Arbeitsrecht

Abänderungsverfahren, Kostenfestsetzungsbeschluß, Kostenentscheidung, Verfahrensgebühr, Gebührenrechtliche, Ausgangsverfahren, Telekommunikationsleistungen, Kostenfestsetzungsantrag, Bevollmächtigter, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Abschiebungsandrohung, Verwaltungsgerichte, Beschlüsse, Erstattungsfähige Kosten, Erinnerungsverfahren, Abänderungsantrag, Antragsgegner, Kosten des Verfahrens, Vorläufiger Rechtsschutz, Kostengrundentscheidung

Aktenzeichen  M 23 M 20.30017

Datum:
29.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41829
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 und 7, § 151, § 165
RVG § 15 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2017 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag des Antragstellers im Verfahren M 23 S 18.32300 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 11. Juni 2018 (M 23 K 18.32299) gegen die mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 29. Mai 2018 verfügte Abschiebungsandrohung nach Pakistan ab und erlegte dem Antragsteller in Ziff. II des Tenors die Kosten des Verfahrens auf. Auf einen Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (M 23 S7 19.32157) hin änderte das Gericht mit Beschluss vom 21. August 2019 den Beschluss vom 12. Juli 2018 ab und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage an. Unter Ziff. II des Tenors dieses Beschlusses wurden die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2019 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. November 2019 (M 23 S7 19.32157) wurde der Antrag des Bevollmächtigten des Antragstellers auf Festsetzung der von der Antragsgegnerin nach dem Beschluss vom 21. August 2019 zu erstattenden Kosten abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO und das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO seien gebührenrechtlich eine Einheit, da die Verfahren nach § 16 Nr. 5 RVG dieselbe Angelegenheit beträfen. Da der Rechtsanwalt nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern könne, seien Gebühren, die bereits im Ausgangsverfahren entstanden seien, im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht nochmals erstattungsfähig. Zwischen dem Abänderungsverfahren und dem vorausgegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bestehe regelmäßig ein enger sachlicher und rechtlicher Zusammenhang, der die Zusammenfassung der Verfahrensabschnitte zu einer gebührenrechtlichen Einheit rechtfertige. Der Arbeitsanfall des Rechtsanwalts sei im Wesentlichen bereits im vorausgegangenen Verfahrensabschnitt entstanden und damit durch die bereits angefallene Gebühr abgegolten.
Mit Schriftsatz vom 13. November 2019, bei Gericht am 18. November 2019 eingegangen, beantragt der Bevollmächtigte des Antragstellers sinngemäß
die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung verwies der Bevollmächtigte im Wesentlichen auf einen Beschluss des VG Düsseldorf (v. 28. Juni 2019 – 8 L 740/19.A) und weitere Rechtsprechung.
Der Urkundsbeamte hat dem Antrag nicht abgeholfen und ihn dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2020 nahm die Antragsgegnerin zum Antrag Stellung und beantragt
die Erinnerung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 23 S7 19.32157 Bezug genommen.
II.
Über die Erinnerung entscheidet das Gericht in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde, hier also durch den Einzelrichter nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
Die Kostenerinnerung ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben (§§ 165, 151 VwGO).
Die Erinnerung ist unbegründet. Der Urkundsbeamte hat zutreffend eine Festsetzung der von dem Bevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachten Kosten (Verfahrensgebühr sowie die Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen) für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt. Der Erstattung der geltend gemachten Kosten stehen §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG entgegen.
Nach § 16 Nr. 5 RVG stellen das Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar (vgl. BayVGH, B.v. 26.01.2012 – 9 C 11.3040 – juris Rn. 13). Wirtschaftlicher Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass der Rechtsanwalt in Abänderungs- und Aufhebungsangelegenheiten im Hinblick auf Verfahren, in denen er vorher bereits tätig war, in der Regel keine besondere Einarbeitungszeit benötigt, sondern vielmehr ohne weiteres auf seine frühere Arbeit zurückgreifen kann (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2007 – 22 M 07.40006 – juris). Gebühren dürfen in derselben Angelegenheit gemäß § 15 Abs. 2 RVG nur einmal gefordert werden. Das Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO ist im Verhältnis zum Ausgangsverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kein gesonderter Rechtszug im Sinne dieser Vorschrift. Das Gericht entscheidet im Abänderungsverfahren nicht als Rechtsmittelgericht über den früheren Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern als Gericht des ersten Rechtszugs. Das stellt § 16 Nr. 5 RVG als speziellere Regelung nunmehr auch vergütungsrechtlich klar. Eine Verfahrensgebühr ist somit im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht (erneut) entstanden, nachdem sie bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden war. Ist der Rechtsanwalt – wie im vorliegenden Fall – in beiden Verfahren tätig geworden, entstehen seine Gebühren für diesen Rechtszug bereits im Ausgangsverfahren und sind im Abänderungsverfahren nicht erstattungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 8.11.2011 – 8 S 1247/11 – juris; BayVGH, B.v. 26.1.2012 – 9 C 11.3040 – juris; VG München, B.v. 19.7.18 – M 8 M 18.51372 – juris; VG München, B.v. 22.7.2015 – M 22 M 15.50672 – juris).
Da das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht eine besondere Art des Rechtsmittelverfahrens darstellt, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbständiges neues Verfahren ist, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern die Neuregelung der Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts für die Zukunft in einem von dem ergangenen Beschluss abweichenden Sinn ist, bleibt davon auch die Kostengrundentscheidung des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO unberührt (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2007 – 14 CS 07.670 – juris, Rn. 15; VG Sigmaringen, B.v. 30.3.2011 – 5 K 3036/10 – juris m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben sind die vom Bevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachten Gebühren (Verfahrensgebühr sowie die Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen) nicht erst im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstanden, sondern bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und können demnach nur in diesem abgerechnet werden. Die Kostenentscheidung des Beschlusses vom 21. August 2019 bezieht sich nur auf das Abänderungsverfahren und lässt die Kostenentscheidung des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 12. Juli 2018 unberührt. Ohne Einfluss auf dieses Ergebnis bleibt auch, ob dem Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO eine stattgebende oder eine ablehnende Entscheidung mit entsprechender Kostenfolge im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorausgegangen ist (vgl. OVG NRW, B.v. 13.7.2018 – 13 B 275/18.A – juris). Dies führt auch nicht vor dem Hintergrund zu einem unbilligen Ergebnis, dass ein in einem Ausgangsverfahren obsiegender Beteiligter die Vergütung seines Rechtsanwalts erstattet bekommt, während dies für einen im Abänderungsverfahren obsiegenden Beteiligten nur gilt, soweit er im Ausgangsverfahren anwaltlich noch nicht (oder anderweitig) vertreten war. Eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung liegt darin nicht. Die unterschiedliche Behandlung findet ihren sachlichen Grund in dem § 162 VwGO zu Grunde liegenden Prinzip des Kostenrechts, dass erstattungsfähige Kosten durch das jeweilige gerichtliche Verfahren verursacht sein müssen (vgl. VG Berlin, B.v. 31.10.2012 – 35 KE 32.12, 34 L 222.11A – juris; VG München, B.v. 1.2.2016 – M 25 M 16.50045 – juris). Ein Wahlrecht, die Kosten erst nach dem Obsiegen im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO gegen den dort Unterlegenen geltend zu machen, besteht nicht.
Nach alledem war die Erinnerung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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