Verwaltungsrecht

Zuwendung für Kleinkläranlage im Rahmen des verfügbaren Haushaltsmittels

Aktenzeichen  13a ZB 15.1940

Datum:
19.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 110390
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 114, § 124 Abs. 2 Nr. 1
GG Art. 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Eine Verwaltungsvorschrift, hier die Richtlinien für Zuwendungen für Kleinkläranlagen (RZKKA), durch die sich die Behörde selbst bindet, entfaltet Außenwirkung nur mittelbar über das in Art. 3 Abs. 1 GG geschützte Recht, entsprechend der in der „antizipierten Verwaltungspraxis“ zum Ausdruck kommenden Ermessensbindung der Verwaltung gleichmäßig behandelt zu werden. Die Verwaltungsvorschrift ist daher nicht wie eine Rechtsnorm aus sich heraus, sondern gemäß der tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen (Verweis auf BVerwG BeckRS 9998, 29642). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Prüfung der jeweiligen Einzelfallentscheidung der Behörde ist die von ihr wirklich praktizierte Auslegung der Richtlinie maßgeblich, so dass sie sich gewissermaßen ihren Maßstab selbst setzt. Wendet sie ihn gleichmäßig an, führt dies zu einer Ermessensbindung (Verweis auf BVerwG BeckRS 9998, 31307). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 7 K 14.1370 2015-06-18 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.400 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Juni 2015 ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegen.
An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Diese lägen vor, wenn das Zulassungsvorbringen einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz oder eine insoweit erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage stellen würde, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergäbe (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546; B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642).
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Wasserwirtschaftsamts D. vom 16. Juli 2014. Hiermit wurde sein Antrag auf Förderung einer Kleinkläranlage in Höhe von 1.400,- Euro nach den Richtlinien für Zuwendungen für Kleinkläranlagen (RZKKA 2010) abgelehnt, weil die Voraussetzungen der Nr. 2.1.1 RZKKA 2010 – erstmaliger Bau einer biologischen Reinigungsstufe – nicht erfüllt seien. Zwar sei gemäß Abnahmeprotokoll vom 15. November 2013 eine entsprechende biologische Reinigungsstufe errichtet worden, jedoch habe das Anwesen des Klägers zusammen mit dem Nachbaranwesen seiner Mutter bereits seit 1998 über eine mechanisch-biologische Kleinkläranlage in Form einer gemeinsamen Pflanzenbeetanlage verfügt, die mit Bescheid des Landratsamts P. vom 31. Juli 1997 genehmigt worden sei. Damit werde jetzt keine Anlage erstmals gebaut, sondern es handle sich um die Erneuerung bzw. den Ersatz für eine bestehende Anlage, auch wenn sich diese auf dem Nachbargrundstück befunden habe. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 18. Juni 2015 mit der Begründung abgewiesen, nach dem Gleichheitsgrundsatz bestehe kein Förderanspruch. Auch wenn der Wortlaut eine andere Auslegung zulasse, bestünden aber keine Anhaltspunkte, dass vom Beklagten entgegen seinen Angaben die erstmalige ordnungsgemäße Abwasserentsorgung nicht in allen Fällen der Förderungen als Voraussetzung gefordert werde. Da ein Anspruch nur über den Gleichheitsgrundsatz bestehe, sei diese ständige Verwaltungspraxis entscheidend. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen sei im Jahr 1997 eine wasserrechtliche Erlaubnis für die ordnungsgemäße Entwässerung des Grundstücks des Klägers beantragt und erteilt worden. Mit der durch das Gutachten eines privaten Sachverständigen bestätigten ordnungsgemäßen Errichtung der Kleinkläranlage sei damit bereits im Jahr 1997 eine ordnungsgemäße Entwässerung geschaffen worden.
Im vorliegenden Zulassungsantrag beruft sich der Kläger auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil die Einleitung in eine Anlage auf fremdem Grund schon naturgemäß die Einleitung in eine fremde Anlage darstelle und er deshalb erstmals eine eigene Anlage errichtet habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts würde es einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen, wenn derartige Fälle nicht förderfähig wären. Zweck der Zuwendungen sei der Schutz der Gewässer in den nicht durch Sammelkläranlagen entsorgten Bereichen. Dieser Gewässerschutz sei nicht mehr gegeben, weil er auf dem Nachbargrundstück nach dem Versterben seiner Mutter und dem Eigentumsübergang in fremde Hände dort nicht mehr zur Einleitung befugt sei. Die ordnungsgemäße Entsorgung des Abwassers aus seinem Anwesen werde deshalb durch die erstmalige Errichtung einer Kleinkläranlage auf seinem Grundstück gewährleistet. Die damalige Anlage sei ausschließlich von seiner Mutter errichtet worden.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ergeben sich hieraus nicht.
Nach Maßgabe der Richtlinien für Zuwendungen für Kleinkläranlagen gewährt der Freistaat Bayern Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben. Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Vorbemerkungen RZKKA 2010). Damit wird der Verwaltung für die Gewährung der Zuwendungen ein Ermessensspielraum eingeräumt und die verwaltungsgerichtliche Kontrolle auf die Überprüfung von Ermessensfehlern im Sinn von § 114 VwGO beschränkt. Das Gericht darf nur eine Rechtmäßigkeits-, nicht aber eine Zweckmäßigkeitskontrolle dergestalt durchführen, dass es selbst an Stelle der Verwaltung eigenes Ermessen ausübt (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 1). In Fällen wie hier, in denen Subventionen gewährt werden, liegt das Augenmerk vornehmlich auf der – fehlende Normen ersetzenden – Selbstbindung, um eine gleichmäßige Ermessensausübung gegenüber den Betroffenen sicherzustellen (Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 114 Rn. 16, 22). Eine Verwaltungsvorschrift, durch die sich die Behörde selbst bindet, entfaltet Außenwirkung nur mittelbar über das in Art. 3 Abs. 1 GG geschützte Recht, entsprechend der in der „antizipierten Verwaltungspraxis“ zum Ausdruck kommenden Ermessensbindung der Verwaltung gleichmäßig behandelt zu werden. Die Verwaltungsvorschrift ist daher nicht wie eine Rechtsnorm aus sich heraus, sondern gemäß der tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen (stRspr, siehe nur BVerwG, U.v. 2.2.1995 – 2 C 19.94 – NVwZ-RR 1996, 47). Bei der Prüfung der jeweiligen Einzelfallentscheidung der Behörde ist somit die von ihr wirklich praktizierte Auslegung der Richtlinie maßgeblich, so dass sie sich gewissermaßen ihren Maßstab selbst setzt. Wendet sie ihn gleichmäßig an, führt dies zu einer Ermessensbindung (BVerwG, B.v. 30.1.2001 – 1 WB 112.00 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 24 = NVwZ-RR 2001, 517 -LS-).
Gemessen an diesen höchstrichterlichen Maßstäben begegnet die Entscheidung des Verwaltungsgerichts keinen Bedenken. Die Regelung in Nr. 2.1.1 RZKKA 2010 setzt voraus, dass erstmalig eine biologische Reinigungsstufe gebaut wird. Bereits im angefochtenen Bescheid – vertieft im Klageverfahren – hatte der Beklagte angeführt, dass mit dem Begriff „erstmalig“ nicht der erstmalige Bau auf dem klägerischen Grundstück zu verstehen sei, sondern entscheidend sei, dass die bestehende Kleinkläranlage auf dem Nachbargrundstück abschließend für die Mitbehandlung des auf dem klägerischen Grundstücks anfallenden Abwassers ausgelegt gewesen sei. Zur Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes werde in ständiger Förderpraxis die Erneuerung bestehender mechanisch-biologisch reinigender Kleinkläranlagen nicht gefördert. Der Niederschrift zufolge bestand in der mündlichen Verhandlung sowohl Einigkeit darüber, dass nach der ständigen Verwaltungspraxis nur die erstmalige Errichtung gefördert wird, als auch darüber, dass der Kläger im Jahr 1997 eine wasserrechtliche Erlaubnis für die ordnungsgemäße Entwässerung seines Grundstücks beantragt und erhalten hat. Bei seiner Entscheidung stellt das Verwaltungsgericht sodann entsprechend der obigen Erläuterungen richtigerweise auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und – auch wenn der Wortlaut eine andere Auslegung zulasse -auf die im Einzelnen dargelegte ständige Verwaltungspraxis im Hinblick auf die erstmalige ordnungsgemäße Abwasserentsorgung ab. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die nunmehr erfolgte Änderung der Art der Entwässerung über eine Anlage auf dem eigenen Grundstück statt über die Anlage auf dem Nachbargrundstück in Anbetracht der wasserrechtlichen Erlaubnis aus dem Jahr 1997 keine erstmalige Schaffung einer ordnungsgemäßen Entwässerung sei, ist daher nur folgerichtig.
Dem ist der Kläger nicht mit schlüssigen Gegenargumenten entgegengetreten. Die von ihm vertretene Auffassung, dass die Einleitung in eine Anlage auf fremdem Grund schon naturgemäß die Einleitung in eine fremde Anlage darstelle, vermag nicht darüber hinweg zu helfen, dass jedenfalls unstreitig bereits im Jahr 1997 eine wasserrechtliche Erlaubnis erteilt worden war. Ausweislich der vorgelegten Akten hat auch der Kläger als Bauherr unter Beifügung eines Fachgutachtens einen eigenen Antrag zur Erteilung einer beschränkten Erlaubnis, eingegangen beim Landratsamt P. am 28. Juli 1997, gestellt. Mit Genehmigungsbescheid vom 31. Juli 1997 wurde sowohl dem Kläger als auch seiner Mutter als Eigentümerin des Nachbargrundstücks die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt. Die Anlage wurde somit bereits im Jahr 1997 (erstmals) als „seine eigene“ und nicht als „fremde“ Anlage errichtet, wie der Kläger einwendet. Nach der Förderpraxis ist das die maßgebliche Erlaubnis, allerdings ohne dass es damals eine Fördermöglichkeit gegeben hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

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