Baurecht

Änderungs- bzw. Tekturgenehmigungen eines Mehrfamilienhauses

Aktenzeichen  9 ZB 18.2074

Datum:
28.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9654
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Zahl der Wohnungen ist Anwendungsbereich des § 34 BauGB kein Merkmal, das die Art der baulichen Nutzung prägt.  (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Art. 64 Abs. 2 BayBO und die Rechtsvorschriften über die Bauvorlagen sind grundsätzlich nicht nachbarschützend. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 K 17.1037 2018-07-03 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 8.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. Mai 2013 genehmigte das Landratsamt … den Um- und Anbau eines Mehrfamilienhauses auf den Grundstücken FlNr. … und … Gemarkung M… in … … … … Mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Februar 2015 erteilte das Landratsamt die Genehmigung für den Bau einer Stützmauer an der östlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks FlNr. … Das dortige Nachbargrundstück … Gemarkung M… steht im Eigentum der Klägerin zu 1. Die Kläger sind außerdem jeweils Miteigentümer des nordöstlich an das Baugrundstück FNr. … angrenzenden Grundstücks FlNr. … derselben Gemarkung.
Mit Bescheid vom 4. August 2017 erteilte das Landratsamt die Genehmigung für das Bauvorhaben mit dem Betreff „Um- und Anbau – Tektur für Stützmauer – 2. Tektur“ auf den Baugrundstücken. Mit Bescheid vom 30. November 2017 änderte es den Betreff dieser Genehmigung in „Um- und Anbau Mehrfamilienhaus – Tektur für Umbau – 2. Tektur“. Die gegen die Bescheide vom 4. August 2017 und 30. November 2017 erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 3. Juli 2018 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Kläger.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Absatz 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
a) Soweit die Kläger vortragen lassen, dass „die richterliche Verneinung des Tekturvorhabens als Aliud“ einer weiteren Prüfung nicht standhalten werde, hierzu auf ihren erstinstanzlichen Vortrag verweisen und rügen, dass nach den erstinstanzlich vorgetragenen Ansätzen in der Rechtsprechung in weit weniger gravierenden Fällen ein aliud bejaht worden sei, das Verwaltungsgericht eine erforderliche Gesamtschau der Abweichungen nur in Ansätzen vorgenommen habe, gerade die Vielzahl von Abweichungen aber zu einer Neubetrachtung des Wohnhauses führen müsse, genügen sie nicht den formalen Anforderungen des Darlegungsgebots gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2019 – 15 ZB 19.428 – juris Rn. 11 m.w.N).
Das Verwaltungsgericht hat für die beiden streitgegenständlichen Bescheide des Landratsamts angenommen, dass es sich dabei nicht um eine Neugenehmigung („aliud“), sondern um bloße Änderungs- bzw. Tekturgenehmigungen handelt, die die bestandskräftigen bauaufsichtlichen Genehmigungen vom 17. Mai 2013 und vom 5. Februar 2015 in ihrem Bestand nicht berühren. Es hat dabei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zugrunde gelegt, wonach die Grenze zu einem aliud überschritten ist, wenn das Vorhaben hinsichtlich seiner Identität und seiner Wesensmerkmale so wesentlich von der Baugenehmigung abweicht, dass es nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben darstellt, das die Zulässigkeitsfrage neu aufwirft (vgl. BayVGH, B.v. 29.8 2016 – 15 ZB 15.2442 – juris Rn. 10 f. m.w.N.). Im Rahmen seiner danach erforderlichen einzelfallbezogenen Beurteilung vermochte es solche Abweichungen nicht festzustellen. Es sei im Vergleich zu den ursprünglichen Genehmigungen zu einer Änderung der Fassade und der Fenstergrößen sowie -anordnung, einer Änderung des Wohnungszuschnitts (insgesamt fünf Wohneinheiten, im Erdgeschoss zwei Wohneinheiten statt einer, Einliegerwohnung zur Wohnung vier entfällt), einer Änderung der Wohnfläche (von 537,33 m² zu 528,15 m²), einer Änderung von Anzahl und Anordnung der Stellplätze (von sechs zu acht), zu einer geringfügigen Abweichung der Bemaßung sowie einer Verbreiterung des Mittelbaus in östlicher Richtung (0,5 m nach Angaben des Landratsamts) gekommen. Die Nutzungsart bleibe identisch und die Nutzungsintensität werde aufgrund der Veränderung der Wohneinheiten nicht wesentlich modifiziert. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass sich die Belastung der Nachbarschaft durch Zu- und Abgangsverkehr (Lärmimmissionen etc.) wesentlich ändere. Auch Dachformen, Erscheinungsbild und Kubatur blieben im Wesentlichen gleich. Soweit es im Inneren des Gebäudes zu Eingriffen in die Substanz des Baukörpers komme, habe der Verwaltungsgerichtshof solche lediglich als ein Indiz für bzw. einen Hinweis auf die Annahme eines aliud gewertet (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.1991 – 20 CS 89.1224 – juris Rn. 15). Vorliegend rechtfertigten die Gestaltung des Innenraums des Gebäudes bzw. die einzelnen Abweichungen bei der Fenster-, Tür- und Balkonanordnung sowie -gestaltung nicht die Annahme der Überschreitung einer Grenze zur Erheblichkeit.
Mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert auseinander. Die Kläger legen auch mit ihrem weiteren Einwand, die umgebende Bebauung sei geprägt von Ein- bis kleineren Mehrfamilienhäusern mit maximal zwei bis drei Einheiten, weshalb der hier in Frage stehende Bau einen Fremdkörper darstelle, nicht konkret dar, in welcher Hinsicht die Überlegungen des Verwaltungsgerichts zu den Änderungen des Bauvorhabens im Einzelnen – einschließlich der, die die Nutzungsintensität bzw. die Anzahl der Wohneinheiten betreffen – ernstlichen Zweifeln begegnen. Es kann anhand des Zulassungsvorbringens nicht nachvollzogen werden, warum welche Abweichungen – einzeln oder in ihrer Gesamtheit – so wesentlich sind, dass ein Zusammenhang mit dem ursprünglich genehmigten Bauvorhaben nicht mehr erkennbar ist und damit nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben erstellt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2016 – 9 ZB 14.2684 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Abgesehen davon haben die Kläger nicht dargelegt, dass sie sich bei anderer Betrachtungsweise überhaupt auf die Verletzung nachbarschützender Vorschriften berufen könnten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). So kommt im Hinblick auf die von ihnen bemängelte Wohnverdichtung bei ansonsten (unstreitig) zulässiger Wohnnutzung nicht etwa ein aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO abgeleiteter Anspruch auf Wahrung der typischen Prägung des Gebiets (Gebietsprägungsanspruch) in Betracht. Denn unabhängig davon, ob man einen solchen Anspruch überhaupt für denkbar hält, ist die Zahl der Wohnungen – jedenfalls im hier vorliegenden Anwendungsbereich des § 34 BauGB – kein Merkmal, das die Art der baulichen Nutzung prägt (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1767 – juris Rn. 15). Selbst wenn man davon ausgeht, dass ausnahmsweise „Quantität in Qualität“ umschlagen könnte, mithin die Größe einer baulichen Anlage die Art der baulichen Nutzung erfassen kann (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3.94 – juris Rn. 17), weist ein Wohngebäude mit fünf Wohneinheiten keine Größe auf, die es erlauben würde, von einer gegenüber Ein- oder kleineren Mehrfamilienhäusern mit maximal drei Wohneinheiten andersartigen Nutzungsart zu sprechen. Auf die Ausmaße des Gebäudes kommt es hierbei, da § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht auf das Maß der baulichen Nutzung abstellt, nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2482 – juris Rn. 16). § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vermittelt darüber hinaus auch in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubare Grundstücksfläche keinen Drittschutz (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1767 – juris Rn. 18). Hierauf hat auch bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen.
b) Dem Darlegungsgebot (§§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) genügen die Kläger auch insofern nicht, als sie vortragen, dass eine Mehrzahl von Abweichungen mit Nachbarrelevanz, insbesondere die Verschiebung des Gebäudes in Richtung der Kläger, die unabhängig von der „expansiven Quantität“ dazu geführt habe, dass erhebliche Eingriffe (insbesondere Abgrabungen) in den zwischen den Grundstücken liegenden Grenzrain stattgefunden hätten, von der Tekturgenehmigung erfasst würden sowie eine Verschiebung des Baukörpers nicht ohne die Einbeziehung der Folgen für die Außenanlagen, insbesondere den gemeinsamen Grenzrain, gesehen werden könne. Die Kläger wiederholen damit wiederum erstinstanzlichen Vortrag und setzen sich nicht mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. UA, S. 11) auseinander. Das Verwaltungsgericht hat die von den Klägern angeführten Abweichungen betreffend den Standort, die Höheneinstellung und Abgrabungen nicht als „Problem der Tekturgenehmigung“ angesehen, weil diese hinsichtlich der Planvorlagen auf der Ausgangsgenehmigung aufbaue. Ein Vergleich der Darstellung des Gesamtvorhabens im Katasterkartenwerk zur Ausgangsgenehmigung von 2013 und zur hier streitgegenständlichen Genehmigung der zweiten Tektur im Jahr 2017 zeige, dass die Einstellung des Gebäudes auf den Baugrundstücken im Rahmen der Tektur nicht verändert werden sollte. Die Frage, inwieweit die Planvorlagen in der Realität im Hinblick auf die tatsächliche Einstellung des Gebäudes in das Gelände im Rahmen der Bauausführung und die tatsächliche Vornahme von Abgrabungen ordnungsgemäß umgesetzt seien, stelle sich nicht im Rahmen der Drittanfechtung der streitgegenständlichen Genehmigungen, sondern sei bauaufsichtlich zu klären.
Warum diese Einschätzung zu beanstanden sein sollte, ist dem Zulassungsvorbringen nicht zu entnehmen. Auch mit dem Einwand, das Verwaltungsgericht habe nur einzelne Planzeichnungen miteinander verglichen und auf ein „alleine aufschlussreiches ‚Übereinanderlegen‘ mit allen Schnitten“ verzichtet, wird nicht substantiiert dargelegt, woraus sich andernfalls ergeben hätte, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Tekturgenehmigung vom 4. August 2017 legalisiere eben nicht eine abweichende Einstellung des Gebäudes in das Gelände oder deshalb zusätzlich erforderliche Abgrabungen, falsch oder zumindest ernstlich zweifelhaft ist.
c) Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe die „formelle Einordnung der falschen und untauglichen Bauunterlagen“ unrichtig vorgenommen bzw. gehe in unzulässiger Weise von der Bestimmtheit der Bauvorlagen aus, nachdem die Kläger im Verfahren dargelegt hätten, dass es den Beigeladenen verwehrt sei, erheblich von der Wirklichkeit abweichende Vorlagen einzureichen, der Umfang der Genehmigung für die Nachbarn nicht feststellbar sei und durch die Verschiebung des Baukörpers das Abstandsflächenrecht als verletzt im Raum stehe, werden die Kläger dem Darlegungsgebot ebenfalls nicht gerecht.
Das Verwaltungsgericht weist in seinen Entscheidungsgründen zum betreffenden erstinstanzlichen Vortrag der Kläger (vgl. UA, S. 14) darauf hin, dass selbst dann, wenn in Bezug auf die Darstellung in den Bauvorlagen Ungenauigkeiten bezüglich der Verhältnisse im Außengelände der Baugrundstücke (u.a. zum Straßengefälle, zu den Grenzabständen, zur Bestandsmauer, zur Straßenlinie) vorlägen, dies hier außer Betracht zu bleiben habe, weil sich die Tekturgenehmigung nicht auf die Außenanlagen erstrecke und im Übrigen davon auszugehen sei, dass den streitgegenständlichen Genehmigungen die erforderlichen, das Bauvorhaben ausreichend konkretisierende Bauvorlagen nach Art. 64 Abs. 2 BayBO zugrunde liegen, soweit die Änderungen durch die zweite Tektur betroffen sind. Daher scheide jedenfalls eine Nichtigkeit der Tekturgenehmigung nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG aus. Rechte von Nachbarn könnten darüber hinaus durch das Fehlen eines rechtswirksamen Bauantrags nicht verletzt werden.
Die Kläger sind auch auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht eingegangen. Es ist jedoch zutreffend, dass Art. 64 Abs. 2 BayBO und die Rechtsvorschriften über die Bauvorlagen grundsätzlich nicht nachbarschützend sind. Ein Mangel der Bauvorlagen bzw. ein Verstoß gegen die Bauvorlagenverordnung kann nur dann zum Erfolg einer Nachbarklage führen, wenn aufgrund dessen Gegenstand bzw. Umfang der Baugenehmigung nicht genau festgestellt werden kann und deshalb mit der Baugenehmigung eine materielle Rechtsbeeinträchtigung des Nachbarn einhergeht (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2019, Art. 64 Rn. 84). Die Kläger haben ebenfalls nicht nachvollziehbar dargetan, worin konkret die von ihnen behaupteten ihre Nachbarrechte verletzenden Bestimmtheitsmängel der Bauvorlagen zur Tekturgenehmigung vom 2. August 2017 liegen könnten (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2019 – 9 ZB 15.442 – juris Rn. 10), zumal die Prüfung der von ihnen angesprochenen Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO nicht Gegenstand des Prüfprogramms des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens war, das sich vorliegend nach Art. 59 Abs. 1 BayBO in der vom 1. Januar 2008 bis 31. August 2018 gültigen Fassung richtete (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 9 ZB 14.2853 – juris Rn. 8). Der für die Anfechtungsklage gegen die streitgegenständlichen Bescheide maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist jeweils der des Bescheiderlasses (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2019 – 9 CS 18.2305 – juris Rn. 12).
d) Schließlich vermag auch der Hinweis der Kläger, dass schon die Teilungserklärung, die bereits 2012, also vor dem ersten Bauantrag, für den Verkauf von Wohneinheiten benötigt worden sei, die nun realisierte „Endfassung“ aufzeige und durch das „scheibchenweise“ Vorgehen der Beigeladenen Nachbarrechte ausgehebelt worden seien, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu wecken. Es ist allein Sache des Bauantragstellers, den zu beurteilenden Verfahrensgegenstand festzulegen (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2014 – 4 B 21.14 – juris Rn. 13). Es gibt regelmäßig auch kein Recht eines Drittbetroffenen auf Durchführung des richtigen Verwaltungsverfahrens (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2019 – 9 ZB 15.2481 – juris Rn. 6).
2. Die geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt und die im Zulassungsverfahren erforderliche kursorische Prüfung der Rechtssache anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils keine Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtstreits zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2019 – 9 ZB 15.442 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind nicht damit dargelegt, dass das Verwaltungsgericht aus Sicht der Kläger eine Feststellung der Abweichung des „tatsächlichen Bauverhaltens“ der Beigeladenen nicht habe vornehmen können, dies jedoch erforderlich sei, um anhand der Abweichung der Bauunterlagen von den tatsächlichen Verhältnissen eine Einschätzung vorzunehmen, ob die Bauunterlagen eine wirksame Grundlage der Tekturgenehmigung sein können. Wie unter 1 b) und c) bereits ausgeführt, hat das Verwaltungsgericht der tatsächlichen Umsetzung des Bauvorhabens und der Frage nach der Rechtswirksamkeit des Bauantrags nicht die von den Klägern zugesprochene Bedeutung für den Erfolg ihrer Klage gegen die angefochtenen Bescheide beigemessen. Wenn die Kläger die betreffenden Sachverhalte anders als das Verwaltungsgericht bewerten, genügt dies nicht, besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2018 – 9 ZB 16.1068 – juris Rn. 14).
Soweit die Kläger darüber hinaus besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache auch noch damit begründen wollen, dass sie dem Bauvorhaben in Gestalt der angefochtenen Tekturgenehmigung nicht zugestimmt hätten, während sie sich mit dem Vorhaben in der ursprünglichen Gestalt einverstanden erklären konnten, fehlt es jedenfalls schon an der Darlegung einer entscheidungserheblichen Frage. Auf die Ausführungen unter 1 d) wird verwiesen.
3. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 9 ZB 16.2323 – juris Rn. 24). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage der Abgrenzung einer Tekturgenehmigung zum „aliud“ fehlt es nicht nur an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit (s. unter 1 a, letzter Absatz), sondern auch am erforderlichen Klärungsbedürfnis, weil diesbezüglich eine grundsätzliche Klärung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bereits erfolgt ist (vgl. B.v. 29.8 2016 – 15 ZB 15.2442 – juris Rn. 10 f. m.w.N). Wegen der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände lässt sich die Erheblichkeitsschwelle darüber hinaus nicht abstrakt mit allgemeinen Kriterien bestimmen, sondern ist einzelfallbezogen zu beantworten (vgl. BayVGH, U.v. 26.7.1991 – 20 CS 89.1224 – juris Rn. 15).
Soweit die Kläger außerdem noch die Frage der formellen Anforderungen an die einzureichenden Bauunterlagen und deren Nichtigkeit als grundsätzlich klärungsbedürftig ansehen, ist nicht ersichtlich, wieso eine solche Klärung entgegen den insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA, S. 14; s. auch unter 1 c) überhaupt entscheidungserheblich sein könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Da die Beigeladene im Zulassungsverfahren einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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