Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrages

Aktenzeichen  19 U 1520/20

Datum:
28.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41097
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 355, § 356b Abs. 2, § 492 Abs. 2, § 495 Abs. 1
EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10, § 6 Abs. 2 S. 1, S. 2, S. 3

 

Leitsatz

1. Eine richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB scheitert jedenfalls daran, dass es einem deutschen Gericht verwehrt ist, ein vom deutschen Gesetzgeber verabschiedetes Umsetzungsgesetz entgegen dessen erklärten Willen auszulegen (contra legem). (Rn. 10 – 11) (red. LS Andy Schmidt)
2. Dass den deutschen Gerichten eine – grundsätzlich gebotene – richtlinienkonforme Auslegung contra legem verwehrt ist, entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des EuGH (ebenso EuGH BeckRS 2019, 288).  (Rn. 12 – 20) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

32 O 7644/19 2020-02-10 Urt LGMUENCHENI LG München I

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.02.2020, Az. 32 O 7644/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Dem Kläger stand zwar beim Abschluss des Darlehensvertrags vom 25.08.2017 (Anlage K 1 / B 1) gemäß § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu, bei dem die Widerrufsfrist nach § 356b Abs. 2 BGB nicht begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Zu diesen Pflichtangaben gehörte nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB auch die Erteilung einer wirksamen Widerrufsinformation. Dem Kläger wurden jedoch im streitgegenständlichen Darlehensvertrag die von ihm als fehlend bzw. als fehlerhaft gerügten Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erteilt, so dass sich der Widerruf vom 15.02.2019 (Anlage K 3) als verfristet erweist.
1. Der Senat weist einleitend auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Parallelfällen vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19 sowie vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 und XI ZR 630/18 hin, welche die ständige Rechtsprechung des Senats bestätigen bzw. denen sich der Senat vollumfänglich anschließt. In den Beschlüssen vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 sowie XI ZR 630/18 etwa hat der Bundesgerichtshof jeweils Nichtzulassungsbeschwerden gegen Beschlüsse des erkennenden Senates in Parallelverfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (Az. 19 U 2893/18 bzw. 19 U 2544/18) – im erstgenannten Fall mit ausführlicher Begründung, auf die verwiesen wird – zurückgewiesen und dabei jeweils ausdrücklich erklärt, dass er die „Erfolgsaussichten einer Revision geprüft und verneint“ habe.
Die den Klägervertretern aus zahlreichen Parallelfällen hinlänglich bekannte ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, mit dem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Zurückweisungsbeschluss des erkennenden Senates nach § 522 Abs. 2 ZPO (Az. 19 U 80/19) in einem Parallelfall zurückgewiesen hat, ein weiteres Mal ausdrücklich bestätigt und auch hierbei (Rz. 5) ausgeführt: „Dabei hat der Senat die Erfolgsaussichten einer Revision geprüft und verneint“.
2. Die Beklagte hat für ihre Widerrufsinformation das Muster aus Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1 EGBGB verwandt. Damit steht gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3, § 12 Abs. 1 Satz 3 EGBGB von Gesetzes wegen fest, dass dem Kläger die gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b EGBGB zu erteilenden Informationen, insbesondere zum Beginn der Widerrufsfrist, klar und verständlich erteilt wurden. Die Auffassung der Berufung, die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB greife nicht, denn die Musterwiderrufsinformation sei wegen des sog. Kaskadenverweises in Satz 2 nicht klar und verständlich (BB., S. 3 – 5 / Bl. 183 – 185 d. A.), teilt der Senat nicht. Entgegen der Auffassung der Berufung lässt sich diese Rechtsfolge auch nicht mit der Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 – C-66/19 begründen.
I) Zwar vertritt der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.03.2020 – C-66/19, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, die Auffassung, dass eine sog. Kaskadenverweisung den Beginn der Widerrufsfrist nicht hinreichend klar und prägnant bezeichne.
I) Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Auffassung ist jedoch nicht geboten, da zu Gunsten der Beklagte jedenfalls die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB i. V. m. Anlage 7 greift. Nach der eindeutigen Regelung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB i. V. m. Anlage 7 genügt der Darlehensgeber seinen Informationspflichten, wenn er in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form eine Vertragsklausel verwendet, die bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen dem Muster in Anlage 7 entspricht.
(1) Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung von Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB i. V. m. Anlage 7 ist nicht möglich.
(a) Der Gesetzgeber des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977) hat – worauf der Bundesgerichtshof zutreffend hinweist (vgl. Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18) – den Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB mit Gesetzesrang als eine klare und verständliche Gestaltung der Information über die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist vorgegeben. Aus dem Gesetzeswortlaut, der Systematik und den Materialien der zum 30. Juli 2010 in Kraft getretenen Änderungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ergibt sich, dass der Gesetzgeber selbst eine Erläuterung anhand des um Beispiele ergänzten § 492 Abs. 2 BGB nicht nur für sinnvoll (BT-Drucks. 17/1394, S. 25 f.), sondern als mit den sonstigen gesetzlichen Vorgaben in Einklang stehend erachtete. Durch die schließlich Gesetz gewordene Auswahl der für eine Mehrzahl unterschiedlicher Vertragstypen relevanten Beispiele (BT-Drucks. 17/2095, S. 17) brachte der Gesetzgeber überdies zum Ausdruck, dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher die Ermittlung der für den einschlägigen Vertragstyp jeweils relevanten Pflichtangaben anhand des Gesetzes zuzutrauen. Über dieses gesetzgeberische Gesamtkonzept dürfen sich die Gerichte, die ihrerseits der Gesetzesbindung unterliegen, bei der Auslegung des gleichrangigen übrigen nationalen Rechts zur Umsetzung der RL 2008/48/EG nicht hinwegsetzen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.02.2019 – 6 U 88/18, juris Rn. 12 ff., 19).
(b) Eine richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB scheitert jedenfalls daran, dass es dem Senat verwehrt ist, ein vom deutschen Gesetzgeber verabschiedetes Umsetzungsgesetz entgegen dessen erklärten Willen auszulegen (contra legem).
Die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB getroffene Regelung ist offensichtlich keiner Auslegung, die sie im Ergebnis ins Gegenteil verkehren würde und faktisch auf eine Nichtanwendung hinausliefe, zugänglich. Sie beruhte auch nicht auf einer ungewollten Regelungslücke oder Nachlässigkeit des deutschen Gesetzgebers, sondern war ausdrücklich gewollt.
(c) In der Entscheidung, der Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB sei unzureichend klar und verständlich, läge eine Missachtung der gesetzlichen Anordnung, die dazu führte, dass das Regelungsziel des Gesetzgebers in einem wesentlichen Punkt verfehlt und verfälscht und einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben würde. Dazu sind die Gerichte nicht befugt (BGH, Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18; BGH, Urteil vom 03.07.2018 – XI ZR 702/16 und Beschluss vom 02.04.2019 – XI ZR 488/17).
(d) Dass den deutschen Gerichten eine – grundsätzlich gebotene (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C – 91/92, Rz. 26) – richtlinienkonforme Auslegung contra legem verwehrt ist, entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 22.01.2019 – C-193/17 -, Rn. 74; EuGH, Urteil vom 17.04.2018 – C-414/16 -, Rn. 71, juris; in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2016, DI, C-441/14, ECLI:EU:C:2016:278, Rn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; EuGH, Urteil vom 26.09.1996 – C -168/95; vgl. etwa auch BAG, Beschluss vom 18.02.2003 – 1 ABR 2/02, Rz. 66 m. w. N., DB 2003, 1387, 1389).
(2) Es ist dem Senat schließlich verwehrt, die Vorschrift des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 – 4 – EGBGB einfach nicht anzuwenden.
Etwas anderes ergibt sich weder aus der Rechtsnatur der zugrundeliegenden RL 2008/48 EG noch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH.
(a) Richtlinien sind gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar, sondern müssen erst von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgewandelt werden. Unmittelbar anzuwenden sind die zur Umsetzung einer Richtlinie ergangenen mitgliedstaatlichen (Umsetzungs-) Gesetze, hier also Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB. Selbst insgesamt nicht umgesetzten Richtlinien kommt im Verhältnis zwischen Bürgern untereinander grundsätzlich keine unmittelbare Geltung zu. Die Zuerkennung einer unmittelbaren (horizontalen) Wirkung auch im Verhältnis von Privatrechtssubjekten würde die Kompetenzordnung des EG-Vertrags zu Lasten der Mitgliedstaaten verschieben, die insoweit auf ihre souveränen Rechte nicht zugunsten der Gemeinschaftsorgane verzichtet haben (BAG, Beschluss vom 18.02.2003 – 1 ABR 2/02 -, BAGE 105, 32, Rn. 85; EuGH, Urteil vom 14.07.1994 – C-91/92). Eine Ausdehnung der Möglichkeit, sich auf nicht oder nicht richtig umgesetzte Richtlinien zu berufen, auf den Bereich der Beziehungen zwischen Privaten liefe nämlich darauf hinaus, der Union die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung Verpflichtungen zulasten der Einzelnen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort darf, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.01.2019 – C-193/17, Rn. 72, juris; EuGH, Urteil vom 06.11.2018, Bauer und Willmeroth, C-569/16 und C-570/16, ECLI:EU:C:2018:871, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung; EuGH, Urteil vom 10.10.2017, C-413/15; EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92).
(b) Ein mitgliedstaatliches Umsetzungsgesetz nicht anzuwenden – mit der faktischen Konsequenz der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie – kommt auch nach der Rechtsprechung des EuGH nur in Ausnahmefällen in Betracht. Dazu zählt der Fall, wenn die Beklagte – unmittelbar oder mittelbar – Teil der staatlichen Gewalt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.01.2019 – C – 193/17 (Cresco); EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-508/14 m. w. N.; EuGH, Urteil vom 26.09.1996 – C-168/95; EuGH, Urteil vom 10.06.1982 – 255/81; EuGH, Urteil vom 19. 01.1982 – 8/81; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 – 2 C 52/09).
Vergleichbares gilt, wenn die nationalen Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit einer Richtlinie ausgelegt werden können, das vorlegende Gericht aber gleichwohl gehalten wäre, den Rechtsschutz zu gewährleisten, da andernfalls die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts oder die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt wären (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Januar 2019 – C-193/17 -, Rn. 78); hier kommt im Verhältnis zweier nicht staatlicher Beteiligter aber letztlich nicht die Richtlinie zur unmittelbaren Anwendung, vielmehr entfalten die dahinterstehenden allgemeinen Grundsätze resp. Grundrechte unmittelbare Wirkung.
Beide Ausnahmen greifen hier nicht. Weder ist die Beklagte (unmittelbar oder mittelbar) Teil der Staatsgewalt, noch werden im Falle einer Anwendung des nationalen Rechts allgemeine Grundsätze des Unionsrechts oder Grundrechte verletzt.
I) Diese Auffassung des Senats hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, mit dem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Zurückweisungsbeschluss des erkennenden Senates nach § 522 Abs. 2 ZPO (Az. 19 U 80/19) in einem Parallelfall zurückgewiesen hat, in Kenntnis der wenige Tage zuvor ergangenen Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 – C-66/19 – ausdrücklich bestätigt. Dabei hat er ausgeführt, was folgt (Rz. 10 – 14); dem schließt sich der Senat vollumfänglich an.
„Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C-66/19, juris – „Kreissparkasse Saarlouis“) nicht entgegen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46) sei dahin auszulegen, dass er dem entgegenstehe, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweise, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweise. Dies betrifft den in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF enthaltenen Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, der auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs (aaO Rn. 48) nicht „in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts“ informieren würde.
Der Senat müsste sich aber, um dem Geltung zu verschaffen, gegen die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF stellen, wonach – wie hier – eine in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene und dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entsprechende Widerrufsinformation den Anforderungen an eine klare und verständliche Information des Darlehensnehmers über das ihm nach § 495 BGB zukommende Widerrufsrecht genügt. Das verbietet dem Senat das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip. Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rechnung. Das Gesetz bezieht seine Geltungskraft aus der demokratischen Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierter Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers darf nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das Gesetz, weil dies eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers ist (BVerfGE 149, 126 Rn. 75).
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C-66/19, juris – „Kreissparkasse Saarlouis“) ändert daran nichts. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs darf die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2005 [Große Kammer] – C-105/03, „Pupino“, Slg. 2005, I-5285 Rn. 47; Urteil vom 4. Juli 2006 [Große Kammer] – C-212/04, „Adeneler“, Slg. 2006, I-6057 Rn. 110; Urteil vom 15. April 2008 [Große Kammer] – C-268/06, „Impact“, Slg. 2008, I-2483 Rn. 100, 103; Urteil vom 24. Januar 2012 [Große Kammer] – C-282/10, „Dominguez“, NJW 2012, 509 Rn. 25; Urteil vom 22. Januar 2019 [Große Kammer] – C-193/17, „Cresco Investigation“, NZA 2019, 297 Rn. 74; Urteil vom 8. Mai 2019 – C-486/18, „Praxair MRC“, NZA 2019, 1131 Rn. 38; Urteil vom 11. September 2019 – C-143/18, „Romano“, WM 2019, 1919 Rn. 38; BVerfG, WM 2012, 1179, 1181; Senatsurteil vom 15. Oktober 2019 – XI ZR 759/17, WM 2019, 2164 Rn. 22 mwN).
Eine richtlinienkonforme Auslegung der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF angeordneten Gesetzlichkeitsfiktion scheidet aus. Die Auslegung des nationalen Rechts darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen (BVerfG, WM 2012, 1179, 1181). Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten (BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 20, vom 28. Juni 2017 – IV ZR 440/14, BGHZ 215, 126 Rn. 24, vom 26. März 2019 – II ZR 244/17, WM 2019, 925 Rn. 21 und vom 15. Oktober 2019 – XI ZR 759/17, WM 2019, 2164 Rn. 24 mwN; BVerfG, aaO).
Eine richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF überschritte indes entgegen seinem eindeutigen Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und der Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte. Die durch das Gesetz zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977) in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB eingefügte Gesetzlichkeitsfiktion trug der Entschließung des Deutschen Bundestages im Rahmen der Beschlussfassung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BT-Drucks. 16/13669, S. 5) Rechnung. Mit dieser Entschließung hatte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, zu Beginn der 17. Legislaturperiode einen Gesetzentwurf mit einem Muster für eine Information über das Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditverträgen mit Gesetzlichkeitsfiktion in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Durch die gesetzliche Regelung im EGBGB und die Schaffung eines (fakultativen) Musters sollte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Anwendern erzeugt und der Rechtsverkehr vereinfacht werden (vgl. BT-Drucks. 16/13669, S. 3 und BT-Drucks. 17/1394, S. 1, 21 f.). Dieses gesetzgeberische Ziel würde verfehlt, würde man der Verwendung des Musters die Gesetzlichkeitsfiktion absprechen, weil etwa der Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 EGBGB nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 26. März 2020 (C-66/19, juris – „Kreissparkasse Saarlouis“) nicht richtlinienkonform ist.“
3. Entgegen der Auffassung der Berufung ist die Gesetzlichkeitsfiktion vorliegend auch nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte das Muster für mehrere verbundene Verträge verwendet hat (BB., S. 5 – 9 / Bl. 185 – 189 d. A.).
Bei mehreren, nebeneinander vorliegenden weiteren Verträgen kann die Unterrichtung über die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den anwendbaren Gestaltungshinweisen zwar auch durch eine entsprechende, jeweils auf den konkreten Vertrag bezogene, wiederholte Nennung der Hinweise erfolgen (vgl. Gestaltungshinweis Ziffer 5 der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Absatz 2 Satz 3 EGBGB). Es ist jedoch genauso gut möglich (und im Sinne der Klarheit und Verständlichkeit aus Sicht des Senats auch durchaus sachgerecht), die verbundenen Verträge einmal konkret zu benennen (hier Kaufvertrag über das o.g. Fahrzeug und Verträge über den Beitritt zu Ratenschutzversicherungen) und dann die Hinweise nur einmal zu erteilen (vgl. schon Bt-Drucksache 17/1394 Seite 29 f.). Diese nicht zu beanstandende Vorgehensweise hat die Beklagte gewählt. Dass dies aus Sicht des Gesetzgebers möglich ist, ergibt sich überdies schon aus den vom Gesetzgeber im Muster vorgegebenen Überschriften in den Gestaltungshinweisen Ziff. 2 und 5, die explizit im Plural sprechen von „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“.
Im Übrigen lässt die Berufung außer Acht, dass die Beklagte bei den von ihr als fehlerhaft bzw. widersprüchlich gerügten Passagen der Widerrufsinformation wörtlich die im Muster Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB vorgesehenen Gestaltungshinweise Ziffer 2, 2a, 5, 5a, 5b, 5c und 5f sowie 5 g umgesetzt hat. Anlage 7 hat als Anhang zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch den Rang eines formellen Gesetzes (vgl. BT-Drs. 17/1394, Seite 1). Die Wiedergabe des Gesetzestextes kann weder unklar noch unverständlich noch fehlerhaft sein. Deutlicher als der Gesetzgeber brauchte die Beklagte nicht zu sein.
4. Die Berufung legt nicht dar, dass der Kläger vorliegend mit den Angaben auf S. 5 des streitgegenständlichen Darlehensvertrages:
„Autohaus H., Ndl. der I. Autohaus GmbH, …, …“
nicht den Anforderungen des Art. 247 § 13 EGBGB entsprechend über den Namen und die Anschrift des beteiligten Darlehensvermittlers informiert wurde.
Die Berufung (BB., S. 10 f. / Bl. 190 f. d. A.) behauptet nur, legt aber nicht dar, dass diese Angaben „unstreitig unzutreffend“ und nur „ungefähre Information“ seien. Offenbar stützt sich die Berufung insoweit auf ihren erstinstanzlichen Vortrag im Schriftsatz vom 05.12.2019 (S. 12 / Bl. 119), wo der Kläger unter Bezugnahme auf einen als Anlage K 11 vorgelegten Handelsregisterauszug vom 05.12.2019 vorgetragen hat, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 25.08.2017 sei die I. Autohaus GmbH bereits auf die Autohaus H.GmbH verschmolzen gewesen (was die Beklagte allerdings bestritten hat; Bl. 135 d. A.). Deshalb – so offenbar die Schlussfolgerung des Klägers – hätte die Darlehensvermittlerin zum Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses mit der Firma Autohaus H. GmbH angegeben werden müssen.
Aus dem als Anlage K 11 vorgelegten HR-Auszug bestätigt sich der Vortrag der Berufung allerdings nicht. Danach (S. 3 von 5) wurde mit Eintragung vom 13.10.2016 eine Zweigniederlassung mit abweichender Firma „A. H., Niederlassung der I. Autohaus GmbH, …, Geschäftsanschrift …“ eingetragen. Nach S. 4 von 5 wurde die Firmenänderung zu Autohaus H. GmbH erst nach Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages am 18.02.2019 beschlossen und am 19.02.2019 eingetragen.
Offensichtlich ist die Darlehensvermittlerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 25.08.2017 auch unter der Firma Autohaus H. P. Ndl. der I. Autohaus GmbH im Rechtsverkehr aufgetreten und hat unter dieser Firma ihre Geschäfte betrieben (§ 17 HGB). Das ergibt sich schon aus der Anlage (K 2), der Bestellung des finanzierten Fahrzeuges durch den Kläger bei der Autohaus H. P. Ndl. der I.Autohaus GmbH, welche ersichtlich zugleich Verkäuferin und Darlehensvermittlerin war.
Da eine Zweigniederlassung unter ihrer Firma am Rechtsverkehr teilnehmen und der Unternehmensträger unter der Firma ihrer Zweigniederlassung klagen und verklagt werden kann (vgl. etwa Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 13 HGB, Rn. 7), widerspricht es auch nicht den Anforderungen des Art. 247 § 13 EGBGB, über „die Identität und die Anschrift des beteiligten Kreditvermittlers“ (Art. 10 Abs. 2 Lit. b) RL 2008/48/EG) – wie hier – unter Angabe der Zweigniederlassung zu informieren.
Auf die Ausführungen des Landgerichts (LGU, S. 12) wird ergänzend verwiesen.
5. Die Berufung (BB., S. 11 f. / Bl. 191 f. d. A.) legt nicht dar und es ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte Pflichtangaben zu den vom Darlehensgeber verlangten Sicherheiten nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nummer 2 EGBGB deshalb nicht klar und verständlich erteilt hätte, weil im Vertrag eine Anzahlung vereinbart wurde. Auch die Unterrichtung über die Auszahlungsbedingungen ist nicht zu beanstanden ist (Art. 247 § 3 Abs. 1 Nummer 9 EGBGB).
So wird der Kläger bereits in der Europäischen Standardinformation zutreffend, klar und verständlich über die Auszahlungsbedingungen informiert. (vgl. Anlage K1, Seite 1 bis 3 von 11).
Dort finden sich in der Rubrik „2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits“ unter dem Punkt „Bedingungen für die Inanspruchnahme. Gemeint ist, wie und wann Sie das Geld erhalten“ folgende Ausführungen:
„Das Darlehen wird ausgezahlt, sobald die im Darlehensvertrag vereinbarten Bedingungen für die Darlehensgewährung erfüllt und die vorgesehenen Sicherheiten bestellt sind. Die Auszahlung erfolgt zum Zeitpunkt der Fahrzeugauslieferung an den Verkäufer, (..).“
In derselben Rubrik wird der Darlehensnehmer unter dem Punkt „Verlangte Sicherheiten, Beschreibung der von Ihnen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu stellenden Sicherheiten“ über die von ihm zu erbringenden Sicherheiten wie foIgt in Kenntnis gesetzt:
„Sicherungsübereignung des Fahrzeugs
Abtretung von Ansprüchen aus der von Ihnen abzuschließenden Versicherung für das Fahrzeug sowie von Ersatzansprüchen gegen Dritte
Abtretung von Forderungen wegen Fahrzeugmängeln
Lohnabtretung
Anzahlung“
Diesen Ausführungen konnte ein Darlehensnehmer klar und verständlich die Sicherheiten entnehmen, von denen die Auszahlung des Darlehens abhing sowie die Tatsache, dass der Darlehensbetrag an den Verkäufer des Fahrzeuges ausbezahlt wird.
Die Europäische Standardinformation ist auch Bestandteil des Darlehensvertrages. Die zur Wahrung der Schriftform gemäß § 492 Abs. 1 BGB erforderliche Urkundeneinheit zwischen der Standardinformation und den übrigen Vertragsunterlagen wurde vorliegend mittels fortlaufender Paginierung hergestellt (BGH, Urteil vom 17.09.2019 – XI ZR 662/18). Hierdurch hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, mittels der Standardinformation nicht nur vorvertragliche, sondern auch vertragliche Informationspflichten erfüllen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18; BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15).
In den auf der der Europäischen Standardinformation nachfolgenden Seite aufgeführten „Informationen zu Ihrem „Darlehensvertrag“ wird bei Ziffer 2 „Wie wird das Darlehen ausbezahlt?“ nochmals wiederholt:
„Sofern Sie mit dem Darlehen den Bezug einer Ware (z.B. Fahrzeug) f(…) finanzieren, wird die Darlehenssumme unmittelbar an Ihren Vertragspartner ausbezahlt.“
Unter Ziffer 4 „Müssen Sicherheiten für das Darlehen bestellt werden?“ wird erneut darauf hingewiesen, dass Sicherheiten bestellt werden müssen, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Europäischen Standardinformationen verwiesen wird.
Des Weiteren wurde der Kläger klar und verständlich über die Auszahlungsbedingungen und die zustellenden Sicherheiten auf Seite 5 von 11 des Darlehensvertrages informiert (vgl. Anlage K 1).
Dort ist unter der fettgedruckten Überschrift „Auszahlung des Darlehens“ ausgeführt:
„Das Darlehen wird ausgezahlt, sobald die im Darlehensvertrag vereinbarten Bedingungen für die Darlehensgewährung erfüllt und die vorgesehenen Sicherheiten bestellt sind. Die Auszahlung erfolgt zum Zeitpunkt der Fahrzeugauslieferung an den Verkäufer.
Die Sicherheiten sind auf derselben Seite näher beschrieben unter der Überschrift
„Wichtige Hinweise (…)
1. Sicherungsübereignung: Das genannte Fahrzeug wird auf die Bank übereignet und bleibt solange in deren Eigentum bis alle Forderungen der Bank gegen den Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer erfüllt sind (Siehe Ziffer 2.1. der Allgemeinen Darlehensbedingungen)
2. Abtretung von Versicherungs- und Ersatzansprüchen: Alle Ansprüche aus der vom Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer nach Ziffer 8.1 lit. c) der Allgemeinen Darlehensbedingungen abzuschließenden Kfz-Versicherung sowie Ersatzansprüche gegen Dritte im Falle einer Beschädigung des Fahrzeugs sind nach Maßgabe von Ziffer 2.2. der Allgemeinen Darlehensbedingungen an die Bank abgetreten.
3. Abtretung von Forderungen wegen Fahrzeugmängeln: Forderungen wegen Fahrzeugmängeln sind nach Maßgabe von Ziffer 2.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen an die Bank abgetreten.
4. Lohnabtretung: Der pfändbare Teil des Arbeitsentgelts ist nach Maßgabe von Ziffer 2.4. der Allgemeinen Darlehensbedingungen an die Bank abgetreten.
5. Anzahlung“.
Dass die Anzahlung – selbstverständlich – an den Fahrzeugverkäufer zu leisten ist, konnte ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher ohne Weiteres klar und verständlich dem Darlehensvertrag entnehmen. Im Darlehensvertrag (vgl. Anlage K 1 Seite 5 von 11) ist der Fahrzeugpreis mit 24.900,00 € angegeben, welcher, wie sich auch aus der vorgelegten Bestellung (Anlage K 2) ergibt, an den Fahrzeugverkäufer zu zahlen war. Von dem Gesamtkaufpreis waren 4.900,00 € vom Kläger als Anzahlung zu leisten und der Restkaufpreis von 20.000,00 € wurde als Nettodarlehensbetrag von der Beklagten direkt an den Verkäufer bezahlt.
6. Der Bundesgerichtshof hat die ständige Rechtsprechung des Senats, wonach ein Widerrufsrecht nicht besteht, weil die Beklagten die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB (“sonstige Kosten“) erforderlichen Pflichtangaben unzureichend erteilt hätte, in seinem Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18, in dem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des erkennenden Senates in einem Parallelverfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (Az. 19 U 2893/18) zurückgewiesen hat, ausdrücklich bestätigt. Der BGH führt aus, was folgt. Darauf wird verwiesen.
„Die Beklagte hat im Darlehensvertrag keine „sonstigen Kosten“ bzw. „sonstige[n] Entgelte aufgrund des Kreditvertrages“ bestimmt, die sie gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 10 EGBGB und nach unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 10 Abs. 2 Buchst. k Verbraucherkreditrichtlinie) mit einem konkreten Betrag hätte beziffern müssen („acte clair“, vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 – C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 – Intermodal Transports; BVerfG, WM 2015, 525, 526; Senatsurteile vom 12. September 2017 – XI ZR 590/15, BGHZ 215, 359 Rn. 36 und vom 18. Juni 2019 – XI ZR 768/17, WM 2019, 2153 Rn. 69).
Unter Kosten im Sinne der genannten Vorschriften sind solche zu verstehen, die „aufgrund des Darlehensvertrags“ bzw. „im Zusammenhang“ mit diesem anfallen. Hierunter fallen insbesondere Kosten, die aus der Durchführung des Darlehensvertrags erwachsen, wie etwa die Bepreisung von Überziehungsmöglichkeiten oder Kosten für die Auszahlung oder Nutzung von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten (BT-Drucks. 16/11643 S. 124; vgl. auch BeckOK BGB/Knops, Stand: 1. August 2019, § 492 Rn. 26; Merz/Wittig in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., Rn. 5.101 f.). Dieses Begriffsverständnis entspricht Artikel 10 Abs. 2 Buchst. k Verbraucherkreditrichtlinie, in dem von „Entgelte[n] aufgrund des Kreditvertrags“ (Englisch: „any other charges deriving from the credit agreement“, Französisch: „tous autres frais découlant du contrat de crédit“) die Rede ist und dessen Umsetzung Art. 247 § 3 Nr. 10 EGBGB dient.
Gemessen hieran sind in dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag keine Kosten in diesem Sinne vereinbart worden. Das gilt auch für die in Ziffer 6 der Allgemeinen Darlehensbedingungen genannten Zinsen und Gebühren für Stundungen und Laufzeitverlängerungen. Wie sich aus der Überschrift der genannten Ziffer („Besondere Gebühren“) und aus den in Ziffer 6.2 beispielhaft aufgeführten Kostentatbeständen (Ratenplanänderungen und Stundungen) ergibt, beziehen sich die „Besonderen Gebühren“ auf gesondert zu beauftragende fakultative Zusatzleistungen, die in Ergänzung oder Abänderung der Pflichten aus dem Darlehensvertrag erbracht werden. Zur konkreten Höhe der auf solche Leistungen bezogenen Kosten musste die Beklagte keine Angaben machen, weil diese Kosten erst durch einen in der Zukunft liegenden Abschluss eines weiteren Vertrags und nicht durch den Darlehensvertrag ausgelöst werden und die Beklagte die insoweit anfallenden Kosten bei Abschluss des Darlehensvertrages angesichts der Ungewissheit über den Umfang einer Ratenplanänderung und der Dauer einer Stundung nicht beziffern kann (vgl. BeckOK BGB/Knops, Stand: 1. August 2019, § 492 Rn. 26; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 6 U 189/16, BeckRS 2018, 35407 Rn. 29). Weitere „sonstige Kosten“ sind nicht angegeben und damit gemäß § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB vom Kläger nicht geschuldet“(BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 -, Rn. 43 – 45).
Diese Ausführungen des Bundesgerichtshofs sind auch übertragbar auf die von der Berufung (BB., S. 12 / Bl. 192 d. A.) in Bezug genommenen, unter lit. D. des Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten unter der Überschrift „Preise für Sonderleistungen im Kredit- und Leasinggeschäft im Inland“ aufgeführten Kosten für
„- Versand der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) im Auftrag des Kunden… 10 €“ (Anlage K 12).
Auch dabei handelt es sich – schon aus der Überschrift ersichtlich – nicht um Kosten, die aufgrund des Darlehensvertrages bzw. im Zusammenhang mit diesem anfallen, sondern um solche, die ggf. entstehen aufgrund gesondert zu beauftragender, fakultativer Zusatzleistungen, die in Ergänzung zum Darlehensvertrag erbracht werden.
Zudem liegt bei einer Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) durch die Beklagte bei Beendigung des Darlehensvertrages schon kein Versand „im Auftrag des Kunden“ vor; vielmehr erfüllt die Beklagte mit der Rückgabe ihre eigenen Pflichten. Konsequenterweise ist von der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte vom Kläger diesen Betrag tatsächlich verlangte und somit diese Kosten bei der Beendigung seines Darlehensvertrages tatsächlich anfielen.
Wie schnell und einfach das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten auf der Homepage der Beklagten auffindbar ist, ist damit nicht entscheidungserheblich, wobei der Senat dieses unter Eingabe des Suchbegriffes: „Preis- und Leistungsverzeichnis …Bank“ in eine herkömmliche Suchmaschine unschwer und unmittelbar auffinden konnte.
7. Dass die Beklagte die Pflichtangaben gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB (Verzugszins), Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB (Kündigung), Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB (Berechnungsmethode Vorfälligkeitsentschädigung) in nicht zu beanstandender Weise erteilt hat, hat der Bundesgerichtshof mittlerweile in Parallelfällen bestätigt und damit auch die den Klägervertretern aus einer Vielzahl von Parallelfällen bekannte, ständige Rechtsprechung des Senats bestätigt. Auf Ziff. 1 und die jeweilige Begründung des BGH wird verwiesen.
Daraus folgt auch, dass eine Aussetzung des Berufungsverfahrens gemäß Art. 148 ZPO und Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV entgegen BB., S. 13 – 17 / Bl. 193 – 197 nicht veranlasst ist. Der Bundesgerichtshof hat ausführlich dargelegt und eingehend begründet, dass es in den von der Berufung aufgeworfenen Fragen keines Vorabentscheidungsersuchens bedarf. Darauf wird Bezug genommen.
8. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO einer Entscheidung des Senats nach § 522 Abs. 2 ZPO entgegen BB., S. 15 / B. 195 d. A. nicht entgegen steht.
9. Soweit die Berufung schließlich den gesamten erstinstanzlichen Vortrag zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen will (BB., S. 18 / Bl. 198 d. A.), siehe zunächst oben, Ziff. 1. Insoweit liegt jedoch schon keine zulässige Berufungsrüge vor (zu den Anforderungen vgl. etwa zuletzt BGH, Urteil vom 16.07.2019 – XI ZB 10/18, Rz. 8 ff.; BGH, Urteil vom 25.06.2019 – XI ZB 30/18, Rz. 9 ff.; BGH, Urteil vom 02.04.2019 – XI ZR 466/17, Rz. 13 ff.). Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 – VIII ZB 29/04, vom 27. Mai 2008 – XI ZB 41/06, vom 12. Mai 2009 – XI ZB 21/08, vom 1. März 2011- XI ZB 26/08 und vom 11. Oktober 2016 – XI ZB 32/15, jeweils m.w.N). Dabei reicht es nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Beschluss vom 25.09.2018 – XI ZB 7/17 BGH vom 23. Oktober 2012 – XI ZB 25/11 und vom 11. Oktober 2016 – XI ZB 32/15, jeweils m.w.N). Beweisangebote sind konkret zu wiederholen.
Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme vor Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 1,0 Gebühren (vgl. Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum GKG) und nach deren Eingang von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen 3 Wochen ab Zugang Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal weitere 3 Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, OLGR 2004, 127 ff.). Eine Fristverlängerung um insgesamt mehr als einen Monat ist daneben entsprechend § 520 II 3 ZPO nur mit Zustimmung des Gegners möglich.


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