Bankrecht

Haftung einer Treuhandgesellschaft für den Zeichnungsschaden bei mangelhafter Aufklärung

Aktenzeichen  20 U 1675/16

Datum:
3.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 14141
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 278 S. 1, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 7b, § 310 Abs. 4

 

Leitsatz

1 Beteiligt sich ein Anleger über eine Treuhänderin mittelbar als Kommanditist an einer Fondsgesellschaft, trifft die Treuhänderin ungeachtet einer eigenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der Fondsgesellschaft schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages die Pflicht, ihn über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (ebenso BGH BeckRS 2015, 20464). (red. LS Christoph Syrbe)
2 Die Hinweispflicht der Treuhänderin beschränkt sich nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten und erfasst insbesondere einen Widerspruch des Prospektes, wonach einerseits grundsätzlich keine Nachschusspflicht bestehe, andererseits der Anleger Fremdwährungs- und Wechselkursrisiken zu tragen habe (vgl. auch Parallelentscheidung OLG München BeckRS 2016, 11781). (red. LS Christoph Syrbe)
3 Eine formularmäßige Freizeichnungsklausel im Treuhandvertrag ist wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig, jedenfalls soweit – wie hier – der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt in sich widersprüchlich ist, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt. (red. LS Christoph Syrbe)
4 Eine Regelung in den AGB der Treuhänderin, wonach diese das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondsstruktur nicht beteiligt habe und die Anlageberatung oder die Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft nicht zu ihren vertraglichen Pflichten zähle, ist keine „bloße Leistungsbeschreibung“. (red. LS Christoph Syrbe)

Verfahrensgang

29 O 7598/15 2016-03-11 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 11.03.2016, Az. 29 O 7598/15, aufgehoben.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.388,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, an die D. D. Rechtsschutz-Versicherung AG, zu der Schadensnr. … auf deren Konto bei der C.-bank M.-K. (IBAN: DE…, BIC: …) 1.021,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2015 zu zahlen.
IV.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 150,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2015 zu zahlen.
V.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 02.05./04.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.
VI.
Die Verurteilung zu den Ziffern II. bis V. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 02.05./04.05.2005.
VII.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer V. genannten Beteiligung seit dem 01.07.2014 in Annahmeverzug befindet.
VIII.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IX.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
X.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.988,88 € festgesetzt.

Gründe

Gründe:
I. Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV. Er hat sich mit Beitrittserklärung vom 02.05.2005 über die damals als TBG Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH firmierende Beklagte als Treuhänderin mittelbar als Kommanditist mit einer Einlage von 20.000 € zuzüglich 3% Agio beteiligt. Er hat die Einlage in Höhe von 10.000 € auf das Konto der Fondsgesellschaft einbezahlt und über den restlichen Betrag entsprechend dem vorgesehenen Konzept eine Inhaberschuldverschreibung begeben. 2012 hat er die Inhaberschuldverschreibung gegen Zahlung von 388,88 € abgelöst. Auf die Beitrittserklärung (Anlage K 1), die Inhaberschuldverschreibung nebst Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Fremdfinanzierung und den Emissionsprospekt vom 11.03.2005 (Anlage K 5) wird Bezug genommen.
Die Beklagte ist am 02.11.2005 als Kommanditistin in das Handelsregister eingetragen worden. Sie war bis 01.08.2011 Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Der Prospekt weise zahlreiche Fehler auf, der Vermittler habe nicht ausreichend über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt. Insbesondere sei das mit Währungsschwankungen und den Inhaberschuldverschreibungen verbundene Risiko nicht hinreichend erläutert.
Die Beklagte meint, dass sie keine Aufklärungspflicht treffe; sie sei erst nach dem Beitritt des Klägers Kommanditistin geworden und habe keinen eigenen Anteil. Der Prospekt sei weder fehlerhaft noch unvollständig. Das gelte insbesondere auch für die Darstellung zu Währungs- und Fremdfinanzierungsrisiko und zur Inhaberschuldverschreibung.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Landgerichts vom 10.03.2016 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Haftung der Beklagten für Beratungsverschulden bzw. Prospektfehler komme erst ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung im Handelsregister am 02.11.2005 in Betracht. Sie sei nicht Gründungsgesellschafterin gewesen und könne einer solchen auch nicht im Verhältnis zur Klagepartei gleichgestellt werden. Zu einem früheren Gesellschafterbeitritt habe die Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen. Auch eine Haftung aufgrund der Stellung als Treuhandkommanditistin komme erst ab dem Zeitpunkt nach dem Beitritt zur Gesellschaft in Betracht.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht rügt und seine Klageanträge weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen erster Instanz, welches er durch das Landgericht für fehlerhaft beurteilt hält. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 12.05.2016 (Bl. 166/174 d. A.) Bezug genommen.
Er beantragt daher,
1. die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 10.388,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.07.2014 zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, an die D. D. Rechtsschutz-Versicherung AG, auf deren Konto bei der C. bank M.-K. (IBAN: …, BIC: …) 1.021,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 150,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 02.05./04.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.
5. die Verurteilung zu den Ziffern 1) bis 4) erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 02.05./04.05.2005.
6. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 4) bezeichneten Beteiligung seit dem 01.07.2014 in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt insbesondere aus, die gerügten Prospektfehler lägen nicht vor. Sie treffe keine Aufklärungspflicht. Sie sei nicht Gründungskommanditistin gewesen, habe keine eigenen Anteile gehalten und sei lediglich als Verwaltungstreuhand für die 2.270 Treugeberkommanditisten tätig gewesen. Sie sei weit nach dem Kläger der Gesellschaft beigetreten. Sie habe den Vertrieb nicht beauftragt, etwaige Beratungsfehler könnten ihr nicht zugerechnet werden. Maßgeblich für die Ausgestaltung ihrer Pflichten sei der Treuhandvertrag, insbesondere §§ 2 und 13. Danach komme eine Haftung für Aufklärungsmängel nicht in Betracht. Die Klausel sei als bloße Leistungsbeschreibung einer Inhaltskontrolle entzogen. Das Treuhandverhältnis habe mit Wirkung zum 01.08.2011 sein Ende gefunden; der neue Treuhänder sei im Wege der Sonderrechtsnachfolge und der Vertragsübernahme in die Rechte und Pflichten der Beklagten eingetreten. Die Beklagte berufe sich auf Verjährung. Auf die Schriftsätze der Beklagten vom 10.6.2016 (Bl. 177/195 d. A.) und 29.6.2016 (Bl. 197 ff. d. A.) wird verwiesen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV entstanden ist.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts haftet die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages für fehlerhafte Angaben im Prospekt. Es kommt weder darauf an, ob sie Gründungskommanditistin war, noch darauf, ob sie eigene Anteile gehalten hat. Unerheblich ist auch, dass sie weder den Vermittler noch die mit dem Vertrieb betraute Gesellschaft selbst beauftragt hat.
a) Ungeachtet einer etwaigen Stellung als Kommanditistin zum Zeitpunkt des klägerischen Beitritts oder gar als Gründungskommanditistin trifft die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2015, III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464, Rz. 16 a.E. m. w. N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich ihre Aufklärungspflicht als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten. Eine solche Einschränkung lässt sich den einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht des Treuhandkommanditisten nicht entnehmen. Danach trifft einen Treuhandkommanditisten, der die Interessen der Anleger als seiner Treugeber wahrzunehmen hat, die Pflicht, die Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die ihm bekannt waren oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein mussten und die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Diese Pflicht erstreckt sich insbesondere auch auf regelwidrige Auffälligkeiten (vgl. BGH NJW 2002, 1711; NJW-RR 2008, 1129/1130 Tz. 8; NJW-RR 2009, 613 m.w.N), beschränkt sich aber nicht darauf.
Fehl geht auch der Einwand der Beklagten, ein Treuhandvertrag mit dem Kläger sei nicht vor ihrem eigenen Beitritt zur Gesellschaft zustande gekommen. Es lässt sich weder der Beitrittserklärung des Klägers vom 02.05.2005 (Anlage K 1) noch der Annahmeerklärung vom 04.05.2005 (Anlage K 2), die die Komplementärin der Fondsgesellschaft in Vertretung für die Beklagte abgegeben hat, auch nur andeutungsweise entnehmen, dass der Treuhandvertrag aufschiebend bedingt abgeschlossen werden sollte. Vielmehr ist in der Beitrittserklärung festgehalten:
„Ich gebe hiermit gegenüber der TBG Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH, Berlin (nachfolgend „TBG“) ein verbindliches Angebot auf Abschluss des im Beteiligungsprospekt abgedruckten Treuhandvertrages ab, der durch die Annahme meines Beteiligungsangebotes durch die E. P. Medienfonds GmbH, G., (nachstehend „Komplementärin“ genannt) im Namen der TBG zustande kommt. … Ich bin damit einverstanden, dass das Treuhandverhältnis mit Annahme meines Beteiligungsangebotes durch die Komplementärin im Namen der TGB rechtsverbindlich begründet ist. Die Annahme meines Beteiligungsangebotes wird mir durch die Komplementärin im Namen und in Vollmacht der TBG bestätigt werden. Auf den Zugang der Annahmeerklärung meines Beteiligungsangebotes als Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertragsschlusses verzichte ich hiermit ausdrücklich.“
Die Komplementärin hat mit Schreiben vom 04.05.2005 die Annahme der Beitrittserklärung bestätigt und den Kläger zur rechtzeitigen Einzahlung des Beteiligungsbetrages gemäß Einzahlungsplan aufgefordert. Danach hatte der Kläger 40% der Bareinlage – mithin 4.000 € – spätestens 5 Tage nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zu bezahlen, die restlichen 60% bis spätestens 20.11.2005.
Abgesehen davon hätte auch ein – hier nicht vereinbarter – aufschiebend bedingter Abschluss des Treuhandvertrags die vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Beklagten als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht entfallen lassen.
b) Für eine Zurechnung des Verschuldens eines Verhandlungsgehilfen nach § 278 S. 1 BGB reicht es aus, dass der spätere Verhandlungspartner die Vertragsverhandlungen nicht selbst führt und dabei auch nicht selbst die etwaigen Aufklärungspflichten erfüllt, sondern sich dazu der Hilfe eines anderen bedient. Der Verhandlungsgehilfe muss keine Abschlussvollmacht haben. Entscheidend ist allein, dass er nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Wissen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird. Das Verschulden von Untervermittlern ist schon dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste. Wenn ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben übernimmt, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler unabhängig von seiner etwaigen Selbstständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten; sie kann der Verantwortung für die Vertragsverhandlungen eines selbstständigen Vermittlers nicht entgehen (vgl. BGH, Urteil vom 9.7.2013 Az. II ZR 9/12 NJW-RR 2013,1255/1257; Urteil vom 14.5.2012 Az. II ZR 69/12 NJW-RR 2012,1316/1317; Urteil vom 11.7.2012 Az. IV ZR 151/11 zitiert nach juris, Rz. 48; Urteil vom 9.7.1998 Az. III ZR 158/97 NJW 1998, 2898 juris Rz. 15; Urteil vom 24.5.1982 Az. II ZR 124/81 NJW 1982, 2493 juris Rz. 8f.).
Hier war von vornherein vorgesehen, dass der Vertrieb der Beteiligung durch die von der Fondsgesellschaft (vertreten durch die Komplementärin) zu beauftragende E. P. Vertriebs GmbH erfolgen sollte (vgl. S. 97 des Prospekts) und eine mittelbare Beteiligung über die Beklagte als Treuhandkommanditistin möglich sein sollte (S. 96 des Prospekts). Der Beklagten musste deshalb bekannt sein, dass die künftigen Anleger, die sich über sie als Treuhänderin beteiligen würden, durch die E. P. Vertriebs GmbH bzw. die von dieser beauftragten Untervermittler für den Beitritt und damit für den Abschluss des Treuhandvertrages gewonnen werden würden. Überdies war die Komplementärin der Fondsgesellschaft zugleich damit betraut, das vom Anleger in der Beitrittserklärung abgegebene Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit der Beklagten in deren Namen anzunehmen. Die Komplementärin der Fondsgesellschaft hat folglich sowohl die Vertriebsgesellschaft beauftragt (als gesetzliche Vertreterin der Fondsgesellschaft) als auch den Treuhandvertrag mit dem Anleger abgeschlossen (in Vertretung für die Beklagte). Die Einschaltung der E. P. Vertriebs GmbH als Vermittlerin erfolgte somit auch für den Abschluss des Treuhandvertrages mit Wissen und Wollen der Beklagten.
2. Der Kläger wurde unstreitig auf der Grundlage des Prospekts beraten, so dass mangels abweichenden Vortrags davon auszugehen ist, dass sich fehlerhafte Prospektangaben in das Beratungsgespräch fortsetzen (BGH, Urteil vom 3.11.2015, II ZR 270/14, juris Tz. 13 m. w. N.).
3. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens zeichnet. Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015, II ZR 104/13 juris Tz. 8 f. m. w. N.).
4. Der Prospekt informiert den Anleger nicht ausreichend über die Risiken, die durch das Finanzierungskonzept entstehen.
a) Das Finanzierungskonzept wird insbesondere auf den Seiten 45, 56 und 95 des Prospekts (Stand 11. März 2005, Anlage K 5) dahingehend erläutert, dass jeder Treugeber eine Inhaberschuldverschreibung unterzeichnet, die er zum Zwecke der teilweisen Fremdfinanzierung seiner Beteiligung an die E. P. Advance GmbH verkauft, die das dafür fällige Entgelt im Namen und auf Anweisung der Anleger auf ein Mittelverwendungskontrollkonto der Fondsgesellschaft überweist. Der Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Anteilsfremdfinanzierung ist auf Seiten 119 ff. des Prospekts abgedruckt. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Anlegers, den Nennbetrag zzgl. Zinsen am 31.12.2012 zu bezahlen, wobei der Anleger die Gesellschaft beauftragt und bevollmächtigt, die zu den Zahlungsterminen fälligen Leistungen im Namen und für Rechnung des Anlegers aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft zustehenden Entnahmeansprüchen, Auseinandersetzungsguthaben oder Liquidationserlösen zu erbringen.
b) Nicht ausreichend hingewiesen wird auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dieses Risiko besteht ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 25.07.2012 (S. 7/8 der Anlage K 4), wenn die dafür vorgesehenen Distributionsgarantiezahlungen nicht vollständig bei der Gesellschaft eingehen („wenn Schuldner der Distributionszahlungen ausfallen“) oder der Wechselkurs des USD sinkt. Auf Seite 56 des Prospekts wird vielmehr ausgeführt, die Bedienung und Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge ausschließlich durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung. Es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich. Es bestehe grundsätzlich keine Nachschusspflicht. Dadurch wird die Aussage auf Seite 46 des Prospekts, Währungsschwankungen könnten sich negativ auf die Erlöse der Gesellschaft auswirken und die Fondgesellschaft und damit letztlich die Anleger trügen ein entsprechendes Fremdwährungs- und Wechselkursrisiko, relativiert.
c) Auf dem Blatt „Besondere Informationen nach § 312 c Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. § 1 der BGB-InfoV zur teilweisen Fremdfinanzierung der mittelbaren Beteiligungen der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV“ wird unter II. 2. u. a. darauf hingewiesen, es bestehe das Risiko, dass der Anleger die Rückzahlung und den Zins aus der von ihm begebenen Inhaberschuldverschreibung erbringen müsse, obwohl die von ihm mit dem Kaufpreis für die Inhaberschuldverschreibung finanzierte mittelbare Beteiligung an der Gesellschaft keine gleich hohe Rendite erwirtschafte.
Dieser Hinweis ist – isoliert betrachtet – an sich eindeutig. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist jedoch nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (BGH, Urteil, vom 05.03.2013, II ZR 252/11, juris Tz. 14, m. w. N.). Dieser Hinweis unter II. 2 widerspricht den Ausführungen auf Seite 56 des Prospekts, die Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge ausschließlich durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung, es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich.
d) Nicht explizit hingewiesen wird im Übrigen auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen aufgrund des Wechselkursrisikos nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dies ergibt sich weder aus den Ausführungen auf Seite 45 unter der Überschrift „Fremdfinanzierungsrisiko“, noch aus den Ausführungen auf Seite 46 unter der Überschrift „Währungs- und Wechselkursrisiko“. Gemessen an den oben zitierten Prospekthaftungsgrundsätzen ist der Prospekt bezüglich des die Fremdfinanzierung betreffenden Risikos, einschließlich des Währungsrisikos zumindest widersprüchlich.
5. Auf die Frage, ob der Prospekt auf die Rechtsfolgen der §§ 793 ff. BGB hätte hinweisen müssen, kommt es nicht mehr entscheidend an. Dasselbe gilt für die Darstellung des Risikos des Totalverlustes.
6. Die Haftung der Beklagten für diesen Prospektfehler wird nicht durch § 13 des Treuhandvertrages ausgeschlossen, denn der darin enthaltene Haftungsausschluss ist nach § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7 b BGB nichtig.
a) Die Klauseln des formularmäßigen Treuhandvertrages unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer objektiven Auslegung. (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2015, II ZR 341/14, juris Tz. 24 m. w. N.).
§ 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages, wonach unter der Überschrift „Haftung der Treuhänderin“ geregelt wird, die Treuhänderin habe das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondstruktur nicht beteiligt, die Anlageberatung oder Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft sei nicht vertragliche Pflicht der Treuhänderin, sind – ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden – dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte von einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss infolge Verletzung der Aufklärungspflicht über falsche oder irreführende Angaben im Prospekt freigezeichnet werden soll.
Derartige formularmäßige Freizeichnungsklauseln sind wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Sie benachteiligen die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Dies gilt hinsichtlich der Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten (§ 309 Nr. 7 b BGB) ebenso wie hinsichtlich der Haftung für leichte Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11, juris Tz. 35 m. w. N.). Jedenfalls soweit – wie hier – der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt in sich widersprüchlich ist, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt, sondern für ihre Tätigkeit nach § 14 des Treuhandvertrages (Seite 116 des Prospekts) eine Vergütung erhält, trifft die Treuhänderin eine Aufklärungspflicht.
§ 14 des Treuhandvertrages stellt keine gesellschaftsvertragliche Regelung dar, so dass die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11, juris Tz. 34).
b) Unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, die Klausel sei AGB-rechtlich unbedenklich, weil bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegten, einer Inhaltskontrolle entzogen seien. § 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages stellen eine Abweichung von der gesetzlichen Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss dar (§ 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) und keine „bloße Leistungsbeschreibung“ im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen bleibt, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urteil vom 12.03.2014, IV ZR 295/13, juris Tz. 27).
7. Der Umstand, dass die Beklagte zum 01.08.2011 als Treuhänderin und Mittelverwendungskontrolleurin ausgeschieden ist, hat keinen Einfluss auf ihre Haftung für die fehlerhaften Prospektangaben. Ihr Ausscheiden aus diesen Funktionen setzt nicht den Lauf der Verjährung in Gang. Verjährung ist auch nicht nach der Regelung in § 13 des Treuhandvertrages (Haftung der Treuhänderin) eingetreten. Die Bestimmung in § 13 Abs. 3 des Treuhandvertrages, wonach ein Anspruch auf Schadensersatz, soweit gesetzlich keine frühere Verjährung eintritt, in drei Jahren ab Anspruchsentstehung verjährt, ist nach § 309 Nr. 7, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, denn sie stellt eine unzulässige Haftungsbegrenzung dar (vgl. BGH, Urteil vom 29.5.2008, Az. III ZR 59/07, juris Tz. 35).
8. Der Kläger hat nach § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Erstattung des eingezahlten Betrages in Höhe von 10.000 € sowie des für den Rückkauf der Inhaberschuldverschreibung aufgewandten Betrages in Höhe von 388,88 €. Die Beklagte hat nicht substantiiert bestritten, dass der Kläger diese Zahlungen erbracht hat. Das pauschale Bestreiten der Schadenshöhe durch die Beklagte ist unsubstantiiert, desgleichen der nicht näher ausgeführte Hinweis auf steuerliche Verlustzuweisungen. Im Übrigen sind steuerliche Vorteile grundsätzlich nicht anzurechnen; für eine Ausnahme hiervon fehlt konkreter Sachvortrag. Der Kläger hat ferner Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten, die mit Ausnahme des Selbstbehalts in Höhe von 150 € von seiner Rechtsschutzversicherung beglichen worden sind.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 30.06.2014 die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche zurückgewiesen; die Zustellung der Klage ist am 26.03.2015 erfolgt. Mit der Annahme der Beteiligung des Klägers befindet sich die Beklagte seit 01.07.2014 in Verzug.
Der Kläger hat zudem Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte ihn von Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung freizustellen hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 GKG, § 3 ZPO. Für den Zahlungsantrag (Ziffer 1. der Klage) sind 10.388,88 € anzusetzen, für den Freistellungsantrag (Ziffer 4. der Klage) entsprechend der Angabe des Klägers 10.600 €.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung hinsichtlich der Rechtsfragen nicht von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab. Soweit andere Oberlandesgerichte – etwa das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 16.7.2015, Az. 27 U 31/15) – Schadensersatzansprüche von Anlegern verneint haben, die denselben Fonds betroffen haben, haben sich diese weder mit den Prospektmängeln noch mit den Verpflichtungen aus dem Treuhandverhältnis befasst, auf die der Senat die Haftung der Beklagten wegen Verletzung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht stützt.
Der Senat weicht auch nicht von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.03.2014 (Az. IV ZR 295/13) ab, sondern kommt in Anwendung der dort entwickelten Grundsätze zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine bloße Leistungsbeschreibung vorliegt.


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