Aktenzeichen M 8 SN 18.3661
Leitsatz
1. Die Umsetzung einer Baugenehmigung durch Inbetriebnahme der Gaststätte lässt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag des Nachbarn nach § 80a Abs. 3 VwGO iVm § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO nicht entfallen, wenn eine Rechtsverletzung durch die Nutzung der baulichen Anlage geltend gemacht wird. (Rn. 46 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Einschränkung dahingehend, dass sich bei einer Büronutzung nur auf die Immissionsrichtwerte für den Tag berufen werden kann, lässt sich der TA-Lärm nicht entnehmen. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die unmittelbare Nähe der Abluftanlage zum Grundstück des Nachbarn und eine erhebliche Intensivierung der Nutzung gegenüber der vormaligen Nutzung bilden genügend Anhaltspunkte, um von einer möglichen Beeinträchtigung des Nachbarn in seinen Rechten ausgehen zu können. (Rn. 81 – 88) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (M 8 K 17.3748) gegen die Baugenehmigung vom 5. Juli 2017 (Az.: …) in Gestalt der Baugenehmigung vom 15. Januar 2018 (Az.: …) wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks ….straße 22/ …platz …, Fl.Nr. …, Gemarkung … (Altstadt). Mit ihrem Antrag begehrt sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigungen für die Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks … 24, Fl.Nr. …, Gemarkung … als Gaststätte samt Freischankfläche.
Das streitgegenständliche Grundstück ist mit einem im südlichen, straßenseitigen Bereich fünfgeschossigen Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut, im nördlichen, straßenseitigen Bereich mit einem viergeschossigen Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoss. Im Innenhof befindet sich eine dreigeschossige Bebauung.
Die Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin ist im nördlichen Teil entlang des …-platzes dreigeschossig mit zwei ausgebauten Dachgeschossebenen.
Mit Baugenehmigung vom 4. Januar 2017 und Änderungsgenehmigung vom 30. August 2017 wurden der Umbau einer Ladenfläche und der Einbau eines Cafés genehmigt. Die beiden Räumlichkeiten befanden sich im Norden des streitgegenständlichen Gebäudekomplexes in dessen Erdgeschoss. Die Gastraumfläche des Cafés betrug dabei 32,75 m² mit ca. 27 Gastplätzen (geschätzt nach dem genehmigten Erdgeschossplan). Die Öffnungszeiten wurden in der Betriebsbeschreibung, die nicht zum Gegenstand jener Genehmigungen erklärt wurde, mit 7:00 Uhr bis 23:00 Uhr, auch an Samstagen und Sonntagen, angegeben.
Am 10. März 2017 (Eingangsdatum) beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung und den Umbau eines Cafés und eines Ladens mit Kellerräumen zu einer Gaststätte (mit 157 Plätzen) sowie (ergänzt am 30.3.2017) für die Errichtung einer Freischankfläche mit 115 Gastplätzen. Betroffen sind jene Erdgeschossflächen, welche von den oben genannten Baugenehmigungen aus dem Jahr 2007 erfasst wurden.
Die größere der beiden Freischankflächen befindet sich in der nordöstlichen Ecke der Fl.Nr. …, also westlich vor dem streitgegenständlichen Gebäude. Die kleinere Freischankfläche ist auf der Fl.Nr., nördlich des Gebäudes situiert.
Dem Bauantrag war eine Betriebsbeschreibung beigefügt, die den Betrieb als Speiselokal mit Vollküche beschreibt, der auf einer Gastraumfläche von 230 m² 157 Gastplätze und auf einer Freischankfläche von 124,8 m² 115 Gastplätze vorsieht. Eingang zur Gaststätte sei „am Eck der Gaststätte“. Nur Hintergrundmusik, keine Live-Musik und keine Beschallung der Freischankfläche ist geplant. Geöffnet sein soll die Gaststätte voraussichtlich täglich von ca. 10 Uhr bis 24 Uhr, die Freischankfläche bis 23 Uhr.
Den Bauvorlagen wurde auch eine schalltechnische Untersuchung des Akustikbüros … und Partner vom März 2017 (im Folgenden: schalltechnische Untersuchung) beigefügt. Diese bezieht sich noch auf die ursprüngliche Planung mit einer Freischankfläche für 127 Sitzplätze. Zudem geht das Gutachten von einem Gastraum von 230 m² mit 74 Besuchern aus. Die Immissionsrichtwerte für Kern-/Dorf-/Mischgebiete wurden angesetzt (65 db(A) tags und 45 db (A) nachts). Die Immissions(mess) punkte 3, 4 und 5 wurde dabei am …-platz … im 1. OG (a und b) sowie im 5. OG festgelegt. Bezüglich Immissionspunkt 5 wurde sicherheitshalber von einer Wohnnutzung ausgegangen. Als Lüftungsanlage wurde – mangels Angaben durch den Bauherrn – eine bei vergleichbaren Bauvorhaben verwendete Anlage berücksichtigt. Hinsichtlich der Freischankfläche wurden die Geräusche eines leisen Biergartens gemäß der Studie des Landesamtes für Umweltschutz angesetzt. Werktags tagsüber wurden keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte gemessen. In der lautesten Nachtstunde kam es insbesondere an den Immissionspunkten 3 und 4 zu Überschreitungen der Immissionsrichtwerte von 7,0 bzw. 5,5 db(A). Die Gutachter kamen aber zu dem Ergebnis, dass diese Überschreitungen nicht relevant seien, da an den Immissionsorten Büroräumlichkeiten seien, welche während der Nachtstunden nicht besetzt seien. Aus denselben Gründen hielten die Gutachter die Überschreitungen bezüglicher kurzzeitiger Geräuschspitzen an den Immissionspunkten 3 und 4 um 2,6 bzw. 3,4 db(A) für irrelevant.
Mit Bescheid vom 5. Juli 2017 (Az.: …), der Antragstellerin laut Zustellungsurkunde am 10. Juli 2017 zugestellt, genehmigte die Antragsgegnerin den Bauantrag der Beigeladenen vom 10. März 2017 nach Plan … mit Handeintragungen vom 30. März 2017 und 27. Juni 2017 als Sonderbau unter aufschiebender Bedingung und hinsichtlich der Freischankfläche unter Widerrufsvorbehalt.
Mit einem Widerruf der Baugenehmigung für die Freischankfläche habe die Beigeladene insbesondere in folgenden Fällen zu rechnen:
– wenn die Fläche entgegen der genehmigten Größe ausgeweitet oder umgestaltet werde
– bei Verstößen gegen die Nebenbestimmungen
– wenn die Fläche für andere, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegende Zwecke (z.B. Veranstaltungen, Baumaßnahmen etc.) benötigt werde Da Voraussetzung für die Errichtung der Freischankfläche der genehmigte Betrieb der Gaststätte (derzeit Gaststätte „…-str. … im EG und KG des zum …-platz ausgerichteten Gebäudeteils) sei, erfolge ein Widerruf auch dann, wenn die mit der Errichtung der Freischankfläche zusammenhängende Gaststätte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr betrieben werde bzw. betrieben werden dürfe.
Die Betriebsbeschreibung, zuletzt geändert am 30. März 2017, wurde zum Bestandteil der Genehmigung erklärt.
Unter Ziffer 4 der Auflagen setzte die Antragsgegnerin immissionsschutzrechtliche Auflagen fest, u.a. Immissionsrichtwerte von tagsüber 60 db(A) und nachts 45 db(A) bezogen auf die vom Gesamtbetrieb der Gaststätte mit Freischankfläche und den Betriebseinrichtungen sowie dem zuzuordnenden Betriebsverkehr ausgehenden Geräusche.
Als Nebenbestimmung wurde verfügt, dass die der Baugenehmigung beigefügten sondernutzungsrechtlichen Inhalts- und Nebenbestimmungen und Hinweise des Kreisverwaltungsreferats Bestandteil der Baugenehmigung sind.
Die Antragsgegnerin führte zudem aus, dass ein Widerruf der Baugenehmigung möglich sei, wenn durch die Nutzung des Wirtsgartens eine Schutzbedürftigkeit für die übrigen Nutzungseinheiten der Bau- und Nachbargrundstücke entstehe. Sollte es zu berechtigten Lärmbeschwerden über den Wirtsgarten kommen, könne die Antragsgegnerin in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens diese Baugenehmigung widerrufen, wenn auch nachträgliche Auflagen nicht ausreichten, um den schutzwürdigen Belangen der in der Nähe wohnenden Personen Rechnung zu tragen.
Mit Schriftsatz vom 9. August 2017, am selben Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangen, erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage gegen die Baugenehmigung vom 5. Juli 2018 und beantragten deren Aufhebung. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen M 8 K 17.3748 geführt und ist noch nicht entschieden.
Am 28. November 2017 stellte die Beigeladene einen Änderungsantrag zum mit Bescheid vom 5. Juli 2017 genehmigten Vorhaben.
Aufgrund eines höheren Lagerbedarfs soll der Gastraum im Untergeschoss laut den Bauvorlagen verkleinert werden, sodass nunmehr nur noch 112 Gastplätze (statt bisher 157) errichtet werden sollen. Zudem wurden diverse Änderungen im Erdgeschoss (z.B. Änderung der Bestuhlung) vorgenommen. Die Freischankfläche bleibt unverändert.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2018 (Az.: …), der Antragstellerin laut Zustellungsurkunde am 17. Januar 2018 zugestellt, genehmigte die Antragsgegnerin den Änderungsantrag der Beigeladenen vom 28. November 2017 nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 12. Dezember 2017 in Abänderung der Baugenehmigung vom 5. Juli 2017 als Sonderbau.
Als Anlagen zu dieser Änderungsgenehmigung wurde oben genannter Plan sowie ein Brandschutznachweis beigefügt und die zu Bestandteilen des Bescheides erklärt. Im Übrigen wurde die Fortgeltung der Baugenehmigung vom 5. Juli 2017, insbesondere in Gestalt der Auflagen und des Widerrufsvorbehalts, festgestellt.
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2018 beantragten die Bevollmächtigten der Antragstellerin im Klageverfahren die Aufhebung der Baugenehmigung vom 5. Juli 2017 in der Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 15. Januar 2018.
Für den 23. Februar 2018 zeigte die Beigeladene die Aufnahme der Nutzung des Vorhabens an.
Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2018 beantragten die Bevollmächtigten der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung der am 9. August 2017 erhobenen und am 19. Februar 2018 geänderten Klage der Antragstellerin (M 8 K 17.3748) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Juli 2017 (Az.: …) in der Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 15. Januar 2018 (Az.: …) anzuordnen.
Zur Begründung des Antrags legten die Bevollmächtigten dar, dass die Klage in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg habe, weil die angegriffenen Baugenehmigungen wegen Verletzung des Rücksichtnahmegebotes rechtswidrig seien. Es würden nicht nur die Grenzwerte der TA Lärm überschritten, sondern es seien zudem die Lärmschutzauflage in der Baugenehmigung und die zugrunde liegende schalltechnische Untersuchung fehlerhaft. Außerdem führe das Vorhaben zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen. Im Übrigen verwiesen sie auf ihre Ausführungen in den Schriftsätzen des Klageverfahrens.
In den dortigen Schriftsätzen wurden obige Ausführungen vertieft dargestellt. Die Festsetzung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein Kerngebiet dürfte angesichts der zentralen Lage zwar zutreffend sein, allerdings müsse nach der Auflage allein durch den streitgegenständlichen Betrieb dieser Richtwert eingehalten werden. Die Antragsgegnerin verkenne den Begriff der Gesamtbelastung nach Ziffer 2.4 Abs. 3 der TA Lärm. Es gehe darum, die in der Umgebung des streitgegenständlichen Gastronomiebetriebes weiter vorhandenen Betriebe (zum Beispiel …-platz … und …-straße 1) und ihren Lärmbeitrag (Emissionen) zu berücksichtigen. Diese weiteren Emittenten habe die Antragsgegnerin außer Acht gelassen. Die Antragsgegnerin habe es auch im Nachgangsbescheid versäumt, die Lärmschutzauflage zu korrigieren. Sofern die Antragsgegnerin nur die vom streitgegenständlichen Betrieb ausgehen Immissionen betrachten wollte, hätte sie das Irrelevanzkriterium der Ziffer 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm anwenden können. In diesem Falle hätte sie regeln müssen, dass die von der streitgegenständlichen Anlage ausgehenden Zusatzbelastungen die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 der TA Lärm maßgeblichen Immissionsort mindestens 6 db(A) unterschreiten müssten. Dies sei nicht geschehen. Es stehe zu befürchten, dass die tatsächlich am Immissionsort anfallende Gesamtbelastung deutlich über den Werten für ein Kerngebiet liege. Jedenfalls wäre es der Beigeladenen gestattet, diese Richtwerte vollständig auszunutzen, sodass mit der bestehenden Vorbelastung zwangsläufig eine Überschreitung eintreten werde.
Im Übrigen würden die beauflagten Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschritten, wie sich aus der schalltechnischen Untersuchung ergebe. Diese Überschreitungen seien zu berücksichtigen. Es sei irrelevant, dass etwaige Büros während der Nachtzeit nicht besetzt seien, da jedenfalls ein „schutzbedürftiger Raum“ im Sinne der DIN 4109 vorliege.
Es fehle jedenfalls an einer ausreichenden nutzungseinschränkenden Regelung. Zudem seien lediglich Musikdarbietungen, nicht jedoch Ton- und Musikübertragungen im Freien untersagt, obwohl letztere deutlich lauter wirkten, als wenn sie von innen nach außen dringen würden. Nicht ausreichend sei auch, die bloße Festlegung des maßgeblichen Immissionsgrenzwerts. Außerdem sei die Gesamtschallleistung der Lüftungsanlage in Höhe von 76,0 db(A) in der Auflage nicht berücksichtigt worden.
Das Lärmschutzgutachten weise schließlich Lücken und Fehler auf. Neben der Außerachtlassung einer Gesamtbetrachtung werde auch der Besucherlärm von der Gaststätte nicht berücksichtigt. Der ermittelte Beurteilungspegel dürfte folglich deutlich höher ausfallen als bislang angenommen, da insbesondere der zurechenbare Lärm durch Gäste, die zu einer Raucherpause vor der Gaststätte verweilten, eine erhebliche Lärmquelle darstelle.
Der Widerrufsvorbehalt in der Baugenehmigung gewährleiste keinen Schutz der Antragstellerin. Abgesehen von der Frage der Zulässigkeit eines solchen sei der Schutz bei weitem nicht ausreichend, da die Ausübung im Ermessen der Antragsgegnerin stehe.
Die ausgelösten erheblichen Geruchsbelästigungen würden völlig außer Acht gelassen. Es seien weder Überprüfungen durchgeführt worden noch seien entsprechende Regelungen in die Baugenehmigungen aufgenommen worden, obwohl sich dies bei einem Betrieb einer „Vollküche“ von 10 bis 24 Uhr aufgedrängt hätte. Die Abluftanlage des Vorhabens befinde sich oberhalb der Gaststätte und emittiere in Richtung „Innenhof“ auf dem Dach des Anwesens der Antragstellerin und damit in Richtung von Wohnungen und Büroräumen. Der Grenzwert der GIRL, in Kerngebieten von der Rechtsprechung auf 10 und 15% der Jahresstunden, in denen Gerüche einer Anlage festgestellt würden, festgelegt, dürfte überschritten sein.
Mit Schriftsatz vom 13. August 2018 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass die erteilte Baugenehmigung vom 5. Juli 2017 rechtmäßig sei und eine Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten nicht vorliege.
Die schalltechnische Untersuchung behandele auch die umliegenden Belastungen, was durch die gewählten neun unterschiedlichen Immissionspunkte auf der Hand liege. Die Auflage unter Ziffer 4 der Baugenehmigung vom 5. Juli 2017 sei demnach nicht zu beanstanden. Auch sonst begegneten die Feststellungen des Lärmschutzgutachtens keinen durchgreifenden Bedenken, da das Gutachten methodisch und fachlich korrekt und entsprechend den Vorgaben der TA Lärm erstellt worden sei.
Im Klageverfahren führte die Antragsgegnerin zudem schriftsätzlich aus, dass die Ermittlung der Gesamtbelastung im Rahmen der Regelfallprüfung nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm erfolgte und alle zur Beurteilung maßgeblichen Punkte berücksichtigt habe (33 Seiten und 19 Seiten Anhang). Die Antragsgegnerin hätte keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Beigeladene die Immissionsrichtwerte einhalten könne.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2018 wurde die Adressatin der streitgegenständlichen Baugenehmigungen zum Verfahren beigeladen.
Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2018 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen sinngemäß, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führten sie aus, dass der Antrag unzulässig und unbegründet sei.
Unzulässig sei der Antrag, da bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die streitgegenständliche Baugenehmigung sei bereits vollzogen worden; die Gastronomie sei am 9. März 2018 eröffnet worden und werde seitdem betrieben. Zudem fehle es an der Eilbedürftigkeit, da durch die anstehende Wintersaison mit keiner erheblichen Lärmbelästigung durch die Freischankfläche zu rechnen sei; die Fußballweltmeisterschaft sei bereits beendet. Außerdem sei alleine die Bezugnahme auf Schriftsätze aus der Hauptsache nicht ausreichend, um substantiiert einen Antrag glaubhaft machen zu können.
Unbegründet sei der Antrag, da die Baugenehmigung nicht offensichtlich rechtswidrig und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt sei. Die Vorbelastungen seien – wie in Innenstadtlagen der Antragsgegnerin üblich – nicht einzubeziehen und wirkten sich jedenfalls an den Messpunkten nicht aus, da sie räumlich weit entfernt seien; etwaige Überschreitungen seien zudem unerheblich, da zu den relevanten Zeiten keine Menschen in den Gebäuden tätig seien. Zusätzlicher Lärm durch die rauchenden Gaststättenbesucher sei neben dem üblichen auftretenden Personenverkehr nicht zu erwarten.
Unzumutbare Geruchsbelästigungen gingen von dem Vorhaben nicht aus, weil das sozialübliche Maß an Geruchsentwicklung durch die ortsübliche Gaststätte der Beigeladenen nicht überschritten werde.
Schließlich könnte die aufschiebende Wirkung nur insoweit wiederhergestellt werden, als die nördliche Freischankfläche ab 22:00 Uhr betroffen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte in diesem und im Hauptsacheverfahren Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Antragstellerin gemäß § 80a Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB), gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 9. August 2017 bzw. 19. Februar 2018 (M 8 K 17.3748) gegen die von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. Dezember 2017 in Gestalt des Bescheids vom 15. Januar 2018 der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung hat Erfolg, da er zulässig und begründet ist.
1. Der Antrag ist zulässig.
1.1 Der Antrag nach § 80a Abs. 3 VwGO ist zunächst nicht fristgebunden (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80a Rn. 18 und 67a, § 80 Rn. 59), sodass er auch deutlich nach Klageerhebung gestellt werden kann.
Eine Eilbedürftigkeit, wie sie der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO voraussetzt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 53), ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO nicht erforderlich.
1.2 Die Umsetzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung durch Inbetriebnahme der Gaststätte lässt zudem das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein solches für den Antrag des Nachbarn entfällt, wenn die bauliche Anlage errichtet ist. In einem derartigen Fall kann das mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung verfolgte Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen in Bezug auf den Baukörper und seine Auswirkungen zu verhindern, nicht mehr erreicht werden. Anders verhält es sich aber, soweit der Nachbar geltend macht, (auch) durch die Nutzung der baulichen Anlage in seinen Rechten verletzt zu werden. Diese mögliche Rechtsverletzung kann grundsätzlich auch nach der Fertigstellung mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung noch verbessert werden mit der Folge, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den einstweiligen Rechtsschutz insoweit weiterbesteht. Das Interesse des Nachbarn ist in dieser Situation darauf gerichtet, die „vorzeitige Aufnahme“ oder Fortsetzung der Nutzung der baulichen Anlage bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2017 – 1 CS 17.2240 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Da die Antragstellerin gerade die Nutzung der Gaststätte und Freischankfläche(n), explizit die hierdurch verursachten Lärm- und Geruchsimmissionen, beanstandet, besteht vor diesem Hintergrund kein Zweifel an ihrem Rechtsschutzbedürfnis.
1.3 Es ist schließlich nichts gegen die Inbezugnahme auf Schriftsätze des Klageverfahrens einzuwenden. Anders als im Rahmen des Verfahrens nach § 123 Abs. 1 VwGO (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO und § 294 ZPO) ist im Rahmen des Verfahrens nach §§ 80, 80a VwGO keine Glaubhaftmachung erforderlich. Der Verweis auf die Schriftätze der Hauptsache genügt somit insbesondere den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Im Übrigen gilt auch im Verfahren des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzes der Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 82 Rn. 12).
2. Der Antrag ist auch begründet.
2.1 Im Rahmen des Antrags nach § 80a Abs. 3 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden. Dabei stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Fällt die Erfolgsprognose zu Gunsten des Nachbarn aus, erweist sich die angefochtene Baugenehmigung also nach summarischer Prüfung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – juris). Hat dagegen die Anfechtungsklage von Nachbarn mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, so ist das im Rahmen der vorzunehmenden und zu Lasten der Antragsteller ausfallenden Interessensabwägung ein starkes Indiz für ein überwiegendes Interesse des Bauherrn an der sofortigen Vollziehung der ihm erteilten Baugenehmigung (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 18). Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011, a.a.O.).
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind, weil dieser in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87 – juris; BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009, a.a.O. Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 – 4 B 244.96 – juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3).
2.2 Dies zugrunde gelegt, wird die Klage der Antragstellerin nach summarischer Überprüfung voraussichtlich Erfolg haben. Sie erweist sich voraussichtlich als zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin verletzt sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da das Vorhaben – auch wegen seiner Unbestimmtheit – gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme verstößt.
2.2.1 Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen.
Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57). Zu einer Unbestimmtheit gelangt man allerdings nur dann, wenn sich der Aussagegehalt des Verwaltungsakts nicht durch Auslegung ermitteln lässt (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19).
Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 84 m.w.N.). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.05.1996 – 2 B 94.1513, BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; VGH BW, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).
Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte der Klägerin begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 68 Rn. 472 m.w.N.).
2.2.2 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 BauGB, da kein Bebauungsplan für das streitgegenständliche Grundstück besteht, sondern nur ein gemäß § 173 Abs. 3 Bundesbaugesetz (BBauG) und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitetes und fortgeltendes Bauliniengefüge, welches von der Bestandsbebauung beachtet wird, und das streitgegenständliche Grundstück im Übrigen im unbeplanten Innenbereich liegt.
2.2.3 Insoweit kann dahinstehen, ob sich das Gebot der Rücksichtnahme im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – juris Rn. 9).
(Lärm- und Geräusch-)Immissionen sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie geeignet sind, erhebliche Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 26; B.v. 31.8.2012 – 14 CS 12.1373 – juris Rn. 31). Bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 24 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 40; B.v. 9.7.2012 – 22 CS 12.575 – juris Rn. 32 m.w.N.).
Für die Beurteilung der betriebsbedingten Lärmimmissionen des zugelassenen Vorhabens sind die Vorgaben der Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm; nunmehr in der Fassung vom 1.6.2017) maßgeblich. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 18 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 23). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die TA Lärm insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und 7.2 der TA Lärm) und Bewertungsspannen (z.B. Anhang zur TA Lärm Nr. A 2.5.3) Spielräume eröffnet (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – juris Rn. 12 m.w.N.; BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 u.a. – juris Rn. 35).
Ob Geruchsimmissionen unzumutbar sind, kann dagegen nicht an Hand der Grenzwerte der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) beurteilt werden. Denn die TA Luft regelt zwar die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche, umfasst aber keine Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen (vgl. Nr. 1 Abs. 3 der TA Luft) (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2012 – 22 CS 12.575 – juris Rn. 31). Da die Schwelle der Erheblichkeit bei Geruchsimmissionen auch im Übrigen nicht gesetzlich oder durch Verwaltungsvorschriften bestimmt ist, kann die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) bei der gebotenen Würdigung der Umstände des Einzelfalls als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2012 – 14 CS 12.1373 – juris Rn. 32 m.w.N.).
2.2.4 Bereits die durch das Vorhaben ausgelösten Lärmimmissionen sind für die Antragstellerin unzumutbar, weil die Immissionsrichtwerte der TA Lärm gegenüber der Antragstellerin nicht eingehalten sind und somit schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG durch das Vorhaben hervorgerufen werden.
Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne der TA Lärm sind Geräuschimmissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (Nr. 2.1 der TA Lärm). Gemäß Nr. 4.2 lit. a der TA Lärm ist bei der immissionsschutzrechtlichen Prüfung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Zulassung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage sicherzustellen, dass die Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm nicht überschreiten; gegebenenfalls sind entsprechende Auflagen zu erteilen. Eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage nach Nummer A.2 des Anhangs der TA Lärm ist erforderlich, soweit nicht aufgrund von Erfahrungswerten an vergleichbaren Anlagen zu erwarten ist, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche der zu beurteilenden Anlage sichergestellt ist (Nr. 4.2 lit. b Satz 1 der TA Lärm). Eine Berücksichtigung der Vorbelastung ist nur erforderlich, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte absehbar ist, dass die zu beurteilende Anlage im Falle ihrer Inbetriebnahme relevant im Sinne von Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm beitragen wird und Abhilfemaßnahmen nach Nr. 5 bei den anderen zur Gesamtbelastung beitragenden Anlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offensichtlich nicht in Betracht kommen (Nr. 4.2 lit. c der TA Lärm).
Bei der streitgegenständlichen Gaststätte handelt es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage gemäß § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, § 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) und des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Deshalb sind die allgemeinen Grundsätze für die Prüfung nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen nach Nr. 4 der TA Lärm zu beachten.
Die Beteiligten sind sich darin einig, dass die Immissionsrichtwerte für ein Kerngebiet anzusetzen sind. Dem stimmt das Gericht nach summarischer Prüfung (ohne Durchführung eines Augenscheins) zu, da zwar kein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt, sich die Schutzbedürftigkeit des Gebiets aber aufgrund der in der Nähe des Bauvorhabens vorhandenen, dem Gericht bekannten Mischung aus Geschäfts- und Bürogebäuden, Schank- und Speisewirtschaften sowie vereinzelten Wohnungen (vgl. § 7 Baunutzungsverordnung – BauNVO) an einem Kerngebiet orientieren dürfte (vgl. Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm).
Dessen Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 der TA Lärm werden der schalltechnischen Untersuchung zufolge nachts, also von 22 bis 6 Uhr (Nr. 6.4 Abs. 1 der TA Lärm), überschritten, was zum einen für die lauteste Nachtstunde und zum anderen für kurzzeitige Geräuschspitzen in der Nacht gilt. Die festgestellten Überschreitungen betreffen stets die beiden Immissionsorte 3 und 4, welche dem Grundstück der Antragstellerin zuzuordnen sind – …platz 5, jeweils im 1. OG. Der Immissionsrichtwert (nachts) von 45 db(A) für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden (Nr. 6.1. Abs. 1 lit. d der TA Lärm) wird um 7,0 bzw. 5,5 db(A) überschritten, der erhöhte Immissionsrichtwert (nachts) für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen (Nr. 2.8 der TA Lärm) von 65 db(A) (Nr. 6.1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 lit. d der TA Lärm) um 2,6 bzw. 3,4 db(A).
Dies ist das Ergebnis einer nach Nr. 4.2 lit. a der TA Lärm i.V.m. deren Anhang (dort A.2) zulässigen Prognose der Geräuschimmissionen – und somit keiner Messung. Es wurde dabei lediglich die Zusatzbelastung durch die Anlage und keine Gesamtbelastung samt der Vorbelastung (vgl. zu den Begrifflichkeiten Nr. 2.4 der TA Lärm) in Ansatz gebracht. Die Beurteilungszeiten gemäß Nr. 6.4 Abs. 1 der TA Lärm wurden von den Gutachtern nicht gemäß Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 1 der TA Lärm verändert. Ein Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit gemäß Nr. 6.5 der TA Lärm wurde nicht angesetzt.
Die Immissionsorte 3 und 4 wurden für die Prognose richtig ausgewählt.
Maßgeblicher Immissionsort ist der nach Nummer A.1.3 des Anhangs der TA Lärm zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist; es ist derjenige Ort, für den die Geräuschbeurteilung nach der TA Lärm vorgenommen wird (Nr. 2.3 Abs. 1 der TA Lärm). Nach Nummer A.1.3 Satz 1 lit. a des Anhangs der TA Lärm liegt der maßgebliche Immissionsort bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe November 1989. In dieser DIN-Norm „Schallschutz im Hochbau“ sind in deren Nr. 4.1 („Zulässige Schalldruckpegel in schutzbedürftigen Räumen“), Anmerkung 1, als schutzbedürftige Räume Aufenthaltsräume, soweit sie gegen Geräusche zu schützen sind, definiert. Als Beispiele werden unter anderem neben Wohn- und Schlafräumen Büroräume genannt (vgl. OVG NW, U.v. 30.1.2018 – 2 D 102/14.NE – juris Rn. 189 ff.).
Die Auswahl des Gebäudes …platz 5 (1. OG) als Immissionsort ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Als unmittelbar östlich der nördlichen Freischankfläche situiertes Gebäude liegt es nahe, dass dort – insbesondere im 1. OG – Überschreitungen der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten sind. Den Abstand des Messortes von 0,5 m haben die Gutachter beachtet. Im 1. OG, (mit den Fenstern) zum …platz ausgerichtet, befinden sich auch schutzbedürftige Räume nach DIN 4109, da zwischen den Beteiligten die vorhandene Büronutzung unstreitig ist. Eine solche wird von der DIN 4109 als schutzbedürftig eingestuft.
An diese pauschalisierende Einordnung sieht sich das Gericht aufgrund des abschließenden Charakters der TA Lärm gebunden. Einzelfallbetrachtungen sind angesichts des klaren Wortlauts der DIN 4109 in Bezug auf die Bestimmung des Immissionsortes nicht veranlasst.
Der von der Beigeladenen dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 22.11.2017 – 5 S 1475/16 – juris) folgt das Gericht nicht. Dieser meint, dass sich eine Büronutzung nur auf die Immissionsrichtwerte für den Tag und nicht auf die niedrigeren Nachtwerte nach Nr. 6.1 Abs. 1 der TA Lärm berufen könne, da jene dem in der Nachtzeit verstärkten Ruhe- und Schlafbedürfnis der Wohnbevölkerung Rechnung trugen; ein solches Ruhebedürfnis bestehe bei einer nächtlichen (beruflichen) Büronutzung grundsätzlich nicht (vgl. VGH BW, a.a.O. – juris Rn. 148 m.w.N.). Eine solche Einschränkung ist der TA Lärm nicht zu entnehmen. Die TA Lärm differenziert bei der Festlegung von Immissionsrichtwerte nicht nach einzelnen Nutzungsarten, sondern nach Nutzungsgebieten in Anlehnung an die BauNVO. So gelten beispielsweise die Werte in einem Kerngebiet nach § 7 BauNVO – ohne Unterscheidung – für Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Anlagen für kirchliche Zwecke oder Tankstellen. Nutzungsänderungen in diesem Rahmen sind – bei Beachtung des Rücksichtnahmegebots – jederzeit bauplanungsrechtlich zulässig, was ebenfalls dafür, spricht keine Differenzierung nach einzelnen Nutzungen im Rahmen der Immissionsrichtwerte zuzulassen.
Der pauschalisierte Ansatz kann im Einzelfall zwar angepasst werden, z.B. durch einen Entfall der Immissionsprognose nach Nr. 4.2 lit. b Satz 1 Halbs. 2 der TA Lärm oder der Änderung der Beurteilungszeiten nach Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 1 der TA Lärm. Für genehmigungsbedürftige Anlagen kommt zudem eine ergänzende Prüfung im Einzelfall nach Nr. 3.2.2 der TA Lärm in Betracht, wobei festgestellt werden kann, dass Nutzungen auch nachts nur den Schutzanspruch der Tageszeit haben (vgl. OVG NW, U.v. 30.1.2018 – 2 D 102/14.NE – juris Rn. 201). Die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Nutzungsgebiets bleibt hiervon jedoch unberührt.
Da somit bereits die Zusatzbelastung durch das Vorhaben die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschreitet, liegt ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor.
Die somit vorliegenden Überschreitungen der Immissionsrichtwerte der TA Lärm hat die Antragsgegnerin bei der Erteilung der Baugenehmigung nicht derart berücksichtigt, dass ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ausgeschlossen wäre. Zwar hat sie die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein Kerngebiet beauflagt. Wegen der vom eigenen Gutachten der Beigeladenen festgestellten Überschreitungen dieser Werte ist diese Auflage jedoch zur Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen Im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG nicht geeignet. Weitere Auflagen (vgl. Nr. 4.2 lit. a der TA Lärm) zur Sicherstellung der Einhaltung der Richtwerte bezogen auf die Nachtstunden wurden nicht erteilt.
Der Widerrufsvorbehalt, die Baugenehmigung zu widerrufen, wenn durch die Nutzung des Wirtsgartens eine Schutzbedürftigkeit für die übrigen Nutzungseinheiten der Bau- und Nachbargrundstücke entsteht, sichert ebenso wenig die Einhaltung der Immissionsrichtwerte. Zum einen ist bereits unklar, welche Bau- und Nachbargrundstücke erfasst sein sollen und was mit der Entstehung einer Schutzbedürftigkeit im Sinne der TA Lärm gemeint sein soll. Wie oben dargestellt ist zudem gerade im Gebäude der Antragstellerin die Schutzbedürftigkeit im Sinne der TA Lärm schon gegeben. Zum anderen verlagert die Antragsgegnerin ihre Handlungsmöglichkeiten (und den Rechtsschutz der Nachbarn) unzulässig in den Bereich bauaufsichtlicher Befugnisse, obwohl sie aufgrund der schalltechnischen Untersuchung Kenntnis von Verstößen gegen die TA Lärm hat.
Gleiches gilt hinsichtlich der Ausführungen zu berechtigten Lärmbeschwerden in der Baugenehmigung.
Es kommt daher insbesondere nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob
– der Ansatz von nur 74 Besuchern für den Gaststätteninnenbereich in der schalltechnischen Untersuchung, obwohl die Betriebsbeschreibung dort von zunächst 157, sodann von 112 Gastplätzen ausgeht, zu einer Erhöhung der Lärmimmissionen führt und daher nachbarrechtsrelevant ist;
– hinreichend bestimmt ist, wo genau im 1. OG sich die Immissionsorte 3 und 4 befinden;
– ohne substantiierte Ausführungen zur Vorbelastung in der näheren Umgebung nur die Zusatzbelastung hätte angesetzt werden dürfen (vgl. dazu Nr. 4.2 lit. c der TA Lärm);
– immissionsrechtliche Auflagen für die Lüftungsanlage erforderlich gewesen wären.
2.2.5 Hinsichtlich möglicher Geruchsimmissionen ist die Baugenehmigung zu unbestimmt. Eine Beurteilung der von dem Vorhaben ausgelösten Geruchsbelästigungen für die Antragstellerin ist anhand der Bauvorlagen nicht möglich. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann daher nicht ausgeschlossen werden, was zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und zur Verletzung von subjektiven Rechten der Antragstellerin führt.
Dass von dem Vorhaben möglicherweise erhebliche Geruchsimmissionen ausgehen können, steht für das Gericht aufgrund der Art und Umfang des Betriebs fest. Das Vorhaben sieht eine Nutzung als Speiselokal mit Vollküche vor, welches insgesamt bis zu 227 Gästen Platz bietet und mindestens 13 Stunden jeden Tag geöffnet ist. Dass gerade bei der Bewirtung einer erheblichen Anzahl an Gästen mit Speisen im Rahmen einer Vollküche – also einer Speisenabgabe ohne Einschränkungen – Küchenabluft entsteht, liegt nahe. Diese abzuführende Luft (auch die Beigeladene geht von dem Erfordernis der Abführung der Luft aus, weil ihre Schallgutachter eine geplante lüftungstechnische Anlage berücksichtigen) ist mit Küchengerüchen belastet, die grundsätzlich geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG hervorrufen zu können.
Trotz dieser naheliegenden Annahmen hat eine Überprüfung des Vorhabens in Hinblick auf mögliche Geruchsimmissionen nicht stattgefunden.
In den Bauvorlagen finden sich keine Aussagen darüber, welche Geruchsimmissionen von der Gaststättennutzung ausgehen. Es fehlt insbesondere an einer Betriebsbeschreibung zur geplanten Abluftanlage. Diese ist auch in keinem Plan eingezeichnet; insbesondere wurde kein Obergeschoss-, Dachgeschoss- oder Ansichtsplan vorgelegt, aus welchem sich der Standort der Anlage erkennen ließe.
Auch in der Baugenehmigung selbst fehlen Ausführungen zu Geruchsimmissionen geschweige denn diesbezügliche Auflagen, z.B. mit Festsetzung von Immissionswerten nach der GIRL in Bezug auf die Lüftungsanlage.
Das Gericht kann auf Grund dessen nicht beurteilen, welchen diesbezüglichen Immissionen sich die Antragstellerin ausgesetzt sieht. Selbst die eigenen Gutachter der Beigeladenen mussten in ihrer schalltechnischen Untersuchung auf ein Vergleichsobjekt für ihre Berechnungen zurückgreifen, da ihnen Angaben zu einer solchen Anlage fehlten.
Da die Abluftanlage sich laut Angabe in der schalltechnischen Untersuchung und der Antragstellerin auf dem Dach des streitgegenständlichen Gebäudes befindet und von dort laut Antragstellerin in Richtung Innenhof, also auch in Richtung des Grundstücks der Antragstellerin, emittiert – was angesichts der beengten Verhältnisse im Innenhof naheliegt -, ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht von vornherein ausgeschlossen. Denn gegenüber der bisherigen Nutzung als Café stellt das Vorhaben eine erhebliche Nutzungsintensivierung dar mit möglicherweise einhergehenden erhöhten Geruchsimmissionen. Zwar unterscheiden sich die Öffnungszeiten der beiden Gaststätten nicht wesentlich, jedoch wird die maximale Gästezahl mehr als vervierfacht (bezogen auf den Innenraum) bzw. mehr als verachtfacht (bezogen auf Innenraum und Freifläche) und statt einer Cafénutzung, in welcher nur eine beschränkte Speisenabgabe erfolgt, werden die Räumlichkeiten nun einer Gaststättennutzung mit Vollküche zugeführt.
Nach summarischer Prüfung stellen die unmittelbare Nähe der Abluftanlage zum Grundstück der Antragstellerin – was im Übrigen von der Beigeladenen nicht bestritten wurde – sowie die erhebliche Intensivierung der Nutzung gegenüber der vormaligen Nutzung genügend Anhaltspunkte dar, um von einer möglichen Beeinträchtigung der Antragstellerin in ihren Rechten ausgehen zu können. Dies hat die Antragstellerin auch hinreichend substantiiert vorgetragen. Eine weitergehende substantiierte Darlegung, inwiefern die Geruchsbelästigung unzumutbar ist – z. B. nach Art, Dauer und Häufigkeit der Gerüche – (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2012 – 22 CS 12.575 – juris Rn. 32 m.w.N.), ist von der Antragstellerin angesichts der dargestellten Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung nicht zu verlangen. Dem von der Beigeladenen als unsubstantiiert kritisierten Vortrag der Antragstellerin bezüglich etwaiger Beschwerden der Anwohner im Anwesen des Antragstellerin über Geruchsimmissionen kommt vor diesem Hintergrund keine Entscheidungsrelevanz zu.
Angesichts der fehlenden Untersuchungen zu den Geruchsimmissionen und der möglichen, gegenüber der Antragstellerin schädlichen Umwelteinwirkungen kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass das Rücksichtnahmegebot auch insoweit verletzt ist.
2.3 Die aufschiebende Wirkung war aufgrund des Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot insgesamt und nicht nur teilweise anzuordnen.
Zwar mag sowohl eine räumliche Aufspaltung der Baugenehmigung (in Freischankfläche(n) und Innenbereich der Gaststätte) als auch eine zeitliche (z.B. in eine Nutzung von bis 22 Uhr und ab 22 Uhr) in Betracht kommen. Vorliegend ist jedoch für jeden dieser Teile der Baugenehmigung eine Rücksichtlosigkeit gegeben. Denn mit den Geruchsimmissionen hat die Antragstellerin während (nahezu) der gesamten Öffnungszeiten der Gaststätte zu rechnen. Dies gilt auch sowohl für die Nutzung des Gastraums als auch der Freischankflächen, denn in jenen Bereichen werden Speisen gereicht, welche jeweils in der Küche zubereitet werden müssen, was möglicherweise unzumutbare Geruchsimmissionen hervorruft.
Da die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache nicht offen sind, sondern die Klage nach summarischer Prüfung vielmehr Erfolg haben wird, findet keine reine Abwägung der für und gegen den Vollzug der Baugenehmigungen sprechenden Interessen statt.
3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO stattzugeben und die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Der Beigeladenen waren die Kosten anteilig aufzuerlegen, da die einen Antrag gestellt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.