Bankrecht

Haftung der Treuhandkommanditistin wegen Aufklärungspflichtverletzung

Aktenzeichen  20 U 3917/15

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 08780
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 278 S. 1, § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7b

 

Leitsatz

1 Ungeachtet einer Stellung als Kommanditistin zum Zeitpunkt des Beitritts oder gar als Gründungskommanditistin folgt schon aus der Stellung als Vertragspartnerin des Treuhandvertrags die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Diese Aufklärungspflicht erstreckt sich insbesondere auf regelwidrige Auffälligkeiten, beschränkt sich aber nicht darauf.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Regelung im Treuhandvertrag, wonach die Treuhänderin das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und die Anlageberatung oder die Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft nicht vertragliche Pflicht der Treuhänderin sei, ist dahingehend zu verstehen, dass die Treuhänderin von einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss infolge Verletzung der Aufklärungspflicht über falsche oder irreführende Angaben im Prospekt freigezeichnet werden soll.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 O 11609/15 2015-10-02 Ent LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 2.10.2015, Az. 3 O 11609/15, aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.615,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2014 zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von den Kosten aus der Gebührennote der Rechtsanwälte E. & C. in Höhe von 1.029,35 € freizustellen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. M. GmbH & Co. KG IV vom 04.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.
V. Es wird festgestellt, dass die Verurteilung zu den Ziffern II. bis IV. Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. M. GmbH & Co. KG IV vom 04.05.2005 erfolgt.
VI. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer V. genannten Beteiligung in Verzug befindet.
VII. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VIII.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IX. Die Revision wird nicht zugelassen.
X. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.565,49 € festgesetzt.

Gründe

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Beteiligung an der E. P. M. GmbH & Co. KG IV entstanden ist.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts haftet die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages für fehlerhafte Angaben im Prospekt. Es kommt weder darauf an, ob sie Gründungskommanditistin war noch darauf, ob sie eigene Anteile gehalten hat. Unerheblich ist auch, dass sie weder den Vermittler noch die mit dem Vertrieb betraute Gesellschaft selbst beauftragt hat.
a. Ungeachtet einer etwaigen Stellung als Kommanditistin zum Zeitpunkt des klägerischen Beitritts oder gar als Gründungskommanditistin trifft die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2015, III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464, Rz. 16 a.E. m. w. N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich ihre Aufklärungspflicht als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten. Eine solche Einschränkung lässt sich den einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht des Treuhandkommanditisten nicht entnehmen. Danach trifft einen Treuhandkommanditisten, der die Interessen der Anleger als seiner Treugeber wahrzunehmen hat, die Pflicht, die Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die ihm bekannt waren oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein mussten und die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Diese Pflicht erstreckt sich insbesondere auch auf regelwidrige Auffälligkeiten (vgl. BGH NJW 2002, 1711; NJW-RR 2008, 1129/1130 Tz. 8; NJW-RR 2009, 613 m.w.N), beschränkt sich aber nicht darauf.
Fehl geht auch der Einwand der Beklagten, ein Treuhandvertrag mit dem Kläger sei nicht vor ihrem eigenen Beitritt zur Gesellschaft zustande gekommen. Es lässt sich weder der Beitrittserklärung des Klägers vom 4.5.2005 (Anlage K 1) noch der Annahmeerklärung vom 10.5.2005 (Anlage K 2), die die Komplementärin der Fondsgesellschaft in Vertretung für die Beklagte abgegeben hat, auch nur andeutungsweise entnehmen, dass der Treuhandvertrag aufschiebend bedingt abgeschlossen werden sollte. Vielmehr ist in der Beitrittserklärung festgehalten:
„Ich gebe hiermit gegenüber der TBG Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH, B. (nachfolgend „TBG“) ein verbindliches Angebot auf Abschluss des im Beteiligungsprospekt abgedruckten Treuhandvertrages ab, der durch die Annahme meines Beteiligungsangebotes durch die E. P. M. GmbH, G., (nachstehend „Komplementärin“ genannt) im Namen der TBG zustande kommt. … Ich bin damit einverstanden, dass das Treuhandverhältnis mit Annahme meines Beteiligungsangebotes durch die Komplementärin im Namen der TGB rechtsverbindlich begründet ist. Die Annahme meines Beteiligungsangebotes wird mir durch die Komplementärin im Namen und in Vollmacht der TBG bestätigt werden. Auf den Zugang der Annahmeerklärung meines Beteiligungsangebotes als Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertragsschlusses verzichte ich hiermit ausdrücklich.“
Die Komplementärin hat mit Schreiben vom 10.5.2005 (Anlage K 2) die Annahme der Beitrittserklärung des Klägers bestätigt und zugleich an die Zahlung des ersten Teilbetrags erinnert, der nach den Bestimmungen in der Beitrittserklärung spätestens fünf Tage nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zu bezahlen war; der Kläger hat am 23.5.2005 die Zahlung geleistet (vgl. Anlage K 3).
Abgesehen davon hätte auch ein – hier nicht vereinbarter – aufschiebend bedingter Abschluss des Treuhandvertrags die vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Beklagten als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht entfallen lassen.
b. Für eine Zurechnung des Verschuldens eines Verhandlungsgehilfen nach § 278 S. 1 BGB reicht es aus, dass der spätere Verhandlungspartner die Vertragsverhandlungen nicht selbst führt und dabei auch nicht selbst die etwaigen Aufklärungspflichten erfüllt, sondern sich dazu der Hilfe eines anderen bedient. Der Verhandlungsgehilfe muss keine Abschlussvollmacht haben. Entscheidend ist allein, dass er nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Wissen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird. Das Verschulden von Untervermittlern ist schon dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste. Wenn ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben übernimmt, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler unabhängig von seiner etwaigen Selbstständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten; sie kann der Verantwortung für die Vertragsverhandlungen eines selbstständigen Vermittlers nicht entgehen (vgl. BGH, Urteil vom 9.7.2013 Az. II ZR 9/12 NJW-RR 2013,1255/1257; Urteil vom 14.5.2012 Az. II ZR 69/12 NJW-RR 2012,1316/1317; Urteil vom 11.7.2012 Az. IV ZR 151/11 zitiert nach Juris,Rz. 48; Urteil vom 9.7.1998 Az. III ZR 158/97 NJW 1998, 2898 juris Rz. 15; Urteil vom 24.5.1982 Az. II ZR 124/81 NJW 1982,2493 juris Rz. 8f.).
Hier war von vornherein vorgesehen, dass der Vertrieb der Beteiligung durch die von der Fondsgesellschaft (vertreten durch die Komplementärin) zu beauftragende E. P. Vertriebs GmbH erfolgen sollte (vgl. S. 97 des Prospekts) und eine mittelbare Beteiligung über die Beklagte als Treuhandkommanditistin möglich sein sollte (S. 96 des Prospekts). Der Beklagten musste deshalb bekannt sein, dass die künftigen Anleger, die sich über sie als Treuhänderin beteiligen würden, durch die E. P. Vertriebs GmbH bzw. die von dieser beauftragten Untervermittler für den Beitritt und damit für den Abschluss des Treuhandvertrages gewonnen werden würden. Überdies war die Komplementärin der Fondsgesellschaft zugleich damit betraut, das vom Anleger in der Beitrittserklärung abgegebene Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit der Beklagten in deren Namen anzunehmen. Die Komplementärin der Fondsgesellschaft hat folglich sowohl die Vertriebsgesellschaft beauftragt (als gesetzliche Vertreterin der Fondsgesellschaft) als auch den Treuhandvertrag mit dem Anleger abgeschlossen (in Vertretung für die Beklagte). Die Einschaltung der E. P. Vertriebs GmbH als Vermittlerin erfolgte somit auch für den Abschluss des Treuhandvertrages mit Wissen und Wollen der Beklagten.
2. Der Kläger wurde unstreitig auf der Grundlage des Prospekts beraten, so dass mangels abweichenden Vortrags davon auszugehen ist, dass sich fehlerhafte Prospektangaben in das Beratungsgespräch fortsetzen (BGH, Urteil vom 3.11.2015, II ZR 270/14, juris Tz. 13 m. w. N.).
3. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens zeichnet. Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015, II ZR 104/13 juris Tz. 8 f. m. w. N.).
4. Der Prospekt informiert den Anleger nicht ausreichend über die Risiken, die durch das Finanzierungskonzept entstehen.
a. Das Finanzierungskonzept wird insbesondere auf den Seiten 45, 56 und 95 des Prospekts (Stand 11. März 2005, Anlage K 6) dahingehend erläutert, dass jeder Treugeber eine Inhaberschuldverschreibung unterzeichnet, die er zum Zwecke der teilweisen Fremdfinanzierung seiner Beteiligung an die E. P. A. GmbH verkauft, die das dafür fällige Entgelt im Namen und auf Anweisung der Anleger auf ein Mittelverwendungskontrollkonto der Fondsgesellschaft überweist. Der Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Anteilsfremdfinanzierung ist auf Seiten 119 ff. des Prospekts abgedruckt. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Anlegers, den Nennbetrag zzgl. Zinsen am 31.12.2012 zu bezahlen, wobei der Anleger die Gesellschaft beauftragt und bevollmächtigt, die zu den Zahlungsterminen fälligen Leistungen im Namen und für Rechnung des Anlegers aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft zustehenden Entnahmeansprüchen, Auseinandersetzungsguthaben oder Liquidationserlösen zu erbringen.
b. Nicht ausreichend hingewiesen wird auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dieses Risiko besteht ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 25.07.2012 (S. 8 der Anlage K 4), wenn die dafür vorgesehenen Distributionsgarantiezahlungen nicht vollständig bei der Gesellschaft eingehen („wenn Schuldner der Distributionszahlungen ausfallen“) oder der Wechselkurs des USD sinkt. Auf Seite 56 des Prospekts wird vielmehr ausgeführt, die Bedienung und Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge ausschließlich durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung. Es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich. Es bestehe grundsätzlich keine Nachschusspflicht. Dadurch wird die Aussage auf Seite 46 des Prospekts – nicht Seite 36, wie die Beklagte auf Seite 9 des Schriftsatz vom 04.04.2016 (Bl. 248 d. A.) ausführt -, Währungsschwankungen könnten sich negativ auf die Erlöse der Gesellschaft auswirken und die Fondgesellschaft und damit letztlich die Anleger trügen ein entsprechendes Fremdwährungs- und Wechselkursrisiko, relativiert.
c. Auf dem Blatt „Besondere Informationen nach § 312 c Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. § 1 der BGB-InfoV zur teilweisen Fremdfinanzierung der mittelbaren Beteiligungen der E. P. M. GmbH & Co. KG IV“ wird unter II . 2. u. a. darauf hingewiesen, es bestehe das Risiko, dass der Anleger die Rückzahlung und den Zins aus der von ihm begebenen Inhaberschuldverschreibung erbringen müsse, obwohl die von ihm mit dem Kaufpreis für die Inhaberschuldverschreibung finanzierte mittelbare Beteiligung an der Gesellschaft keine gleich hohe Rendite erwirtschafte.
Dieser Hinweis ist – isoliert betrachtet – an sich eindeutig. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist jedoch nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (BGH, Urteil, vom 05.03.2013, II ZR 252/11, juris Tz. 14, m. w. N.). Dieser Hinweis unter II. 2 widerspricht den Ausführungen auf Seite 56 des Prospekts, die Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge ausschließlich durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung, es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich.
d. Nicht explizit hingewiesen wird im Übrigen auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen aufgrund des Wechselkursrisikos nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dies ergibt sich weder aus den Ausführungen auf Seite 45 unter der Überschrift „Fremdfinanzierungsrisiko“, noch aus den Ausführungen auf Seite 46 unter der Überschrift „Währungs- und Wechselkursrisiko“. Gemessen an den oben zitierten Prospekthaftungsgrundsätzen ist der Prospekt bezüglich des die Fremdfinanzierung betreffenden Risikos, einschließlich des Währungsrisikos zumindest widersprüchlich.
5. Auf die Frage, ob der Prospekt auf die Rechtsfolgen der §§ 793 ff. BGB hätte hinweisen müssen, kommt es nicht mehr entscheidend an. Dasselbe gilt für die Darstellung des Risikos des Totalverlustes.
6. Die Haftung der Beklagten für diesen Prospektfehler wird nicht durch § 13 des Treuhandvertrages ausgeschlossen, denn der darin enthaltene Haftungsausschluss ist nach § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7 b BGB nichtig.
a. Die Klauseln des formularmäßigen Treuhandvertrages unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer objektiven Auslegung. (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2015, II ZR 341/14, juris Tz. 24 m. w. N.).
§ 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages, wonach unter der Überschrift „Haftung der Treuhänderin“ geregelt wird, die Treuhänderin habe das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondstruktur nicht beteiligt, die Anlageberatung oder Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft sei nicht vertragliche Pflicht der Treuhänderin, sind – ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden – dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte von einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss infolge Verletzung der Aufklärungspflicht über falsche oder irreführende Angaben im Prospekt freigezeichnet werden soll.
Derartige formularmäßige Freizeichnungsklauseln sind wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Sie benachteiligen die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Dies gilt hinsichtlich der Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten (§ 309 Nr. 7 b BGB) ebenso wie hinsichtlich der Haftung für leichte Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11, juris Tz. 35 m. w. N.). Jedenfalls soweit – wie hier – der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt in sich widersprüchlich ist, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt, sondern für ihre Tätigkeit nach § 14 des Treuhandvertrages (Seite 116 des Prospekts) eine Vergütung erhält, trifft die Treuhänderin eine Aufklärungspflicht.
§ 14 des Treuhandvertrages stellt keine gesellschaftsvertragliche Regelung dar, so dass die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11, juris Tz. 34).
b. Unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, die Klausel sei AGB-rechtlich unbedenklich, weil bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegten, einer Inhaltskontrolle entzogen seien. § 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages stellen eine Abweichung von der gesetzlichen Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss dar (§ 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) und keine „bloße Leistungsbeschreibung“ im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen bleibt, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urteil vom 12.03.2014, IV ZR 295/13, juris Tz. 27).
7. Der Kläger hat nach § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Erstattung des eingezahlten Betrages in Höhe von 7.500 € sowie des für den Rückkauf der Inhaberschuldverschreibung aufgewandten Betrages in Höhe von 1.115,49 €. Der Kläger hat belegt, dass er diese Zahlungen erbracht hat (Anlagen K 3, K 12). Das pauschale Bestreiten der Schadenshöhe durch die Beklagte ist unsubstantiiert, desgleichen der nicht näher ausgeführte Hinweis auf steuerliche Verlustzuweisungen. Im Übrigen sind steuerliche Vorteile grundsätzlich nicht anzurechnen; für eine Ausnahme hiervon fehlt konkreter Sachvortrag.
Der Kläger hat ferner Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten (Anlage K 24) sowie von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen aus der Zeichnung vom 4.5.2005.
Der Zinsanspruch ist allerdings nur insoweit begründet, als Zinsen ab Rechtshängigkeit zuzusprechen sind (§ 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 2.4.2014 (Anlage K 14) betrifft ebenso wie das Schreiben der Beklagten vom 15.4.2014 (Anlage K 15) ein Auskunftsbegehren des Klägers und enthält keine Mahnung hinsichtlich des streitgegenständlichen Betrages.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 GKG, § 3 ZPO. Für den Zahlungsantrag (Ziffer 1. der Klage) sind 8.615,49 € anzusetzen. Der Freistellungsantrag (Ziffer 3. der Klage) wird entsprechend der Angabe des Klägers mit 7.950 € bewertet. Das entspricht der noch nicht erbrachten Einlage, denn konkrete steuerliche Nachteile sind weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass eine Erhöhung des Streitwerts insoweit nicht veranlasst erscheint. Der Feststellung des Annahmeverzugs kommt keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten stellen eine Nebenforderung dar und erhöhen den Streitwert nicht.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung hinsichtlich der Rechtsfragen nicht von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab. Soweit andere Oberlandesgerichte – etwa das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 15.7.2014, Az. I – 34 U 6/14) und das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 16.7.2015, Az. 27 U 31/15) – Schadensersatzansprüche von Anlegern verneint haben, die denselben Fonds betroffen haben, haben sich diese weder mit den Prospektmängeln noch mit den Verpflichtungen aus dem Treuhandverhältnis befasst, auf die der Senat die Haftung der Beklagten wegen Verletzung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht stützt.


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