Arbeitsrecht

Leistungsbestimmung einer variablen Vergütung

Aktenzeichen  3 Sa 977/15

Datum:
19.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 120820
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 315 Abs. 1, Abs. 3 S. 2, § 611 Abs. 1
BayPVG Art. 68
TVG § 77 Abs. 3 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1. Sind bei der Leistungsbestimmung einer variablen Vergütung sowohl die Leistung des Arbeitnehmers als auch der betriebswirtschaftliche Erfolg der beklagten Bank zu berücksichtigen, kommt nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf “Null” in Betracht (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014 – 10 AZR 622/13 -). (Rn. 64)
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die beklagte Bank, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, Sonderleistungen zu anderen Zwecken und für andere Zeiträume zahlt, die nach ihrem Gesamtvolumen an das Volumen der vertraglich zugesicherten variablen Vergütung heranreichten. (Rn. 83)
3. Die ohne Rechtsgrund gezahlten Sonderleistungen sind weder im Rahmen der Budgetfestsetzung noch bei der Festsetzung der individuellen variablen Vergütung zu berücksichtigen, wenn sie zu unterschiedlichen Leistungszwecken und teilweise zu unterschiedlichen Zeiträumen gezahlt wurden. Im Übrigen widerspräche ihre Berücksichtigung dem Transparenzgebot, das für die variable Vergütung durch Regelungen in Gesetzen und Verordnungen im Zuge der Bankenkrise seit 2008 eingeführt worden ist. (Rn. 83)
4. Die gerichtliche Leistungsbestimmung hat neben den Festlegungen und dem Zweck einer Vergütungsregelung auch den Umständen der Ermessensentscheidung der beklagten Bank Rechnung zu tragen, die nicht unbillig sind. (Rn. 61 und 62)
5. Die Betriebsparteien können die Erfüllungswirkung einer für den Wechsel des Arbeitnehmers im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs geleisteten Starterprämie für die für das Vorjahr zu zahlende variable Vergütung nicht bestimmen, weil sie damit in unzulässiger Weise in das Synallagma von Arbeitsleistung und Arbeitsvergütung nach § 611 BGB eingreifen würden. (Rn. 103 und 104)

Verfahrensgang

12 Ca 15033/13 2015-10-08 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 08.10.2015 – 12 Ca 15033/13 – teilweise unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.550,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag in Höhe von 2.275,00 € brutto seit dem 01.07.2012 und aus einem weiteren Teilbetrag in Höhe von 2.275,00 € brutto seit dem 01.07.2013 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 88/100 und die Beklagte zu 12/100 zu tragen. Die erstinstanzlichen Kosten trägt der Kläger.
III. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist im erkannten Umfang begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO.
Die Beklagte rügt zu Unrecht, dass die Berufungsbegründung nicht hinreichend deutlich macht, in welchem Punkten und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten werde. Die Klagepartei legt im Rahmen der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen, § 315 BGB, eine andere Darlegungs- und Beweislastverteilung zugrunde und hat durchaus im Einzelnen den Vortrag der Beklagten in Zweifel gezogen („Warum EVA; warum 3 Jahre; warum die „Gesamtbank“?). Hinsichtlich der Erfüllungswirkung der Starterprämie fehlte es erstinstanzlich an einer substantiierten Begründung der Beklagten und des Gerichts, so dass es noch als ausreichend angesehen wird, wenn die Klagepartei ausführt, dass es sich dabei um Zahlungen gehandelt habe, die auf den Anspruch angerechnet werden können. Die Beklagte hat erst in der Berufungsantwort auf die weiteren Zwecke der Starterprämie hingewiesen und ihre Intranetmitteilung vom 03.12.2012 im Termin vom 24.04.2016 erstmals vorgelegt.
II.
Die Berufung ist begründet, soweit die Klagepartei Zahlung einer variablen Vergütung von jeweils € 2.275,00 brutto für die Jahre 2011 und 2012 begehrt. Im Übrigen hat die Klagepartei keinen Anspruch auf Zahlung von Boni und einer (weiteren) variablen Vergütung.
1. Als Rechtsgrundlage für die streitigen Ansprüche kommt allein § 4 Abs. 2 des Ar beitsvertrags i.V.m. der jeweils gültigen Dienstvereinbarung in Betracht.
a) § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags gewährt der Klagepartei keinen unbedingten An spruch auf Zahlung eines (Leistungs-)Bonus in bestimmter Höhe. Die streitgegenständlichen Ansprüche ergeben sich erst in Verbindung mit den für das jeweilige Geschäftsjahr geltenden Dienstvereinbarungen und erfordern eine Leistungsbestimmung durch die Beklagte nach billigem Ermessen, § 315 BGB. Dies folgt aus einer Auslegung des § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, wie das Bundearbeitsgericht zu einer inhaltsgleichen Vertragsgestaltung eines Kollegen der Klagepartei bereits geurteilt hat (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, 10 AZR 622/13 – NZA 2014, 595, Rn. 29-31). § 4 Abs. 2 S. 3 des Arbeitsvertrages legt selbst nicht fest, in welcher Höhe und nach welchen Bedingungen ein Bonus gezahlt wird. Vielmehr bedarf dies der Ausgestaltung, für die § 4 Abs. 2 S. 4 des Arbeitsvertrages dynamisch auf die bei der Beklagten bestehenden Dienstvereinbarungen über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten hinweist. Hierdurch wird für den Arbeitnehmer zugleich transparent gemacht, dass § 4 Abs. 2 S. 3 des Arbeitsvertrages das anwendbare Bonussystem nicht abschließend regelt, sondern es sich erst aus dem gesamten Inhalt des § 4 Abs. 2 und den Bestimmungen der anwendbaren Dienstvereinbarung ergibt, nach welchen Bedingungen sich im jeweiligen Geschäftsjahr die variable Vergütungskomponente für außertarifliche Angestellte bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 31).
b) Die Regelung in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags mit Verweis auf die jeweilige Dienstvereinbarung, die ihrerseits der Beklagten abhängig vom betriebswirtschaftlichen Erfolg (§ 5 GrundsatzDV VarGeS 2004 sowie Ziffer 6.1 DV AT-Vergütung 2010 und 2011) und der individuellen Leistung des Arbeitnehmers ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.v. § 315 BGB für den Bonus überlässt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (siehe BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 36 ff.). Dynamische Bezugnahmeklauseln sind im Arbeitsrecht weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (Rn. 37). Die Betriebsparteien sind gem. Art. 68 BayPVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden, wodurch die geltende Rechtsordnung, die das Arbeitsverhältnis gestaltet und auf dieses einwirkt, umfasst ist (Rn. 38). Der in § 4 Abs. 2 S. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt stellt dann keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn – wie vorliegend – der Arbeitgeber nach billigem Ermessen über die Bonuszahlung entscheidet (Rn. 52).
2. Die Klagepartei hat für das Kalenderjahr 2010 keinen weitergehenden Anspruch auf Bonuszahlung. Die Beklagte hat den Bonusanspruch nach § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. Ziffer 6 DV AT-Vergütung 2010 ermessensfehlerfrei auf € 3.002,00 brutto festgesetzt, § 315 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 BGB, und im Juni 2011 erfüllt, § 362 BGB.
a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Für diese Beurteilung ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Leistungsbestimmende die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat die Bestimmungsberechtigte zu tragen. Dabei verbleibt dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, innerhalb dessen mehrere Entscheidungen möglich sind (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 41 m.w.Nachw.).
Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 S. 2 BGB. Es ist zu prüfen, ob alle tatsächlichen Umstände beachtet und die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten wurden sowie von dem Ermessen ein zweckentsprechender Gebrauch gemacht wurde (vgl. MünchKommBGB/Würdinger, 7. Aufl. 2016, § 315, Rn. 51; Elz in Hümmerich/Boecken/Düwell, NomosKommArbeitsrecht, 2. Aufl. 2010, § 315, Rn. 12). Welche tatsächlichen Umstände in die Ermessensabwägung einzubeziehen sind, richtet sich nach dem jeweiligen Regelungsgegenstand (vgl. BAG, Urteil vom 23.01.2007 – 9 AZR 624/06 – NZA-RR 2007, 397, Rn. 30).
b) Nach Ziffer 6 Abs. 2 S. 1 der für das Kalenderjahr 2010 anzuwendenden DV ATVergütung 2010 ergibt sich die variable Vergütung aus dem vom Vorstand bewilligten Budget und der Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.
Für die Festlegung des Bonusbudgets steht der Beklagten nach Ziffer 6.1. DV ATVergütung 2010 ein Ermessen zu („bestimmt“). Dabei ist das Budget nach der Regelung in Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2010 nach dem betriebswirtschaftlichen Erfolg auszurichten, der sich „z.B.“ an dem EVA oder Delta-EVA misst. Darüber hinaus muss die Beklagte bei der Festlegung des Budgets dem Umstand Rechnung tragen, dass der arbeitsvertraglich zugesagte Bank- und Leistungsbonus in der DV AT-Vergütung 2010 zu einer variablen Vergütung verschmolzen sind. Das Budget ist daher in Abhängigkeit von der Ertragslage in einer Größenordnung festzulegen, die diesen Leistungsbezug beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren (siehe BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 59 und 62). Erreicht der Arbeitnehmer die Ziele, kommt deshalb nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf „Null“ in Betracht, wie dies für die Jahre 2008 und 2009 der Fall war (so BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 62). Schließlich ist der Vorstand bei seiner Entscheidung über das Budget aufgrund der damaligen Satzung an die Vergütungsgrundsätze gebunden, die ihm der Verwaltungsrat vorgibt. Diese Grundsätze unterliegen ihrerseits Recht und Gesetz und dürfen nicht zu einer Aushöhlung des Anspruchs auf variable Vergütung führen.
Der weitere, nach Ziffer 6 Abs. 2 S. 1 DV AT-Vergütung 2010 wesentliche Faktor der Ermessensausübung ist die Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Sie ergibt sich aus dem Richtwert der Position des Arbeitnehmers in Abhängigkeit des prozentualen Werts der Zielerreichung im jeweiligen Kalenderjahr, Ziffer 6.2.2 DV AT-Vergütung 2010. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat insoweit darzulegen, von welchem Richtwert und welchem Prozentsatz in der Bandbreite des von der Klagepartei erreichten Ergebnisses sie ausgegangen ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 59). Als wesentliche ermessensleitende Erwägung für die individuelle Vergabeentscheidung bestimmt Ziffer 6.2.3. DV ATVergütung 2010 die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung insgesamt unter Berücksichtigung der Marktüblichkeit.
Sofern das zur Verfügung stehende Budget nicht ausreicht, die individuell festgelegten Beträge auszuzahlen, bestimmt Ziffer 6.2.2. a.E. DV AT-Vergütung 2010, dass die individuelle Zahlung in einem Vergleich der Beschäftigten untereinander entsprechend dem Leistungsgedanken anzupassen ist.
c) Nach diesen Maßgaben für die Ermessensausübung hat die Beklagte die variable Vergütung der Klagepartei für das Kalenderjahr 2010 ohne Ermessensfehler auf € 3.002,00 brutto bestimmt.
aa) Die Beklagte hat das Bonusbudget im Kalenderjahr 2010 auf 38,5% der Summe der funktionalen Richtwerte zzgl. eines Bereichszuschlags auf rund € 17,88 Mio. festgesetzt. Sie hat damit den Vorgaben des Verwaltungsrats entsprochen, die grundsätzlich eine Begrenzung des Bonusbudgets auf 35% bei negativen Drei-Jahres-DurchschnittsEVA und positiven Drei-Jahres-Durchschnitts-Delta-EVA vorsahen, wie sie für 2010 gegeben waren. Auch war dem Vorstand zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt worden, das Budget um 10% des Betrags zu erhöhen.
Diese Begrenzung des Budgets begegnet keinen Bedenken. Der Vorstand ist unstreitig aufgrund der Satzung an die Vorgaben des Verwaltungsrats gebunden und bedarf für die Festsetzung des Budgets seiner Zustimmung. Die Begrenzung auf 35 bzw. 38,5% des Budgets gilt nur bei Vorliegen bestimmter EVA und Delta-EVA, die als betriebswirtschaftliche Kennzahlen durch Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2010 seitens der Betriebsparteien als möglich wurden. Sie ist im Übrigen auf die Umstrukturierungsphase bis 31.12.2015 zeitlich begrenzt. Bei 35 bzw. 38,5% des (100%) Richtwerts verbleibt einem Arbeitnehmer, der die aufgaben- und verhaltensbezogenen Ziele erreicht und deshalb als Durchschnittsarbeitnehmer im Vergleich zu den Arbeitnehmer anzusehen ist, die entweder die Ziele nur mit Einschränkungen erfüllen oder übertreffen, noch immer ein angemessener Teil seiner variablen Vergütung, die ihm bei Beurteilung allein des (negativen) Drei-JahresDurchschnitts-EVA versagt geblieben wäre. Entgegen den Behauptungen der Klagepartei im Berufungsverfahren hat die Beklagte die Erwägungen, die dieser Begrenzung zugrunde lagen, auch schon erstinstanzlich dargelegt: sie beruhen darauf, dass die Beklagte zwar mit der Kapitalzuführung und der zusätzlichen Portfolioabschirmung seit 2008 vorläufig stabilisiert sei, jedoch ihre langfristige Lebensfähigkeit wegen des noch offenen Beihilfeverfahrens und der zu erwartenden Auflagen einschließlich der Rückzahlungsverpflichtungen in Bezug auf die erhaltenen Beihilfen sowie die erforderliche Umstrukturierung nicht gesichert sei. Vor diesem Hintergrund sollten ergebnisbelastende Effekte, wie es die Zahlung variabler Vergütung sei, begrenzt werden. Diese Argumente sind nach den Intentionen der seit 2008 im Zuge der Finanzmarktkrise geschaffenen gesetzlichen Regelungen (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 FMStV, § 25 a KWG, § 4 InstitutsVergV 2010, Anhang I, Abschnitt 11, Nummer 23q der CRD III Richtlinie (2010/76/EU vom 14.11.2010) nicht zu beanstanden. Dem Ziel, durch angemessene Vergütungssysteme die angemessene Eigenmittelausstattung eines Kreditinstituts aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, wäre auch ohne Regelung des Gesetz- oder Verordnungsgebers zu entsprechen.
Soweit sich die Klagepartei grundsätzlich gegen die Berücksichtigung des EVA und DeltaEVA wendet, übersieht sie, dass Betriebsparteien die betriebswirtschaftliche Methode zur Ermittlung des betriebswirtschaftlichen Erfolgs, nach dem sich die variable Vergütung bemessen soll, bestimmen können (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2013 – 10 AZR 364/13 – BeckRS. 2014, 67282). Dabei ist es des Weiteren zulässig, wenn die Betriebsparteien nicht alle Faktoren selbst abschließend für die Bestimmung des Bonusvolumens festlegen, so dass der Beklagten bei Anwendung der Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2010 ein Spielraum bei der Bestimmung des EVA bzw. Delta-EVA und damit bei dem betriebswirtschaftlichen Erfolgs blieb (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2013, a.a.O., Rn. 27). Wegen der Festlegungen im Controlling-Handbuch der Beklagten, Stand September 2010, ist zudem davon auszugehen, dass die Betriebsparteien ein übereinstimmendes Verständnis darüber hatten, was EVA und Delta-EVA bedeutete und wie es im Betrieb der Beklagten ermittelt wurden. Im Übrigen hat die Klagepartei nicht bestritten, dass im fraglichen Zeitraum auch andere Kreditinstitute bei der Festlegung ihrer Boni die EVA-Analyse zugrunde gelegt haben. Dann aber ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte dieser betriebswirtschaftlichen Methode folgt, wobei die vorgenommene Durchschnittsbetrachtung Ausschläge nach unten oder oben vermeidet und deshalb vertretbar erscheint.
bb) Die Beklagte hat zudem für die Klagepartei den individuellen Anspruch auf variable Vergütung mit € 3.002,00 zutreffend festgelegt. Sie hat dafür geltenden Richtwert von € 6.500,00 mit 38,5% (des Budgets) für AT-Mitarbeiter multipliziert, wodurch sich € 2.502,50 brutto ergaben. Sodann hat sie die für die Klagepartei zugrunde zu legende Orientierungsbandbreite des erreichten Ergebnisses („erreicht“:) von 90% bis 110% bzw. € 2.252,00 bis 2.753,00,00 berücksichtigt (Beklagtenschriftsatz vom 20.04.2015, S. 37 und 38, Anlage BI 6 und BI 7) und € 2.752,75 brutto unter Abwägung der Einzelumstände bestimmt. Dieser Betrag wurde um den bereichsspezifischen Faktor 9,05% auf gerundet € 3.002,00 erhöht.
Hiergegen hat die Klagepartei auch im Berufungsverfahren keine konkreten Einwände erhoben. Sie hat insbesondere nicht bestritten, dass der ausgeübten Position in zulässiger Weise der Richtwert von € 6.500,00 zugeordnet worden ist. Auch die Bewertung ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Klagepartei hat den Leistungsfaktor schließlich selbst mit 1,0 angegeben, was 100% entspricht.
In diesem Zusammenhang begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte nicht zunächst die variable Vergütung der Arbeitnehmer nach dem jeweilige Richtwert bestimmt (1. Schritt), danach die Summe der variablen Vergütung feststellt und am Budget misst (2. Schritt), um sodann sowohl die Summe der Richtwerte als auch die variable Vergütung jedes einzelnen Arbeitsnehmers um den gleichen Prozentsatz zu kürzen (3. Schritt), sondern gleich die variable Vergütung des einzelnen Arbeitnehmers auf 35 bis 38,5% seines individuellen Richtwerts begrenzt. Dieses Vorgehen führt bei vertretbarer, gleichmäßiger Kürzung aller einzelnen Richtwerte um 35 bis 38,5% zu im Wesentlichen gleichem rechnerischem Ergebnis.
cc) Mit der Bestimmung der variablen Vergütung für das Kalenderjahr 2010 auf € 3.002,00 brutto hat die Beklagte somit die beiden Kernelemente, die bei der Ermessensausübung nach Ziffer 6 Abs. 2 S. 1 der für das Kalenderjahr 2010 anzuwendenden DV AT-Vergütung 2010 zu beachten sind, berücksichtigt.
d) Die Beklagte hat den Anspruch der Klagepartei für das Jahr 2010 durch Zahlung im Juni 2011 erfüllt.
Unstreitig wurde die Zahlung von € 3.002,00 brutto im Juni 2011 als „var. Vergütung AT“ ausgewiesen. Unter Geltung der DV AT-Vergütung 2010 war für die Klagepartei erkennbar, dass es sich um eine Bonuszahlung für ihre erbrachten Leistungen handelte (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 56). Eine fehlende Prüfungsmöglichkeit dieser Zahlung steht ihrer Tilgungswirkung nicht entgegen.
3. Der Klagepartei steht für das Kalenderjahr 2011 ein Anspruch auf eine Bonuszah lung gem. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. Ziffer 6 der für das Kalenderjahr 2011 anzuwendenden DV AT-Vergütung 2011 i.V.m. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB in Höhe von € 2.275,00 brutto zu.
a) Maßgeblich für die Bestimmung der variablen Vergütung für das Kalenderjahr 2011 war die DV AT-Vergütung 2011, die im Wesentlichen gleiche Regelungen wie die DV AT-Vergütung 2010 für die Zahlung variabler Vergütung enthält. Es wird deshalb auf die vorstehenden Ausführungen zur Ermessensausübung verwiesen.
b) Die Bestimmung der variablen Vergütung war nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB durch Urteil zu treffen, weil die Beklagte für das Kalenderjahr 2011 ermessensfehlerhaft kein Budget für die variable Vergütung bestimmt hat.
aa) Nach Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2011 hat der Vorstand das Budget nach dem betrieblichen Erfolg, z.B. gemessen an EVA oder Delta-EVA, zu bestimmen. Auch für das Kalenderjahr 2011 galten die Vorgaben des Verwaltungsrats. Das deshalb maßgebliche Drei-Jahres-Durchschnitts-EVA war zwar mit € – 280,1 Mio. negativ, jedoch ließ das DreiJahres-Durchschnitts-Delta-EVA mit € 1.510,5 Mio. eine positive wirtschaftliche Entwicklung erwarten. Dementsprechend räumt auch die Beklagte ein, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, für 2011 ein Budget für die variable Vergütung zur Verfügung zu stellen.
bb) Die Gründe, die die Beklagte dafür anführt, trotz der erbrachten Leistung der Klagepartei nach Zielvereinbarung kein Budget zu bestimmen, greifen nicht durch.
Die Beklagte konnte nicht positive Sondereffekte des Jahres 2011 mit angeblichen Ergebnisbelastungen aus dem ersten Quartal 2012 relativieren. Positive und negative Sondereffekte fließen in den EVA des jeweiligen Kalenderjahrs ein, so dass sie doppelt berücksichtigt würden, sollten sie zusätzlich gesondert bei der Ermessensausübung hinsichtlich der Budgetfestsetzung beachtet werden. Zum anderen basiert die EVA-Analyse auf dem betreffenden Kalenderjahr (2011) und den beiden vorangegangenen Kalenderjahren. Hierzu steht die Berücksichtigung von Sondereffekten des nachfolgenden Kalenderjahres 2012 im Widerspruch. Darüber hinaus hat die Beklagte die behaupteten Ergebnisbelastungen aus dem ersten Quartal 2012 der Höhe nach nicht mitgeteilt, so dass ein etwaiger Ausgleich nicht nachvollzogen werden kann. Auch die Buchwertabschreibung auf die Beteiligung der Beklagten an der ungarischen Tochter M. sind bei dem EVA für das Kalenderjahr 2011 eingeflossen und sind nicht erneut bei der Ermessensausübung einzubeziehen. Der Berücksichtigung der geleisteten Bankenabgabe steht entgegen, dass der EVA von dieser bereinigt wurde. Es ist widersprüchlich und nicht nachvollziehbar dargelegt, warum sie nachträglich im Rahmen der Ermessensausübung zu beachten wäre. Der HBG-Verlust von € 328 Mio. schließt im Anschluss an die Entscheidung des BAG die Bonusbudgetfestsetzung nicht aus (Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 62). Maßgeblich ist vielmehr, ob in 2011 eine Ausnahmesituation wie in 2008 und 2009 bestand.
Eine solche Ausnahmesituation ist für 2011 nicht anzunehmen. Die Beklagte hat trotz der angeführten Belastungen ab Mai 2011 eine Stabilisierungszulage von jährlich € 20 Mio. an tarifliche und außertarifliche Mitarbeiter gezahlt (zweifelnd bereits LAG München, Urteil vom 24.02.2015 – 6 Sa 381/14 – nicht veröffentlicht). Damit hat die Beklagte weit mehr geleistet, als im Jahr 2011 35% der Summe der funktionsbezogenen Richtwerte nach Ziffer 6.2.1 DV AT-Vergütung 2011 ausgemacht hätten, nämlich € 16,3 Mio bei einer Summe der funktionsbezogenen Richtwerte von insgesamt € 46,5 Mio. Demnach hätte die Beklagte auch bei Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Daten durchaus Geldmittel für die Festsetzung der variablen Vergütung für AT-Mitarbeiter zur Verfügung gehabt. Soweit die Beklagte geltend macht, die Stabilisierungszulage sei im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, weil ihr wirtschaftlicher Wert den AT-Beschäftigten zugeflossen sei, ist ihr nicht zustimmen. Bei der Stabilisierungszulage handelte es sich um eine pauschale monatliche Zahlung, die nicht auf die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers abhob. Sie verfolgte damit einen anderen Zweck als die variable Vergütung, die die individuelle Leistung des Beschäftigten und seinen Beitrag zum Ergebnis für ein Geschäftsjahr honoriert, Ziffer 6 Abs. 1 DV AT-Vergütung 2011. Im Übrigen würde es dem Transparenzgebot betrieblicher Vergütungssysteme widersprechen, das in den seit 2008 im Rahmen der Bankenkrise eingeführten Regelungen verschiedener Gesetze und Verordnungen zum Ausdruck kommt und auf das insbesondere die Beklagte in diesem Rechtsstreit hingewiesen hat, wenn Gehaltsbestandteile mit unterschiedlichen Bezeichnungen und unterschiedlichen Zwecken miteinander im Rahmen der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verwoben würden. Dies hat auch die Beklagte außergerichtlich so gesehen, wenn sie am 16.03.2011 durch den Bereich Personal verlauten ließ: „Die Zulage ist unabhängig von einer etwaigen variablen Vergütung und auch kein Ersatz dafür.“
Über die € 20 Mio. umfassende Stabilisierungszulage hinaus hat die Beklagte zudem 2011 ein Prämienbudget zur Honorierung besonderer Leistungen im Rahmen von Projekten und Sonderaufgaben in Höhe von € 5 Mio. zur Verfügung gestellt und damit widerlegt, dass keine finanziellen Mittel für variable Vergütung für das Kalenderjahr 2011 zur Verfügung standen. Ebenso ist 2011 ein Budget von max. € 5 Mio. für Gehaltsanpassungen eingerichtet worden. Insoweit hat die Beklagte nicht behauptet, aufgrund von Tariferhöhungen zur Gehaltsanpassung der AT-Mitarbeiter, zumal im erfolgten Umfang, verpflichtet gewesen zu sein.
Es standen der Beklagten mithin im Kalenderjahr 2011 € 30 Mio. zur Verfügung, die sie ohne nachvollziehbare Begründung und ohne rechtliche Verpflichtung für Leistungen an die Beschäftigten verwandte, anstelle ihren Verpflichtungen aus § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. Ziffer 6 DV AT-Vergütung 2011 nachzukommen.
c) Die variable Vergütung für das Kalenderjahr 2011 ist durch das Gericht auf € 2.275,00 brutto festzusetzen, § 315 Abs. 3 S. 2 BGB.
Dieser Wert ergibt sich aus 35% des für die Klagepartei geltenden Richtwerts von € 6.500,00, wie sie durch den Verwaltungsrat vorgegeben sind. Eine weitere Anhebung um 10% war nicht geboten, weil 2011 anders als 2010 mit einem HBG-Verlust von € 328 Mio. abschloss und die Inhaber von stillen Einlagen und Genussrechten am Verlust beteiligt worden waren.
Andererseits war die variable Vergütung nicht unter 35% des Richtwertes festzusetzen. Die Betriebsparteien hatten bereits durch die Neuordnung des Vergütungssystems mit Wirkung zum 01.01.2010 die variable Vergütung im Vergleich zu früher erheblich abgesenkt, so dass die ungefähre Drittelung des Richtwerts im Hinblick auf den Zweck der variablen Vergütung, die im Kalenderjahr erbrachte Leistung zu honorieren, geboten ist.
Diese individuelle variable Vergütung ist nicht wegen der an die Klagepartei im Jahr 2011 anteilig gezahlten Stabilisierungszulage in Höhe eines ¾ Monatsgehalt/Jahr zu reduzieren. Wie bereits ausgeführt wurden die Stabilisierungszulage und die variable Vergütung zu unterschiedlichen Zwecken gewährt. Eine Anrechnung würde auch dem Transparenzgebot widersprechen.
Schließlich ist die variable Vergütung nicht im Hinblick auf die Gehaltserhöhungen seit 2009 niedriger festzusetzen. Trotz der Gehaltssteigerungen ist der Richtwert der Funktion der Klagepartei auf dem Wert von € 6.500,00 verblieben. Die Beklagte hat zudem nicht konkret vorgetragen, ab welcher Summe der der Klagepartei gewährten Gehaltsbestandteile nicht mehr von einer Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung unter Berücksichtigung der Marktüblichkeit auszugehen ist, die es rechtfertigen würde, trotz erbrachter Leistungen die variable Vergütung geringer als 35% festzusetzen.
4. Die Klagepartei hat für das Kalenderjahr 2012 Anspruch auf variable Vergütung gem. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. Ziffer 6 DV AT-Vergütung 2011 i.V.m. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB in Höhe von € 2.275,00 brutto.
a) Maßgeblich für die Bestimmung der variablen Vergütung für das Kalenderjahr 2012 war erneut die DV AT-Vergütung 2011, die im Wesentlichen gleichlautende Regelungen wie die DV AT-Vergütung 2010 für die Zahlung variabler Vergütung enthält. Es wird deshalb auf die vorstehenden Ausführungen zur Ermessensausübung verwiesen.
b) Auch für das Kalenderjahr 2012 war die Bestimmung der variablen Vergütung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB durch Urteil zu treffen, weil die Beklagte ermessensfehlerhaft kein Budget für die variable Vergütung bestimmt bzw. dieses mit „Null“ hat.
Die Beklagte hat zwar am 15.01.2013 die Zahlung einer einmaligen leistungsabhängigen Sonderzahlung beschlossen. Diese Leistung ist jedoch nicht mit der variablen Vergütung nach der für das Kalenderjahr 2012 anzuwendenden DV AT-Vergütung 2011 gleichzusetzen. So hat die Beklagte als Anlage B 32 einen Auszug aus der Präsentation des Personalrats zur Personalversammlung im Juni 2013 vorgelegt, in der ausdrücklich erklärt wurde: „Budget für Variable Vergütung für AT und Tarif wurde auf 0,– € gesetzt JEDOCH Beschluss des VS (Vorstands) über eine einmalige leistungsabhängige Sonderzahlung für das Jahr 2012“. Im Übrigen deutet bereits die Bezeichnung als einmalige leistungsabhängige Sonderzahlung darauf hin, dass hier nicht die reguläre, jährlich wiederkehrende leistungsabhängige variable Vergütung gemeint war. Auch erklärt die Beklagte nicht den Widerspruch, der darin liegt, statt der angeblich gewollten Leistung eine andere zu beschließen.
c) Die Beklagte hätte auch für das Kalenderjahr 2012 nach den Vorgaben des Ver waltungsrats ein Budget für die variable Vergütung festsetzen können. Erneut hätten die EVA- und Delta-EVA-Zahlen eine variable Vergütung ermöglicht, weil der Drei-JahresDurchschnitt-Delta-EVA mit € 114 Mio. positiv war. Die wiederum seitens der Beklagten angeführten Sondereffekte können, wie ausgeführt, keine Berücksichtigung bei der Ermessensausübung finden. Vor allem aber standen der Beklagten auch im Kalenderjahr 2012 finanzielle Mittel zur Verfügung, die sie für die variable Vergütung hätte verwenden können, nämlich € 20 Mio. für die von Januar bis Dezember 2012 gezahlte Stabilisierungszulage, € 5 Mio. Prämienbudget, max. € 5 Mio. für Gehaltsanpassungen und ein unbekanntes Budgets für die Auszahlung von Zeitguthaben an AT-Mitarbeiter, die an der Zeiterfassung teilnahmen und mehr als 50 Stunden Zeitguthaben hatten. Darüber hinaus hat die Beklagte sich noch im Jahr 2012 zur Zahlung einer Starterprämie an die zur L. wechselnden Mitarbeiter verpflichtet, was ein entsprechendes Volumen voraussetzte. Hinzu kommt die einmalige leistungsabhängige Sonderzahlung mit einem Volumen von € 22 Mio bzw. an die außertariflich vergüteten Beschäftigten im In- und Ausland von € 12,75 Mio. Derartige Zahlungen hat die Beklagte in den Krisenjahren 2008 und 2009 nicht vorgenommen Selbst wenn die wirtschaftliche Situation der Beklagten den Krisenjahren 2008 und 2009 vergleichbar gewesen wäre, dürften 2012 ausreichende Mittel für eine variable Vergütung im Umfang von 35% der Summe der funktionale Richtwerte zur Verfügung gestanden haben. Ausgehend von der Mitteilung der Beklagten im Schriftsatz vom 20.04.2015, S. 54, dass € 12,75 Mio. 22% der Summe der funktionsbezogenen Richtwerte der AT-Beschäftigten ausgemacht hätten, hätte sich die Gesamtsumme der funktionsbezogenen Richtwerte auf € 57,95 Mio. und 35% davon auf € 20,28 Mio. belaufen.
Die Starterprämie ist entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen der Ermessensausübung nicht als mindernder Faktor eines Bonusbudgets zu berücksichtigen. Mit der im April 2013 gezahlten Starterprämie wurde ein anderer Zweck als mit der variablen Vergütung verfolgt, nämlich „zur Förderung … (der) Wechselbereitschaft und zur Unterstützung des Überleitungsprozesses“ (§ 2 DV Starterprämie) statt zur Honorierung der „individuelle(n) Leistung eines Beschäftigten und sein(es) Beitrag(s) zum Ergebnis für ein Geschäftsjahr.“ (Ziffer 6 Abs. 1 S. 1 DV AT-Vergütung 2011 . Dementsprechend bezieht sich die Starterprämie auf das Kalenderjahr 2013, zu dessen Beginn der Wechsel in die L. stattfand, und die variable Vergütung für 2012 auf das Kalenderjahr 2012. Im Übrigen stünde der Berücksichtigung der Starterprämie bei der Bemessung des Bonusbudgets entgegen, dass die Starterprämie nur denjenigen Arbeitnehmer gezahlt wurde, die in die L. wechselten. Arbeitnehmer, die bei der Beklagten (weiter-) beschäftigt blieben, erhielten sie nicht. Die Berücksichtigung der Starterprämie bei der Festsetzung des Budgets für variable Vergütung würde wegen der Regelungen in Ziffer 6 Abs. 2 S. 1 und 6.2.2 DV ATVergütung 2011 jedoch auch variable Vergütung der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer schmälern.
Des Weiteren ist die Zahlung der einmaligen leistungsabhängigen Sonderzahlung nicht im Rahmen der (fiktiven) Budgetfeststellung für die variable Vergütung mindernd einzustellen. Hiergegen spricht bereits, das die Beklagte in Kenntnis ihrer Zahlungsverpflichtungen bzgl. der variablen Vergütung sich zur Zahlung der einmaligen leistungsabhängigen Sonderzahlung entschieden hat und damit zum Ausdruck gebracht hat, eine andere Leistung gewähren zu wollen als diejenige, die Gegenstand der DV AT-Vergütung 2011 ist.
d) Für das Kalenderjahr 2012 berechnet sich der Anspruch auf eine variable Vergü tung in Höhe von € 2.275,00 brutto.
Die Klagepartei hat unstreitig eine Zielerreichung von 100%. Bei einem Richtwert von € 6.500 sind 35% € 2.275,00 brutto. Für die Maßgeblichkeit dieses Prozentsatzes wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
Eine Erhöhung um 10% erschien erneut nicht geboten. Zwar lag der HGB-Abschluss anders als 2011 mit € 28 Mio. geringfügig im Plus. Jedoch wurden Ausschüttungen auf stille Einlagen im zweiten Jahr in Folge nicht vorgenommen, so dass es angezeigt war, es bei der seitens des Verwaltungsrats vorgegebenen Grundregel zu belassen. Soweit die Klagepartei auf wirtschaftliche Entwicklungen der Jahre ab 2013 verweist und auf einen Pressebericht vom 05.11.2015 Bezug nimmt, kann dies keine Erhöhung der variablen Vergütung begründen. Maßgeblich ist die wirtschaftliche Situation im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung, hier also Anfang 2013.
e) Der Anspruch auf Zahlung variabler Vergütung ist nicht durch Zahlung der Starter prämie in Höhe von € 5.684,88 brutto im April 2013 erfüllt worden.
aa) Zwar bestimmt Ziffer 2.2. Abs. 2 DV Starterprämie, dass die Zahlung der Starterprämie als Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung einer variablen Vergütung gilt. Diese Regelung ist jedoch nach Art. 68 BayPersVG unwirksam.
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Betriebsparteien durch Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen Regelungen über den Inhalt von Arbeitsverhältnissen treffen. Dies folgt mittelbar aus § 77 Abs. 3 S. 1 und 2 TVG (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2011 – 1 AZR 412/09 – NZA 2011, 989, Rn. 19 m.w.Nach.). Allerdings unterliegt die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien Binnenschranken. Die Betriebsparteien sind gem. Art. 68 BayPVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden. Dies erstreckt sich auf die geltende Rechtsordnung, die das Arbeitsverhältnis gestaltet und auf dieses einwirkt (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 38 m.w.Nachw.) Zu dieser zählt auch § 611 BGB, nach dem der Arbeitgeber zur Erbringung der vereinbarten Gegenleistung verpflichtet ist, soweit der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer seinerseits die ihm obliegende Arbeitsleistung erbracht hat (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2011, a.a.O., Rn. 21). Dabei führt das vertragliche Synallagma dazu, dass der Anspruch auf variable Erfolgsvergütung mit Ablauf des monatlichen Leistungszeitraum entsteht, in den einzelnen Monaten anteilig verdient, jedoch aufgespart und am vereinbarten Fälligkeitstag ausgezahlt wird (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2011, a.a.O., Rn. 26 m.w.Nachw.). Die Auszahlung verdienten Entgelts ist daher nicht von der Erfüllung weiterer Zwecke abhängig. Diese Wertung bindet auch die Betriebsparteien (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2011, a.a.O., Rn. 21 m.w.Nachw.).
cc) Danach waren die Betriebsparteien nicht berechtigt, die Erfüllung des Anspruchs auf variable Vergütung durch Zahlung der Starterprämie zu bestimmen.
Bei der in der DV AT-Vergütung 2011 geregelten variablen Vergütung handelt es sich um Arbeitsentgelt, das vom Arbeitnehmer durch die Erbringung einer Arbeitsleistung im Bezugszeitraum verdient wird und dessen Höhe von der Erreichung der mit ihm vereinbarten Ziele abhängt. Dies folgt aus dem Wortlaut der Dienstvereinbarung AT-Vergütung 2011, der die streitige Leistung an verschiedenen Stellen als „Vergütung“ bezeichnet. Es ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der variablen Vergütung, die gezahlt wird, um „die individuelle Leistung eines Beschäftigten und sein(en) Beitrag zum Ergebnis für ein Geschäftsjahr“ zu honorieren (Ziffer 6 Abs. 1 S. 2 DV AT-Vergütung 2011). Des Weiteren kommt der Charakter einer Vergütung in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags zum Ausdruck, nach dem durch die Zahlung des Bonus Überstunden/Mehrarbeit, Zuschläge und Zulagen für Schicht- und Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten sind.
Durch die Regelung in Ziffer 2.2. Abs. 2 DV Starterprämie wird der Klagepartei diese bereits verdiente Vergütung wieder entzogen, wenn dort die Erfüllung durch eine anderen Zwecken dienenden und auf andere Zeiträume bezogenen Starterprämie bestimmt wird. In diesem Fall wird nämlich nicht die erfolgreiche Arbeitsleistung der Klagepartei im Jahr 2012 vergütet.
In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, sie habe mit der Starterprämie einen doppelten Zweck verfolgt, nämlich „die Honorierung der Leistung in Form einer variablen Vergütung sowie die besondere Honorierung der Wechselbereitschaft“. Hierauf kommt nicht an, weil sich die Auslegung einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung nach ihrem objektiven Erklärungswert richtet und der wirkliche Wille der Betriebspartner und der von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung nur insoweit beachtlich ist, als er in der Betriebsvereinbarung als Ausdruck der Betriebsautonomie seinen erkennbaren Niederschlag gefunden hat (vgl. ErfK/Kania, 16. Aufl. 2016, § 77 Rn. 30 m.w.Nachw.). Dies ist aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Beklagte trägt zum einen schon nicht vor, dass sich die Betriebspartner im entsprechenden Sinn geeinigt hätten und legt hierfür auch keine Sitzungsniederschriften, Protokollnotizen oder gemeinsame Erklärungen vor. Vielmehr bestätigt die Intranetmitteilung vom 03.12.2012 über die „Starterprämie für die zur neuen L. übergehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ lediglich die Anrechnung von Starterprämie und variabler Vergütung für 2012 und setzt damit ihre Unterscheidbarkeit voraus. Der behauptete weitere Zweck der Honorierung von Leistungen im Jahr 2012 durch die Starterprämie kommt darüber hinaus nicht in der DV Starterprämie zum Ausdruck. In Ziffer 2 DV Starterprämie wird der Sinn und Zweck der Zahlung der Starterprämie als „zur Förderung der Wechselbereitschaft und zur Unterstützung des Überleitungsprozesses“ der Mitarbeiter bestimmt. Beides bezieht sich auf den Wechsel in die L. zum 31.12.2012/01.01.2013, nicht aber auf die Honorierung von Leistungen der Arbeitnehmer im Jahr 2012. Gegen den Zweck „Honorierung der Leistung in Form einer variablen Vergütung“ für das Kalenderjahr 2012 spricht auch die Überschrift der „Dienstvereinbarung über eine Starterprämie im Falle des Wechsels von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur „Neuen L.“ zum 31.12.2012/01.01.2013. Des Weiteren ist der Vortrag der Beklagten nicht nachvollziehbar, wenn sie behauptet, bei Abschluss der DV Starterprämie am 29.12.2012 nicht damit gerechnet zu haben, dass für das Geschäftsjahr 2012 überhaupt eine variable Vergütung gezahlt werden würde, weshalb „zur Kompensation eine Starter-Prämie“ gewährt werden sollte. Zum einen erging nur wenige Wochen später, nämlich am 15.01.2013 der Vorstandsbeschluss zur Auszahlung einer einmaligen leistungsabhängigen Sonderzahlung im Umfang von insgesamt € 22 Mio., von der die Beklagte behauptet, es handele sich um die nach DV AT-Vergütung geschuldete variable Vergütung. Zum anderen setzt eine Kompensation gerade voraus, dass das ursprünglich Geschuldete nicht geleistet und an seiner Stelle eine andere Leistung erbracht wird. Schließlich hat die Beklagte auch keine konkrete Vollzugspraxis vorgetragen, aus der Rückschlüsse auf den Regelungsinhalt der DV Starterprämie hätten gezogen werden können (hierzu BAG, Urteil vom 22.01.2002 – 3 AZR 554/00 – NZA 2002, 1224). Die „Verdeutlichung“ anhand zweier Beispiele unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Auszahlungszeitpunkte von Starterprämie (April 2013) und variabler Vergütung (Juni 2013) im Schriftsatz vom 19.04.2016, S. 23 bis 24, ist rein hypothetisch. Die angebliche Vergleichsberechnung durch die Betriebspartner ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil am 29.11.2012 angeblich offen war, ob überhaupt eine variable Vergütung bezahlt werden würde. Darüber hinaus standen die Bewertungen der Mitarbeiter für das Kalenderjahr 2012 noch aus, so dass der Multiplikationsfaktor des Richtwertes noch nicht feststand und auch deshalb nicht abzuschätzen war, ob sich variable Vergütung und Starterprämie entsprächen oder die Starterprämie in jedem Fall höher als die variable Vergütung wäre. Insbesondere aber hat die Beklagte nicht einen Fall eines Arbeitnehmers benannt, in dem Starterprämie und variable Vergütung im Juni 2013 tatsächlich an- bzw. verrechnet worden wären.
5. Der Zinsanspruch begründet sich aus §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB, wobei die Fälligkeit in Anlehnung an Ziffer 6.2.2 DV AT-Vergütung 2011 auf Ende Juni des Folgejahres zu bestimmen ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 60).
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens waren verhältnismäßig zu teilen, § 92 Abs. 1 ZPO. Die erstinstanzlichen Kosten hat der Kläger wegen der erheblichen Zuvielforderung und der teilweisen Klagerücknahme allein zu tragen, §§ 269 Abs. 3 S. 2, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
IV.
Die Revision war für beide Parteien gem. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen.


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