Arbeitsrecht

Kostenerinnerung, Akteneinsicht und Besprechung als Widerspruchsverfahren (verneint)

Aktenzeichen  AN 10 M 20.02399

Datum:
29.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36682
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO §§ 165, 151
VwGO §§ 162 Abs. 2 S. 2, 68 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Erinnerung des Klägervertreters gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 20. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Der Gegenstandswert wird auf 724,14 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren 11 B 20.501 vom 14. September 2020 wurde das Verfahren eingestellt und das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. November 2019 im Verfahren AN 10 K 19.00471 für wirkungslos erklärt. Gleichzeitig wurde dem Beklagten die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen auferlegt. Der Streitwert wurde auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
In der Folge beantragte der Kläger mit Schriftsätzen vom 25. September 2020 Kostenfestsetzung.
Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 20. Oktober 2020 wurden die für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Ansbach zu erstattenden notwendigen Aufwendungen auf 925,23 EUR zuzüglich Verzinsung festgesetzt, für das Verfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf 585,57 EUR zuzüglich Zinsen.
Gegen diese Entscheidungen beantragte der Kläger mit Schriftsätzen vom 5. November 2020 die Entscheidung des Gerichts. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Terminsgebühr angefallen sei, weil eine Besprechung mit dem Landratsamt … stattgefunden habe, die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichtet war. Im Übrigen sei nach der Zulassung der Berufung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 9. März 2020 naheliegend, dass eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen wäre.
Des Weiteren sei auch im Ausgangsverfahren nicht nur die beantragte Geschäftsgebühr, sondern auch die Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte festzusetzen gewesen. Gleiches gelte für die gewährte Akteneinsicht. Diese sei nämlich nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 4. Februar 2019 beim Landratsamt Akteneinsicht gewährt worden, und zwar am 18. Februar 2019. Dies sei so zu werten, als hätte ein Widerspruchsverfahren stattgefunden. Es hätten 131 Kopien gefertigt werden müssen.
Die stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle half den Kostenerinnerungen nicht ab und legte diese mit Schreiben vom 9. November 2020 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Der Kläger ließ beantragen,
1.Die Festsetzung der zu erstattenden Kosten im Verfahren beim Verwaltungsgericht Ansbach wird auf 1.227,60 EUR abgeändert.
2.Die Festsetzung der Kosten des Verfahrens im Verfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wird auf 1.007,34 EUR abgeändert.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse sowie auf den Inhalt der gerichtlichen Akten in diesem Verfahren und im Verfahren AN 10 K 19.00471 Bezug genommen.
II.
Die am 5. November 2020 bei Gericht eingegangenen Kostenerinnerungen nach § 165 VwGO sind zulässig, insbesondere innerhalb der Zweiwochenfrist nach § 151 VwGO erhoben.
Sie sind allerdings unbegründet, weil die von der stellvertretenden Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach zu erstattenden notwendigen Auslagen in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 20. Oktober 2020 zutreffend festgesetzt worden sind.
Soweit der Kläger hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2020, das erstinstanzliche Verfahren betreffend, vorträgt, der Sachverhalt sei genauso zu beurteilen, als hätte ein Widerspruchsverfahren stattgefunden, so kann er mit diesem Sachvortrag nicht durchdringen. Zum einen ist festzustellen, dass ein Widerspruchsverfahren – wohl unstreitig – nicht stattgefunden hat. Wenn also der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Zeitraum nach Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 4. Februar 2019 und Erhebung der Anfechtungsklage am 5. März 2019 Akteneinsicht beim Landratsamt genommen hat, beispielsweise um abzuklären, ob hinsichtlich der Klage Erfolgsaussichten gegeben sind, handelt es sich nicht um ein Widerspruchsverfahren im Sinne von § 68 VwGO. Ein Vorverfahren im Sinne von § 68 VwGO hat ja gerade, obwohl dies dem Grunde nach möglich gewesen wäre, nicht stattgefunden. Es handelt sich dabei um ein eigenständiges Rechtsbehelfsverfahren zur Nachprüfung von Verwaltungsakten mit dem Zweck, die Gerichte zu entlasten. Bei Durchführung eines solchen Verfahrens hat die Widerspruchsbehörde den zugrundeliegenden Sachverhalt sowie die durch einen Widerspruch angefochtene Verwaltungsentscheidung zu überprüfen. Es beginnt gemäß § 69 VwGO mit der Erhebung des Widerspruchs und endet in der Regel in einem Widerspruchsbescheid nach § 73 VwGO. Ein Auseinandersetzen mit dem Akteninhalt ist nicht Teil eines solchen Verfahrens, weswegen die diesbezüglich beantragte Geschäftsgebühr sowie die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen insoweit nicht festzusetzen waren. Daneben ist festzuhalten, dass der diesbezügliche Zeitpunkt der Befassung des Klägerbevollmächtigten mit der Sache während des Laufes der Klagefrist im Sinne von § 74 VwGO gelegen war, weshalb die nunmehr abgerechneten Handlungen des Prozessbevollmächtigten bereits vor Klageerhebung stattfanden, so dass die vorgetragene Akteneinsicht auch nicht Teil des gerichtlichen Verfahrens war, wenn sie der Klageerhebung auch diente.
Dies hat zur Folge, dass die vom Kläger beantragte Geschäftsgebühr einschließlich der Telekommunikationspauschale vorliegend nicht angefallen ist.
Hinzu kommt, dass es diesbezüglich auch Voraussetzung wäre, dass das Gericht die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren nicht nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt hätte. Ist dies nicht der Fall, können Kosten, die im Vorverfahren nach § 68 VwGO angefallen sind, auch nicht erstattet werden. Maßgebliche Kostenentscheidung ist hier die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. September 2020 im Verfahren 11 B 20.501, mit dem die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen dem Beklagten auferlegt worden sind. Der Ausspruch der Erstattung der Kosten des Vorverfahrens im Sinne von § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO fehlt hier. Er hätte auch gar nicht ergehen können, weil eben gerade kein Vorverfahren durchgeführt wurde.
Bei dem vom Kläger geltend gemachten Gebühren und Auslagen geht es somit um Kostenbestandteile, die dem behördlichen Ausgangsverfahren zuzurechnen sind. Solche Kosten sind nicht im Rahmen eines gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschlusses erstattungsfähig, weil hierfür eine Rechtsgrundlage fehlt.
Aber auch soweit der Kläger vorträgt, dass am 16. März 2020 eine ausführliche (wohl telefonische) Besprechung mit dem Landratsamt stattgefunden hatte und deshalb eine Terminsgebühr angefallen ist, kann der Kläger hiermit nicht durchdringen. Soweit der Klägervertreter nämlich vorträgt, er habe mit der Zielrichtung der Vermeidung eines weiteren Verfahrens beim Landratsamt angerufen, findet dies keine Entsprechung in den Behördenakten. Vielmehr ist den Behördenakten zu entnehmen, dass der Berufungszulassungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2020 (11 ZB 20.305) mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 13. März 2020 am 16. März 2020 beim Landratsamt eingegangen ist. Danach ergibt sich aus den Akten, dass dem Kläger am 13. März 2020 eine – wohl – vorläufige Fahrerlaubnis ausgestellt worden sei, mit einem Aktenvermerk verbunden, dass eine Erteilung im Klageverfahren nicht möglich sei, weil es ansonsten die Gefahr bestünde, dass der betreffende Inhaber zweier Fahrerlaubnisse sein könne. Am 14. April 2020 wurde dann die Berufungsbegründung des Klägervertreters vom 8. April 2020 ans Landratsamt übersandt. Erst am 30. April 2020 entschloss sich das Landratsamt nach Aktenlage, den streitgegenständlichen Entzugsbescheid zu widerrufen, nachdem diese Vorgehensweise seitens der Landesanwaltschaft Bayern empfohlen wurde. Dem Kläger fehlt es daher an einem Nachweis dieser Besprechung vom 16. März 2020.
Dies hat zur Folge, dass die vom Kläger eingelegten Erinnerungen zurückzuweisen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren selbst ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gerichtskostenfrei.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 33 RVG.


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