Arbeitsrecht

Einstellungshöchstaltersgrenze für Beamten von 45 Jahren

Aktenzeichen  3 ZB 19.1090

Datum:
2.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 4552
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2, Abs. 5
RL 2000/78/EG Art. 6 Abs. 1
AGG Art. 10
BayBG Art. 23 Abs. 1 S. 1
BeamtStG § 8 Abs. 4
GRC Art. 21 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

Die bayerische Einstellungshöchstaltersgrenze für die Berufung in das Beamtenverhältnis – Vollendung des 45. Lebensjahrs – verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 1 K 18.1280 2019-04-24 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. April 2019 wird der Streitwert für den ersten Rechtszug auf 27.199,02 €, für das Zulassungsverfahren auf 28.069,40 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
a. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die am 17. Februar 1966 geborene Klägerin, die derzeit als angestellte Lehrkraft im Volksschuldienst in H. arbeitet, hat keinen Anspruch darauf, rückwirkend zum 30. September 2017 in das Beamtenverhältnis (auf Probe) berufen zu werden, weil sie die in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG normierte Altersgrenze für die Berufung in das Beamtenverhältnis (Vollendung des 45. Lebensjahrs) zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren überschritten hatte. Die hier maßgebliche Regelung der Einstellungshöchstaltersgrenze verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. Zwar stellt die Regelung einen Eingriff in die Grundrechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat (B.v. 21.4.2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 – juris Rn. 75 ff.). Aus demselben Grund liegt auch kein Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) vor (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2016 – 2 C 11.15 – juris Rn. 20 ff.). Im Einzelnen:
Die Einstellungshöchstaltersgrenze ist eine Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des § 1 AGG. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sein. Diese Regelungen stimmen inhaltlich mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG überein.
Legitime Ziele im Sinne von § 10 Satz 1 AGG können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht. Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines legitimen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme gesteht der Gerichtshof der Europäischen Union den Mitgliedstaaten einen weiten Wertungsspielraum zu. Sie ist nachgewiesen, wenn die Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat. Somit ist § 10 AGG Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (BVerwG, U.v. 11.10.2016 – 2 C 11.15 – juris Rn. 22 m.w.N.).
Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das der Höchstaltersgrenze nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG zugrunde liegt, stellt ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG dar. Die Berechtigung dieser Erwägung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den ihnen zustehenden Versorgungsleistungen im Ruhestand. Eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zum Beamtenverhältnis stellt dem Grunde nach ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen (BVerwG, U.v. 20.9.2018 – 2 A 9.17 – juris Rn. 48; U.v. 11.10.2016 a.a.O. Rn. 23). Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL 2000/78/EG (§ 10 Satz 3 Nr. 3 AGG) belegt, wonach gerechtfertigte Ungleichbehandlungen wegen des Alters, welche keine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie darstellen, insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen (EuGH, U.v. 13.11.2014 – Pérez, C-416/13 – juris Rn. 65).
Nach bayerischem Landesrecht beträgt das Ruhegehalt mindestens 35 v.H. der ruhegehaltfähigen Bezüge (Art. 26 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG). Die zur Erdienung der Mindestversorgung erforderliche Dienstzeit beträgt 19,5 Jahre, da der Ruhegehaltssatz nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 v.H. beträgt.
Diese rechnerische Größe stellt eine Orientierungshilfe, aber keine bindende Vorgabe für die Bestimmung des Einstellungshöchstalters dar. Dem Landesgesetzgeber steht insoweit ein Spielraum zu. Er muss sich nicht strikt an die zur Erdienung einer Mindestversorgung erforderlichen Dienstzeit von 19,5 Jahren orientieren, sondern darf eine gewisse weitere Zeitspanne als „Finanzierungspuffer“ berücksichtigen (vorliegend: 2,5 Jahre; vgl. hierzu: BVerfG, B.v. 14.2.2019 – 2 BvR 2781/17 – juris Rn. 22). Eine verfassungsrechtlich vorgegebene konkret bezifferbare Einstellungshöchstaltersgrenze existiert nicht. Es ist daher nicht ausgeschlossen, ein Lebensalter als Höchstaltersgrenze festzulegen, das niedriger liegt als dasjenige, das sich aus dem Ruhestandsalter abzüglich einer Dienstzeit von 19,5 Jahren ergibt. Das folgt aus dem Zweck der Höchstaltersgrenze, der lebenslangen amtsangemessenen Versorgung eine angemessene Lebensdienstzeit gegenüberzustellen (BVerwG, U.v. 11.10.2016 a.a.O. juris Rn. 24). Die Einstellungshöchstgrenze gewährleistet – insbesondere vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und Ruhestandsgrenzen – ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebenszeit und Ruhestandszeit und damit zwischen aktiver Beschäftigungszeit und Versorgungsansprüchen (s. demgegenüber einzelne Stimmen in der Literatur, etwa die Ausführungen von Kühling/Bertelsmann, NVwZ 2010, 87/90, auf die sich die Klägerin bezieht, und v. Roetteken in Beamtenstatusgesetz, Stand: Feb. 2020, 3. Rechtfertigung einer Altersdiskriminierung nach Art. 6 RL 2000/78/EG, Rn. 295; s. ferner Battis/Grigoleit/Hebeler, NVwZ 2016, 194/198, die auf fortbestehende Rechtsunsicherheiten aufgrund der Volatilität der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verweisen).
Das Erfordernis einer ausgewogenen Altersstruktur ist hingegen zur Rechtfertigung von Einstellungshöchstaltersgrenzen weitgehend ungeeignet, weil sich die Altersstruktur im Wesentlichen aus den im Haushalt vorgesehenen Stellen ableiten lässt (BVerfG, B.v. 21.4.2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 – juris Rn. 77 ff.; BVerwG, U.v. 11. 10.2016 – 2 C 11.15 – juris Rn. 18).
b. Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
(1) Da § 8 Abs. 4 BeamtStG eine rückwirkende Ernennung zum Beamten ausschließt, ist das angefochtene Urteil bereits ergebnisrichtig, soweit es den Zeitraum vom 30. September 2017 bis zum 24. April 2019 (= Entscheidung im schriftlichen Verfahren) betrifft.
(2) Zu Unrecht fordert die Klägerin, die Regelung müsse gemessen an dem von ihr verfolgten Ziel unentbehrlich sein. Dies lässt außer Acht, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Mitgliedstaaten über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen verfügen, die sie zur Erreichung eines legitimen Ziels für erforderlich halten (BVerfG, B.v. 21.4.2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 – juris Rn. 90; BVerwG, U.v. 20.9.2018 – 2 A 9.17 – juris Rn. 47; U.v. 11.10.2016 a.a.O. Rn. 22; U.v. 23.2.2012 – 2 C 76.10 – juris Rn. 21).
(3) Der Umstand, dass lebensältere Bewerber typischerweise bereits außerhalb des öffentlichen Dienstes Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben und die sich aus diesen Anwartschaften nach Erreichen der Altersgrenze ergebenden Renten in voller Höhe auf das Mindestruhegehalt anzurechnen sind, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung.
Der Anrechnung steht nämlich gegenüber, dass bei der Einstellung von lebensälteren Beamten Vordienstzeiten regelmäßig in erheblich größerem Umfang vorliegen als bei lebensjüngeren Personen. Damit verschiebt sich das Verhältnis von tatsächlich geleisteter Dienstzeit und der Zeit des Ruhestands. Eine solche Verschiebung wird auch nicht dadurch (vollständig) aufgewogen, dass Rentenansprüche aus einem vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis zur Kürzung von Versorgungsansprüchen führen können (vgl. BVerfG, B.v. 14.2.2019 – 2 BvR 2781/17 – juris Rn. 25). Denn diese Zeiten erhöhen andererseits den Versorgungsanspruch, wenn sie ruhegehaltsfähige Vordienstzeiten darstellen. Dies ist bei beruflichen Vordienstzeiten von Lehrern im öffentlichen Schuldienst der Fall (vgl. Art. 19 Nr. 1 b) BayBeamtVG).
(4) Der Hinweis, die Altershöchstgrenze sei nicht erforderlich, weil eine Diskriminierung durch eine Anpassung des Versorgungssystems vermieden werden könne, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 19. Februar 2009 (2 C 18.07 – juris Rn. 18 ff.) mit dieser Frage auseinandergesetzt und überzeugend dargelegt, dass es keine systemkonforme, rechtlich unbedenkliche Lösung gebe, die überhöhten Kosten im Rahmen des Versorgungsrechts zu vermeiden. Es hat außerdem darauf hingewiesen, dass bei der Wahl des Mittels, um ein legitimes Ziel zu erreichen, ein Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers bestehe. Bei der rechtlichen Beurteilung des Art. 23 BayBG kann darüber hinaus berücksichtigt werden, dass die Altersgrenze von 45 Jahren ohnehin ziemlich hoch angesetzt ist, und dass bei der Einstellung noch älterer Bewerber die zeitliche Diskrepanz zwischen der aktiven Dienstzeit und der Dauer des Ruhestands unverhältnismäßig wachsen würde (vgl. Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Okt. 2019, Art. 23 BayBG Rn. 15).
(5) Das Fehlen einer Einstellungshöchstgrenze auf Bundes- und teils auch auf Landesebene (vgl. zur Regelungslage: Eck in BeckOK Beamtenrecht Bayern, Stand: Dez. 2019, Art. 23 Rn. 1) begründet für sich genommen nicht die Verfassungswidrigkeit der hier inmitten stehenden bayerischen Regelung, sondern ist Ausdruck des Föderalismus.
(6) Das in der Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) enthaltene Verbot der Diskriminierung wegen des Alters wird durch die Bestimmungen der Richtlinie 2000/78/EG für den Bereich der Beschäftigung und des Berufs konkretisiert. Es kann daher insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden (vgl. auch Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 21 GRC Rn. 80 a.E.).
(7) Die Einstellungshöchstaltersgrenze verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Die Klägerin trägt insoweit – unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 2012 (2 C 76.10 – juris Rn. 23) – vor, der Einschätzungsspielraum werde bei der Festlegung der Einstellungshöchstaltersgrenze durch den in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz erheblich eingeschränkt. In den Fällen, in denen sich dem Lebensalter der Bewerber keine Rückschlüsse auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gezogen werden könnten, müsse der Zugang zum Beamtenverhältnis auch für ältere Bewerber mit außergewöhnlichem Werdegang oder Lebensweg offen gehalten werden. Gleiches gelte für Bewerber, deren Berufsausbildung sich aus anerkennenswerten Gründen verzögert habe. Den Angehörigen dieser Gruppen müsse bei typisierender Betrachtung eine realistische Chance eröffnet werden, nach leistungsbezogenen Kriterien Zugang zum Beamtenverhältnis zu erhalten.
Richtig ist, dass für die widerstreitenden Grundsätze von Art. 33 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 5 GG im Hinblick auf die Einstellungshöchstgrenze praktische Konkordanz herzustellen ist (BVerfG, B.v. 14.2.2019 – 2 BvR 2781/17 – juris Rn. 14). Dass dies nur durch eine Ausnahmeregelung, die auch auf die persönlichen Umstände und die individuelle Laufbahn des Bewerbers Rücksicht nimmt, erfolgen kann, lässt sich der höchstrichterlichen Entscheidung aber nicht entnehmen. Im Übrigen sieht Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG mit dem Abstellen auf die Vollendung des 45. Lebensjahrs eine relativ hohe Altersgrenze vor. Die Festlegung auf das 45. Lebensjahr ist Ausfluss einer typisierenden Berücksichtigung des beruflichen Werdegangs (inklusive Vor- und Ausbildung) unter Einbeziehung (anerkennenswerter) beruflicher Verzögerungen bzw. von Kindererziehungszeiten etc. (vgl. Eck in BeckOK Beamtenrecht Bayern, Stand: Dez. 2019, Art. 23 BayBG Rn. 29). Aufgrund des in der bayerischen Regelung großzügig bemessenen zeitlichen Korridors für die Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis besteht kein Erfordernis, weitgehende Ausnahmen, wie sie der Klägerin vorschweben, zu statuieren.
Das Einstellungshöchstalter des vollendeten 45. Lebensjahrs eröffnet auch solchen Beamtenbewerbern eine realistische Zugangschance, deren beruflicher Werdegang sich aus anerkennenswerten Gründen verzögert hat. Das streitgegenständliche Einstellungshöchstalter orientiert sich offensichtlich nicht ausschließlich an dem Zeitraum, der üblicherweise für die Erlangung der Qualifikation benötigt wird (BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 76.10 – juris Rn. 22 f.; B.v. 25.7.2014 – 2 B 40.13 – juris Rn. 8).
2. Der Rechtsstreit weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern.
a. Die Klägerin meint, in tatsächlicher Hinsicht seien, wie die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13. November 2014 (Pérez, C-416/13 – juris) zeige, umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen zur Frage der Haushaltsbelastung und Altersstruktur erforderlich, wenn man diese als legitimes Ziel anerkennen wolle.
Haushaltserwägungen und Altersstruktur stellen für sich allein kein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie dar. Das Einstellungshöchstalter erhält hier seine Legitimation allein aus dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, konkrete bzw. ausführliche statistische Erhebungen oder Berechnungen über Auswirkungen unterschiedlicher Festlegungen auf die Versorgungslasten zu Grunde zu legen bzw. diese laufend zu aktualisieren. Ausreichend ist vielmehr eine plausible und nachvollziehbare Planung (Eck in BeckOK Beamtenrecht Bayern, Stand: Dez. 2019, Art. 23 BayBG Rn. 58; BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 76.10 – juris Rn. 39).
b. In rechtlicher Hinsicht wirft die Rechtsache aus Sicht der Klägerin „eine Reihe schwieriger Fragen auf“. Es handele sich insbesondere um die europarechtlich nicht geklärte Frage der Rechtfertigung von absoluten Altershöchstgrenzen für die Berufung in das Beamtenverhältnis in Fällen, in denen das Alter keine besondere berufliche Anforderung (wie etwa bei Streitkräften, Polizisten oder Rettungsdiensten) darstellt.
Eine besondere Schwierigkeit im Rechtlichen liegt nicht vor, wenn sich die entscheidungserheblichen Rechtsfragen ohne weiteres anhand der anzuwendenden Rechtsnormen klären lassen (vgl. Roth in BeckOK VwGO, Stand: Jan. 2020, § 124 Rn. 45). Hier folgt sowohl aus § 10 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 AGG als auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b RL 2000/78/EG, dass die Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand eine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigt. Wann die Einstellungshöchstgrenze im Einzelfall als angemessen und erforderlich anzusehen ist, ist in der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
3. Der Rechtsache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Die Frage der „unionsrechtlichen Vereinbarkeit von starren Altersgrenzen bei Nichtvorhandensein von besonderen beruflichen Anforderungen der Tätigkeit“ stellt sich im konkreten Verfahren bereits deshalb nicht, weil Art. 23 BayBG die Möglichkeit einer Ausnahme von der Altersgrenze vorsieht und somit keine starre Altersgrenze Verfahrensgegenstand ist. Im Übrigen wäre die Frage der Vereinbarkeit von „Altersgrenzen bei Nichtvorhandensein von besonderen beruflichen Anforderungen“ mit Unionsrecht in dieser Allgemeinheit auch einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
4. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) wegen der geltend gemachten Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 2012 (2 C 76.10 – juris) liegt nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht geht in der genannten Entscheidung nicht – wie von der Klägerin behauptet – davon aus, die Altershöchstgrenze könne nur bei entsprechenden Ausnahmeregelungen als verfassungsgemäß angesehen werden. Der genannten Entscheidung lässt sich auch nicht entnehmen, dass eine Ausnahmeregelung stets auch an die persönlichen Umstände des Bewerbers anknüpfen müsste.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Im ersten Rechtszug beträgt der Streitwert insgesamt 27.199,92 €. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 40, § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Sätzen 1 bis 3 GKG, wonach in den Fällen, in denen die Übernahm in ein Beamtenverhältnis auf Probe abgelehnt worden ist, als Streitwert die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu bezahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen anzusetzen ist. Maßgeblich hierfür ist gemäß § 40 GKG der Zeitpunkt der Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht (August 2018). Der Familienzuschlag bleibt hierbei außer Betracht (§ 52 Abs. 6 Satz 3 GKG), wohingegen die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) anteilig zu berücksichtigen ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118). Damit ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 27.199,92 € (Grundgehalt Besoldungsgruppe A 13 Stufe 5 in Höhe 4.300,24 € x 12 = 51.602,88 € zzgl. jährliche Sonderzahlung in Höhe von 2.795,16 (0,65 x 4.300,24) = 54.398,04 € / 2 = 27.199,02 €). Die Abänderungsbefugnis für die Streitwertfestsetzung erster Instanz ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
Für den zweiten Rechtszug beträgt der Streitwert 28.069,40 € (§ 40, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 bis 3 GKG), da die Anlage 3 zum BayBesG im gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Einleitung des Zulassungsverfahrens (August 2019) andere Grundgehaltssätze vorsah. Die Begrenzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG findet in der vorliegenden Konstellation, in der die Klägerin Rechtsmittelführerin ist, keine Anwendung (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2013 – 7 KSt 5.13 – juris Rn. 3; Hecker in Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, i) Wertberechnung in Rechtsmittelverfahren, § 47 GKG).
6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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