Verwaltungsrecht

Zutreffende Festsetzung der Regelbedarfshöhe

Aktenzeichen  S 15 AS 437/15

Datum:
22.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 53027
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 20 Abs. 2 S. 1, § 44a
BGB § 839
SGG § 51

 

Leitsatz

1. Der Rechtsbehelf gegen einen Änderungsbescheid kann keinen über die Reichweite dieses Verwaltungsaktes hinausgehenden Erfolg haben. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Gerichtsverfassungsgesetz sieht keine Teilverweisung eines Rechtsstreits vor.  Wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist, steht dies auch der Verweisung des gesamten Verfahrens entgegen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 13.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2015 (WS 98/15) wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Änderungsbescheid vom 13.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2015 (WS 98/15) ist rechtmäßig und der Kläger hierdurch nicht beschwert, § 54 Abs. 2 SGG. Ihm steht für den Zeitraum von April bis einschließlich Juni 2011 ein höherer Leistungsanspruch nicht zu. Dabei konnte die erkennende Kammer auch ohne Anwesenheit des Klägers in der Hauptsache entscheiden, da er in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde.
1. Streitgegenstand, bestimmt durch die Anträge des Klägers, soweit diese nachvollziehbar sind, ist zum einen der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs ist dabei auf den Zeitraum von April bis einschließlich Juni 2011 beschränkt, da diesbezüglicher Streitgegenstand ausschließlich der Änderungsbescheid vom 13.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2015 ist, welchen er durch das Widerspruchsverfahren unter der Verfahrensnummer WS 98/15 erhalten hat.
Die Widersprüche unter den Verfahrensnummern WS 99/15 bis WS 101/15 sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens; die Klage gegen den Widerspruch unter der Verfahrensnummer WS 102/15 wird bei der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen S 15 AS 438/15 geführt. Die Klage wurde trotz der Aufführung der einzelnen Verfahrensnummern der verschiedenen Widerspruchsverfahren im Widerspruchsbescheid ausdrücklich nur gegen den Widerspruch unter der Verfahrensnummer WS 98/15 erhoben. Auf die gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom 10.9.2015 trug der Kläger in seiner Klagebegründung ebenfalls ausdrücklich nur zum Widerspruch unter der Verfahrensnummer WS 98/15 vor; ebenso in seinem Schriftsatz vom 13.4.2016 sowie vom 15.3.2018.
Darüber hinaus begehrt der Kläger die Leistung von Schadensersatz wegen des Verhaltens von Mitarbeitern des Beklagten.
Weitere nachvollziehbare, sachliche und somit zulässige Klagebegehren ergeben sich aus den Schriftsätzen des Klägers, welche überwiegend unsachliche und ungehörige Äußerungen sowie Wendungen beleidigenden Charakters enthalten, nicht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl. 2017], Vor § 60 Rn. 13; Jaritz in: Roos/Wahrendorf, SGG [1. Aufl. 2014], § 90 Rn. 18; BFH, Urteil vom 4.6.1992 – IV R 139-140/91). Im Übrigen fehlt es bezüglich weiterer Begehren für eine zulässige Klage auch bereits an einer entsprechenden Ausgangsentscheidung des Beklagten.
2. Die so verstandene (§ 123 SGG) – hinsichtlich des Antrages zu 1. gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige – Klage ist unbegründet.
Dabei kann der streitgegenständliche Änderungsbescheides vom 13.11.2014 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 6.8.2015 (WS 98/15) zulässigerweise nur insoweit angegriffen werden, als dessen Änderung im Vergleich zu dem bestandskräftigen Änderungsbescheid vom 17.2.2011 reicht. Denn der Rechtsbehelf gegen einen Änderungsbescheid kann keinen über die Reichweite dieses Verwaltungsaktes hinausgehenden Erfolg haben (vgl. Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG [2. Aufl. 2014], § 54 Rn. 38; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl. 2017], § 54 Rn. 7a; Groß/Castendiek in: Lüdtke/Berchtold, SGG [5. Aufl. 2017], § 54 Rn. 6; BVerwG, Urteil vom 5.3.1971 – VII C 44.68). Das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit ist hingegen bereits aus rechtlichen Gründen anzunehmen, da vorliegend für den streitgegenständlichen Zeitraum kein Feststellungsverfahren nach § 44a SGB II eingeleitet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 5.8.2015 – B 4 AS 9/15 R – Rn. 14 m.w.N.).
Damit kann zulässigerweise nur die Erhöhung des Regelbedarfs von 359 € auf 364 € angegriffen werden, da dies die einzige Änderung des Änderungsbescheides vom 13.11.2014 im Vergleich zum Änderungsbescheid vom 17.2.2011 darstellt; im Übrigen handelt es sich um eine wiederholende Verfügung. Der Regelbedarf des Klägers wurde jedoch mit 364 € nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) zutreffend festgesetzt.
3. Soweit der Kläger Schadensersatz begehrt, ist die Klage ebenfalls unbegründet.
Hierfür ist eine Anspruchsgrundlage aus dem Sozialrechtsverhältnis ist nicht erkennbar. Diesbezüglich kommen nach derzeitigem Sach- und Streitstand allenfalls Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Für eine derartige Forderung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten aber nicht eröffnet. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nach § 51 SGG nicht für derartige zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten zuständig. Die erkennende Kammer war diesbezüglich indes nicht verpflichtet, das Verfahren teilweise an das zuständige Gericht zu verweisen, da ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung oder eine Verweisung hinsichtlich einzelner Anspruchsgrundlagen vornehmen darf. Denn einerseits kennt das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) keine Teilverweisung, andererseits steht der Verweisung des gesamten Verfahrens (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist, wie hier für Ansprüche nach dem SGB II (BSG, Beschlüsse vom 20.10.2010 – B 13 R 63/10 B – Rn. 23 f., vom 31.10.2012 – B 13 R 437/11 B – Rn. 9 f. und vom 13.6.2013 – B 13 R 454/12 B – Rn. 21 jeweils m.w.N.). Der Kläger ist nicht daran gehindert, seinen behaupteten Schadenersatzanspruch, soweit er ihn auf den Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung stützen will, nach Maßgabe der Zivilprozessordnung bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Die Klage war somit nach alledem in vollem Umfang abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.


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