Baurecht

Baugenehmigung für Geländeauffüllungen mit Heckenanpflanzung entlang einer neu errichteten Grenzmauer

Aktenzeichen  AN 17 K 19.00087

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38991
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 6 Abs. 3 S. 4, Abs. 9 Nr. 3, Art. 59 S. 1, Art. 66 Abs. 1 S. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Erteilung der Nachbarunterschrift führt nicht zu einem Verlust der Klagebefugnis, wenn die unterschriebenen Pläne weder genehmigt wurden noch das Bauvorhaben tatsächlich danach errichtet wurde. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Aufschüttung mit einer geringeren Böschungsneigung als 45 °, von der im Vergleich zu einer vorhandenen Stützmauer oder einem vorhandenen Wohnhaus keine zusätzliche Verschattungswirkung ausgeht, löst keine Abstandsflächenpflicht aus. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzuweisen.
1. Klagegegenstand der erhobenen Anfechtungsklage sind der Änderungsbescheid des Landratsamtes … vom 12. Dezember 2018, mit dem der Baugenehmigungsbescheid vom 19. Juli 2017 um die hier streitige Auffüllung des Vorhabengrundstück im Osten erweitert wird sowie der Baugenehmigungsbescheid vom 13. Juni 2019, mit dem u.a. eine Pflasterung bzw. Umwegung („Weg 2“) an der Ostseite des Wohnhauses nachträglich genehmigt wurde. Nicht klagegegenständlich ist hingegen der ursprüngliche Baugenehmigungsbescheid vom 19. Juli 2017, der, wie die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2019 auch ausdrücklich bestätigte, nicht angegriffen wurde.
2. Die so verstandene Klage ist zulässig. Ihr steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Zustimmung zum ursprünglich geplanten Bauvorhaben durch seine Unterschrift gem. Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO auf den eingereichten Bauvorlagen vom 5. Mai 2017 erteilt hatte. Die Erteilung der Nachbarunterschrift führt zu einem Verlust der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur in dem zugestimmten Umfang, vorliegend also nur im Hinblick auf die Planung vom 5. Mai 2017. Diese Pläne wurden so aber weder genehmigt, noch hat der Beigeladene das Vorhaben tatsächlich danach errichtet. Schon der erteilten Baugenehmigung vom 19. Juli 2017 lagen andere Pläne, nämlich die Pläne vom 10. Juli 2017, zu Grunde, zu denen der Kläger seine Zustimmung aber nicht erteilt hat.
Die Pläne vom 5. Mai 2017 wurden in Laufe des Baugenehmigungs- und der Änderungsverfahren hinsichtlich der geltend gemachten Nachbar-Belange auch nicht nur geringfügig geändert. Die Planung vom 5. Mail 2017 sah im Vergleich zum jetzt genehmigten Zustand noch deutlich anders aus. An der Ostseite des Wohnhauses des Beigeladenen war zum damaligen Zeitpunkt noch eine andere, geringere Befestigung geplant, außerdem eine andere Böschungsgestaltung, noch keine Stützmauer und eine andere Situierung des Kellerersatzraumes. Eine erneute Nachbarbeteiligung war somit nötig und keinesfalls entbehrlich. Die ursprüngliche nachbarliche Zustimmung des Klägers steht der Klageerhebung nicht entgegen (vgl. auch Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 66 Rn. 114 und 125). Aufgrund der Nichtbeteiligung blieb dem Kläger sein Klagerecht erhalten.
3. Eine Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet, weil der Kläger nicht in nachbarlichen Belangen verletzt ist. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage nur dann Erfolg, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger zugleich in seinen Rechten verletzt. Die objektive Verletzung einer Rechtsnorm allein genügt für den Erfolg der Nachbarklage nicht. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit zum einen gerade aus einer solchen Norm ergeben, die dem Schutz des Nachbarn dient (sog. Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Zum anderen ist nur eine Rechtsverletzung maßgeblich, die zum Prüfungsumfang im bauaufsichtlichen Verfahren gehört, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt, die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (vgl. BayVGH, a.a.O.). Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist die Sach- und Rechtslage, die im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes, d.h. der Erteilung der Baugenehmigung(en), gegeben war. Abzustellen ist damit auf die Bayerische Bauordnung in der aktuellen, seit 1. September 2018 geltenden Fassung (Fassung durch § 1 des Gesetzes vom 10.7.2018 – GVBl. S. 523).
Hier maßgeblich ist das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO, da es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben der Beigeladenen nicht um einen Sonderbau i.S.v. Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt und auch die Verfahren nach Art. 56 bis 58, 72 und 73 BayBO nicht einschlägig sind, vgl. Art. 55 Abs. 1 BayBO.
a) Nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 1b) BayBO läge eine zum Erfolg der Klage führende Rechtwidrigkeit der Baugenehmigung vor, wenn ein Verstoß gegen das unmittelbar nachbarschützende Abstandsflächengebot nach Art. 6 BayBO gegeben wäre, was indes nicht festgestellt werden kann. Das Wohngebäude selbst ist nicht Gegenstand der Klage, hält die gesetzlichen Abstandsflächen der halben Gebäudehöhe, mindestens 3 m (Art. 6 Abs. 5 und Abs. 6 BayBO) aber auch klar und unbestritten ein.
Die vom Kläger errichtete Stützmauer auf seinem Grundstück entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze ist nach Art. 6 Abs. 9 Nr. 3 BayBO ohne Einhaltung einer Abstandsfläche zulässig. Stützmauern lösen nach Art. 6 Abs. 9 Nr. 3 BayBO in Baugebieten bis zu einer Höhe von 2 m keine Abstandsflächen aus. Sie dürfen auch in den Abstandsflächen eines Gebäudes errichtet werden, sind also auch in der auf dem Vorhabengrundstück übernommenen Abstandsfläche für die Nebengebäude des klägerischen Grundstücks (vgl. Grunddienstbarkeit vom 19.11.1968 zwischen den Rechtsvorgängern des Klägers und des Beigeladenen zur Sicherung der Abstandsflächen) zulässig. Die Höhe der Stützmauer bemisst sich dabei ab der ursprünglichen natürlichen Geländeoberfläche, sofern wie hier kein anderer Höhenbezugspunkt im Bebauungsplan oder im Einzelfall festlegt ist (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 6 Rn. 167 ff). Von der ursprünglich an dieser Stelle bestehenden Geländehöhe aus erreicht die Wand nach den Tekturplänen zur Genehmigung vom 12. Dezember 2018 (Deckblatt vom 2.8.2018) eine Höhe von 1,55 m und bleibt damit unter 2 m. Eine die Mauer überragende Hecke kann nicht mehr unter den Begriff der Stützwand gefasst werden, sodass die optische Erhöhung der „Grenzbefestigung“ durch die Hecke abstandsflächenrechtlich keine Rolle spielt. Eine Hecke stellt auch keine Anlage dar, von der Wirkungen wie von Gebäuden ausgeht, so dass sie auch für sich genommen nicht abstandsflächenpflichtig ist, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO.
Das Gleiche gilt im Ergebnis für die auf der Ostseite zum Kläger hin genehmigten Aufschüttungen auf dem Vorhabengrundstück. Auch diese lösen keine Abstandsflächenpflicht aus und sind in diesen möglich. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs können Erdaufschüttungen im Einzelfall unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Abstandsflächenrechts zwar gebäudegleiche Wirkung haben. Von Bedeutung ist hierbei die Größe der Aufschüttung, ihr Material und die Zweckbestimmung der Abstandsflächen, die in der Gewährleistung von Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz und Wohnfrieden liegt (BayVGH, B.v. 12.11.2001 – 2 ZB 99.3484 – juris Rn.11 ff.). Nach der Wertung, die der Bayerischen Bauordnung zugrunde liegt, sind aber Anlagen und Einrichtungen mit einer Neigung von bis zu 45° belichtungsmäßig hinzunehmen. Dies ergibt sich einerseits aus der Regelung des Art. 6 Abs. 3 Satz 4 BayBO, nach der Dachneigungen bis zu 45° nicht zu einer Erhöhung der Wandhöhe führen und daraus, dass der Abstandsregelung allgemein ein angenommener Lichteinfallswinkel von 45° mit der daraus folgenden Verschattungswirkung zu Grunde liegt (vgl. BayVGH, a.a.O., Simon/Busse, a.a.O., Art. 6 Rn. 106). Im vorliegend zu beurteilenden Fall liegt eine geringere Böschungsneigung als 45 ° vor und geht von der Aufschüttung keine im Vergleich zur Stützmauer oder zum Wohnhaus zusätzliche Verschattungswirkung aus.
Auch der Aspekte des Wohnfriedens ist durch die Böschungsfläche selbst nicht ernsthaft tangiert, da schon die Höhenlage des Wohnhauses selbst zu erhöhten Einblicksmöglichkeiten auf das klägerische Grundstück führt. Die genaue Gestaltung der Böschung ist im Hinblick auf den Wohnfrieden von vollkommen untergeordneter Bedeutung. Ein Betreten der Böschung ist in allen Varianten möglich und zulässig, eine Nutzung von Grünflächen als Terrasse entlang des Hauses und damit ein Heranrücken der Wohnnutzung an die klägerischen Anwesen ist nicht genehmigt und damit derzeit nicht zulässig.
Die von Klägerseite als Belastung im Hinblick auf den Wohnfrieden angeführte Terrasse im nördlichen Grenzbereich der beiden Grundstücke wurde mit den angegriffenen Änderungsgenehmigungen nicht genehmigt und ist zwischenzeitlich, wie der Ortsaugenschein des Gerichts ergeben hat und die Parteien auch übereinstimmend erklärt haben, zum Teil bereits zurückgebaut gebaut worden. Eine Nutzung dieser Fläche als Terrasse kommt damit nicht in Betracht. Einer rechtswidrigen Nutzung als solche wäre gegebenenfalls seitens des Beklagten mit den Mitteln der Art. 75 bzw. Art. 76 BayBO zu begegnen bzw. wäre vom Kläger mit den Mitteln des Privatrechts angreifbar.
b) Der Geländeaufschüttung und der Stützmauer steht auch kein Geh- und Fahrrecht auf diesen Flächen entgegen. Ein solches besteht auf dem Grundstück des Beigeladenen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr. Es ist jedenfalls nicht erkennbar und wurde vom Kläger auch nicht ausreichend aufgezeigt, dass er Berechtigter eines solchen Geh- und Fahrtrechtes entlang seiner Grundstücksgrenze ist. Zwar ist im Bebauungsplan Nr. … ein Geh- und Fahrrecht auf dem Vorhabengrundstück (und dem südlich anschließenden Grundstück) entlang der östlichen Grundstücksgrenze verzeichnet, es spricht jedoch nichts dafür, dass dieses zugunsten der klägerischen Grundstück dort bestand und deshalb informatorisch im Bebauungsplan aufgenommen worden ist oder durch den Bebauungsplan zugunsten des Klägers begründet werden sollte. Aus den in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2019 überreichten Grundbuchauszügen von 1983 ergibt sich ein Geh- und Fahrrecht zu Gunsten der klägerischen Grundstücke nicht. In diesen sind lediglich eine Abstandsflächenübernahme des Grundstücks FlNr. … zugunsten der FlNr. … durch eine Bewilligung aus dem Jahr 1966 sowie Leitungsrechte zu Lasten der FlNr. … eingetragen. Das Vorhabengrundstück ist von all dem nicht tangiert. Anhand der örtlichen Verhältnisse ohne weiteres nachvollziehbar trägt der Beklagte hingegen vor, dass das Geh- und Fahrrecht alleine zugunsten des Eigentümers der FlNr. … bestand und zwischenzeitlich, was aber dahinstehen kann, wohl auch erloschen ist. Beim Grundstück FlNr. … handelt es sich um das im Süden des Baugebiets, südlich des Vorhabengrundstück liegende Grundstück, das vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. … straßenmäßig ohne dieses Geh- und Fahrrecht nicht erschlossen gewesen ist, da es von keiner Seite einen Anschluss an eine öffentliche Straße hatte. Hingegen sind die klägerischen Grundstücke von je her anderweitig, nämlich über die verlängerte H./Straße „…“ und die von dieser abgehenden Stich straße FlNr. … erschlossen und bestand insofern kein Bedürfnis nach einem Geh- und Fahrrecht. Für ein subjektives Recht zugunsten des Klägers spricht somit nichts. Einen entsprechenden näheren Vortrag bzw. einen Nachweis ist der Kläger schuldig geblieben. Im Übrigen wäre ein Geh- und Fahrrecht zugunsten des Beigeladen im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 Satz 1 BayBO wohl nicht zu prüfen.
Um eine Frage der Erschließung oder einen sonstigen bauplanungsrechtlichen Belang i.S.v. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO handelt es sich hier nicht, allenfalls einen bauordnungsrechtlichen, wohl aber nur um einen rein privatrechtlichen Belang, der nach Art. 68 Abs. 4 BayBO ohne Auswirkung ist.
c) Gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … zu Böschungshöhen, Einfriedungen, Geländegestaltungen und Bepflanzungen hat der Beigeladene entweder nicht verstoßen oder liegt jedenfalls nur ein Verstoß gegen objektives Recht vor, auf dessen Einhaltung sich der Kläger nicht berufen kann. Die Nichteinhaltung einer solchen Festsetzung stellt keine Rechtsverletzung für ihn als Nachbarn dar.
Die Festsetzungen eines Bebauungsplans entfalten mit Ausnahme der Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung nicht generell und nicht schon kraft Gesetzes, sondern nur ausnahmsweise nachbarschützende Wirkung, da ein Bebauungsplan grundsätzlich ausschließlich im öffentlichen Interesse liegende Festsetzungen zur städtebaulichen Ordnung trifft. Drittschutz zu Gunsten eines Nachbarn bzw. eines abgrenzbaren Personenkreises kommt Festsetzung eines Bebauungsplan nur zu, wenn dies von der planenden Gemeinde beabsichtigt war und sich diese Absicht mit hinreichender Deutlichkeit im Wege der Auslegung dem Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung objektiv entnehmen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1991 – 4 B 137/91 – juris). Dies ist hier für die in Frage stehenden Festsetzungen nicht der Fall.
Die Festsetzung 2.4.2, nach der eine terrassenförmige Ausbildung von Böschungen und eine Böschungshöhe von max. 1,50 m vorgeschrieben ist und senkrechte Abtreppungen untersagt sind, entfaltet nach dem erkennbaren Willen des Normgebers keinen Schutz zu Gunsten von Anwohnern, schon gar nicht zu Gunsten des Klägers als Grundstücksnachbarn außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 14. Die von der Beklagten erteilte Befreiung von dieser Festsetzung verletzt den Kläger unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen, damit nicht in seinen Rechten. Aus den Festsetzungen des Bebauungsplans selbst ergeben sich keinerlei Hinweise auf einen nachbarschützenden Charakter dieser Regelungen. In der Begründung zum Bebauungsplan findet sich unter „7. Städtebauliche Konzeption und Gestaltung“ demgegenüber der Hinweis auf die exponierte Lage des Baugebietes, die plantechnische Festsetzungen notwendig mache, auf das abwechslungsreiche Erscheinungsbild des Gebietes mit schützenswertem Baumbestand, der in das städtebauliche Konzept integriert werde und auf weitere Gestaltungselemente. Unter „8. Bebauung, Höhenlage“ wird Bezug genommen auf die Kuppenlage des Baugebiets in Nord-Süd-Ausrichtung, das Einfügen des Baugebiets in die Landschaft und die Fernwirkung des Baugebietes, mithin auf Umstände des Orts- und Landschaftsbildes als Hintergrund der Festsetzungen. Individualbelange sind hingegen nicht angesprochen, sodass von einer nachbarschützenden Intention der Festsetzungen nicht ausgegangen werden kann.
Gegen die in 2.4.2 und gleichermaßen in 2.4.4 vorgeschriebene max. Böschungsneigung von 1:2 verstößt die genehmigte Geländegestaltung nicht. Die maximal zulässige Neigung wird eingehalten. Auch die in 2.4.4 angesprochene Standsicherheit von baulichen Anlagen auf dem Klägergrundstück ist nicht bedroht – allenfalls dient die Stützmauer auf dem Beigeladenengrundstück der Standsicherheit der älteren Mauer und der dahinter befindlichen Anlagen und des Geländes auf dem Grundstück des Klägers -, so dass dahinstehen kann, ob der Auflage 2.4.4 aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf Nachbargrundstücke anders als 2.4.2 Drittschutz zukommt.
Offen bleiben kann auch, ob den Festsetzungen 2.5.2 und 2.5.3 Nachbarschutz zukommt, da auch insoweit jedenfalls kein Verstoß des Bauvorhabens vorliegt. Der Regelungsgegenstand von 2.5.2 und 2.5.3 sind Einfriedungen. Einfriedungen dienen vom Wortsinn her im Gegensatz zu Stützmauern, die eine technische, stabilisierende Funktion haben, der Abgrenzung eines Grundstücks von einem anderen Grundstück. Eine Einfriedung kann dabei auch durch Zäune und Bewuchs erfolgen und erfolgt nicht zwingend durch Mauern. Es ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Begriff vom Markt … im Bebauungsplan Nr. … bewusst in diesem Sinne verwendet wurde und Stützmauern und Aufschüttungen, die der Standsicherheit und Sicherung eines abschüssigen Geländes dienen, nicht hierunter fallen. Dass die errichtete Mauer in der Höhe über die für die Stützmauerfunktion notwendige Höhe hinaus (und zumindest im oberen Teil Einfriedungsfunktion hat), kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Zum einen ist sie nur unwesentlich höher als die baufällige Einfriedungsmauer auf den Grundstücken des Klägers, die gestützt werden soll, zum anderen liegt die Erdbodenplatte des Wohnhauses des Beigeladenen in etwas auf der Höhe des Mauerabschlusses. Die Überschreitung der in 2.5.2. genannten Höhe von 1,50 m stellt damit keinen Verstoß gegen den Bebauungsplan dar. Auch der hinter der Stützmauer vorgesehenen Hecke kommt keine Einfriedungsfunktion zu. Die Anpflanzung stellt vielmehr den naturschutzrechtlichen Ausgleich für die eigentlich zu erhalten gewesene, aber nicht mehr vorhandene Hecke an dieser Stelle dar und ist Forderung des Marktes … an den Beigeladenen. Sie wird vom Beigeladenen nicht freiwillig errichtet. Auch insoweit liegt von der Funktion der Hecke keine Einfriedung vor.
d) Schließlich kann das Gericht auch keinen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche, in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und § 31 Abs. 2 BauGB verankerte Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme unter Nachbarn feststellen (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 8.7.1988 – 4 B 64.98 – juris). Die erteilten (Änderungs-)Baugenehmigungen beeinträchtigen nach der Überzeugung des Gerichts, wie es diese aufgrund des Ortsaugenscheins gewonnen hat, den Kläger nicht in unzumutbarer bzw. rücksichtsloser Art und Weise.
Nach gefestigter Rechtsprechung hängt das Maß der gebotenen Rücksichtnahme jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind dabei die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar bzw. unzumutbar ist. Feste Regeln lassen sich insoweit nicht aufstellen. Erforderlich ist eine Gesamtschau der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen (BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris Rn. 7 m.w.N.). Gemessen hieran stellen sich weder die Böschung mit Stützmauer noch der „Weg 2“ auf der Ostseite und erst recht nicht die Änderungen im Bereich der südlichen Terrasse, die nicht zu den klägerischen Anwesen hin ausgerichtet ist, als unzumutbar dar.
Der Mauer und Böschung auf der Ostseite kommt nach der Beurteilung der Kammer insbesondere keine erdrückende Wirkung zu. Eine derartige Wirkung misst die Rechtsprechung Baukörpern nur im Ausnahmefall dann bei, wenn in Volumen und Höhe „übergroße“ Baukörper in nur geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden errichtet werden. Bejaht wurde eine solche Wirkung beispielsweise bei einem zwölfgeschossigem Gebäude in Entfernung von 15 m zu einem zweigeschossigen Nachbarwohnhaus (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 33 f.) oder bei einer 11,5 m hohen Siloanlage im Abstand von 6 m zu einem Wohnanwesen (BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris Rn. 2 und 15). Anhand der Beispiele wird deutlich, dass es für die Rüge einer erdrückenden Wirkung auf ein deutliches Missverhältnis zwischen Höhe und Abstand der jeweils betroffenen Gebäude ankommt, was vorliegend nicht der Fall ist. Eine erdrückende Wirkung scheidet regelmäßig aus, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsfläche – wie hier, vgl. Ausführungen oben – eingehalten sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 41).
Zu berücksichtigen ist hier insbesondere, dass die klagegegenständlichen Anlagen sich an dem mit Bescheid vom 19. Juli 2017 genehmigten Wohnhauses des Beigeladenen und der vorgefundenen Höhenlage des Geländes ausrichten müssen. Angesichts der Geländeverhältnisse im Baugebiet hätte das Wohnhaus anders auch kaum errichtet werden können. Es wurde ebenerdig zur Erschließungsstraße auf der Westseite errichtet, die Erdbodenplatte ragt aufgrund der Kuppenlagen des Grundstücks im Osten damit zwangsläufig über das natürliche Gelände hinaus. Eine Rücksichtlosigkeit ist damit in Bezug auf die Situierung des Wohnhaues und seiner Nebenanlagen und Geländeveränderungen nicht erkennbar.
Von der Pflasterung rund ums Gebäude und der Geländegestaltung gehen als solches ohnehin keine nennenswerte Belastung für den Kläger aus. Zu Terrassenzwecken ist der „Weg 2“ aufgrund der geringen Breite nicht geeignet und auch nicht genehmigt. Die Stützmauer und die Geländeveränderung belasten den Kläger subjektiv wohl auch weniger aufgrund der Höhe der Anlagen selbst. Die derzeit bestehende Mauer auf den Grundstücken des Klägers wird durch die Stützmauer schließlich kaum überragt. Selbst wenn der Kläger vor hat, diese Mauer langfristig zu beseitigen, so fällt der derzeitige Zustand als im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Vorbelastung ins Gewicht. Das Gleiche gilt für die seit langer Zeit bestehenden Nebenanlagen auf dem klägerischen Grundstücken, die einen freien Blick auf das Vorhabengrundstück seit geraumer Zeit verhindern. Das südliche Wohnhaus des Klägers (FlNr. …) ist im Bereich seiner Eingangstüre (Nordseite) hofähnlich zu allen Seiten mit eigenen Nebengebäuden umschlossen. Ein zusätzlicher Einmauerungseffekt für diesen Hofbereich mit Terrasse geht vom Vorhaben des Beigeladenen damit nicht aus, ebenso wenig werden Einblicke in diesen Bereich geschaffen. Vielmehr riegeln die eigenen Nebengebäude das Anwesen vor Blicken und Besonnung aus Westen bereits nahezu vollständig ab. Das gleiche gilt im Wesentlichen für das nördlich liegende klägerische Grundstück FlNr. … Auch hier verhindern die vorhandene Einfriedungsmauer und das Garagengebäude weitgehend den Einblick in den Hofbereich südlich des Wohnhauses und den Eindruck der Einmauerung durch die Stützmauer und das Gelände. Die Mauer und die Aufschüttung und die damit geschaffene Gartenfläche auf dem Vorhabengrundstück erzielen lediglich im äußerten westlichen Bereich der klägerischen Grundstücke, also vom Gemüsegarten aus und in dem schmalen Bereich hinter den Nebengebäuden (genutzt weitgehend als Abstellfläche) die Wirkung einer gewissen Massivität. Dies ist vom Kläger als weniger gravierend aber hinzunehmen, zumal das Bedürfnis für die Stützmauer gerade auch durch das klägerische Grundstück mit seiner baufälligen Mauer und der Entwässerung der Dachflächenwasser in Richtung Vorhabengrundstück bedingt war.
Eine naturnahe oder bestimmte ästhetische Gestaltung des Nachbaranwesens kann über das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot grundsätzlich nicht beansprucht werden. Dass der Beigeladene in rechtswidriger Weise immer wieder erst baurechtliche Fakten geschaffen hat, ist ein Umstand, der von der Bauaufsichtsbehörde im Wege von Zwangs- und Ordnungsmitteln anzugehen ist, gewährt aber dem Nachbarn im hier zu beurteilenden Genehmigungsverfahren keine andere Position.
Nachdem nachbarschützende Belange nicht verletzt wurden, war die Klage somit abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem sich der Beigeladene durch eigenen Antrag am Verfahren beteiligt hat und sich damit dem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass ihm seine außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ersetzt werden.
Die vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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