Bankrecht

Barabfindung für Aktionäre nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages

Aktenzeichen  31 Wx 341/17

Datum:
11.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AG – 2020, 440
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AktG § 304, § 305
SpruchG § 6, § 15 Abs. 2, § 17 Abs. 1
BörsG § 39 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Haben die in einem Spruchverfahren gestellten Anträge auf Erhöhung der Abfindung/des Ausgleichs in der Hauptsache keinen Erfolg, kommt nach der Regelung des § 15 Abs. 2 SpruchG („unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs“) grundsätzlich auch eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin nicht in Betracht. (Rn. 115 – 117)
2. Soll dennoch eine Kostenerstattung durch die Antragsgegnerin erfolgen, bedarf es hierzu einer besonderen Rechtfertigung in Form einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände, zu welchen insbesondere auch das Verfahrensverhalten der Beteiligten einschließlich ihrer Vergleichsbereitschaft, der Informationsfluss und etwaige Abweichungen zwischen festgesetzter Abfindung/festgesetztem Ausgleich und tatsächlichem Unternehmenswert gehören. Der bloße Hinweis auf das dem Spruchverfahren typischerweise innewohnende Informationsgefälle und den durch die Prüferanhörung bzw. Beweisaufnahme erfolgten gesteigerten Erkenntnisgewinn ist insofern nicht ausreichend. (Rn. 123)

Verfahrensgang

5 HKO 4736/11 2017-09-14 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Beschwerden der Antragsteller 3) – 5), 9) – 15), 17), 38) – 41), 51) und 52) werden zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 28.04.2017 im Kostenpunkt dahingehend geändert, dass eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten auch für die beschwerdeführenden Antragsteller 3) – 5), 9) – 15), 17), 38) – 41), 51) und 52) nicht angeordnet wird. Diese haben ihre außergerichtlichen Kosten ebenfalls selbst zu tragen.
3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Auslagenerstattung findet nicht statt.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten Aktionäre zu leistenden Vergütung wird auf € 200.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens sind die Barabfindung und der Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der … … AG (im Folgenden: … AG oder die Gesellschaft) und der Antragsgegnerin.
1. Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der … AG ist die Leitung einer Gruppe von Unternehmen, die in der Herstellung, Analyse und dem Vertrieb von Biomolekülen sowie der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Geräten für die Molekularbiologie tätig sind, wobei der Geschäftsbetrieb im Wesentlichen über zwei 100%ige Tochtergesellschaften wahrgenommen wird. Die Produktion von synthetischen Oligonukleotiden erfolgt über die … … … GmbH, der Vertrieb über die … … GmbH. Letztere ist auch für die Auftragsabwicklung und den Vertrieb von Produkten aus dem Bereich Gen-Sequenzierung zuständig, wobei die Produktion in diesem Bereich durch die außerhalb der …-Gruppe stehende … … GmbH erfolgt.
Das Grundkapital der Gesellschaft von € 13.308.468 ist in ebenso viele Namensaktien mit einem anteiligen Betrag von € 1,00 am Grundkapital eingeteilt. Die Aktien sind seit dem 12.08.2009 nach einem Delisting-Beschluss der Hauptversammlung vom 17.07.2009 nicht mehr börsennotiert. Ein im Zuge des Delistings eingeleitetes Spruchverfahren wurde rechtskräftig als nicht (mehr) statthaft zurückgewiesen (vgl. LG München I, Beschluss vom 28.05.2014 – 5 HK O 19239/07, ZIP 2014, 1429 ff.; bestätigt durch Senatsbeschluss v. 28.01.2015 – 31 Wx 292/14, BB 2015, 337 ff.).
2. Am 26.11.2010 schlossen die … AG und die Antragsgegnerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV), nach dessen Ziff. 1. Abs. 1 die … AG die Leitung ihrer Gesellschaft der Antragsgegnerin unterstellt, die dementsprechend berechtigt ist, der Gesellschaft (ggf. für diese nachteilige) Weisungen zu erteilen. Darüber hinaus ist die … AG nach Ziff. 2 Abs. 1 des BGAV zur Abführung ihres gesamten Gewinns an die Antragsgegnerin verpflichtet.
In Ziff. 4 des BGAV verpflichtet sich die Antragsgegnerin zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichs in Höhe von zunächst € 0,08 je Aktie bzw. in Ziff. 5 Abs. 1 des BGAV auf Verlangen eines jeden außenstehenden Aktionärs zur Zahlung einer Barabfindung von € 2,20 je Aktie.
Im Vorfeld der Hauptversammlung vom 10.01.2011 erstellte die … & … oHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden auch: die Bewerterin) am 24.11.2010 ein Gutachten über die Ermittlung des Unternehmenswertes (Anl. AG 2). Darin ermittelte sie anhand des Ertragswertverfahrens (unter Berücksichtigung einer Anpassung des Basiszinssatzes zum Stichtag, Anl. AG 4) einen Unternehmenswert von rund € 25,791 Mio., woraus sich eine Abfindung von € 1,94 und ein Ausgleich von € 0,09 je Aktie errechnete.
Dabei ging die Bewerterin von einer Detailplanungsphase für die Jahre 2011 bis 2016 und einer sich unmittelbar hieran anschließenden ewigen Rente aus. Bei der Kapitalisierung wurde der Basiszinssatz zunächst mit 3,0%, später mit 3,25%, die Marktrisikoprämie mit 4,5% und der unverschuldete Betafaktor mit 0,9 angesetzt. Darüber hinaus wurde in der ewigen Rente ein Wachstumsabschlag von 1% zugrunde gelegt.
Die gemeinsame Vertragsprüferin … Deutschland GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden auch: die Prüferin) bestätigte in ihrem Prüfbericht vom 26.11.2010 (Anl. AG 3) sowie ihrer Stichtagserklärung vom 10.01.2011 (Anl. AG 5) die Angemessenheit der angebotenen Barabfindung von € 2,20 und des jährlichen Ausgleichs von € 0,09 je Aktie.
Auf die weiteren Ausführungen im Gutachten und Prüfbericht wird Bezug genommen.
Die Hauptversammlung der … AG stimmte am 10.01.2011 dem BGAV mit einer von 0,08 € auf 0,09 € erhöhten Ausgleichszahlung zu. Die Abfindung wurde unverändert auf € 2,20 je Aktie festgesetzt. Am 28.02.2011 erfolgte die Eintragung ins Handelsregister der … AG, am 02.03.2011 die Bekanntmachung im Bundesanzeiger.
Am 13.12.2016 hat die Hauptversammlung der … AG sodann ein Squeeze-Out der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von € 3,20 je Aktie beschlossen. In dem daraufhin unter dem Aktenzeichen 5 HK O 4268/17 eingeleiteten Spruchverfahren hat das Landgericht München I mit Beschluss vom 29.06.2018 die Anträge auf Festsetzung einer höheren Abfindung abgewiesen. Zwei Antragsteller haben hiergegen Beschwerde eingelegt. Das Verfahren wird beim Senat unter dem Az. 31 Wx 399/18 geführt.
3. 52 Antragsteller haben im hiesigen Verfahren erstinstanzlich die im BGAV festgesetzte Abfindung und den festgesetzten Ausgleich als zu niedrig angegriffen und eine angemessene höhere Festsetzung vor dem Landgericht München I beantragt, wobei zwei Antragsteller im Laufe des Verfahrens ihre Anträge wieder zurückgenommen haben.
Das Landgericht hat zunächst die Mitarbeiter der Vertragsprüferin, Herrn … und Herrn …, mündlich angehört und im Anschluss um weitere schriftliche Stellungnahmen zu einigen Einzelfragen der Bewertung gebeten. Auf das Verhandlungsprotokoll vom 22.03.2012 (Bl. 218/241 d.A.) und die schriftlichen Ausführungen vom 02.04.2012 (Bl. 245/247 d.A.) wird Bezug genommen.
Im Anschluss hieran hat das Landgericht mit Beweisbeschluss vom 25.10.2012 (Bl. 337/343 d.A.) Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu einzelnen Aspekten der Planung und den verschiedenen Parametern der Kapitalisierung erhoben. Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Kfm. … …, Wirtschaftsprüfer, vom 20.01.2016 (Bl. 387a ff. d.A.) sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 04.10.2016 (Bl. 509/604 d.A.) wird verwiesen. Im Anschluss an diese beiden schriftlichen Gutachten wurde der Sachverständige am 01.12.2016 mündlich angehört. Auf das Verhandlungsprotokoll (Bl. 629/646 d.A.) wird Bezug genommen.
Das Landgericht hatte im Vorfeld der Einholung des Sachverständigengutachtens versucht, auf eine vergleichsweise Beendigung des Verfahrens hinzuwirken. Die Kammer hatte vorgeschlagen, die Abfindung auf € 2,50 je Aktie und den Ausgleich dieser Erhöhung prozentual entsprechend zu erhöhen (vgl. Protokoll v. 22.03.2012, S. 23, Bl. 240 d.A.). Die Antragsgegnerin hatte sich mit Schriftsatz vom 26.04.2012 (Bl. 257 d.A.) zu einer vergleichsweisen Verfahrensbeendigung dergestalt bereit erklärt, dass die Abfindung auf € 2,50 erhöht, der Ausgleich unverändert bei € 0,09 verbleibt und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller ausgehend vom Mindestgeschäftswert übernommen werden. Diesem Vorschlag stimmten nicht alle Antragsteller / Beschwerdeführer zu. Im Zuge der Sachverständigenanhörung ist die Möglichkeit einer gütlichen Einigung erneut erörtert worden (vgl. Protokoll v. 01.12.2016 S. 17 f., Bl. 645 f. d.A.), konkrete Vorschläge erfolgten nicht.
Mit Beschluss vom 28.04.2017 (Bl. 662/792 d.A.) hat das Landgericht sodann die Anträge auf Erhöhung der Abfindung und des Ausgleichs zurückgewiesen. Dabei ist es der Ertragswertermittlung durch die Bewerterin/Prüferin, im Wesentlichen bestätigt durch den Sachverständigen, sowohl in Bezug auf die Planannahmen als überwiegend auch in Bezug auf die einzelnen Diskontierungsparameter, gefolgt. Lediglich in Bezug auf den Betafaktor erfolgte in Übereinstimmung mit den Darstellungen des Sachverständigen eine Reduzierung von unverschuldet 0,9 auf unverschuldet 0,85. Im Ergebnis errechnete das Landgericht einen Unternehmenswert von € 28,323 Mio. und damit eine Abfindung von € 2,13 und eine Ausgleichszahlung von (aufgerundet) € 0,09 je Aktie und wies dementsprechend sämtliche Anträge als unbegründet zurück.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller (mit Ausnahme der Antragsteller, die ihren Antrag zurückgenommen haben) hat das Landgericht der Antragsgegnerin auferlegt. Dies entspreche trotz des anderweitigen Verfahrensausgangs der Billigkeit, da eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich gewesen sei, die zu einem erhöhten Erkenntnisgewinn geführt habe, weswegen nicht davon ausgegangen werden könne, dass den Anträgen von vornherein jegliche Grundlage gefehlt habe.
Auf die weiteren Ausführungen im Beschluss vom 28.04.2017 wird Bezug genommen.
4. Die Antragsteller 3) – 5), 9) -15), 17), 38) – 41), 51) und 52) haben gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Hinsichtlich der Planannahmen erachten sie insbesondere die in Phase I und II angenommenen Wachstumsraten als zu niedrig. Dementsprechend sei auch der Betafaktor zu hoch und der in der ewigen Rente angesetzte Wachstumsabschlag zu niedrig. Darüber hinaus wird schwerpunktmäßig der Ansatz einer wachstumsbedingten Thesaurierung in der ewigen Rente angegriffen.
Die Beschwerdegegnerin vertritt hingegen die Auffassung, dass die Beschwerden bereits unzulässig seien, da der Beschwerdewert, der für jeden Beschwerdeführer separat zu bestimmen sei, nicht erreicht sei. In materieller Hinsicht schließt sie sich weitestgehend den Ausführungen des Landgerichts an. Sowohl die Planannahmen als auch die verschiedenen Parameter der Diskontierung seien zutreffend bzw. deutlich zu Gunsten der Antragsteller bestimmt worden.
Auf die Ausführungen in den Beschwerdebegründungen, -erwiderungen und den weiteren Schriftsätzen der Beteiligten wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 14.09.2017 (Bl. 841/848 d.A.) hat das Landgericht den Beschwerden nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung übersandt.
Mit Schriftsatz vom 16.04.2018 (Bl. 861/877 d.A.), ergänzend erläutert mit Schriftsatz vom 03.05.2018 (Bl. 892 d.A.) hat sodann die Antragsgegnerin Anschlussbeschwerde ausschließlich gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts und ausschließlich betreffend die hiesigen Beschwerdeführer eingelegt. Sie rügt diese unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs als unbillig. Angesichts der Formulierung „unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens“ sei es nicht sachgerecht, bei der erfolgten Abweisung der Hauptanträge als unbegründet dennoch eine – vollständige – Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller anzuordnen.
Die Beschwerdeführer und Anschlussbeschwerdegegner sind dieser Auffassung entgegen getreten. Sie schließen sich insofern der Rechtsauffassung des Landgerichts an.
Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 31.10.2019 (Bl. 944/951 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Kostenentscheidung des Landgerichts unter der Voraussetzung, dass die Entscheidung in der Hauptsache bestätigt wird, in der Tat nicht der geltenden Rechtslage entsprechen dürfte und daher aufgehoben werden müsste. Darüber hinaus hat er auf die Unselbstständigkeit der Anschlussbeschwerde und die Konsequenz einer Beschwerderücknahme hingewiesen. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Den Beteiligten wurde hierauf die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Auf Nachfrage des Senats bezüglich der Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung hat die Antragsgegnerin erklärt, insbesondere angesichts des bereits eingeholten kostenintensiven Sachverständigengutachtens lediglich zu einem Verzicht auf die Stellung von Kostenanträgen bereit zu sein, sofern eine Beschwerderücknahme durch alle Beschwerdeführer erfolge (Bl. 967/968 d.A.). Beschwerderücknahmen sind in der Folge nicht eingegangen.
II.
Die Beschwerden der Antragsteller 3) – 5), 9) -15), 17), 38) – 41), 51) und 52) sind zulässig, aber nicht begründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist hingegen begründet.
Das Landgericht hat eine Erhöhung der durch die Hauptversammlung festgesetzten Barabfindung bzw. des festgesetzten Ausgleichs zu Recht nicht vorgenommen. Einer Korrektur durch den Senat bedurfte es daher nicht (siehe dazu 1.). Vor dem Hintergrund der Hauptsacheentscheidung war jedoch die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin nicht möglich. Die Kostenentscheidung des Landgerichts war daher insoweit aufzuheben (siehe dazu 2.).
1. Die zulässigen Beschwerden betreffend die Angemessenheit der festgesetzten Barabfindung und des festgesetzten Ausgleichs sind unbegründet und daher zurückzuweisen.
a) Die Beschwerden sind zulässig.
Sie sind insbesondere fristgerecht eingelegt, §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 63 Abs. 1 FamFG.
Weiterhin ist entgegen der Rüge der Antragsgegnerin der nach §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 61 Abs. 1 FamFG grundsätzlich auch für Beschwerden in Spruchverfahren geltende erforderliche Beschwerdewert von € 600,00 erreicht. Er ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag, den der einzelne Beschwerdeführer zusätzlich für sich erstrebt, wobei die Beschwer aller Beschwerdeführer zusammenzurechnen ist, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen (BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – II ZB 15/17, BeckRS 2018, 28290 Rn. 9, 19, 24; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2016 – 21 W 36/15, NZG 2017, 622 ff.; Spindler/Stilz/Drescher, 4. Aufl. SpruchG, § 12 Rn. 7).
Allein der Antragsteller 41) hat nachgewiesen, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt mit 1.002 Aktien der … AG im Aktienregister eingetragen war. Die Antragsteller 10) -15) haben gemeinsam 830 Aktien nachgewiesen. Unter anderem mit Hinweis auf die um € 1,00 höhere Abfindung im anschließenden Squeeze-Out wird auch in diesem Verfahren eine entsprechende Erhöhung gefordert. Zum Teil werden unter Hinweis auf verschiedener Parameter der Planung und Kapitalisierung in Summe noch höhere Beträge gefordert. Ohne an dieser Stelle abschließend darüber entscheiden zu müssen, ob diese Argumentationen inhaltlich Bestand haben können, ist damit allein hierdurch die Beschwerdegrenze, die einheitlich für sämtliche Beschwerdeführer gilt, deutlich überschritten. Auf die weiteren Aktienpakete der weiteren Beschwerdeführer, die zum Teil ebenfalls einen Bestand von mehreren hundert bzw. sogar über tausend Aktien vorgetragen haben, kommt es daher nicht entscheidend an.
b) Die Beschwerden sind jedoch unbegründet.
aa) Die Barabfindung von € 2,20 je Aktie muss, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht erhöht werden.
(1) Gemäß § 305 Abs. 1 AktG muss ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eine angemessene Abfindung enthalten, wobei nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG ein Wahlrecht zwischen der Gewährung von Aktien der herrschenden Gesellschaft oder der Gewährung einer Barabfindung besteht. Die hier gewählte Barabfindung muss gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 AktG die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) ist die Angemessenheit der Abfindung nur dann zu bejahen, wenn ein vollständiger wirtschaftlicher Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Aktionäre gewährt wird. Hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff., Rn. 23).
(a) Als Untergrenze für die Bestimmung des Unternehmenswerts kann dabei jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften auf den Börsenkurs zurückgegriffen werden. Eine geringere Abfindung würde der Dispositionsfreiheit über das Eigentum und damit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung tragen; die Aktionäre dürfen nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, NJW 1999, 3769 ff.; BVerfG, Beschl v. 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff.).
Ob der Börsenwert nicht nur als Untergrenze, sondern ggf. für sich genommen für die Festsetzung der Barabfindung ausreichen kann, ohne dass es des Rückgriffs auf eine mittelbare Bestimmung anhand einer Unternehmensbewertung bedarf (in diese Richtung BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff.; so auch LG Stuttgart, Beschluss vom 08.05.2019 – 31 O 25/13 KfH, NZG 2019, 1300 und LG Frankfurt a.M. Beschluss vom 27.06.2019 – 3-05 O 38/18, AG 2020, 143 ff. – jeweils nicht rechtskräftig), muss jedenfalls in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht entschieden werden. Nach dem Delisting im Jahr 2009 waren die Aktien der … AG nicht mehr börsennotiert. Es gibt keinen Börsenkurs, der – als Untergrenze oder allein maßgeblich – zur Bestimmung der angemessenen Abfindungshöhe herangezogen werden könnte.
Soweit beschwerdeseits in diesem Zusammenhang gefordert wird, stattdessen den letzten registrierten Börsenkurs vom 06.08.2009 anhand der allgemeinen Börsenentwicklung fortzuschreiben, kann dem nicht gefolgt werden. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich vorliegend um eine völlig andere Situation handelt, als bei der Stollwerck-Entscheidung des BGH (BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, AG 2010, 629 ff.). Während dort eine Fortschreibung des innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor der Bekanntmachung der Strukturmaßnahme ermittelten Aktienkurses erfolgen musste, da aufgrund eines zu langen Zeitraums zwischen Bekanntgabe der Strukturmaßnahme und Beschlussfassung, in welchem aufgrund der Ankündigung ggf. eine besondere Nachfrage an der Aktie geweckt wird, der Verkehrswert der Aktie beeinflusst wurde, liegt hier ein vollständiger Rückzug vom regulierten Markt im August 2009 vor. Es gab im Dreimonatszeitraum nach Bekanntgabe der Strukturmaßnahme Mitte 2010 schlicht keinen Aktienwert mehr, der anhand der allgemeinen Börsenentwicklung hätte angepasst werden können bzw. müssen.
Auf welcher Grundlage eine Fortschreibung nicht nur des letzten registrierten Börsenkurses, sondern eines Kurses aus dem Jahr 2000, der sich zeitweise auf über € 200,00 je Aktie belief, hätte erfolgen sollen, erschließt sich bereits unter Berücksichtigung des Stichtagprinzips nicht. Auch ist nicht ersichtlich, inwieweit dieser historische Wert, der in keiner Weise die tatsächliche Ertragslage der Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt widerspiegelt (vgl. Sachverständigengutachten S. 15 f.) Einfluss auf das Ertragspotential der Gesellschaft zum Stichtag gehabt haben soll.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das Delisting auf Betreiben der Antragsgegnerin erfolgt sei, weswegen dies nicht zu Lasten der Minderheitsaktionäre gehen dürfe. Unter Berücksichtigung der Lindner/MV-Entscheidung des BVerfG vom 11.07.2012 (BVerfG, Urt. v. 11.08.2012 – 1 BvR 3142/07, NJW 2012, 3081 ff.) und der anschließenden Frosta-Entscheidung des BGH vom 08.10.2013 (BGH, Beschluss vom 08.10.2013 – II ZB 26/12, NJW 2014, 146 ff.) ist hierfür kein Raum. Der Rechtsschutz der Minderheitsaktionäre ist im Fall eines (echten) Delistings vollständig auf die verwaltungsrechtliche Ebene verlagert worden. Die Durchführung eines Spruchverfahrens ist nicht mehr möglich und die beim hiesigen Delisting gestellten Anträge wurden dementsprechend als unstatthaft zurückgewiesen (vgl. LG München I, Beschluss vom 28.05.2014 – 5 HK O 19239/07, BeckRS 2014, 13943, bestätigt durch Senatsbeschluss v. 28.01.2015 – 31 Wx 292/14, NZG 2015, 556 ff.). Dabei ist hinzunehmen, dass die kapitalmarktrechtliche Lösung der Neuregelung des § 39 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BörsG durch die Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (BGBl. 2015 I S. 2019 ff.) Sachverhalte, die wie das vorliegende Delisting, einen Übergangszeitraum bis zum 07.09.2015 betreffen, nicht greift und der Rechtsschutz in Altfällen daher ggf. nicht auf bisherigem gesellschaftsrechtlichen Niveau fortgeschrieben werden kann (Hüffer/Koch, 13. Aufl. AktG § 119 Rn. 34; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl. AktG, § 119 Rn. 86 ff.). Einen besonderen Vertrauensschutz genießen die Minderheitsaktionäre insofern nicht (BVerfG, Beschluss vom 05.11.2015 – 1 BvR 1667/15, ZIP 2015, 2371 ff.; Spindler/Stilz/Hoffmann, 4. Aufl. AktG § 119 Rn. 45).
Es verbleibt daher dabei, dass ein – historischer bzw. fortgeschriebener – Börsenkurs zur Bestimmung des Wertes der Beteiligung bzw. jedenfalls als Untergrenze vorliegend nicht herangezogen werden kann. Auf die Frage, wer das Delisting „zu vertreten“ hat, kommt es dabei nicht an.
(b) Nach welcher Methode der „wahre“ Wert der Beteiligung sodann ermittelt werden muss, schreibt Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor. Auch das einfache Recht kennt entsprechende Vorgaben nicht. Das Gericht ist vielmehr gehalten, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl damit dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Lediglich bei der sich daran anschließenden Frage, ob die vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode den o.g. gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht, handelt es sich um eine Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 12; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NJW-RR 2016, 610 ff., Rn. 14). Entscheidend ist demnach allein, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft oder Betriebswirtschaftslehre grundsätzlich anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist, was bei der hier angewandten Ertragswertmethode, bei welcher im Rahmen einer Prognoseentscheidung die zukünftigen Erträge der Gesellschaft ermittelt und sodann mit einem Kapitalisierungszinssatz abgezinst werden, grundsätzlich zu bejahen ist (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, a.a.O. Rn. 33 ff.).
Die Ertragswertmethode beruht auf der Überlegung, dass sich der Wert eines Unternehmens in erster Linie danach bestimmt, welche Erträge es in Zukunft erwirtschaften kann. Bei der Bewertung des Unternehmens ist daher primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen- und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Nach dieser Methode werden somit die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag (Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung) mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Verfügt das Unternehmen neben dem betriebsnotwendigen Vermögen über nicht betriebsnotwendiges (neutrales) Vermögen, so ist dieses gesondert zu bewerten. Die Summe daraus bildet den Unternehmenswert (Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung 7. Aufl. Rn. 1076; Franken/Schulte/Dörschell, Kapitalkosten für die Unternehmensbewertung, 3. Aufl. S. 4).
Die Ertragswertmethode ist in Literatur und Praxis allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenngleich ihre Anwendung nicht zwingend geboten ist (BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, BB 2011, 1518 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NZG 2016, 461 ff., Rn. 21; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2018 – 26 W 4/17 (AktE), ZIP 2019, 370 ff.; Senat, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2018, 753 ff.; Großfeld, a.a.O., Rn. 269). Anhaltspunkte dafür, dass sie im konkreten Fall nicht geeignet ist, den wahren Wert des Unternehmens abzubilden bestehen vorliegend nicht und werden seitens der Beschwerdeführer auch nicht konkret vorgetragen.
(c) Es ist weiter zu berücksichtigen, dass es einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens – unabhängig von der zugrunde gelegten Bewertungsmethode – nicht geben kann (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NZG 2016, 139 ff., Rn. 36; Senat, Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.). Jede in die Zukunft gerichtete Prognose beinhaltet naturgemäß gewisse Unsicherheiten, die allerdings auch im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen sind. Es muss dementsprechend eine Bandbreite von Werten als (noch) angemessen angesehen werden und eine höhere Barabfindung kann erst dann angenommen werden, wenn eine gewisse Grenze überschritten ist (vgl. hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 ff.). Das Gericht ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch nicht gehalten, nach dem Meistbegünstigungsprinzip die Bewertungsmethode oder innerhalb einer Bewertungsmethode die Parameter anzusetzen, die für die Antragsteller die größtmögliche Abfindung ergeben, etwa um auf diese Weise auszugleichen, dass die Antragsgegnerin im Zweifel eher einen niedrigere als eine höhere Abfindungszahlung anbietet. Die Antragsteller haben Anspruch auf eine angemessene, der Beteiligung am wirklichen Unternehmenswert entsprechende Abfindung, nicht aber auf eine möglichst hohe Abfindung (BGH, a.a.O., Rn. 38). Wenn jede rechnerische Zwischengröße in diesem Sinne zu Gunsten der Aktionäre bestimmt werden würde, käme es im Ergebnis zu einer derartigen Kumulation von Günstigkeitsentscheidungen, dass der „wirkliche“ Wert sicherlich nicht mehr abgebildet werden würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff., Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE), DStR 2016, 2809 ff.; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11, ZIP 2012, 124 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, BeckRS 2011, 24586).
(2) Unter diesen Voraussetzungen hat das Landgericht die von der Bewerterin angesetzten und von der Abfindungsprüferin und dem Sachverständigen gebilligten für die Ertragswertermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens herangezogenen Planannahmen zu Recht nicht korrigiert, wobei sich das Beschwerdegericht in seiner Beschwerdeentscheidung auf die Darlegung und Würdigung der von den Beschwerdeführern konkret erhobenen Einwendungen beschränken kann (vgl. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff.; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 12 Rn. 12). Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen (Beschluss v. 28.04.2017, S. 31 ff.).
(a) Zunächst wird beschwerdeseits ohne Erfolg gerügt, dass die Planung insgesamt zu pessimistisch gewesen sei, was sich insbesondere an einem Vergleich mit den Ist-Zahlen für die Jahre 2011 – 2015 ergebe, der Abweichungen von z.T. weit über 100% aufzeige.
Dabei sei zunächst allgemein darauf hingewiesen, dass es nach dem Stichtagsprinzip grundsätzlich nicht auf eine ex-post, sondern eine ex-ante Betrachtung ankommt. Nachträgliche Änderungen können nach der Wurzeltheorie nur berücksichtigt werden, wenn sie am Stichtag jedenfalls schon im Kern angelegt waren (BGH, Beschluss vom 04.03.1998 – II ZB 5/97, NZG 1998, 379 ff.; Hölters/Deilmann, 3. Aufl. AktG, § 304 Rn. 32; Emmerich/Habersack Aktien-/GmbH-KonzernR/Emmerich 9. Aufl. AktG, § 304 Rn. 27, 27a).
Im Übrigen führt auch nicht jede Abweichung zu einer unplausiblen Planung. Der Sachverständige hat in seinem Ergänzungsgutachten nochmals eindrücklich anhand eines Beispiels erläutert, dass eine Planung stets Chancen und Risiken beinhalte, die sich ggf. nicht wie angenommen realisierten. Dies könne zu – erheblichen – Abweichungen führen, mache eine Planung nachträglich jedoch nicht unplausibel oder führe dazu, sie als unzulässige Anlassplanung einzustufen (vgl. Ergänzungsgutachten v. 04.10.2016, S. 14).
Je gravierender die Abweichung zwischen Plan- und Ist-Zahlen ist, desto sorgfältiger muss jedoch geprüft werden, worauf diese Abweichung tatsächlich beruht und ob sie die Plausibilität der Planung berührt. Genau dies hat der Sachverständige hier getan. Er hat detailliert dargelegt, auf welchen Sondereffekten – die die Plausibilität der Planung grundsätzlich unberührt lassen – die Abweichungen beruhen und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Planung nach wie vor nachvollziehbar sei und keine unvertretbare Prognoseentscheidung beinhaltet habe (vgl. Sachverständigengutachten v. 20.01.2016 S. 124 ff.). Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an, zumal sich die Rüge der Beschwerdeführer lediglich auf das Zahlenwerk an sich stützt, sich aber nicht im Detail mit den einzelnen vom Sachverständigen dargelegten Sondereffekten auseinandersetzt. Insofern erübrigt sich auch eine Vorlage und weitere Analyse des Geschäftsberichts für 2016.
Auch der Hinweis auf eine landgerichtliche Entscheidung zum Verfahren 18 O 106/10 verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Dort wurde lediglich entschieden, dass es nicht haltbar sei, eine einmal aufgestellte Planung nicht zu ändern, auch wenn sich die Zahlen tatsächlich besser entwickeln als zunächst angenommen. Eine derartige Aussage wird vorliegend aber nicht getroffen. Es geht vorliegend nicht darum, ob eine Gesellschaft grundsätzlich ihre Planung anpassen kann bzw. muss, wenn sich die Umstände anders entwickeln als zunächst angenommen, sondern ob zum damaligen Stichtag die Planung als plausibel eingestuft werden konnte. Es sei daher nur am Rande erwähnt, dass Ausgangspunkt für die hiesige Planung der Umsatzerlöse der Forecast für 2010 war, der in einer ex-post-Betrachtung jedoch zur ambitioniert war. Hätte man stattdessen die tatsächlichen Umsatzerlöse zugrunde gelegt, hätte die Planung nochmals nach unten korrigiert werden müssen (vgl. Ergänzungsgutachten v. 04.10.2016, S. 21).
(b) Auch der Einwand, das geplante Umsatzwachstum von 1,5% bis 1,0% sei mit der Tatsache, dass es sich um einen Wachstumsmarkt handele, nicht in Einklang zu bringen, greift nicht durch.
Die … AG hatte in den Jahren 2008 und 2009 tatsächlich Umsatzrückgänge zu verzeichnen und von 2009 auf 2010 stiegen die Umsätze lediglich um 0,4%. Der Sachverständige bestätigte zwar, dass Studien weltweite Wachstumsraten von 10 – 15% prognostizierten, wobei die Tendenz nach unten ginge (insofern handelt es sich in der Tat nicht um einen gesättigten Markt, andererseits aber auch nicht um einen exponentiell wachsenden Markt, vgl. Beschluss S. 36), doch ist es der … AG bisher nicht gelungen, an diesem hohen Marktwachstum zu partizipieren. Weder im Detailplanungszeitraum noch in der ewigen Rente sind Erweiterungsinvestitionen (im Sinne des Aufbaus weiterer Geschäftsfelder bzw. deutlicher Kapazitätserweiterungen, vgl. Ergänzungsgutachten S. 49 f.) geplant, die den vorhandenen Preisverfall abfangen könnten.
Es ist daher in einem innovativen Markt wie dem vorliegenden, der durch den stetigen Eintritt neuer Wettbewerber und einen erheblichen Preisdruck bestimmt wird, plausibel, trotz geplanter Mengensteigerungen, nicht von höheren Wachstumsraten auszugehen (vgl. Sachverständigengutachten S. 116 ff.). Daran ändert auch die Vorlage neuerer Studien, die ggf. gegen eine sinkende Tendenz der weltweiten Wachstumsraten sprechen, nichts, zumal fraglich erscheint, ob diese unter dem Aspekt des Stichtagsprinzips überhaupt berücksichtigungsfähig wären.
(c) Konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinflussung des Vorstands bei der Planungsaufstellung durch die Hauptaktionärin, die den Aufsichtsrat der … AG besetzte, bestehen ebenfalls nicht. Es handelt sich um reine Vermutungen ins Blaue hinein, die durch keinerlei äußere Umstände gestützt werden. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass für die beantragte Vernehmung der an der Planung beteiligten Personen.
(d) Im Rahmen der ewigen Rente ist auch der Ansatz einer wachstumsbedingten Thesaurierung in Höhe der Wachstumsrate bezogen auf das bilanzielle Eigenkapital zum Ende der Detailplanungsphase nicht zu beanstanden.
Bereits das Landgericht hat darauf hingewiesen, dass sich die Gesellschaft in der Phase der ewigen Rente in einem sog. eingeschwungenen Zustand befindet, in dem von einem konstanten (inflationsbedingten) Wachstum in Höhe des Wachstumsabschlags bei konstanter Finanzierungsstruktur ausgegangen wird. Um dieses Wachstum generieren zu können, ohne dass die Fremdverschuldungsquote steigt, müssen Teile des nachhaltigen Wachstums einbehalten und zur Finanzierung dieses Wachstums verwendet werden (vgl. landgerichtlicher Beschluss S. 69 ff., Bl. 731 ff d.A.). Diese Grundannahme ist in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.01.2017 – 21 W 37/12, Rn. 92 nach juris, AG 2017, 626 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2012 – 12 W 66/06, AG 2013, 353 ff.; Fleischer/Hüttemann/Popp/Ruthardt, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. § 12 Rn. 12.56; Großfeld, a.a.O. Rn. 1073 f.;) und wird auch seitens der Beschwerdeführer im Kern nicht in Frage gestellt.
Dabei sind grundsätzlich – wie auch im antragstellerseits vorgelegten Sachverständigengutachten des Herrn Dr. … betreffend ein Spruchverfahren vor dem OLG Frankfurt (Anl. BF 4 zum Schriftsatz v. 17.02.2019; im Folgenden auch: „…-Gutachten“) dargestellt – verschiedene Modellrechnungen zur Darstellung dieser Finanzierung denkbar, die letztlich aber alle zum gleichen Ergebnis führen (sollten). So ist insbesondere entweder eine Einbeziehung in die Cashfloworientierten Größen oder – wie hier – eine Ableitung über gewinn- und ertragsorientierte Größen denkbar (vgl. …-Gutachten S. 11 ff., 23). Während bei ersteren in der Tat ein ausdrücklicher Posten für wachstumsbedingte Thesaurierungen nicht vorhanden ist, da der aus dem bilanziellen Wachstum resultierende Kapitalbedarf unmittelbar im bewertungsrelevanten Cashflow enthalten ist, ist in einer ertragsorientierten Darstellung die Position wachstumsbedingte Thesaurierung in Höhe des wirtschaftlichen Eigenkapitals des letzten Planjahres multipliziert mit dem Wachstumsabschlag in der Darstellung der zur kapitalisierenden Überschüsse grds. ausdrücklich ausgewiesen (so auch WP-Handbuch 2014, Bd. II Rn. A 403). Dennoch gelangen beide Ansätze letztlich zum selben Ergebnis.
Vorliegend wurde ebendiese ertragsorientierte Darstellung gewählt. Auch der Sachverständige hat hierauf nochmals ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt, dass es bei einer solchen Vorgehensweise unter Planung bilanzieller Abschreibungen anstelle von Reinvestitionsraten bzw. weiterer nicht periodengleich zahlungswirksamer Aufwendungen und Erträge grundsätzlich notwendig, aber auch ausreichend sei, die nachhaltige Finanzierung des zu bewertenden Unternehmens vereinfachend durch eine wachstumsbedingte Thesaurierung in Höhe der Wachstumsrate bezogen auf das bilanzielle Eigenkapital sicherzustellen (Sachverständigengutachten S. 168). Dabei handelt es sich, wie der Sachverständige ebenfalls ausgeführt hat, ohnehin bereits um eine für die Antragsteller günstige Annahme, da nach einer Analyse der durchschnittlichen Investitionsquote in der Vergangenheit lediglich der um den Wachstumsfaktor erhöhte Planwert der Abschreibungen des Jahres 2016 angesetzt wurde, der aus bewertungstechnischer Sicht eher zu gering sein dürfte (Sachverständigengutachten S. 164).
Vor dem Hintergrund dieser grds. sachgerechten Vorgehensweise ist die beschwerdeseits geforderte Offenlegung der nachhaltig erforderlichen Investitionen und der nachhaltigen Abschreibungen sowie weiterer Planbilanzen, Plan-GuV und Plan-Kapitalbedarfsrechnungen nicht erforderlich. Auch im …-Gutachten wird diesbezüglich nochmals ausgeführt, dass der Ansatz von nachhaltigen Investitionen innerhalb der Plan-GuV bei einer gewinn- und ertragsorientierten Darstellung nicht sachgerecht sei (vgl. …-Gutachten S. 82). Inwieweit es sich bei dem hier angewandten Modell um einen „Trick“ handeln soll, durch den in der ewigen Rente ein zu geringer Jahresüberschuss ermittelt wurde, ist nicht ersichtlich.
Eine doppelte Belastung, wie sie beschwerdeseits auch anhand eines vereinfachten Rechenbeispiels behauptet wird, ist hierin nicht zu erkennen. Abgesehen davon, dass die dortige Grundannahme (Identität zwischen Abschreibungen und Investitionen und daher Ersetzung der Abschreibungen durch Reinvestitionsrate) nach dem oben Gesagten nicht den hiesigen Annahmen entspricht, wurde auch im …-Gutachten ausführlich dargestellt, dass und warum das Rechenbeispiel insbesondere vor dem Hintergrund der Annahme einer konstanten Kapitalstruktur nicht haltbar sei (vgl. …-Gutachten S. 39 ff.). Aus ebendiesem Grund kommt der Sachverständige dort im Übrigen auch zu dem Ergebnis, dass die vom OLG Düsseldorf (Beschluss vom 06.04.2017 – I-26 W 10/15 (AktE), juris Rn. 34 ff.) aufgestellte These eine Thesaurierung für nachhaltiges Wachstum sei nicht geboten, wenn und soweit die zur Erhaltung der Ertragskraft notwendige Investitionstätigkeit durch die nachhaltige Reinvestitionsrate abgebildet werde, keinen Bestand haben könne (vgl. …-Gutachten S. 25 – 33). Im Übrigen verdeutlicht auch dieses Verfahren erneut die beiden unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten der Finanzierung des Wachstums in der ewigen Rente.
Auf die Frage, ob sich unter Streichung der wachstumsbedingten Thesaurierungen der Ertragswert nach wie vor unterhalb der angebotenen Abfindung oder jedenfalls innerhalb der Bandbreite noch angemessener Werte unter Berücksichtigung einer Bagatellgrenze beläuft, kommt es daher an dieser Stelle nicht an.
Gleiches gilt für die antragsgegnerseits angesprochene Problematik der Besteuerung der inflationsbedingten Wertsteigerung (vgl. …-Gutachten S. 73 ff.), die ggf. sogar zu einer Reduzierung der zu kapitalisierenden Überschüsse führen würden. Auch dies bedarf angesichts des geltenden Verschlechterungsverbots (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 11 Rn. 3, § 12 Rn. 17) keinen weiteren Ausführungen.
(3) Die aus diesen Planannahmen resultierenden Überschüsse (vgl. Beschluss S. 73) hat das Landgericht sodann zutreffend unter Anwendung des Tax-CAPM mit einem Kapitalisierungszinssatz von 5,17% bis 5,83% in den Planjahren bzw. von 4,63% in der ewigen Rente abgezinst. Auch insofern bedarf es keiner Korrektur durch den Senat. Die Berücksichtigung von persönlichen Ertragssteuern ist dabei allgemein anerkannt und trägt dem Umstand Rechnung, dass den Anteilseignern wirtschaftlich gesehen auch nur die um die persönlichen Ertragssteuern geminderten Erträge des zu bewertenden Unternehmens bzw. aus der Alternativanlage zufließen. Das Tax-CAPM vermag daher die empirisch beobachtbaren Aktienrenditen realitätsnaher zu erklären, da es die unterschiedliche Besteuerung von Zinseinkünften, Dividenden und Kursgewinnen besser abbildet (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.09.2011 – 20 W 7/08, AG 2012, 135 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2018 – 26 W 6/16, BeckRS 2018, 43718 Rn. 47 ff.; Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Aufl. S. 30 ff.; Böttcher/Habighorst/Schulte/Jaspers/Posch, UmwandlungsR, 2. Aufl. Anhang § 11 SpruchG Rn. 64 m.w.N.; IDW S1 i.d.F. 2008 Rn. 119 ff.).
(a) Im Einzelnen hat das Landgericht zunächst den Basiszinssatz zutreffend auf gerundet 3,25% vor Steuern bzw. 2,39% nach Steuern festgesetzt.
Als Basiszinssatz ist der aus Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi) risikofreie Anlagen heranzuziehen. Die Ermittlung eines Durchschnittswertes, hergeleitet aus einer Zinsstrukturkurve auf Basis der Svensson-Methode ist eine anerkannte und vom Senat sowie von anderen Obergerichten in ständiger Rechtsprechung für geeignet erachtete Methode zur Ermittlung des Basiszinssatzes (Senat, Beschluss vom 18.02.2014 – 31 Wx 211/13, NJW-RR 2014, 573 ff. m.w.N. und Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx – 415/16, AG 2019, 357 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25712, Rn. 67 nach beck-online; Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, 8. Aufl. AktG § 305 Rn. 67, 67a; Hölters/Deilmann, 3. Aufl. AktG § 305 Rn. 62).
Die Rundung auf 1/4-Prozentpunkte (bzw. auf 1/10-Prozentpunkte bei einem Prozentsatz von unter 1,00) entspricht den aktuellen IDW-Empfehlungen (IDW, WP Handbuch 2008, Bd. II Rn. A 291) und ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – 12a W 7/15, AG 2015, 549 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2012 – I-26 W 8/10 (AktE), NZG 2012, 1260 ff; ausführlich Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff.).
(b) Das Landgericht hat sodann die Marktrisikoprämie auf 4,5% festgesetzt. Auch dies ist entgegen der Rügen seitens der beschwerdeführenden Antragsteller einerseits sowie der Rüge der Antragsgegnerin andererseits weder als zu hoch noch als zu niedrig zu beanstanden.
Dabei sei vorangestellt, dass es sich bei der Frage nach der Höhe der Marktrisikoprämie in Zeiten der Niedrigzinsen um ein in Wirtschaftsliteratur und -praxis höchst umstrittenes Problem handelt, das auch im Rahmen eines Spruchverfahrens keiner endgültigen Klärung zugeführt werden kann. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts in Spruchverfahren, wirtschaftswissenschaftlich umstrittene Fragen der Unternehmensbewertung zu klären (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff. und Beschl. v, 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.2013 – 20 W 3/13, AG 2014, 208 Rn. 133; Katzenstein, AG 2018, 739, 741).
Der vorliegend angesetzte Wert von 4,5% liegt in der Mitte der Bandbreite der vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW empfohlenen Bandbreite von 4,0% bis 5,0% für Stichtage ab dem 01.01.2009. Erst mit Empfehlung vom 19.09.2012, also über 1 1/2 Jahre nach dem hier zu beurteilenden Stichtag, hat der FAUB sodann als Reaktion auf die anhaltende Niedrigzinsphase eine Anhebung um einen ganzen Prozentpunkt auf 5,0% – 6,0% empfohlen. Der gewichtete Drei-Monats-Durchschnittskurs lag zu diesem Zeitpunkt laut eigener Abfrage des Senats bei gerundet 2,25%, also deutlich unter dem hier anzusetzenden Basiszinssatz. Zuvor hatte der FAUB mit Empfehlung vom 10.01.2012, also ebenfalls deutlich nach dem hiesigen Stichtag, den Wirtschaftsprüfern nahegelegt zu prüfen, ob der Situation ggf. durch einen Ansatz der Marktrisikoprämie am oberen Rand der Bandbreite Rechnung zu tragen wäre. Zu diesem Zeitpunkt lag der Durchschnittskurs bei gerundet 2,75%, also immer noch 0,5% unter dem hiesigen Basiszinssatz.
Regelmäßig ist anzunehmen, dass die Bandbreite der Empfehlung des FAUB des IDW als der größten Vereinigung deutscher Wirtschaftsprüfer auch angemessen für die gerichtliche Schätzung eines Unternehmenswerts ist, auch wenn das Gericht nicht an die Empfehlungen des IDW gebunden ist; es handelt sich weder um Rechtsnormen noch um etwas Ähnliches (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 45). Es ist daher methodisch nicht zu beanstanden, sich im Rahmen des § 287 ZPO einerseits an den Empfehlungen des FAUB als eines maßgeblichen Sachverständigengremiums zu orientieren, innerhalb der Bandbreite aber wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge zurückhaltend zu bleiben (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. jüngst 31 Wx 340/17 – Beschluss vom 06.08.2019, AG 2019, 887 ff.).
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen. Dieser ist nach umfangreichen Darstellungen der vorhandenen Erkenntnisquellen und eigenen Untersuchungen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Marktrisikoprämie von 4,5% – 5,5% vor Steuern angemessen, die hier angesetzte Marktrisikoprämie von 4,5% also vertretbar sei (Sachverständigengutachten S. 46 – 82).
Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang rügt, die Marktrisikoprämie hätte vor diesem Hintergrund nicht auf den Mittelwert der Empfehlung des FAUB, sondern auf den vom Sachverständigen ermittelten Mittelwert (5,0%) festgesetzt werden müssen, zumal der Senat auch beim Betafaktor dem vom Sachverständigen ermittelten Mittelwert gefolgt sei, kann dies nicht überzeugen. Der Sachverständige hat die vorliegend angesetzte Marktrisikoprämie von 4,5% als vertretbar bezeichnet hat. Gerade auch unter Berücksichtigung des vergleichsweise noch hohen Basiszinssatzes erscheint es dem Senat angemessen, diese nicht weiter anzuheben. Dass der Senat in Bezug auf den Betafaktor sodann den Mittelwert des Sachverständigen übernommen hat, steht hierzu nicht in Widerspruch. Es handelt sich um zwei verschiedene Größen, die auf unterschiedliche Weisen hergeleitet werden. Während die Marktrisikoprämie das allgemeine Marktrisiko ausdrückt, wird mit dem Betafaktor ein Zusammenhang zum unternehmensindividuellen Risiko hergestellt (vgl. Großfeld, a.a.O. Rn. 807). Die Notwendigkeit, beide Größen exakt auf den vom Sachverständigen ermittelten Mittelwert festzulegen, besteht insofern nicht, zumal der Sachverständige selbst die niedrigere Marktrisikoprämie von 4,5% als vertretbar bezeichnet hat, ohne insofern Einschränkungen auf die Wertbildung beim Betafaktor vorzunehmen.
(c) Auch der angesetzte unverschuldete Betafaktor von 0,85 ist entgegen zahlreicher Rügen der Beschwerdeführer nicht zu korrigieren.
(aa) Zunächst ist die grundsätzliche Ermittlung des Betafaktors anhand einer Peer Group nicht zu beanstanden, da das unternehmenseigene Beta nicht aussagekräftig genug war.
Aufgrund des Delistings der … AG ca. 1 1/2 Jahre vor dem maßgeblichen Stichtag ist ein stichtagsnahes eigenes Beta der Gesellschaft schlicht nicht vorhanden. Auf die Frage, wem dieser Umstand zuzurechnen ist, kommt es insofern nicht an. Es wird auf die obigen Ausführungen zum Delisting und der kapitalmarktrechtlichen Lösung verwiesen.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass, selbst wenn kein Delisting erfolgt wäre, dies nichts über die Belastbarkeit des unternehmenseigenen Betas aussagt. Das Landgericht hat detailliert unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen ausgeführt, dass und warum es jedenfalls bis zum Delisting gerade nicht belastbar war (Beschluss S. 84 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.
(bb) Auch die Zusammensetzung der Peer Group ist nicht zu beanstanden.
Soweit gerügt wird, dass die Peer-Group lediglich aus drei Unternehmen, die in Frankreich bzw. den USA sitzen, zusammengesetzt worden sei, was keine ausreichende Basis darstelle, ist dies unzutreffend. Dies entspricht zwar dem Vorgehen des Erstgutachters, der so zu einem unverschuldeten Betafaktor von 0,89 gelangt ist (vgl. Gutachten S. 26 ff.), das Landgericht hat die Peer Group jedoch unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen (vgl. Sachverständigengutachten S. 97 ff.) modifiziert und auf insgesamt acht Unternehmen erheblich erweitert (vgl. Beschluss S. 88 ff.), so dass ohne Weiteres von einer breiten, belastbaren Basis gesprochen werden kann.
Dass nur eines der Vergleichsunternehmen seinen Sitz ebenfalls in Deutschland hat, ist dabei hinzunehmen. Unternehmen, die zu 100% vergleichbar sind, existieren nicht. Es sind daher – vor allem wenn man eine breite Vergleichsbasis erreichen möchte – gewisse Abstriche in der Vergleichbarkeit hinzunehmen. So ist grds. zunächst ist nach Unternehmen zu suchen, die hinsichtlich des Geschäftsmodells, der spezifischen Produktsegmente und der Produktart, der regionalen Abdeckung und seiner Größe mit dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbar sind. Wenn insofern keine bzw. zu wenige Vergleichsunternehmen vorhanden sind, kann breiter gefächert lediglich auf die Branche bzw. Produktart und die Beschaffungsmärkte und erst in einem nächsten Hilfsschritt lediglich auf vergleichbare Risikotreiber wie z.B. konjunkturelle Abhängigkeit geschaut werden (so auch Dreier/Fritzsche/Verfürth, a.a.O. § 11 Annex Rn. 162 ff.; Franke/Schulte/Dörschell, a.a.O. S. 47).
Die vorliegend in die Peer Group aufgenommen Unternehmen sind jedenfalls allesamt der sog. roten Biotechnologie zuzuordnen. Überwiegend zählen dabei nicht nur Privatunternehmen, sondern auch Universitäten, Behörden und sonstige staatliche Institutionen zu ihren Kunden (vgl. Sachverständigengutachten S. 97 f.). Insofern ist durchaus von einer ausreichenden Vergleichbarkeit auszugehen.
Dabei ist unerheblich, dass einige der in der Peer Group enthaltenen Unternehmen deutlich höhere Wachstumsraten zu verzeichnen haben. Dies stellt nicht die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Unternehmen in Frage, sondern macht lediglich erneut deutlich, dass es der … AG bisher nicht gelungen ist, an den vorhandenen Wachstumschancen entsprechend zu partizipieren.
Ebenso unerheblich ist es, dass bei einzelnen Vergleichsunternehmen z.T. deutliche Kursabweichungen und/oder deutlich höhere Betafaktoren zu verzeichnen waren. Der Sachverständige hat in diesen Fällen geprüft, ob die Kurse Ausdruck des operativen Geschäfts waren – in dem Fall sind sie trotz abweichender Ergebnisse grundsätzlich vergleichbar – oder durch abgekoppelt vom Marktgeschehen z.B. durch Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge oder Übernahmeangebote beeinflusst wurden (vgl. Protokoll v. 01.12.2016 S. 12). Der Hinweis auf den deutlich höheren 5-Jahres Betafaktor des Peer Group Unternehmens … bei einem monatlichen Intervall von 2,26 ist im Übrigen bereits deswegen nicht zielführend, weil dieser bei einer Alternativberechnung, die zum selben Ergebnis gekommen ist, außen vor gelassen wurde (vgl. Ergänzungsgutachten S. 58 f.).
Soweit bezüglich der Zusammensetzung der Peer Group weiter gerügt wird, dass sich bei der … AG der Kundenstamm „ganz überwiegend“ aus Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammensetze, was das Landgericht verkannt habe, als es ausgeführt habe, dass die … AG zumindest zum Teil den allgemeinen konjunkturellen Risiken unterliege (vgl. Beschluss S. 94), kann dies nicht überzeugen. Zunächst ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es Vergleichsunternehmen, die exakt dieselbe Kundenstruktur haben, nicht gibt. Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass auch öffentliche Einrichtungen, wenn auch mit Einschränkungen, die gesamtwirtschaftliche Lage und Entwicklung zu spüren bekommen, indem z.B. die Finanzierung etwaiger Forschungsprojekte nicht mehr gesichert werden kann (vgl. Beschluss S. 94). Der Vergleich mit den deutlich niedrigeren Betafaktoren von Unternehmen, die Produkte, die keinen Konjunkturschwankungen unterliegen, wie z.B. Hygieneartikel, herstellen und vertreiben ist daher in diesem Zusammenhang nicht zielführend. Auch der Vergleich mit der Branche ist zu verallgemeinernd und trifft nur sehr eingeschränkt auf die hier zu beurteilende „rote Biotechnologie“-Branche zu.
Soweit beschwerdeseits gefordert wird, die Peer Group darüber hinaus um die Unternehmen zu erweitern, die seitens der Gutachterin im anschließenden Squeeze-Out herangezogen wurden, hätte dies allenfalls eine – wenn auch geringfügige – Erhöhung des Betafaktors, die sich dementsprechend für die Minderheitsaktionäre nachteilig auf den Kapitalisierungszinssatz und damit auf die Abfindungshöhe auswirken würde, zur Folge. Im dortigen Spruchverfahren wurde der ebenfalls anhand einer Peer Group ermittelte unverschuldete Betafaktor auf 0,9 festgesetzt. Bereits aus diesem Grund ist die Einwendung daher nicht zielführend. Hinzu kommt, dass die dortigen Werte aufgrund des Stichtagsprinzips ohnehin nicht ohne Weiteres übernommen werden könnten. Auf die Frage der Verspätung dieses Vortrages im Sinne von § 9 SpruchG kommt es folglich nicht an.
Der Vergleich mit der Peer Group-Zusammensetzung im Squeeze Out-Verfahren dient jedoch der Plausibilisierung des hier zugrunde gelegten Betafaktors. Einen Betafaktor von 0,9 hatte auch der Erstgutachter, bestätigt durch den Prüfer ermittelt und auch die vom Sachverständigen ermittelte Werte von 0,8 – 0,9 stimmen hiermit überein.
(cc) Mangels anderweitiger Anhaltspunkte erscheint es sachgerecht, den Mittelwert von 0,85 anzunehmen und damit zugunsten der Antragsteller von dem Ergebnis des Erstbewerters/Prüfers leicht abzuweichen. Dass kein Widerspruch zu der nicht auf den Mittelwert festgesetzten Marktrisikoprämie erkennbar ist, wurde bereits dargelegt.
(dd) Zuletzt stellt auch ein Blick auf das operative Risiko des … AG den hier angenommenen unverschuldeten Betafaktor von 0,85 nicht in Frage. Das Landgericht hat diesbezüglich zutreffend ausgeführt, dass das operative Risiko grundsätzlich leicht über Marktdurchschnitt anzusiedeln sei und dabei nochmals auf den vorhandenen Preisdruck, die jedenfalls z.T. vorhandenen konjunkturellen Risiken und und großen Wettbewerbsdruck hingewiesen (vgl. Beschluss S. 94 f.). Erst in Verbindung mit der konkreten Finanzierungsstruktur der … AG lassen sich die periodenspezifischen unterhalb des Marktdurchschnitts liegenden verschuldeten Betafaktoren von 0,62 – 0,76 (vgl. korrigierte Darstellung im Ergänzungsgutachten S. 61) rechtfertigen.
(d) Der vom Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Gutachter angesetzte Wachstumsabschlag von 1% bedarf ebenfalls keiner Korrektur.
Dabei sei zunächst darauf hingewiesen, dass der Wachstumsabschlag lediglich das preisbedingte Wachstum widerspiegelt und das thesaurierungsbedingte Wachstum durch die fiktive unmittelbare Zurechnung an die Anteilseigner bereits im operativen Ergebnis dargestellt ist (siehe dazu auch oben Ausführungen zur wachstumsbedingten Thesaurierung). Die Gesamtwachstumsrate der … beläuft sich auf 3,2% nach Kursgewinnsteuern (vgl. Sachverständigengutachten, S. 120; ausführlich zum Wachstumsabschlag auch Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16). Insofern überzeugt der Hinweis darauf, dass der Wachstumsabschlag von 1% nicht einmal das (Gesamt-)Wachstum eines durchschnittlichen deutschen Unternehmens abbilde, nicht.
Entgegen der beschwerdeseits vertretenen Auffassung bedeutet ein Wachstumsabschlag, der sich unterhalb der allgemeinen Wachstumsrate bewegt, gerade nicht, dass es sich um ein real schrumpfendes Unternehmen ohne Zukunft handeln würde, sondern lediglich, dass die vorhandenen Preissteigerungen durch das angesetzte Preiswachstum nicht vollständig auf die Kundenseite weitergegeben werden können. Dies deckt sich im Übrigen auch mit den obigen Ausführungen zur Plausibilität des geplanten Wachstums im Zusammenhang mit den zu erwartenden Markt- und Preisentwicklungen, insbesondere mit den Feststellungen zum vorhandenen Preisverfall und der Tatsache, dass die … AG bisher gerade nicht entsprechend an der vorhanden Branchenentwicklung partizipieren konnte.
Soweit an dieser Stelle gerügt wird, dass es entgegen der Erwartungen des Landgerichts letztlich doch nicht zum Einstieg weiterer Mitbewerber gekommen sei, sei nochmals darauf hingewiesen, dass es nicht auf eine derartige ex-post Betrachtung, sondern auf etwaige Erwartungen des Gerichts ankommt. Entscheidend ist allein, ob sich die Planung der Gesellschaft zum Stichtag als plausibel darstellt, was nach dem oben Gesagten zu bejahen ist (s.o.). Im Übrigen ist auch das Landgericht nicht zwingend von einer Markterweiterung ausgegangen, sondern hat ebenso die Möglichkeit einer besseren Positionierung bereits vorhandener Mitbewerber angeführt (Beschluss S. 99). In jedem Fall war es zum maßgeblichen Stichtag durchaus plausibel, von einem Wachstum unterhalb der allgemeinen Inflationserwartung auszugehen. In diesem Zusammenhang hat auch der Sachverständige ausdrücklich ausgeführt, dass im Gegenteil die Annahme konstanter zu kapitalisierender Erträge für eine unendliche Zeitreihe trotz vorhandener Inflation unplausibel sei (vgl. Sachverständigengutachten S. 115).
(4) Auch die Sonderwerte hat das Landgericht zutreffend mit € 9,168 Mio. beziffert. Soweit der Beschluss hiervon vereinzelt leicht abweichende Zahlen nennt (vgl. Beschluss S. 105, 107), handelt es sich um reine Schreibversehen, die auf die Berechnung des Unternehmenswertes keinen Einfluss gehabt haben (vgl. Beschluss S. 110).
(a) Dabei wurde zutreffend ein Teil der liquiden Mittel der … AG als nicht betriebsnotwendig eingestuft. Soweit in diesem Zusammenhang beschwerdeseits gerügt wird, bei einer derart niedrigen Wachstumsrate seien konsequenterweise zu viele liquide Mittel als betriebsnotwendig qualifiziert worden bzw. anders herum sei der geringe Anteil an nicht betriebsnotwendiger Liquidität nur in Verbindung mit höheren Wachstumszahlen plausibel, da entsprechend größere Investitionen möglich seien, greift dies zu kurz. So werden liquide Mittel schließlich nicht nur zur Finanzierung von (Erweiterungs-)Investitionen benötigt, sondern auch für Erhaltungsmaßnahmen, Ausschüttungen, als Liquiditätsreserve, etc.. Der Sachverständige hat auch vor dem Hintergrund des zurückhaltenden Investitionsverhaltens die Einordnung der liquiden Mittel als betriebsnotwendig bzw. nicht betriebsnotwendig nochmals überprüft und konnte insofern keinerlei Widerspruch feststellen (vgl. Sachverständigengutachten S. 172).
(b) Entgegen der Rüge eines weiteren Beschwerdeführers wurde die Schadensersatzforderung gegen ein ehemaliges Vorstandsmitglied durchaus berücksichtigt (vgl. Beschluss S. 106). Soweit mit der Rüge etwaige Schadensersatzansprüche betreffend den Vertrag über die Kundenstammnutzung zwischen der … … GmbH und der … … GmbH gemeint sein sollten, hat das Landgericht ausführlich und überzeugend dargelegt, warum diese nicht berücksichtigungsfähig sind (vgl. Beschluss S. 108 ff.). Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Warum darüber hinaus die Kosten des Bewertungsgutachtens für die hier zu beurteilende Strukturmaßnahme ansatzfähig sein sollten, ist nicht ersichtlich.
(c) Damit verbleibt es bei Sonderwerten i.H.v. € 9,168 Mio und damit einem Unternehmenswert zum Stichtag in Höhe von € 28,323 Mio.. Ausgehend von insgesamt 13.308.468 Aktien errechnet sich hieraus ein Wert von € 2,13 je Aktie, der unterhalb der im Beschluss der Hauptversammlung festgelegten Abfindung von € 2,20 liegt.
(4) Auch aus sonstigen Vergleichsüberlegungen lässt sich keine höhere Abfindung begründen.
Insbesondere kann aus der Tatsache, dass die Abfindung beim anschließenden Squeeze-Out auf € 3,20 je Aktie festgesetzt wurde, nicht geschlossen werden, dass die hiesige Abfindung betreffend den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht angemessen gewesen sei, zumal sich der mittels Ertragswertverfahren errechnete tatsächliche Wert der Beteiligung lediglich auf € 2,60 bzw. € 2,83 je Aktie belief. Zwischen den jeweiligen Stichtagen lagen knapp sechs Jahre. Etwaige Abweichungen sind im Wesentlichen darauf und auf den deutlich geringeren Basiszinssatz zum dortigen Stichtag zurückzuführen. Die im dortigen Verfahren erhobene Rüge betreffend die Nichtberücksichtigung zweier Unternehmenskäufe ist für das hiesige Verfahren irrelevant, da diese jedenfalls zum hiesigen Stichtag nach der Wurzeltheorie offensichtlich nicht zu berücksichtigen waren.
(5) Die Anträge auf Erhöhung der Abfindung waren daher abzuweisen. Eine entsprechende Reduzierung der beschlossenen Abfindung im Rahmen des Spruchverfahrens ist sowohl in 1. als auch in 2. Instanz unzulässig (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 11 Rn. 3, § 12 Rn. 17).
bb) Ausgehend vom genannten Unternehmenswert hat das Landgericht sodann den angemessenen jährlichen Ausgleich zutreffend mit rechnerisch € 0,0874 brutto je Aktie beziffert und vor dem Hintergrund der durch die Hauptversammlung festgesetzten Ausgleichszahlung in Höhe von € 0,09 je Aktie die Anträge auf Erhöhung der Ausgleichszahlung abgewiesen. Auch insofern ist eine Korrektur der landgerichtlichen Entscheidung nicht angezeigt.
(1) Nach § 304 Abs. 1 S. 1 AktG muss ein Gewinnabführungsvertrag einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. § 304 Abs. 2 S. 1 AktG bestimmt sodann weiter, dass als Ausgleichszahlung mindestens die jährliche Zahlung des Betrags zuzusichern ist, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen, voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte.
Bei der Berechnung des angemessenen Ausgleichs ist zunächst auf den im Rahmen der Barabfindung ermittelten Ertragswert abzustellen (BGH, Beschluss vom 21.07.2003 – II ZB 17/01, NJW 2003, 3272 ff.; Senat, Beschluss vom 17.07.2007 – 31 Wx 60/06, Rn. 52 nach juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, Rn. 486 ff. nach juris). Es kann daher grundsätzlich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
(2) Anders als bei der Barabfindung, die den Wert der Beteiligung insgesamt widerspiegelt, ersetzt die Ausgleichszahlung nur die Dividende, wobei die jährliche Dividende im Unterschied zur Zahlung des hier festzusetzenden festen Ausgleichs unsicherer ist, da die Höhe der Dividende von der Entwicklung der Erträge abhängig ist und dementsprechend schwankt, die gleichbleibende Ausgleichszahlung jedoch vertraglich garantiert und durch eine Verlustübernahmeverpflichtung nach § 302 AktG sogar abgesichert ist. Dies muss sich bei der Verrentung in einem niedrigeren Zinssatz niederschlagen. Andernfalls würden die Aktionäre langfristig aufgrund des Gewinnabführungsvertrages besser gestellt werden als bei Erhalt der Dividende ohne diese Strukturmaßnahme.
Als Verrentungszinssatz wird daher regelmäßig ein Mischzinssatz aus risikofreiem Basiszinssatz und risikoadjustiertem Kapitalisierungszinssatz herangezogen, welcher dem geringeren Risiko des garantierten Ausgleichsbetrags gegenüber dem normalen Risiko einer unternehmerischen Beteiligung Rechnung trägt. Üblicherweise wird ein Mischzinssatz aus risikolosem Basiszinssatz zuzüglich hälftigem Risikozuschlag angesetzt (Senat, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, Rn. 144 nach beck-online u. Beschluss vom 17.07.2007 – 31 Wx 60/06, Rn. 52 nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.01.2016 – 21 W 70/15, Rn. 92 nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2015 – 21 W 26/13, Rn. 72 ff. nach juris; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.02.2010 – 5 W 52/09, Rn. 115 nach juris; vgl. auch – allerdings auch den Basiszinssatz halbierend: OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.11.2013 – 20 W 4/12, Rn. 130 nach juris; vgl. ferner Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, 8. Aufl. § 304 AktG Rn. 39; MüKoAktG/Paulsen, AktG, 4. Aufl., , § 304 Rn. 77; Großfeld, a.a.O. Rn. 82).
Unter Anwendung dieser Grundsätze errechnet sich der vom Landgericht angesetzte Verrentungszinssatz von 4,01% (vgl. Ergänzungsgutachten S. 77; insofern handelt es sich bei der Angabe auf S. 122 des Beschlusses um einen bloßen Schreibfehler, wie auch die Angabe des korrekten Verrentungszinssatzes auf S. 126 des Beschlusses zeigt) und damit eine angemessene Ausgleichszahlung in Höhe von brutto € 0,0874 je Aktie. Eine Erhöhung der beschlossenen Ausgleichszahlung von brutto € 0,09 je Aktie ist daher nicht angezeigt.
Dabei bedarf es aufgrund des bereits erwähnten Verschlechterungsverbots keiner näherer Erörterung der antragsgegnerseits aufgeworfenen Frage der unzulässigen Berücksichtigung nicht betriebsnotwendiger Liquidität.
cc) Angesichts der obigen Ausführungen ist auch die geforderte Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung ggf. in Verbindung mit einer weiteren Anhörung des Sachverständigen nicht erforderlich. Aufgrund der bereits vor dem Landgericht erfolgten sehr ausführlichen Prüfer- und Sachverständigenanhörung steht ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten (vgl. Spindler/Stilz/Drescher a.a.O. § 12 Rn. 16). Der Sachverständige hat sich bereits umfassend zu sämtlichen in der Beschwerdeinstanz gerügten Punkten geäußert. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht nach Auffassung des Senats nicht.
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist hingegen erfolgreich. Aufgrund der durch den Senat bestätigten Zurückweisung der Anträge in der Hauptsache auf Erhöhung von Abfindung und Ausgleich ist die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin nicht sachgerecht und daher auf die Anschlussbeschwerde hin aufzuheben.
a) Die Anschlussbeschwerde ist zunächst zulässig.
Eine Beschwerdefrist war insofern nach § 66 S. 1 FamFG nicht einzuhalten und auch auf das Erreichen der Beschwerdesumme kam es an dieser Stelle nicht an, obwohl grundsätzlich ein anderes Rechtsschutzziel verfolgt wird (Keidel/Sternal, 20. Aufl. FamFG, § 66 Rn. 8a).
Dass in Bezug auf die Kostenentscheidung das Verbot der reformatio in peius grundsätzlich nicht gilt, da das Gericht von Amts wegen über die Kosten entscheiden muss (vgl. Keidel/Sternal, a.a.O. § 69 Rn. 18, § 81 Rn. 61), führt nicht zur Unzulässigkeit der Anschlussbeschwerde, da aufgrund des anderen Ziels, das mit der Anschlussbeschwerde verfolgt wird, jedenfalls ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 12.02.2014 – XII ZB 706/12, NZFam 2014, 460 ff., Keidel/Sternal, a.a.O. § 69 Rn. 8b; a.A. MüKo/Fischer, 3. Aufl. § 66 FamFG Rn. 17), zumal sich der Senat in der Vergangenheit jedenfalls vereinzelt der Rechtsauffassung des Landgerichts angeschlossen hat (vgl. zuletzt Senatsbeschluss v. 13.11.2018 – 31 Wx 372/15, BeckRS 2018, 22060 Rn. 96).
b) Die Anschlussbeschwerde ist darüber hinaus auch begründet.
aa) Nach der hier anwendbaren Vorschrift des § 15 Abs. 4 SpruchG a.F. (die aber inhaltsgleich mit der aktuellen Fassung des § 15 Abs. 2 SpruchG ist) ordnet das Gericht an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht. Insofern steht dem Gericht ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Daran ändert auch der Wortlaut der Vorschrift „ordnet das Gericht an“ im Gegensatz zu der in § 81 FamFG offeneren Formulierung „Das Gericht kann […] auferlegen.“ nichts. Das Gericht hat eine Billigkeitsentscheidung, mit anderen Worten eine Entscheidung nach Ermessenskriterien, zu treffen.
Dabei kann offen bleiben, ob der Senat die Ermessensentscheidung des Landgerichts nur eingeschränkt dahingehend überprüfen kann, ob diesem Fehler bei der Ermessensausübung unterlaufen sind (so BGH, Beschluss vom 19.12.2014 – XII ZB 15/13, NJW-RR 2014, 898 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.09.2015 – I-3 Wx 119/15, FGPrax 2016, 47 ff.; Keidel/Zimmermann, a.a.O. § 81 FamFG Rn. 18) oder ob das Beschwerdegericht die Ermessensentscheidung der Ausgangsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen und auch eigene Ermessenserwägungen anzustellen hat (so OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.06.2019 – 8 W 131/19, BeckRS 2019, 11668 Rn. 11). Dies wäre nur relevant, wenn die Entscheidung des Landgerichts ermessensfehlerfrei wäre und dementsprechend nach der erstgenannten Variante durch den Senat nicht korrigiert werden könnte, auch wenn dessen eigene Ermessensentscheidung anders ausfallen würde. Die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass es auch bei einer vollständigen Zurückweisung der Anträge eine Ermessensentscheidung dahingehend treffen könne, dem Antragsgegner sämtliche Kosten der Antragsteller aufzuerlegen, da ihren Anträgen jedenfalls nicht von vornherein jegliche Grundlage gefehlt habe, ist jedoch aus mehreren Gründen ermessensfehlerhaft und hielte daher auch einer nur eingeschränkten Überprüfung durch den Senat nicht stand. Weitere Ausführungen zum Prüfungsmaßstab erübrigen sich daher an dieser Stelle.
bb) Inhaltlich ist dem Landgericht durchaus zuzustimmen, dass der Verfahrensausgang für die Antragsteller zunächst ungewiss war und es erst aufgrund einer umfangreichen Prüferanhörung und Beweiserhebung zu einem gesteigerten Erkenntnisgewinn gekommen ist. Insofern liegt sicherlich auch kein Fall einer übereilten, mutwilligen oder rechtsmissbräuchlichen Antragstellung vor. Diese Überlegungen sind jedoch bei der Frage, ob eine Kostenerstattung durch den Antragsgegner zur erfolgen hat, lediglich zweitrangig. Der Gesetzgeber hat durch die Formulierung „wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht“ zweierlei zum Ausdruck gebracht: Zunächst gilt der Grundsatz, dass die Antragsteller ihre Kosten selbst tragen. Zum anderen kommt eine ausnahmsweise Anordnung der Kostenerstattung durch den Antragsgegner aus Billigkeitsgründen nur unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs in Betracht (vgl. BGH Beschluss vom 13.12.2011 – II ZB 12/11, NZG 2012, 191 ff., Rn. 15).
(1) In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Es ist einleuchtend, dass die Antragsteller ihre Kosten tragen müssen, wenn keine Erhöhung der Leistung des Antragsgegners erreicht wird.“ (BT-Drs. 15/371 S. 18). Etwaige Billigkeitserwägungen spielen demnach regelmäßig nur im Falle einer wenigstens geringfügigen Erhöhung eine Rolle, wobei im Einzelfall in Literatur und Rechtsprechung umstritten ist, ab welcher Erhöhung eine teilweise oder vollständige Kostenerstattung in Betracht kommt (vgl. zum Meinungsstand Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. § 15 Rn. 31 ff; Böttcher/Habighorst/Schulte/Goslar/Wilsing, 2. Aufl. SpruchG, § 15 Rn. 10). Haben die Anträge in der Sache keinen Erfolg, kommt eine Kostenerstattung durch den Antragsgegner hingegen grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.04.2012 – 20 W 7/09, GWR 2012, 225 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.09.2018 – I-26 W 1/18, BeckRS 2018, 26115, Rn. 63 und Beschluss vom 14.12.2017 – I-26 W 8/15, BeckRS 2017, 140663, Rn. 38; Senat, Beschluss vom 11.07.2019 – 31 Wx 213/17, NZG 2020, 22; Böttcher/Habighorst/Schulte/Goslar/Wilsing, a.a.O.; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O., § 15 Rn. 24; Heidel/Weingärtner, SpruchG, 5. Aufl. § 15 Rn. 16; Dreier/Fritzsche/Verfürth, a.a.O. Rn. 31; a.A. Emmerich/Habersack, Aktienu. GmbH-KonzernR, 9. Aufl. § 15 Rn. 21).
Das an dieser Stelle vom Gesetzgeber ausdrücklich beabsichtigte (wenn auch vom Bundesrat stark kritisierte, vgl. 15/371 S. 25 f.) Regel-Ausnahme-Verhältnis wird durch die Argumentation des Landgerichts jedoch ins Gegenteil gewendet. Regelmäßig ist vor Einleitung eines Spruchverfahrens dessen Ausgang ungewiss. Grundsätzlich erfolgt in nahezu jedem Verfahren (es sei denn, die Anträge sind bereits unzulässig, dann stellt sich aber auch die Frage der Kostenerstattung durch den Antragsgegner nicht) eine umfangreiche Anhörung des Prüfers, ggf. folgen anschließend weitere schriftliche Stellungnahmen oder eine Beweiserhebung durch Sachverständige. Insofern ist auch regelmäßig von einem durch das Spruchverfahren gesteigerten Erkenntnisgewinn auszugehen. Nach der Argumentation des Landgerichts wäre der Regelfall dementsprechend die Kostentragung durch den Antragsgegner, was jedoch vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt war.
In der Gesetzesbegründung heißt es insofern weiter ausdrücklich: „Grundsätzlich sollen die Antragsteller ihre Kosten selbst tragen. Die Aufbürdung dieses begrenzten Kostenrisikos soll von einer übereilten oder mutwilligen Antragstellung abhalten.“ (. 15/371 S. 17). Hieraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass das Kostenrisiko tatsächlich nur bei übereilten/mutwilligen Anträgen bei den Antragstellern verbleiben soll. Die Formulierung ist vielmehr so zu verstehen, dass die Antragsteller grundsätzlich ein gewisses Kostenrisiko tragen, welches von einer vorschnellen Antragstellung abhalten soll. Die Antragsteller sollen sich der Tatsache bewusst sein, dass sie im Falle des Unterliegens regelmäßig zwar nicht die Gerichtskosten, aber jedenfalls ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssen und vor diesem Hintergrund entscheiden, ob sie ein Spruchverfahren einleiten wollen oder nicht.
(2) Dieses Kostenrisiko stellt sich keinesfalls als „existenzbedrohend“ dar. Der Einwand, die Kostenbelastung bringe die Antragsteller um ihren Rechtsschutz (so aber Emmerich/Habersack, a.a.O.), kann daher in diesem Zusammenhang nicht überzeugen. Es besteht in Spruchverfahren (mit Ausnahme der Beschwerdeeinlegung, nicht aber des weiteren Beschwerdeverfahrens) kein Anwaltszwang (vgl. §§ 4, 12 SpruchG), an die Antragsbegründungspflicht werden vergleichsweise niedrige Anforderungen gestellt (vgl. § 4 Abs. 2 SpruchG, BGH, Beschluss vom 13.12.2011 – II ZB 12/11, NZG 2012, 191 ff., Rn. 23) und es wird ein gemeinsamer Vertreter zur Wahrung der Interessen der (übrigen) Aktionäre bestellt (vgl. § 6 Abs. 1 SpruchG), dessen Kosten in jedem Fall der Antragsgegner trägt (vgl. § 6 Abs. 2 SpruchG). Auch die Gerichtskosten werden – grundsätzlich auch bei Unterliegen der Antragsteller – durch den Antragsgegner übernommen (vgl. § 15 Abs. 1 SpruchG). Anders als die Gerichtskosten bemessen sich die Kosten für die Anwaltsvergütung darüber hinaus nicht nach dem Differenzbetrag, der von sämtlichen Aktionären insgesamt gefordert werden kann, sondern allein nach dem Bruchteil dieses Wertes, der sich aus dem Verhältnis der Anteile des jeweiligen Antragstellers zur Gesamtzahl aller Anteile ergibt (vgl. § 31 RVG). Insofern ist das Kostenrisiko der Aktionäre überschaubar und eine unzulässige Verkürzung des Rechtsschutzes kann nicht erkannt werden.
(3) Auch Vergleichsüberlegungen zu § 81 FamFG führen zu diesem Ergebnis. Dort ist in Abs. 1 im Vergleich zu § 15 Abs. 4 SpruchG a.F. (bzw. § 15 Abs. 2 SpruchG n.F.) allgemeiner formuliert, dass das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen kann. Nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG sollen die Kosten einem Beteiligten auferlegt werden, wenn der Antrag dieses Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste. Darüber hinaus findet sich kein Hinweis auf den Verfahrensausgang als maßgebliches Kriterium. Es gilt gerade nicht das starre Erfolgsprinzip des § 91 ZPO (vgl. Keidel/Zimmermann, a.a.O. § 81 Rn. 18). Der BGH hat in diesem Zusammenhang in einem Erbscheinverfahren ausdrücklich entschieden, dass das Gericht bei der Ermessensentscheidung sämtliche in Betracht kommende Umstände des Einzelfalls heranzuziehen habe. Dabei könne – ohne Anwendung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses – neben anderen Umständen auch das Obsiegen und Unterliegen berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 18.11.2015 – IV ZB 35/15, NJW-RR 2016, 200 ff., Rn. 12; OLG Stuttgart, a.a.O. Rn. 12; so auch allg. BeckOK/Weber, FamFG, 33. Ed. § 81 Rn. 11; MüKo/Schindler, FamFG, 3. Aufl. § 81 Rn. 12).
Die Vorschrift des § 81 FamFG ist jedoch in Spruchverfahren gerade nicht anwendbar. Sie wird durch die speziellere Vorschrift des § 15 SpruchG – die ausdrücklich den Zusatz „unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs“ enthält – verdrängt (vgl. BGH Beschluss vom 13.12.2011 – II ZB 12/11, NZG 2012, 191 ff., Rn. 13; einschränkend zur Anwendbarkeit des § 84 FamFG: Senat, Beschluss vom 13.12.2016 – 31 Wx 186/16, NZG 2012, 191 ff.). Dies führt nach Auffassung des Senats zwar noch nicht dazu, dass im Falle des Unterliegens der Antragsteller eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner unter keinen Umständen in Betracht kommt, doch bedarf es für die Durchbrechung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses einer besonderen Rechtfertigung in Form einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände, zu welchen insbesondere auch das Verfahrensverhalten der Beteiligten (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2017 – I-26 W 11/16, NZG 2017, 1386 ff., Rn. 5) einschließlich des Informationsflusses und ggf. der Vergleichsbereitschaft der Beteiligten, sowie die durch den Prüfer/Sachverständigen tatsächlich ermittelte Höhe des Wertes der Unternehmensbeteiligung im Vergleich zur angebotenen Abfindung gehören.
(4) Das Landgericht hat an dieser Stelle jedoch einzig darauf abgestellt, dass den Anträgen nicht von vornherein jegliche Grundlage gefehlt habe. Nicht berücksichtigt hat es insbesondere die Umstände, dass die ursprünglich angebotenen € 2,20 deutlich oberhalb des durch die Gutachterin ermittelten und Prüferin bestätigten Wertes von € 1,94 lagen und auch der Sachverständige zu einem immer noch niedrigeren Ertragswert von € 2,13 gelangt ist. Darüber hinaus wäre die Antragsgegnerin zum Abschluss eines Prozessvergleichs mit einer Abfindung von € 2,50 je Aktie einschließlich einer teilweisen Übernahme der Rechtsanwaltskosten der Antragsteller bereit gewesen. Auch wenn dieses Vergleichsangebot im Hinblick auf die Ausgleichszahlung hinter dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zurückblieb, lag es doch ganz erheblich über dem tatsächlich ermittelten Wert der Beteiligung. Diesem Vergleich ist jedoch antragstellerseits nicht einheitlich zugestimmt worden. Es erscheint daher auch unter Berücksichtigung des Informationsgefälles (wobei das Landgericht an keiner Stelle festgestellt hat, dass etwaige Informationen bewusst zurückgehalten oder gar beschönigt wurden) in einer Gesamtschau – unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs – ermessensfehlerhaft, die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller ausnahmsweise der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Für eine solche Kostenerstattung ist für den Fall des Unterliegens der Antragsteller in der Hauptsache vorliegend kein Raum.
cc) Auf all diese Umstände hat der Senat die Beteiligten in seinem Hinweisbeschluss vom 31.10.2019 hingewiesen. Soweit hiergegen Einwände vorgebracht wurden, greifen diese nicht durch.
(1) Soweit eingewandt wurde, dass es bedenklich sei, aus dem prozessualen Verhalten von Teilen der Antragsteller negative Schlüsse zu ziehen, die den gesamten Verfahrensausgang und damit sämtliche Antragsteller beträfen, ist darauf hinzuweisen, dass die Abänderung der Kostenentscheidung lediglich die hiesigen Beschwerdeführer betrifft. In Bezug auf die nicht beschwerdeführenden Antragsteller verbleibt es hingegen bei der durch das Landgericht getroffenen Kostenentscheidung.
Die Antragsteller, die vorliegend keine Beschwerde eingelegt haben, sind am hiesigen Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Zwar geht auch der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung davon aus, dass die Einlegung einer (Anschluss-)Beschwerde durch die Antragsgegnerin wegen der inter-omnes-Wirkung des § 13 SpruchG grundsätzlich dazu führt, dass sämtliche Antragsteller zu Beschwerdegegnern und damit zu Beteiligten im Beschwerdeverfahren werden (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, NJW-Spezial, 2019, 687 ff. u. Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, BeckRS 2019, 18251; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006 – 20 W 25/05, NZG 2007, 237; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 15 SpruchG Rn. 15), doch besteht hier die Besonderheit, dass die Anschlussbeschwerde ausdrücklich nur in Bezug auf die Kostenentscheidung eingelegt wurde, der Anwendungsbereich des § 13 SpruchG, der lediglich die Rechtskraft in Bezug auf die Hauptsacheentscheidung (Höhe der Kompensation) umfasst (vgl. Emmerich/Habersack Aktien-/GmbH-KonzernR/Emmerich, 9. Aufl. SpruchG, § 13 Rn. 3; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 13 Rn. 4; Hüffer/Koch/Koch, a.a.O. § 13 Rn. 3), also nicht berührt ist.
Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerdegegnerin ihre Anschlussbeschwerde betreffend die Kostenentscheidung gegen sämtliche Antragsteller, also auch diejenigen, die keine Beschwerde eingelegt haben, hätte richten können oder ob sich eine Anschlussbeschwerde nur gegen diejenigen richten kann, die ihrerseits Beschwerde eingelegt haben (ablehnend Keidel/Sternal, a.a.O. § 66 FamFG Rn. 8a; Haußleiter, FamFG, 2. Aufl. § 66 Rn. 2; tendenziell bejahend BeckOK/Obermann, FamFG, 33. Ed. § 66 Rn. 5a). Die Antragsgegnerin hat insofern unmissverständlich ihren Antrag auf die Antragsteller beschränkt, die vorliegend Beschwerde eingelegt haben.
Auch von Amts wegen kann der Senat eine weitergehende Abänderung der Kostenentscheidung nicht vornehmen. Zwar gilt – wie bereits dargestellt – in Bezug auf die Kostenentscheidung der Grundsatz der reformatio in peius nicht, doch kann eine Verschlechterung bereits im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG stets nur in Bezug auf den oder die Rechtsmittelführer erfolgen (vgl. MüKo/Fischer, a.a.O. § 69 Rn. 60; Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller, FamFG, 12. Aufl. § 84 Rn. 5). Die übrigen Antragsteller sind aber weder Rechtsmittelführer noch sonst, insbesondere nicht als (Anschluss-)Beschwerdegegner, am Beschwerdeverfahren beteiligt.
Soweit die Rüge dahingehend zu verstehen ist, dass allein in Bezug auf die hiesigen Beschwerdeführer keine negativen Schlüsse daraus gezogen werden dürfen, dass einige Beschwerdeführer dem Vergleichsangebot der Antragsgegnerin nicht zugestimmt haben, während andere durchaus vergleichsbereit gewesen wären, kann auch dies nicht überzeugen, ohne dass es einer abschließenden Klärung der zwischen den Beteiligten umstritten Frage, welche Beteiligten dem Vergleichsvorschlag zugestimmt haben, bedarf. Eine Verfahrensbeendigung durch Vergleich ist nur möglich, wenn alle Verfahrensbeteiligten dem Vergleich zustimmen (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 11 Rn. 11). Stimmen nicht alle zu, ist das Verfahren fortzuführen. Die Beschwerdeführer hätten es aber dennoch durch Rücknahme ihrer Beschwerden in der Hand gehabt, der Anschlussbeschwerde insofern den Boden zu entziehen und eine Abänderung der Kostenentscheidung zu ihren Ungunsten zu verhindern.
(2) Auch die weiteren Einwendungen greifen nicht durch. Der vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 26.04.2012 zunächst ermittelte höhere Ausgleichswert von brutto 0,11 € je Aktie basierte lediglich auf einer fehlerhaften Excel-Verknüpfung (vgl. Ergänzungsgutachten S. 77). Tatsächlich lag der Ausgleich bei ungerundet brutto 0,0874 € je Aktie und damit immer noch unter dem angebotenen Ausgleich von 0,09 € je Aktie. Gleiches gilt für die angebotene Abfindung von € 2,20 je Aktie. Insofern ist irrelevant, dass die Bewerterin zunächst nur einen Wert je Aktie von € 1,94 errechnete. Dennoch wurde von vornherein ein Betrag von € 2,20 bzw. im Vergleichswege sogar € 2,50 je Aktie und damit ein Betrag der (deutlich) oberhalb des durch den Sachverständigen final errechneten Wertes € 2,13 je Aktie liegt, angeboten.
dd) Zusammenfassend verbleibt es daher auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Beschwerdeführer dabei, dass die Kostenentscheidung des Landgerichts bei Abwägung aller Umstände nicht sachgerecht und daher auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hin insoweit aufzuheben ist. Für die Anordnung einer Kostenerstattung durch die Antragsgegnerin ist kein Raum.
III.
1. Die Kostenentscheidung betreffend das Beschwerdeverfahren beruht auf § 15 SpruchG n.F. (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 GNotKG).
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Es besteht auch unter Berücksichtigung der erfolglosen Beschwerden der Antragsteller und der erfolgreichen Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin kein Anlass, aus Billigkeitserwägungen ausnahmsweise vom Grundsatz der Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin abzuweichen und die Gerichtskosten ganz oder teilweise den Antragstellern aufzuerlegen, § 15 Abs. 1 SpruchG (vgl. Emmerich/Habersack Aktien-/GmbH-KonzernR/Emmerich, a.a.O. § 15 Rn. 14; Hölters/Simons, 3. Aufl. SpruchG § 15 Rn. 10).
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin wird im Beschwerdeverfahren nicht angeordnet. Unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs erscheint es angemessen, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst tragen, § 15 Abs. 2 SpruchG. Insofern wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die obigen Ausführungen zur Anschlussbeschwerde verwiesen.
Eine (teilweise) Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin durch die beschwerdeführenden Antragssteller kommt auch im Hinblick auf die erfolgreiche Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin nicht in Betracht. Selbst wenn man insofern jedenfalls im Beschwerdeverfahren nicht von einer abschließenden Regelung des § 15 Abs. 2 SpruchG ausgehen sollte (vgl. Senat, Beschluss vom 13.12.2016 – 31 Wx 186/16, NZG 2017, 467 ff. in Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 13.12.2011 – II ZB 12/11, NZG 2012, 191 ff; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 15 spruchG Rn. 26), sondern über §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 84 FamFG eine anderweitige Entscheidung unter Billigkeitsgesichtspunkten treffen kann, vermag der Senat keine Gründe für eine derartige Billigkeitsentscheidung zu erkennen.
2. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 74 S. 1 GNotKG. Angesichts der Tatsache, dass auch in der Beschwerdeinstanz keine Erhöhung der Abfindung bzw. des Ausgleichs erfolgt ist, war der Geschäftswert auf den Mindestwert in Höhe von € 200.000,00 festzusetzen. Eine zusätzliche Berücksichtigung des Wertes der Anschlussbeschwerde, die nur die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens betrifft, findet nach § 37 Abs. 1 GNotKG nicht statt. Dieser Geschäftswert ist nach § 6 Abs. 2 S. 3 SpruchG auch als maßgeblicher Gegenstandswert für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters heranzuziehen.
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG.


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