Bankrecht

Widerruf gewährter Verbraucherdarlehen – hier: Angabe der Auszahlungsbedingungen

Aktenzeichen  5 U 6484/19

Datum:
17.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 27815
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 9, § 6 Abs. 1

 

Leitsatz

Als Auszahlungsbedingungen i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB iVm Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB gelten die konkreten vertraglichen Voraussetzungen an das „Ob“, das „Wie“ und das „Wann“ der Auszahlung des Darlehens. Neben Zeitpunkt und Art der Auszahlung ist insbesondere die Person des Zahlungsempfängers in Person des Darlehensnehmers oder eines Dritten zu benennen. Die Erteilung der Pflichtinformationen kann auch im Rahmen der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Darlehensbedingungen erfolgen (Rn. 15). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 O 4914/19 2019-10-17 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.10.2019, Aktenzeichen 27 O 4914/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.434,65 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über den Widerruf zweier von der beklagten Bank gewährter Verbraucherdarlehen zur Finanzierung des Erwerbs eines Kfz.
In erster Instanz hat die Klägerin beantragt,
1.die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin 12.243,83 € nebst jährliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen seit dem 01.12.2018 Zug-um-Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs BMW, Typ 114d mit der FIN …67, amtliches Kennzeichen …05 zu zahlen,
2.festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet, des vorbezeichneten Fahrzeugs;
3.festzustellen, dass Klägerin nicht verpflichtet ist, ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 16.10.2018 weitere Zahlungen aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer …10 an die Beklagte zu leisten;
4.die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an den Kläger weitere 801,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Verfahrens im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts München I vom 17.10.2019 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch der Klägerin am 18.10.2019 zugestelltes Endurteil vom 17.10.2019, berichtigt durch Beschluss vom 17.12.2019, abgewiesen, weil der Widerruf verfristet gewesen sei.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie am 15.11.2019 eingelegt und nach Fristverlängerung bis 20.01.2020 mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Im Darlehensvertrag von 2015 seien die Auszahlungsbedingungen nicht richtig genannt. Im Vertrag vom 27.08.2018 seien die Widerrufsfolgen fehlerhaft angegeben, da es bei einem Verbundgeschäft weder die Pflicht zur Darlehensrückzahlung noch zur Zinszahlung gebe.
In der Berufungsinstanz beantragt die Klägerin unter Aufhebung des Urteils des Landgerichtes München I vom 17.10.2019 – Az.: 27 O 4914/19, zugestellt am 18.10.2019,
1.die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin 12.243,83 € nebst jährliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen seit dem 01.12.2018 Zugum Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs BMW, Typ 114d mit der FIN …67, amtliches Kennzeichen …05 zu zahlen,
2.festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet, des vorbezeichneten Fahrzeugs;
3.festzustellen, dass Klägerin nicht verpflichtet ist, ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 16.10.2018 weitere Zahlungen aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer …10 an die Beklagte zu leisten;
4.die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin weitere 801,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
Hilfsweise beantragt die Klägerin,
im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat mit seinem am 30.01.2020 zugestellten Beschluss vom 28.01.2020 auf seine Absicht hingewiesen, die offensichtlich unbegründete Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Dem ist die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 05.02.2020 entgegengetreten. Es bleibe dabei, dass die Auszahlungsbedingungen verwirrend seien, da sie sich der Darlehensnehmer erst an verschiedenen Stellen des Vertrags zusammensuchen müsse.
Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem angefochtenen Ersturteil, dem bereits zitierten Hinweisbeschluss des Senats sowie den im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.10.2019, Aktenzeichen 27 O 4914/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
1. Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 05.02.2020 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung:
Wie der Senat bereits ausgeführt hat, hat die Beklagte die Auszahlungsbedingungen des Kredits zutreffend im Vertrag angegeben. Als Auszahlungsbedingungen i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB iVm Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB gelten die konkreten vertraglichen Voraussetzungen an das „Ob“, das „Wie“ und das „Wann“ der Auszahlung des Darlehens. Neben Zeitpunkt und Art der Auszahlung ist insbesondere die Person des Zahlungsempfängers in Person des Darlehensnehmers oder eines Dritten zu benennen (BeckOGK/Knops, 1.8.2019, BGB § 492 Rn. 17.11, beck-online). Die Erteilung der Pflichtinformationen kann auch im Rahmen der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Darlehensbedingungen erfolgen (BGH, Urteil vom 04.07.2017, XI ZR 741/16, Rn. 25, 26).
Über die Bedingungen für die Auszahlung wird die Klägerin auf Seite 5 der Anlage K 1 unter „Auszahlung des Darlehens“ informiert. Die Formulierung: „Das Darlehen wird ausbezahlt, sobald die im Darlehensvertrag vereinbarten Bedingungen für die Darlehensgewährung erfüllt und die vorgesehenen Sicherheiten bestellt. Die Auszahlung erfolgt zum Zeitpunkt der Fahrzeugauslieferung an den Verkäufer, …“ ist klar und eindeutig. Welche Bedingungen vereinbart wurden, ergibt sich aus dem Vertrag und ist für den angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher klar erkennbar. Mit der Formulierung ist weiter hinreichend deutlich gemacht, dass zum einen die Darlehensvaluta an einen Dritten – nämlich den Verkäufer – fließt und der Verbraucher nicht die Darlehensvaluta, sondern den Besitz an dem finanzierten Fahrzeug erhält. In unmittelbarer räumlicher Nähe wird außerdem auf die vereinbarte Sicherungsübereignung hingewiesen.
2. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da eine Einzelfallentscheidung zu treffen war, die auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs getroffen wird. Mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil die Rechtsverfolgung für die Beklagte keine existentielle Bedeutung hat und das erstinstanzliche Urteil zutreffend begründet ist (§ 522 Abs. 2 S.1 Nr. 4 ZPO; vgl. dazu Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 1. Juli 2011, BT-Drucks. 17/6406, Seite 9). Es liegt auch kein Fall der Divergenz vor. Die Revision ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht. Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 28.06.2016, II ZR 290/15, Rn. 7, juris m.w.N.).
Als Streitwert ist, wie hingewiesen für den Vertrag vom 28.08.2018, der geltend gemachte Zahlungsbetrag für den laufenden Vertrag der Nettodarlehensbetrag anzusetzen.


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