Arbeitsrecht

Fiktive Terminsgebühr, Einigungsgebühr, Verfahrensgebühr, Bewilligung von Prozesskostenhilfe, Außergerichtlicher Vergleich, Mittelgebühr, Schriftlicher Vergleichsvorschlag, Staatskasse, Gerichtlicher Vergleich, Rechtsanwaltes, Beigeordneter Rechtsanwalt, Nichtzulassungsbeschwerde, Vergleichsangebote, Gebührenansprüche, Vergütungsanspruch, Vergütungsfestsetzungsverfahren, Beschlüsse, Widerspruchsverfahren, Vermögensverhältnisse, Beigeordneter Anwalt

Aktenzeichen  L 12 SF 330/18

Datum:
6.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ASR – 2020, 218
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

1 O 690/18 2018-06-21 Bes SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 21.06.2018, S 6 SF 58/18 E, und die Vergütungsfestsetzung der Urkundsbeamtin des SG vom 03.05.2018 abgeändert. Die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung wird auf 211,22 Euro festgesetzt.
II. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Gründe

I.
Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung des Beschwerdeführers (Bf) nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).
In dem dieser Kostensache zugrundliegenden Verfahren mit dem Az.: S 4 U 5002/17 L erhob der Bf am 13.01.2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) und begehrte für den Kläger die Zahlung einer Verletztenrente aufgrund einer MdE in Höhe von 80 v.H. anstatt von 70 v.H. Die Klage begründete er mit substantiiertem Sach- und Rechtsvortrag, er nahm zur Klageerwiderung Stellung und reichte die vom Gericht angeforderten ausgefüllten Formularblätter zur Einholung von Befundberichten sowie die Unterlagen für die PKH ein.
Nach Einholung eines interdisziplinären medizinischen Gutachtens nach Aktenlage durch die Beklagte unterbreitete diese einen Vergleichsvorschlag dahingehend, dass ab Beginn der Verletztendauerrente die verbliebenen Unfallfolgen mit einer Gesamt-MdE von 80 v.H. bewertet werden. Außergerichtliche Kosten würden zu einem Anteil von 3/4 der angemessenen Gebührensätze erstattet. Beigefügt war dem Schreiben die dem Vergleichsangebot zugrundeliegende beratungsärztliche Stellungnahme.
Das SG bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 16.06.2017 Prozesskostenhilfe und ordnete den Bf bei.
Mit Schriftsatz vom 19.07.2017 teilte die Beklagte dem Gericht die Erweiterung ihres Vergleichsangebots nach Rücksprache mit dem Bf dahingehend mit, dass dem Kläger die im Widerspruchsverfahren entstandenen angemessenen Kosten zu 100%, jedoch unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Anrechnung der Kosten für das gerichtliche Verfahren, zusätzlich erstattet würden.
Sodann nahm der Bf am 03.08.2017 das erweiterte Vergleichsangebot der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Am 25.09.2017 beantragte der Bf die Festsetzung seiner PKH-Vergütung auf 1.463,70 Euro. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG sei wegen des erheblichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von 465,00 Euro angefallen, die Einigungsgebühr Nr. 1006 daher in gleicher Höhe. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei wegen der telefonischen Besprechung angefallen und mit der Mittelgebühr in Höhe von 280,00 Euro anzusetzen. Hinzu kamen die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro sowie die Umsatzsteuer (233,70 Euro). Die daraufhin zur Stellungnahme aufgeforderte Beklagte akzeptierte die Kostenrechnung in Bezug auf Verfahrens- und Einigungsgebühr sowie Postpauschale (einschließlich USt. somit in Höhe von 1.130,50 Euro) und überwies entsprechend der im Vergleich vereinbarten Quote außergerichtliche Kosten in Höhe von 847,88 Euro (= 75% von 1.130,50 Euro) an den Bf. Eine fiktive Terminsgebühr sei nicht entstanden, da weder ein schriftlicher Prozessvergleich geschlossen worden sei noch die nach dem ersten Vergleichsangebot geführten Telefonate mit dem Bf eine solche auslösten. Die Beklagte teilte weiter mit, für das Vorverfahren habe der Bf 422,45 Euro entsprechend seiner Rechnung vom 27.10.2017 erhalten. In dieser hatte der er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG in Höhe von 510,00 Euro geltend gemacht und hiervon 175,00 Euro gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 2 VV RVG abgezogen. Dies entspreche der im Vergleich vereinbarten Vorgehensweise.
Das SG hat weiter Gesprächsnotizen zu den zwischen der Beklagten und dem Bf geführten Telefonaten beigezogen. Der Bf verblieb bei der Auffassung, dass die mit der Beklagten geführten Gespräche eine Terminsgebühr nach VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 RVG auslösen würden.
Am 03.05.2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die vom Beschwerdegegner (Bg) zu erstattenden Kosten auf 0,00 Euro fest. Hierbei ging sie vom Anfall der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 200,00 Euro aus und damit auch vom Anfall der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 200,00 Euro. Nicht anzuerkennen sei dagegen das Entstehen einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG. Weder habe ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, noch sei eine fiktive Terminsgebühr entstanden. Die Gebühr sei auch nicht nach Vormerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG entstanden. Insoweit werde auf die Entscheidung des BayLSG vom 16.12.2016 – L 15 SF 63/15 – verwiesen, wonach Voraussetzung für den Anfall dieser Gebühr sei, dass außergerichtliche Gespräche einer bestimmten qualitativen Anforderung genügen müssten. Sie müssten konkret an Umfang und Intensität einem Gerichtstermin gleichkommen. Die sowohl seitens der Beklagten als auch vom Bf eingereichten Nachweise über die stattgefundenen telefonisch geführten Gespräche kämen indes keinem Gerichtstermin gleich und reichten nicht für das Entstehen einer Erledigungsgesprächsgebühr aus. Den Gesamtbetrag bezifferte die Urkundsbeamtin mit 499,80 Euro, 1/4 hiervon mit 124,95 Euro. Unter Anrechnung der von der Beklagten bereits erstatteten Kosten in Höhe von 847,88 Euro ergebe sich daher kein Zahlbetrag mehr aus der PKH.
Dagegen hat der Bf am 22.05.2018 Erinnerung eingelegt und eine Begründung binnen drei Wochen angekündigt. Das SG hat mit Beschluss vom 21.06.2018 den Beschluss vom 03.05.2018 abgeändert und die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 112,06 Euro festgesetzt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfahrensgebühr Nr. 3106 VV RVG sei in Höhe der Mittelgebühr mit 300,00 Euro festzusetzen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei als unterdurchschnittlich zu werten, da keine Stellungnahmen zu Befundberichten oder Gutachten hätten abgegeben werden müssen. Die Schwierigkeit der Angelegenheit bewertete das SG als durchschnittlich, ebenso die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers seien unterdurchschnittlich, ein besonderes Haftungsrisiko liege nicht vor. Insgesamt stufte das SG den Rechtsstreit als Durchschnittsfall ein, für den die Mittelgebühr anzusetzen sei. Demnach betrage auch die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG 300,00 Euro.
Außerdem sei eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Verbindung mit Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 anzuerkennen. Das Telefonat am 04.07.2017 erfülle die hierfür von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, ua der Vergleichbarkeit des Gesprächs mit einem gerichtlichen Termin (BayLSG, Beschluss v. 16.12.2016, – S 15 SF 63/15). Die Höhe der Gebühr bestimme sich nach den Kriterien des § 14 RVG. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien unterdurchschnittlich gewesen, ebenso wie die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Nach Gesamtabwägung halte das Gericht daher eine Terminsgebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr (186,67 Euro) für angemessen.
Der Gesamtgebührenanspruch für das Klageverfahren mit dem Az.: S 4 U 5002/17 L betrage daher einschließlich Telekommunikationspauschale (20,00 Euro) und Umsatzsteuer (153,27 Euro) insgesamt 959,64 Euro. Auf diesen Gebührenanspruch habe sich der Bf aber die von der Beklagten bereits erhaltenen Gebühren von 847,88 Euro anrechnen zu lassen, so dass ein weiterer Gebührenanspruch gegen die Staatskasse nur in Höhe von 112,06 Euro bestünde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bf vom 03.08.2018. Der Beschluss sei bereits wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs rechtswidrig, denn er habe unter dem 26.06.2018 die angekündigte Begründung der Erinnerung eingereicht, die nicht berücksichtigt worden sei. Auch inhaltlich sei der Beschluss des SG teilweise fehlerhaft. So sei schon die generelle Annahme des SG, ein Verfahren über Verletztenrente sei dem Grunde nach ein Durchschnittsverfahren, unzutreffend. Vorliegend sei vielmehr bereits der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wegen der Auswertung medizinischer Unterlagen sowie wegen der Sprachschwierigkeiten mit dem Kläger als überdurchschnittlich zu werten. Allein der Zeitaufwand für die Erstellung der Klageschrift habe mehr als fünf Stunden betragen. Hinzu komme die erschwerte Kommunikation mit dem Kläger, die über einen Dolmetscher erfolgt sei, sowie die intensive Befassung mit dem Vergleichsangebot der Beklagten. Unabhängig vom Umfang sei die Angelegenheit auch rechtlich überdurchschnittlich schwierig gewesen, da medizinische Fachliteratur habe zu Rate gezogen werden müssen. Er habe sich mit Gutachten und Befundberichten auseinandersetzen müssen. Allein dieser Umstand rechtfertige bereits die Annahme überdurchschnittlichen Umfangs sowie Schwierigkeit (BSG, Beschluss v. 25.04.2018, – B 5 R 22/18). Die Vermögensverhältnisse des Klägers seien allenfalls leicht unterdurchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit wegen der Gewährung von Lohnersatzleistungen überdurchschnittlich, da die Verletztenrente die weitgehend einzige Einnahmequelle des Klägers sei. Bei der Terminsgebühr sei auch die Vor- und Nachbereitung zu berücksichtigen. Die Gebührenbestimmung des Bf sei daher sowohl im Hinblick auf die Verfahrensgebühr (465,00 Euro) als auch auf die Terminsgebühr (Mittelgebühr mit 280,00 Euro) nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei die Zahlung der Beklagten ohnehin nach § 58 Abs. 2 RVG zunächst auf die Vergütung anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht bestünde, so dass in jedem Fall 615,82 Euro auszuzahlen seien (1.463,70 Euro./. 847, 88 Euro).
Der Beschwerdegegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens mit dem Az.: S 6 SF 58/18 E und die beigezogenen Akten des SG mit den Az.: S 4 U 5002/17 L verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zum Teil erfolgreich.
1) Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper. Die Entscheidung ergeht ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
2) Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Bf nach dem 31.07.2013 erteilt worden.
3) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
4) Die Beschwerde ist insoweit begründet, als eine höhere Terminsgebühr festzusetzen ist und sich daraus ein höherer Gebührenanspruch ergibt. Soweit der Bf darüber hinaus auch eine höhere Verfahrens- und Einigungsgebühr sowie eine geringere Anrechnung begehrt, ist sie unbegründet.
a) Der dem Rechtsanwalt zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff. RVG. Zentrale Bedeutung hat bei der Gebührenfestsetzung § 14 RVG. Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Betragsrahmengebühren ist die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Das Leistungsbestimmungsrecht des Rechtsanwalts gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs (vgl. die Entscheidung des 15. Senats des BayLSG vom 21.03.2011, – L 15 SF 204/09 BE -, m.w.N.). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH geltend macht (a.a.O.).
Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, um nach Möglichkeit Streit über die billige Gebühr zu vermeiden. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Verbindlich ist die von ihm vorgenommene Bestimmung der Gebühr nur, wenn sie tatsächlich billigem Ermessen entspricht. Im Fall einer nicht verbindlichen, d.h. nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt, wird die Gebühr im Vergütungsfestsetzungsverfahren bestimmt (a.a.O.). Der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (Kostenbeamter), im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen. Bei der Bestimmung der billigen Gebühr anhand der Kriterien von § 14 Abs. 1 RVG wird dem Rechtsanwalt zu Recht und im Einklang mit der Systematik des § 315 BGB ein gewisser Spielraum bzw. Toleranzrahmen zugestanden. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung hält der Senat eine vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr für noch verbindlich, wenn sie bis zu 20% von der Gebühr abweicht, die der Kostenbeamte und ggf. das Gericht bzw. Beschwerdegericht für angemessen halten (vgl. hierzu Entscheidung des Senats vom 24.03.2020, – L 12 SF 271/16 E; vgl. auch Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 14, Rn. 12, m.w.N.; Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Aufl., § 14, Rn. 36 ff.).
b) Unter Berücksichtigung der aufgeführten Kriterien ist die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers unbillig und war neu festzusetzen.
aa) Für die Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung nicht mehr als die vorliegend festgesetzte Gebühr von 300,00 Euro. Wie die Kostenrichterin im Ergebnis zutreffend festgestellt hat, kann ein höherer Betrag nicht zuerkannt werden. Zwar sieht der Senat in Abweichung vom SG auch den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als durchschnittlich und nicht unterdurchschnittlich an, da der Bf die Klage erhoben, substantiiert begründet, auf die Klageerwiderung des Beklagten repliziert sowie Unterlagen eingereicht hat. Auch wenn wegen des Vergleichsvorschlages der Beklagten keine schriftsätzlichen Ausführungen mehr zu den Befundberichten sowie zu der von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme mehr erforderlich waren, so musste der Bf diese Unterlagen wenigstens inhaltlich zur Kenntnis nehmen, um die Angemessenheit des Vergleichs abschätzen zu können. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Kommunikation mit dem Kläger durch die Einschaltung eines Dolmetschers erschwert war.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist ebenfalls durchschnittlich, ebenso wie die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers waren unterdurchschnittlich. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt und insoweit von einer eigenen Begründung absieht, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG, festgestellt. Bei drei durchschnittlichen und einem unterdurchschnittlichen Kriterium ist die Mittelgebühr (300,00 Euro) angemessen.
Auch die vom Bf vorgebrachten Argumente rechtfertigen keine höhere Festsetzung. Soweit der Bf auf den Beschluss des BSG vom 25.04.2018, – B 5 R 22/18 -, abstellt, führt dies zu keiner anderen Betrachtung. Der Bf meint aus der Entscheidung herauszulesen, dass allein das Befassen mit Gutachten und Befundberichten bereits zu einem überdurchschnittlichen Umfang sowie einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit führe. Dem ist jedoch nicht so. Das BSG hat vielmehr in dem dort zu bewertenden Einzelfall festgestellt, dass sich in der Akte sowohl Befundberichte als auch Gutachten (Mehrzahl!) befanden, mit denen sich der dortige Prozessbevollmächtigte auseinandergesetzt und eine 25seitige Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde verfasst hatte. Vorliegend war eine schriftsätzliche Auseinandersetzung mit der knapp 5seitigen beratungsärztlichen Stellungnahme wegen des Vergleichsangebotes der Beklagten jedoch gerade nicht mehr erforderlich und ist auch nicht erfolgt. Auch das BSG hat in dem zitierten Beschluss hervorgehoben, dass bei der Bewertung der einzelnen Kriterien des § 14 RVG auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen sei. Eine generelle Aussage dahingehend, dass die Befassung mit Gutachten immer zu einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit führt, enthält der Beschluss nicht. Vorliegend kommt aus den genannten Gründen eine höhere Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG als die Mittelgebühr nicht in Betracht.
bb) Die Einigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV RVG folgt der Verfahrensgebühr und war daher ebenfalls auf 300,00 Euro festzusetzen.
cc) Dem Bf steht zudem die Terminsgebühr auch nach Nr. 3106 Anm. Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 VV RVG zu.
Nach Nr. 3106 VV RVG entsteht in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen – wie hier – Betragsrahmengebühren entstehen, eine Terminsgebühr. Gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG wird mit dieser Gebühr (u.a.) die Wahrnehmung von gerichtlichen und außergerichtlichen Terminen durch den Anwalt abgegolten. Die Terminsgebühr entsteht darüber hinaus nach Anm. Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 zu Nr. 3106 VV RVG auch in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, wenn „in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird“. Im hier maßgeblichen Klageverfahren hat zwar keine mündliche Verhandlung stattgefunden, der Bf hatte jedoch den Vergleichsvorschlag mit der Beklagten telefonisch besprochen. Hierfür ist – wie das SG zutreffend festgestellt hat -, eine sog. Besprechungsterminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 iVm Nr. 3106 VV RVG angefallen. Das Telefonat des Bf mit der Beklagten war ausreichend, um den Anfall der Besprechungsterminsgebühr auszulösen. Der Senat teilt in Anlehnung an die Rechtsprechung des vormaligen Kostensenats des BayLSG (siehe ua Beschluss vom 16.12.2016, Az.: L 15 SF 63/15 E) zwar die Auffassung, dass hinsichtlich des Entstehens einer Terminsgebühr nach der genannten Vormerkung eine nicht zu großzügige Haltung angebracht ist. So kann nicht jede noch so kurze Anfrage ohne weiteres Auslöser für das Entstehen einer Terminsgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VV RVG sein. Voraussetzung ist vielmehr ein inhaltliches Gespräch über eine einvernehmliche Beendigung des Verfahrens. Vorliegend haben aber unstreitig mehrere Telefonate des Bf mit der Beklagten stattgefunden, in denen der Vergleich mit seinem konkreten Inhalt besprochen wurde. Für das Entstehen der Gebühr ist aber nicht erforderlich, dass ein hohes Maß an Vergleichbarkeit der Besprechung mit einem regulären Termin besteht und die außergerichtlichen Gespräche konkret an Umfang und Intensität einem Gerichtstermin gleichkommen müssen (so noch BayLSG, Beschluss vom 16.12.2016, Az.: L 15 SF 63/15, juris). Diese Voraussetzung lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen (vgl. hierzu den Grundsatzbeschluss des Senats vom 19.02.2020, – L 12 SF 48/17 E).
Darüber hinaus ist die Terminsgebühr aber auch durch den Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nach Nr. 3106 Anm. S. 1 Nr. 1 Alt. 2 VV RVG entstanden. Denn der Bf hat für den Kläger einen schriftlichen Vergleichsvorschlag der Beklagten (Schriftsatz vom 19.07.2017) mit Schriftsatz vom 03.08.2017 angenommen.
Ob es sich bei einem solchen, ohne Protokollierung bzw. Beschluss des Gerichts nach § 101 SGG oder § 278 Abs. 6 ZPO geschlossenen Vergleich um einen „schriftlichen Vergleich“ i.S.d. Anm. Satz 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (s. zusammenfassend Loytved, jurisPR-SozR 8/2018 Anm. 5 m.w.N.). Nach einer überwiegend in der Literatur vertretenen Auffassung genügt die Mitwirkung des Rechtsanwalts an einem außergerichtlichen privatschriftlichen Vergleich (zB. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, § 3 Rn 64a; Schneider in Rehberger/Asperger, RVG, 7. Aufl. 2020, Terminsgebühr nach Teil 3, 5.2.2), während die Rechtsprechung (noch) vorwiegend den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder nach § 278 Abs. 6 ZPO iVm § 202 SGG verlangt (LSG NRW, Beschluss v. 20.03.2020, – L 11 SF 118/18; LSG Thüringen, Beschluss v. 20.02.2019, -L 1 SF 294/18 B). Auch das BayLSG hat mit Beschluss vom 22.05.2015, – L 15 SF 115/14 E -, noch einen entsprechenden Vergleichs- bzw. Feststellungsbeschluss des Gerichts für notwendig erachtet.
Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat demgegenüber in seinem Beschluss v. 14.03.2018 (Az.: L 13 SB 1/17 B, mit Anm. Loytved, jurisPR-SozR 8/2018 Anm. 5) ausgeführt, bis zum 31.07.2013 sei der „schriftliche Vergleich“ als Fall einer fiktiven Terminsgebühr in Nr. 3106 RVG-VV anders als bei Nr. 3104 RVG-VV nicht erwähnt worden. Diese unterschiedlichen Formulierungen bei Rahmengebühren und Gebühren nach Gegenstandswert habe der Gesetzgeber im Kostenrechtsmodernisierungsgesetz offensichtlich einander angleichen wollen. Soweit aus dieser Harmonisierung vielfach (vgl. zum Beispiel LSG A-Stadt, Beschluss. v. 11.03.2015 – L 9 AL 277/14 B) geschlossen werde, dass damit auch für die Gebührenvorschrift über Rahmengebühren geklärt sei, dass nur gerichtliche Vergleiche „schriftliche Vergleiche“ seien, so vermöge dies den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Zum einen sei auch bei der fiktiven Terminsgebühr nach Gegenstandswert keineswegs völlig unumstritten, dass diese nur bei einem gerichtlichen Vergleich entstehe (vgl. z. B. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, VV 3104 Rn. 69). Zum anderen dürfte der Hauptanwendungsbereich der Nr. 3104 RVG-VV (bzw. der Nr. 3202 RVG-VV für das Berufungsverfahren) die Zivilgerichtsbarkeit sein, bei der sich die Frage der Honorierung eines außergerichtlichen Vergleichs ohne anschließende Protokollierung oder Vollstreckbarerklärung durch das Gericht eher als ungewöhnlich und selten darstellen dürfte, da im Zivilprozess von vornherein ein eminentes Interesse an einem Vollstreckungstitel bestehe. Auch im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit und bei gerichtskostenpflichtigen Streitigkeiten der Sozialgerichtsbarkeit (Leistungserbringerrecht) bestehe wenig praktischer Bedarf für echte außergerichtliche Vergleiche. Demgegenüber habe diese Art der Beendigung des Rechtsstreits traditionell eminente Bedeutung im gerichtskostenfreien Sozialleistungsrecht. § 278 Abs. 6 ZPO habe in diesem Bereich, in dem gerade die Rahmengebühren anfielen, überhaupt keine praktische Bedeutung erlangt. Dies dürfte erst recht für § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG gelten, der von der Praxis ohnehin weitgehend als nicht praktikabel abgelehnt werde.
Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage nach Sinn und Zweck der fiktiven Terminsgebühr. Dieser liege völlig offensichtlich nicht darin, die Vergleichsbereitschaft des Rechtsanwalts zu fördern (so allerdings Müller-Rabe, a.a.O.), denn die Mühewaltung für den Vergleichsabschluss werde mit der Einigungsgebühr abschließend und hinreichend honoriert. Es handele sich bei der fiktiven Terminsgebühr vielmehr um eine Honorierung des Rechtsanwaltes dafür, dass er dem Gericht den Aufwand einer mündlichen Verhandlung erspare. Bei rein teleologischer Betrachtung habe der Rechtsanwalt damit eindeutig diese fiktive Terminsgebühr bei einem außergerichtlichen Vergleich ebenso verdient wie bei einem förmlich beschlossenen Vergleich (so auch LSG München, Beschluss vom 22.05.2015 – L 15 SF 115/14 E). Soweit in der Rechtsprechung (LSG München, a.a.O., LSG A-Stadt, a.a.O.) sodann aber die Auffassung vertreten werde, aus systematischen Gründen falle der sogenannte außergerichtliche Vergleich gleichwohl nicht unter die fiktive Terminsgebühr, weil nur die Bereitschaft des Anwalts honoriert werde, vom Gericht initiierte Möglichkeiten, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu beenden, nicht zu konterkarieren, so halte der erkennende Senat dies für nicht zutreffend. Dies zeigten die anderen Alternativen für das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr. Insbesondere bei einer Beendigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis spiele initiatives Handeln des Gerichts ersichtlich keine Rolle.
Soweit (vgl. LSG A-Stadt, a.a.O.) gegen eine weite Auslegung des Begriffs „schriftlicher Vergleich“ eingewandt werde, damit stelle sich die Problematik, ob eine übereinstimmende Erledigung überhaupt ein Vergleich sei, welche man bei der Umwandlung der früheren Vergleichsgebühr in eine Einigungsgebühr habe gerade vermeiden wollen, überzeuge auch diese Argumentation nicht. Die Einigung nach den Nr. 1000 ff. RVG-VV setze ebenfalls ein gegenseitiges Nachgeben voraus, sodass die Unterscheidung von „Einigung“ und „Vergleich“ in der weit überwiegenden Zahl der Fälle eher akademischer Natur sein dürfte. Im Übrigen stelle sich aus Sicht des Landessozialgerichts die Klärung der Frage, ob ein Vergleich vorliege, in der Praxis allenfalls deshalb zuweilen als schwierig dar, weil Erklärungen der Beteiligten ausgelegt werden müssten und ungenau formuliert seien.
Schließlich könne eine enge Auslegung der Vorschrift den Effekt haben, die Bereitschaft von Rechtsanwälten zu mindern, einen prozessökonomischen außergerichtlichen Vergleich abzuschließen. Soweit das LSG München (a.a.O.) meine, das Drängen auf einen protokollierten Vergleich nur zum Erlangen einer fiktiven Terminsgebühr löse wegen Verletzung des Kostenminderungsgrundsatzes von vornherein keine fiktive Terminsgebühr aus, halte das Landessozialgericht dies zumindest für fraglich. Rein praktisch sei davon auszugehen, dass Rechtsanwälte in der Lage sein dürften, ihr Beharren auf eine Vergleichsform, die nach Auffassung des LSG München eine fiktive Terminsgebühr auslöse, mit Sachargumenten zu untermauern.
Der nunmehr für das Kostenrecht zuständige Senat folgt dieser überzeugenden Rechtsprechung des LSG Mecklenburg-Vorpommern und schließt sich ihr an.
Denn Anm. Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 zu Nr. 3106 VV RVG verlangt schon nach seinem Wortlaut gerade keinen „gerichtlichen“, sondern nur einen „schriftlichen“ Vergleich. Einen Hinweis auf einen Vergleichs- bzw. Feststellungs-Beschluss enthält die Vorschrift nicht (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.09.2018, L 39 SF 302/17 BE, juris, mwN; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 08.07.2019, – L 10 SF 909/19 E-B, juris). Was ein vom Gesetzeswortlaut erforderter schriftlicher Vergleich ist, ergibt sich aus §§ 126, 779 BGB. Der Umstand, dass die Terminsgebühr nach dem Gesetzeswortlaut nur „in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist“, entsteht, beschreibt lediglich die verfahrensrechtliche Ausgangssituation und ist kein Beleg dafür, dass es sich um einen gerichtlichen Vergleich handeln muss, der die vorgenannten Formerfordernisse erfüllt (Hansen, RVG-Report 12/2018, S. 455 ff; Loytved, jurisPR-SozR 8/2018 Anm. 5). Die Formulierung „in einem solchen Verfahren“ bedeutet daher nur, dass sich der schriftliche Vergleich auf ein Gerichtsverfahren beziehen muss, für das im Sinne von Nr. 3106 Anm. Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 VV RVG eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die fiktive Terminsgebühr nur bei gerichtlichen Vergleichen anfällt, hätte er dies im Rahmen der Novellierung der Anm. Satz 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) ausdrücklich regeln können (vgl. zur Historie sowie dazu, dass die historische Auslegung für die vorliegende Problematik keinen Erkenntnisgewinn liefert ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, aaO; sich anschließend LSG Baden-Württemberg, aaO).
Auch systematische Überlegungen sprechen nicht für eine den Wortlaut der Anm. Satz 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG anders als vorgehend beschriebene Auslegung (vergleiche auch hierzu die überzeugenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg, aaO, mwN).
Zuletzt sprechen auch Sinn und Zweck der fiktiven Terminsgebühr für die hier vertretene Auffassung. Die fiktive Terminsgebühr dient in erster Linie dazu, dem Anwalt zur Schonung von Gerichtsressourcen das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins zu nehmen. Bereits die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, führen nach der Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 2 zum Entstehen einer echten Terminsgebühr als „Besprechungsterminsgebühr“. Werden diese Verhandlungen aber nicht mündlich, sondern schriftlich geführt – was in der Praxis häufig viel aufwendiger ist – und sind sie erfolgreich, so wird mit derselben gerichtsentlastenden Wirkung ein schriftlicher Vergleich abgeschlossen. Um zu verhindern, dass nur aus Honorarinteressen der Vergleich anschließend auch noch in einer teuren mündlichen Verhandlung protokolliert werden muss oder das Gericht mit einem zusätzlichen Vergleichsbeschluss belastet wird, weil sonst keine Terminsgebühr entstünde, sind diese schriftlichen Verhandlungen nach Sinn und Zweck der Regelung für den Fall ihres Erfolgs mit der fiktiven Terminsgebühr nach Anm. Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 zu Nr. 3106 VV RVG zu vergüten.
Die Höhe der Gebühr beträgt nach Anm. Satz 2 zu Nr. 3106 VV RVG 90% der in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Nr. 1008. Nachdem vorliegend die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG mit 300,00 Euro festzusetzen war, folgt hieraus eine Gebührenhöhe der fiktiven Terminsgebühr in Höhe von 270,00 Euro. Da die ebenfalls entstandene „Besprechungsterminsgebühr“ nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Nr. 2 (186,67 Euro) niedriger als die fiktive Terminsgebühr ist und eine Terminsgebühr in jedem Rechtszug nur einmal verdient werden kann, war die Terminsgebühr nach Anm. Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 zu Nr. 3106 VV RVG mit 270,00 Euro festzusetzen.
c) Wegen der erfolgten Kostenerstattung zu 3/4 durch die Beklagte reduziert sich jedoch die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung. Der Abzug der Kostenerstattung von der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung findet in § 58 Abs. 2, § 59 Abs. 1 RVG eine hinreichende Rechtsgrundlage. Wie das BayLSG mit Beschluss vom 31.07.2010, Az.: L 15 SF 214/10 B E, ausgeführt hat, enthält § 58 Abs. 2 RVG eine gesetzliche Tilgungsbestimmung von Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhält; in diesem Zusammenhang wird geregelt, dass Zahlungen vorrangig auf die Vergütung als Wahlanwalt anzurechnen sind. § 58 Abs. 2 RVG setzt als selbstverständlich voraus, dass Zahlungen – als solche gelten auch Kostenerstattungen des dazu verurteilten Prozessgegners – überhaupt auch auf die Vergütung als beigeordneter Anwalt anzurechnen sind. Dieser Regelungsgehalt wird mittelbar bestätigt durch § 59 Abs. 2 RVG, der eine Legalzession in Bezug auf den Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozessgegner zu Gunsten der Staatskasse anordnet, wenn diese zuerst zahlt. Aus dem Regelungskontext ist zu entnehmen, dass die Verurteilung des Prozessgegners zur Erstattung außergerichtlicher Kosten den Anspruch des beigeordneten Anwalts gegen die Staatskasse nicht schon per se vermindert, sondern erst dann und insoweit, als darauf auch Zahlungen geleistet werden. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte derartige Zahlungen in Höhe von 847,88 Euro an den Bf erbracht. Die Priorität, die zu Gunsten einer Tilgung von „überschießender“ Wahlanwaltsvergütung besteht, spielt hier keine Rolle, weil es im vorliegenden Fall keine „überschießende“ Wahlanwaltsvergütung gibt: Prozesskostenhilfe ist für das Verfahren insgesamt bewilligt worden und die Gebührenrahmen für Betragsrahmengebühren sind für die Wahlanwaltsvergütung und die Vergütung nach §§ 45 ff. RVG identisch.
Die von der Beklagten entrichteten 847,88 Euro sind auch in voller Höhe von dem Vergütungsanspruch des Bf gegen die Staatskasse in Abzug zu bringen. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte – wie hier – bei zutreffender Berechnung der Vergütung nur einen geringeren Betrag hätte zahlen müssen (vgl. hierzu auch Grundsatzbeschluss des Senats vom 19.05.2020, – L 12 SF 15/17).
Bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet, sondern nur darauf, in welcher Höhe die Zahlungen tatsächlich geleistet wurden. Hierfür spricht bereits der Gesetzeszweck, wonach die Anrechnung von Zahlungen erreichen soll, dass der beigeordnete Rechtsanwalt nicht aufgrund der Vergütung durch die Staatskasse bessergestellt wird als ein nicht beigeordneter Rechtsanwalt. Das wäre aber der Fall, wenn Zahlungen von Dritten den Anspruch gegenüber der Staatskasse nur insoweit mindern würden, wie sie der Höhe nach berechtigt wären (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 23.06.2014, – L 2 AS 568/13 B, Juris Rn. 48; SG Würzburg, Beschluss vom 20.01.2016, -S 14 SF 82/15 E). Zudem deutet der Wortlaut des § 58 Abs. 2 RVG auf die Anrechnung der tatsächlich geleisteten Beträge hin. Denn dieser fordert die Anrechnung von „Zahlungen“ ohne Einschränkung darauf hin, ob auf diese Zahlungen überhaupt ein Anspruch in dieser Höhe bestanden hat. Der Argumentation, dass eine volle Anrechnung nicht erfolgen dürfe, da der Rechtsanwalt insoweit Rückforderungsansprüchen des Prozessgegners ausgesetzt sein könnte und es unangebracht sei, die Staatskasse von nicht rechtmäßigen Zahlungen profitieren zu lassen (so noch BayLSG, Beschluss vom 31.07.2012, – L 15 SF 214/10 B E, juris, Rn. 29), folgt der Senat nicht. Zum einen ist schon nicht verständlich, warum der Rechtsanwalt N. einer überhöhten Zahlung des Prozessgegners sein sollte, nicht aber die Staatskasse. Das Wesen der Prozesskostenhilfe als Sozialleistung setzt die wirtschaftliche und persönliche Bedürftigkeit der Partei voraus (§ 73a Abs. 1 Satz 1 iVm § 114 Abs. 1 ZPO). Soweit der Rechtsanwalt die Staatskasse im Wege der Prozesskostenhilfe in Anspruch nimmt, geht ein Anspruch gegenüber der Partei oder der ersatzpflichtigen gegnerischen Partei gemäß § 59 Abs. 1 RVG auf die Staatskasse über. Da nicht nur, aber insbesondere der bedürftigen Partei daran gelegen ist, die Höhe der Vergütung auf das angemessene Maß zu reduzieren, erscheint es sachgerecht, hiervon auch die Staatskasse profitieren zu lassen.
d) Im Ergebnis steht dem Bf daher folgende Vergütung aus der Staatskasse zu:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG: 300,00 Euro Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG: 300,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG: 270,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 Euro 19% USt, Nr. 7008 VV RVG: 169,10 Euro Gesamt: 1.059,10 Euro Zahlung Beklagte: – 847,88 Euro Insgesamt: 211,22 Euro Da die Beschwerde nur zum Teil Erfolg hatte, war sie im Übrigen zurückzuweisen.
5) Einer Entscheidung über die Kosten bedarf es nicht, weil das Verfahren über die Beschwerde gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
6) Der Beschluss ist unanfechtbar, eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).


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