalls in § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist derselbe wie in § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG (BVerwG, B.v. 14.8.2007 – 7 B 42.07 – NVwZ 2007, 1314, juris Rn. 4; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 4 Rn. 8 m.w.N.). Die Weiterverwertbarkeit von Material, dessen sich jemand entledigt hat, steht demzufolge seiner Qualifizierung als Abfall nicht entgegen. Vielmehr unterscheidet das Gesetz ausdrücklich zwischen Abfällen zur Verwertung einerseits und Abfällen zur Beseitigung andererseits (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. gleichlautend im jetzigen § 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG). Dass es sich bei der von der Klägerin betriebenen Anlage um eine Abfallentsorgungsanlage i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG handelt, hat im Übrigen das Verwaltungsgericht schon in einem früheren Verfahren mit denselben Beteiligten, betreffend die von der Klägerin seinerzeit angefochtene Festsetzung einer Sicherheitsleistung, rechtskräftig festgestellt (U.v. 27.2.2013 – Au 4 K 12.431 – Rn. 44). Gegenstand der Genehmigung ist hierbei, wie sich aus diesem Urteil ergibt, nicht eine bestimmte technische Einrichtung oder ein bestimmter Teilbereich des Geländes, sondern der Lagerplatz selber mit den dortigen Einrichtungen (vgl. U.v. 27.2.2013 – Au 4 K 12.431 – Rn. 2: „Bauschuttbrecher- und Lagerplatz“). Die Rechtsansicht, die anscheinend auch der neuerlichen Äußerung der Klägerin (S. 1 des Schriftsatzes vom 28.6.2018) zugrunde liegt, dass nämlich eine aus einem Lagerplatz bestehende genehmigungsbedürftige Anlage (vgl. § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG) zur Lagerung von Abfällen dadurch, dass die befristete Genehmigung abläuft, diese Anlageneigenschaft verliert oder dass im selben Zeitpunkt die Abfalleigenschaft der gelagerten Materials „neu entsteht“, ist nicht nachvollziehbar.
1.2. Auch die in der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 26.4.2018 Nr. 2) geltend gemachte Absicht der Klägerin, das auf Fotos in der Behördenakte abgebildete Material größtenteils – ohne weitere betriebliche Tätigkeit – für Auffüllungen anderweitig zu verwenden, ändert aus den o.g. Gründen nichts daran, dass mit Ablauf des 30. November 2016 zwar die Genehmigung geendet hat, nicht aber die Abfalleigenschaft des gelagerten Materials und auch nicht die Anlageneigenschaft des Lagerplatzes. Von einer – seitens der Klägerin monierten – „Unterstellung“ des Verwaltungsgerichts dahingehend, dass zeitlich begrenzte Aufräumarbeiten wie sie die Klägerin allenfalls vorgenommen oder vorgehabt habe, stets dem Anlagenbegriff unterfielen, kann nicht die Rede sein. Einen solchen Rechtssatz hat das Verwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es hat mit dem Wort „aufräumen“ nur die Terminologie der Klägerin aufgegriffen, im Übrigen aber mit seinen Ausführungen (vgl. UA Rn. 105) deutlich gemacht, dass der bei Auslaufen der Genehmigung vorgefundene Zustand des Lagerplatzes in verschiedener Hinsicht nicht einem solchen Zustand entsprach, bei dem es mit bloßem „Aufräumen“ getan gewesen wäre.
1.3. Die Klägerin beanstandet sinngemäß, dass das Landratsamt voreilig ein Strafverfahren gegen die Klägerin initiiert und dabei auch einer (im Hinblick auf uneinheitliche Bewertungen im Strafrecht einerseits und im materiellen Verwaltungsrecht – Immissionsschutzrecht – andererseits) verfassungsrechtlich bedenklichen Gesetzeslage Vorschub geleistet habe. Die Klägerin sieht hierin anscheinend Verstöße gegen Art. 103 Abs. 2 GG, das Rechtsstaatsgebot (Art. 28 GG), das von ihr aus Art. 2 Abs. 2 GG hergeleitete Verhältnismäßigkeitsgebot und den Gesetzesvorbehalt. Sie spricht davon, dass das Verhalten des Landratsamts zu einer „ermessensabhängigen Strafbarkeit“ führe (Schriftsatz vom 26.4.2018 Nrn. 3 und 4). Sie bemängelt außerdem, es hätten die gebotene „differenzierte Ermessensausübung“ und die Abwägung zwischen Beseitigung und Stilllegung nicht stattgefunden, die Behörde habe den maximalen Eingriff vorgenommen und die nötige Prüfung des Gefährdungsausmaßes unterlassen (Schriftsatz vom 26.4.2018 Nr. 5).
Mit diesen Ausführungen kann die Klägerin nicht durchdringen, weil sie es entgegen den Anforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an jeglicher substantiierter Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts und einer Darlegung im Einzelnen fehlen lässt, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erfüllt sind, wonach die zuständige Behörde die Stilllegung oder Beseitigung einer ohne die erforderliche Genehmigung betriebenen Anlage anordnen soll (UA Rn. 99). Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht auf mehr als drei Seiten ausgeführt, weshalb die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte nicht taugen, um ein ausnahmsweises Absehen von der regelmäßig gebotenen Stilllegung oder Beseitigung zu rechtfertigen. Mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Dies wäre aber notwendig gewesen, weil sich dann, wenn eine Ausnahme vom Regelfall („soll“) nicht anzuerkennen ist, weitere Ermessenserwägungen weitgehend erübrigen.
Auch soweit die Klägerin Ermessensdefizite im Hinblick auf die Wahl zwischen Stilllegung und Beseitigung geltend macht (Schriftsatz vom 26.4.2018 Nr. 5), unterlässt sie die gebotene Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts. Dieses hat ausgeführt (UA Rn. 102), dass das Landratsamt zu Recht hinsichtlich aller auf dem Gelände gelagerter Abfälle deren Beseitigung und nicht nur eine Stilllegung angeordnet habe, weil eine bloße Stilllegung an der Lagerung der Abfälle auf dem Gelände nichts geändert hätte (anders als es bei einem Weiterbetrieb von Maschinen, z.B. der Brecheranlage, gewesen wäre); das zu berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsgebot sah das Verwaltungsgericht als (noch) gewahrt an. Die Klägerin hat in der Begründung des Zulassungsantrags nicht dargelegt, warum diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts ernstlichen Zweifeln begegnen sollte, was also z.B. die Klägerin unter einer bloßen „Stilllegung“ der Abfalllagerstätte verstanden hätte und inwiefern diese für sie einen weniger schwerwiegenden Eingriff dargestellt hätte als eine Beseitigungsanordnung.
1.4. Die umfangreichen, insbesondere in Nr. 4 des Schriftsatzes vom 26. April 2018 sowie im Schriftsatz vom 28. Juni 2018 enthaltenen allgemeinen rechtsdogmatischen Betrachtungen der Klägerin zu behaupteten Friktionen zwischen § 327 und § 13 StGB einerseits und den Rechtsgrundlagen für die Beseitigungsanordnung andererseits kann die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotene, die konkreten Entscheidungsgründe substantiiert abarbeitende Darlegung eines Berufungszulassungsgrunds nicht ersetzen. Überdies irrt die Klägerin auch, wenn sie verfassungsrechtliche Bedenken aus einer vermeintlich unberechtigten Inkongruenz verwaltungsrechtlicher Tatbestandsvoraussetzungen einerseits und Strafbarkeitsvoraussetzungen andererseits herleitet. Mit den verschiedenen Regelungszwecken des Strafrechts (u.a. Ahndung von schuldhaftem Fehlverhalten) und des Immissionsschutzrechts (Gefahrenabwehr) lässt sich zwanglos und ohne dass es in irgendeiner Weise verfassungsrechtlich bedenklich wäre, rechtfertigen, dass das illegale Betreiben einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage unter den Voraussetzungen des § 327 Abs. 2 und 3 StGB im Fall schuldhaften Handelns bestraft wird (§ 327 Abs. 3 Nr. 2 StGB senkt für den Fall nur fahrlässigen Handelns die Höchststrafe ab), wogegen die Rechtmäßigkeit einer Anordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nicht davon abhängt, ob den Betreiber der Anlage hinsichtlich der Umstände, die ihre formelle Illegalität nach sich ziehen (bzw. daran, dass dieser Zustand noch nicht behoben wurde), ein Verschulden trifft (BayVGH, B.v. 14.9.2015 – 22 CS 15.1509 – juris Rn. 27 m.w.N.). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht gerade in dem von der Klägerin angesprochenen Beschluss (BVerfG, B.v. 6.5.1987 – 2 BvL 11/85 – juris) entschieden, dass § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB und hierbei insbesondere die Verweisung auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz bezüglich der Genehmigungspflicht von Anlagen verfassungskonform sind und dass die darin liegende Verzahnung des Strafrechts mit dem Verwaltungsrecht nicht gegen das Gewaltenteilungsprinzip und den Gleichheitssatz verstößt.
2. Anschließend an die genannten verfassungsrechtlichen Ausführungen meint die Klägerin am Ende des Abschnitts Nr. 4 ihres Schriftsatzes vom 26. April 2018, der vorliegende Fall habe „wegen der Tatsache, dass die Behörde ihre Strafanzeige auf eine ministerielle Vorgabe stützt, in solchen Fällen stets Strafanzeige zu erstatten, auch im Hinblick auf § 164 StGB grundsätzliche Bedeutung“. Soweit hierin die Geltendmachung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gesehen werden könnte, hat die Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage nach der für die angefochtene oder erstrebte Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35 bis 40, § 124a Rn. 72). Inwiefern die vorliegende Rechtssache grundsätzlich bedeutsame Fragen zur Anwendung der Strafvorschrift des § 164 StGB („Falsche Verdächtigung“) aufwirft, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 GKG. Der Verwaltungsgerichtshof lässt sich hierbei von folgenden Erwägungen leiten: Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil das Verfahren hinsichtlich eines Teils des ursprünglichen Streitgegenstands (Nrn. 2, 3, 8, 9 und 10 des Bescheids vom 9.12.2016) eingestellt (Nr. I des Tenors) und über die Kosten insgesamt (auch hinsichtlich des erledigten Teils, vgl. UA Rn. 109) entschieden (Nr. II des Tenors). Bei Eingang der Anfechtungsklage, die sich auf den Bescheid vom 9. Dezember 2016 bezogen hat (dieser enthielt insgesamt 12 Einzelregelungen, darunter auch Duldungsanordnungen, Zwangsgeldandrohungen, eine Sofortvollzugsanordnung und die Kostenentscheidung), hat das Verwaltungsgericht den Streitwert für diese Klage vorläufig auf 20.000 € festgesetzt (Beschluss vom 11.1.2017). Verfahrensgegenstand im Berufungszulassungsverfahren ist jedoch – ungeachtet des Umstands, dass formal ein einheitliches Urteil vorliegt – ausschließlich die verwaltungsgerichtliche Sachentscheidung. Diese betrifft nur die begehrte Feststellung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit (nur) der Nr. 1 des Bescheids vom 9. Dezember 2016, nicht aber die übrigen verbliebenen Regelungen des Bescheids (auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung unter Nr. 8 des Bescheids, die sich auf die Verpflichtung unter Nr. 1 des Bescheids bezogen hat und deren Rechtswidrigkeitsfeststellung deshalb auch in Betracht gekommen wäre, hatten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 28.2.2018 das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt). Anhaltspunkte dafür, wie hoch die (anteiligen) Streitwerte für den im Berufungszulassungsverfahren nur noch anhängigen Teil einerseits und den eingestellten Teil andererseits zu veranschlagen sind, kann der Verwaltungsgerichtshof den Akten nicht entnehmen. Nach den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit kommt vorliegend für die Anfechtungsklage der Betreiberin gegen Beseitigungsanordnung die Festsetzung eines Streitwerts in Höhe von 50% der Investitionssumme für die Abfallanlage der Klägerin oder in Höhe des entgangenen Gewinns in Betracht (Nr. 19.1.6 i.V.m. Nr. 19.1.1), für die Fortsetzungsfeststellungsklage gilt nichts anderes (Nr. 1.3) und eine zugleich mit der Grundverfügung ausgesprochene und angefochtene Zwangsgeldandrohung erhöht den Streitwert grundsätzlich nicht (Nr. 1.7.2 Satz 1), es sei denn, das angedrohte Zwangsgeld ist höher als der für die Grundverfügung zu bemessende Streitwert (Nr. 1.7.2 Satz 2). Vorliegend beträgt das auf die streitige Verpflichtung (Nr. 1 des Bescheids vom 9.12.2016) bezogene, unter Nr. 8 dieses Bescheids angedrohte Zwangsgeld 7.500 €. Dieser Wert kann, auch wenn das Verfahren hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung eingestellt wurde und diese Androhung nicht Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens ist, dennoch einen Anhaltspunkt für die gerechte Bewertung des vorliegenden Streitgegenstands bieten. Wäre es nicht zur Verfahrenseinstellung hinsichtlich eines großen Teils des angegriffenen Bescheids vom 9. Dezember 2016 gekommen, so hätte schon alleine das unter Nr. 8 dieses Bescheids angedrohte Zwangsgeld einen Streitwert von 7.500 € gerechtfertigt. Diesen Betrag setzt der Verwaltungsgerichtshof deshalb für das Berufungszulassungsverfahren an.
Eine Anhebung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts, den das Verwaltungsgericht für das gesamte Verfahren einschließlich des eingestellten Teils mit 7.500 € bemessen und dies durch Nennung des § 52 Abs. 1 GKG begründet hat, im Weg der Änderung nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG kommt nicht in Betracht, weil das Verfahren nur hinsichtlich der Nr. 1 des Bescheids vom 9. Dezember 2016, nicht aber bezüglich des eingestellten Teils „in der Rechtsmittelinstanz schwebt“.


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