Baurecht

Baugenehmigung für Nutzungsänderung einer Warenhausgaststätte in eine selbständige Gaststätte

Aktenzeichen  M 8 K 18.3139

Datum:
21.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 29659
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 47 Abs. 1 S. 2, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1, Art. 80 Abs. 4, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4
BayBauVorlV § 9
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bauvorlagen sind unvollständig, wenn mangels Vorlage einer vollständigen Betriebsbeschreibung nicht abschließend geprüft werden kann, ob der erforderliche Stellplatznachweis geführt wurde. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen aus Gründen des Bestandsschutzes sind Stellplätze (nur) in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die (Nutzungs-)Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage auf Verpflichtung der Beklagten, den Klägern unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Mai 2018 die beantragte Baugenehmigung nach Plannr. … zu erteilen, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen am 19. Mai 2014 beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Ebenso wenig haben sie einen Anspruch auf Neuverbescheidung ihres Bauantrags vom 19. Mai 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), da die Sache spruchreif ist. Die Ablehnung des Bauantrags der Kläger ist zu Recht erfolgt.
1. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) ist eine Baugenehmigung zu erteilen und hat der Bauherr dementsprechend grundsätzlich auch einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, d.h., wenn das Bauvorhaben genehmigungspflichtig und -fähig ist.
a) An der baurechtlichen Genehmigungspflichtigkeit der vorliegend geplanten Nutzungsänderung einer als Warenhausgaststätte mit auf die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten beschränkten Betriebszeiten genehmigten Gaststätte in eine vom Warenhaus unabhängige und eigenständig nutzbare Schank- und Speisewirtschaft mit Betriebszeiten nach der Sperrzeitverordnung gemäß Art. 55 Abs. 1 Halbsatz 1 BayBO besteht – auch nach Ansicht der Beteiligten – kein Zweifel.
b) Jedoch ist die nach den Feststellungen beim gerichtlichen Augenschein bereits vollzogene Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig. Dies ist unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Nutzungsänderung jedenfalls durch die Unvollständigkeit der Bauvorlagen sowie den – auch deshalb – fehlenden ordnungsgemäßen Nachweis der für die geänderte Nutzung erforderlichen Stellplätze bedingt.
aa) Ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 59 BayBO oder Art. 60 BayBO setzt zunächst voraus, dass das zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben bzw. die zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) am Maßstab der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden kann. Denn Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 75 ). Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten und sonstige Unrichtigkeiten in den eingereichten Bauvorlagen gehen daher zu Lasten des Bauherrn (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ). Vor diesem Hintergrund darf, wenn sich bei der Prüfung durch die Behörde herausstellt, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, die Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57; B.v. 16.5.2018 – M 8 E 18.1233 – juris Rn. 32). Entgegen der der Klageerwiderung zu entnehmenden Ansicht der Beklagten berechtigen unvollständige Bauvorlagen die Bauaufsichtsbehörde nicht (nur) gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO zur Ablehnung des Bauantrags; vielmehr ist sie hierzu gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO verpflichtet. Ebenso wenig darf die Behörde auf eine Klage des Bauherrn hin zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet werden, wenn es an einem prüffähigen Bauantrag fehlt (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ; BayVGH, B.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – juris Rn. 9).
Vorliegend sind die Bauvorlagen mangels Vorlage einer vollständigen Betriebsbeschreibung im Sinne von § 9 Satz 1 BauVorlV, aus der auch die konkret geplanten Öffnungszeiten der vom Kaufhaus unabhängigen Schank- und Speisewirtschaft hervorgehen, unvollständig, da ohne dahingehende Angaben nicht abschließend geprüft werden kann, ob der gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO i.V.m. der Satzung der Beklagten über die Ermittlung und den Nachweis von notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (Stellplatzsatzung) vom 19. Dezember 2007 (MüABl. Sondernummer 1, S. 1) erforderliche Stellplatznachweis geführt wurde. Denn nur soweit sich die Öffnungszeiten der vom Betrieb des Warenhauses verselbständigten Gaststätte nicht – auch nicht teilweise – mit denjenigen des Kaufhauses überschneiden, können die für das Kaufhaus erforderlichen bzw. nachgewiesenen Stellplätze, wie von den Klägern im Rahmen ihrer Ausführungen zur Deckung des Stellplatzbedarfs vorgesehen, auch zur Deckung des durch die Gaststättennutzung ausgelösten Stellplatzbedarfs herangezogen werden. Nur unter der Voraussetzung sich (gar) nicht überschneidender Öffnungszeiten kann die von den Klägern geltend gemachte Wechselnutzung der Stellplätze zwischen Kaufhaus und Schank- und Speisewirtschaft vorliegen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist mangels Angaben zu den Öffnungszeiten der streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft in den Bauvorlagen nicht feststellbar. In dem im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Brandschutznachweis sind Ausführungen hierzu nicht enthalten. Unabhängig davon, dass die Beklagte die damals bereits anwaltlich vertretenen Kläger in ihrem Schreiben vom 6. April 2018 gerade im Zusammenhang mit der Erläuterung des fehlenden Stellplatznachweises darauf hingewiesen hat, dass dem Bauantrag keine detaillierte Betriebsbeschreibung beiliege, kommt es auf die Frage, ob die Beklagte im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet gewesen wäre, die Kläger gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBO ausdrücklich zur Ergänzung der aus ihrer Sicht unvollständigen Bauvorlagen aufzufordern, im Rahmen der vorliegenden Verpflichtungsklage nicht an. Auch die Verletzung einer dahingehenden Pflicht änderte nichts an der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehlenden Bescheidungsfähigkeit des von den Klägern gestellten Bauantrags (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2010 – 15 ZB 08.1428 – juris Rn. 24; OVG Münster, B.v. 13.4.2011 – 7 A 892/10 – juris Rn. 7). Schließlich war die Beklagte, obgleich sie auch Rechtsträgerin der für die gaststättenrechtliche Erlaubnis zuständigen Behörde ist, nach der in Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO vorgesehenen Aufgabenverteilung nicht verpflichtet, eventuelle Angaben der Kläger bzw. ihres Pächters zu den Öffnungszeiten der Gaststätte in dem vom Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich unabhängigen gaststättenrechtlichen Verfahren zu ermitteln. Schließlich ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass aus der Bearbeitung und Prüfung des Bauantrags durch die Beklagte nicht zwangsläufig auf die Vollständigkeit der Bauvorlagen geschlossen werden kann, was umso mehr gilt, wenn der Antrag wie vorliegend abgelehnt wird.
bb) Selbst wenn man die von der Beklagten durch eine Internetrecherche ermittelten, die im klägerischen Schriftsatz vom 15. Juli 2019 angegebenen bzw. die zum Zeitpunkt des gerichtlichen Augenscheins dem Schild an dem zur streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft führenden Eingang zum Gebäude …platz 3 zu entnehmenden bzw. die vom Pächter der streitgegenständlichen Räumlichkeiten im Rahmen des Augenscheins angegebenen Öffnungszeiten, die jeweils voneinander abweichen, zugrunde legt, wurde der gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO i.V.m. Stellplatzsatzung der Beklagten vom 19. Dezember 2007 erforderliche Stellplatznachweis für die zur Genehmigung gestellte Gaststätte nicht geführt. Aufgrund der werktags (inklusive samstags) bereits um 11:00 Uhr bzw. 15:00 Uhr bzw. jedenfalls 17:00 Uhr beginnenden Betriebszeit der streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft überlappen sich deren Öffnungszeiten mit den auf die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten beschränkten Öffnungszeiten des Kaufhauses am …, auch wenn man davon ausgeht, dass dieses den gesetzlichen Rahmen insoweit nicht ganz ausschöpft und an Werktagen (inkl. Samstag) bereits um 19:30 Uhr schließt. Insofern liegen, wie erläutert, die Voraussetzungen einer Wechselnutzung der Stellplätze zwischen Kaufhaus und Schank- und Speisewirtschaft nicht vor.
aaa) Gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO sind bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen aus Gründen des Bestandsschutzes (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2004 – 20 B 03.2531 – juris Rn. 19; U.v. 10.6.2016 – 2 B 16.733 – juris Rn. 19; U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 27) Stellplätze (nur) in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die (Nutzungs-)Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. Insofern ist der durch die (Nutzungs-)Änderung verursachte Mehrbedarf zu ermitteln. Dieser ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage (sog. „Sollbedarf“) und dem Stellplatzbedarf des genehmigten bzw. materiell rechtmäßigen und rechtmäßig genutzten Altbestandes (zur Maßgeblichkeit des formell oder zumindest materiell rechtmäßigen Altbestands vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2004 – 20 B 03.2531 – juris Rn. 19; B.v. 11.11.2002 – 2 ZB 02.2472 – juris Rn. 3 ff.; U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 24; U.v. 10.6.2016 – 2 B 16.733 – juris Rn. 20). Dabei ist bei der rechnerischen Ermittlung des Bedarfs auch im Hinblick auf den Altbestand auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Bauantrag bzw. der (letzten) mündlichen Verhandlung, abzustellen (vgl. BayVGH, U.v. 25.5.2000 – 2 B 98.379 – juris Rn. 22; U.v. 10.6.2016 – 2 B 16.733 – juris Rn. 17 und19; U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 24 und 27). Für die Ermittlung des konkreten Stellplatzbedarfs ist daher vorliegend die Stellplatzsatzung der Beklagten vom 19. Dezember 2007 maßgeblich.
Die Zahl der notwenigen Stellplätze bemisst sich gemäß § 2 Abs. 1 StPlS nach den Stellplatzschlüsseln in der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung. Unter Heranziehung dieser Schlüssel erfolgt die Ermittlung des Stellplatzbedarfs getrennt nach den jeweiligen Nutzungsarten (§ 2 Abs. 4 StPIS) sowie gesondert für jede Nutzungseinheit (§ 2 Abs. 5 Satz 1 StPlS), wobei sich rechnerisch ergebende Bruchteile zu runden sind (§ 2 Abs. 6 Satz 1 StPIS) (vgl. auch BayVGH, U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 24). Dabei sind gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 StPlS betrieblich erforderliche Nebennutzungen der Hauptnutzung zuzuordnen, wobei Nebennutzungen nur dann einen Stellplatzbedarf auslösen können, wenn sie unter eine der Nutzungsarten in Anlage 1 der Stellplatzsatzung der Beklagten subsumiert werden können (vgl. BayVGH, U.v. 10.6.2016 – 2 B 16.733 – juris Rn. 22). Die sich insofern ergebende Stellplatzzahl ist sodann gegebenenfalls gemäß § 3 Abs. 1 oder 2 StPIS im Fall von Nichtwohnnutzungen zu reduzieren. Sich hierbei ergebende Bruchteile sind erneut zu runden (vgl. § 3 Abs. 3, § 2 Abs. 6 StPIS) (vgl. zum Berechnungsmodus insgesamt BayVGH, U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 24). Der Mehrbedarf im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO ergibt sich aus der Differenz zwischen dem so ermittelten Sollbedarf und dem so errechneten Bedarf des Altbestands (zur Zulässigkeit der Anwendung von § 3 StPlS bei der Berechnung des Bedarfs des Altbestands und des Sollbedarfs und der anschließenden Bildung der Differenz aus den sich dabei ergebenen Werten vgl. BayVGH, U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 25; VG München U.v. 18.11.2013 – M 8 K 12.5712 – juris Rn. 35; U.v. 18.1.2016 – M 8 K 14.2445 – juris Rn. 46, 50, 52; U.v. 15.1.2018 – M 8 K 16.2312 – juris Rn. 38 ff.).
bbb) Unter Anwendung dieses Maßstabs ergibt sich vorliegend Folgendes: Die streitgegenständlichen Räumlichkeiten im dritten Obergeschoss des Gebäudes …platz 3 wurden mit Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 als Kaufhausgaststätte und insofern als Teil eines Ladens genehmigt. Dabei war laut damaligem Baueingabeplan und damaligem Stellplatznachweis eine Restaurationsfläche von insgesamt 290 m2 vorgesehen, wobei das damals genehmigte Kaufhaus unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen insgesamt eine Verkaufsnutzfläche im Sinne von Ziffer 3.1 bzw. 3.2 der Anlage 1 der Stellplatzsatzung von mehr als 400 m2 aufwies. Insofern ergibt sich für die als Teil eines Kaufhauses genehmigten Restaurationsflächen gemäß Ziffer 3.2 und § 2 Abs. 6 StPlS ein Bedarf von zehn Stellplätzen (1 Stellplatz je 30 m2 Verkaufsnutzfläche). Da gemäß Ziffer 3.2 und den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen bei der Berechnung des Stellplatzbedarfs eines Ladens nur die Verkaufsnutzfläche, d.h. alle dem Kundenverkehr dienenden Räume, anzusetzen ist/sind, und infolgedessen auch nur für den Kunden zugängliche Bewegungsflächen innerhalb von Räumen anzurechnen sind, sind die mit Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 für die Kaufhausgaststätte genehmigte Küche und die mit einer Tür von der Restaurationsfläche abgetrennte Ausgabe bei der für den Stellplatzbedarf maßgeblichen Fläche nicht anzusetzen. Die Küche kann – schon begrifflich – auch nicht mit einer nach den Maßgaben der aktuell geltenden Stellplatzsatzung der Beklagten grundsätzlich stellplatzrelevanten Lagerfläche gleichgesetzt werden. Dass dies in der der Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 zugrunde liegenden Stehplatzberechnung möglicherweise anders gesehen wurde, ist aufgrund der Maßgeblichkeit der aktuellen Rechtslage nicht relevant. Flächen für die Erschließung der Räumlichkeiten, insbesondere Flure, und Flächen für sanitäre Anlagen sind nach den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen ebenso wenig in die Verkaufsnutzfläche einzubeziehen. Anderes gilt nur für Lagerflächen, die gemäß Ziffer 9.2 auch unter eine Nutzungsart der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung der Beklagten subsumiert werden können. Insofern sind der mit Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 genehmigte Vorratsraum und der Kühlraum mit einer Gesamtgröße von 12 m² nach der aktuellen Stellplatzsatzung der Beklagten grundsätzlich als stellplatzrelevant anzusehen ist (vgl. BayVGH, U.v. 10.6.2016 – 2 B 16.733 – juris Rn. 22; VG München, U.v. 22.4.2013 – M 8 K 12.4672 – juris Rn. 33; a.A. BayVGH, U.v. 25.5.2000 – 2 B 98.379 – juris Rn. 23). Allerdings bleibt gemäß der Fußnote 1 zu Ziffer 3 der Anlage 1 der Stellplatzsatzung eine einem Laden zugeordnete Lagerfläche bis 20% der Verkaufsnutzfläche ohne Anrechnung, sodass diese Lagerflächen bei der Stellplatzberechnung vorliegend nicht zu berücksichtigen sind. Aufgrund der Lage des Grundstücks …platz 3 im Geltungsbereich der Zone II im Sinne der Anlagen 2-7 der Stellplatzsatzung der Beklagten sind gemäß § 3 Abs. 1 lit. b StPlS für das Kaufhausrestaurant nur 75% der nach § 2 der Satzung ermittelten, gerundeten Zahl an Stellplätzen und damit vorliegend lediglich acht Stellplätze nachzuweisen.
Für die zur Genehmigung gestellte Nutzung des bisherigen Kaufhausrestaurants als selbstständige, vom Kaufhaus unabhängige Schank- und Speisewirtschaft ist der Stellplatzschlüssel nach Ziffer 6.1 der Anlage 1 StPlS. Demnach bedarf es eines Stellplatzes je 10 m² Gastraumfläche. Die vorliegend zur Genehmigung gestellte Gaststätte weist unter Berücksichtigung der Erläuterungen in der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen eine Gastraumfläche von insgesamt 327,59 m² auf, da die als „Ausgabe“ bezeichnete Fläche, wie im Augenschein festgestellt werden konnte, als Theke genutzt wird und der Thekenbereich mit einer Größe von 17,89 m² nach den Erläuterungen der Stellplatzsatzung zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen zu den mit „Gastraum“ bezeichneten Flächen mit einer Größe von 228,08 m² und 81,62 m² hinzuzurechnen ist. Daraus ergibt sich unter Anwendung des Stellplatzschlüssels nach Ziffer 6.1 StPlS ein Stellplatzbedarf von gerundet 33 Stellplätzen. Zudem ist in dem zur Genehmigung gestellten Plan ein der Schank- und Speisewirtschaft zugeordnetes Lager mit einer Größe von 4,33 m² vorgesehen, das gemäß den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen gemäß Ziffer 9.2 der Anlage 1 StPlS in Verbindung mit § 2 Abs. 6 Satz 2 StPlS einen Bedarf von einem weiteren Stellplatz auslöst, weil die Lagernutzung als Nebennutzung unter eine der in Anlage 1 der Stellplatzsatzung aufgeführten Nutzungsarten subsumiert werden kann. Die Flächen für die Küche, den Spülbereich, den Flur zu den Toiletten und die Toiletten selbst sind dagegen mangels Subsumierbarkeit unter eine der in Anlage 1 zur Stellplatzsatzung aufgeführten Nutzungsarten bzw. nach den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen nicht stellplatzrelevant (vgl. zur fehlenden Stellplatzrelevanz von Erschließungsflächen und Sanitärbereichen auch VG München, U.v. 22.4.2013 – M 8 K 12.4672 – juris Rn. 33). Gemäß § 3 Abs. 1 lit. b StPlS sind für die zur Genehmigung gestellte, vom Kaufhaus unabhängige Schank- und Speisewirtschaft wiederum nur 75% der nach § 2 der Satzung ermittelten, gerundeten Zahl an Stellplätzen und damit vorliegend lediglich 26 Stellplätze nachzuweisen.
Insofern ergibt sich für die zur Genehmigung gestellte Nutzung der Räumlichkeiten im dritten Obergeschoss des Gebäudes …platz 3 ein zusätzlicher Stellplatzbedarf von 18 Stellplätzen (zur Anwendung der Ermäßigungsregeln des § 3 StPlS auf die jeweilige Berechnung des Stellplatzbedarfs des Altbestands und des Sollbestands und der anschließenden Bildung der Differenz der beiden ermittelten Werte BayVGH, U.v. 2.5.2018 – 2 B 18.458 – juris Rn. 25; VG München, U.v. 18.11.2013 – M 8 K 12.5721 – juris Rn. 35; U.v. 18.1.2016 – M 8 K 14.2445 – juris Rn. 46, 50, 52, U.v. 15.1.2018 – M 8 K 16.2312 – juris Rn. 38 ff.). In den vorgelegten Bauvorlagen ist jedoch nicht nachgewiesen, wie dieser in den in Art. 47 Abs. 3 BayBO bzw. § 4 Abs. 1 und Abs. 4 StPlS vorgesehenen Formen gedeckt werden soll.
Soweit die Kläger die Verpflichtung zum Nachweis von zusätzlichen Stellplätzen insbesondere in so hoher Zahl aufgrund der zumindest bei Annahme von Öffnungszeiten der zur Genehmigung gestellten Schank- und Speiswirtschaft erst ab 17:00 Uhr relativ geringen Überlappung mit den Öffnungszeiten des Kaufhauses für unverhältnismäßig erachten, hätte es ihnen offen gestanden, unter Darlegung der Besonderheiten des Einzelfalls eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO zu beantragen. Schon mangels dahingehenden Antrags scheidet ein Anspruch auf Erteilung einer solchen, grundsätzlich im Ermessen der Beklagten stehenden Abweichung aus; ebenso wenig kann insoweit ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Sinn von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestehen. Mangels objektiv belegbarer Umstände zum tatsächlichen An- und Abfahrtsverkehr zur streitgegenständlichen Gaststätte und insbesondere dessen zeitlicher Verteilung auf die ebenfalls nicht in bestimmter Weise angegebenen Öffnungszeiten ist auch kein Fall des § 2 Abs. 2 Satz 1 StPlS ersichtlich.
2. Ferner vermag vorliegend auch keine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) einen von den Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO unabhängigen Anspruch der Kläger auf Erteilung der Genehmigung ihres Bauantrags vom 19. Mai 2014 zu vermitteln. Soweit die Kläger vortragen, dass das Kreisverwaltungsreferat der Beklagten der Lokalbaukommission der Beklagten im Rahmen des gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahrens in einer E-Mail vom 26. Mai 2014 mitgeteilt habe, dass nach einer summarischen Prüfung der Bauantragsunterlagen einer widerruflichen Konzessionierung (in gaststättenrechtlicher Hinsicht) nichts im Wege stehe, und dies in einer weiteren E-Mail vom 12. August 2018 unter Hinweis auf noch bestehende kleine Mängel des Bauantrags wiederholt wurde, ist darin nicht nur mangels der von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gebotenen Schriftform im Sinne von Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG bzw. der stattdessen ebenfalls möglichen elektronischen Form im Sinne von Art. 3a Abs. 2 Satz 1 und Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG – eine einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur genügt hierfür nicht (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 38 Rn. 60) – keine wirksame Zusicherung zu sehen. Vielmehr fehlt es bei den die rein interne Kommunikation zwischen den Behörden der Beklagten betreffenden E-Mails offensichtlich auch an einem Bekanntgabewillen dieser Äußerungen gegenüber den Klägern, sodass diese diesen gegenüber nicht – wie für eine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG geboten – wirksam werden konnte und geworden ist (vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Unabhängig davon ist den zitierten Äußerungen der Lokalbaukommission der Beklagten lediglich zu entnehmen, dass diese keine Bedenken gegen eine widerrufliche gaststättenrechtliche Konzessionierung der streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft hatte. Eine abschließende Äußerung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des am 19. Mai 2014 gestellten Bauantrags für die Nutzungsänderung der Kaufhausgaststätte im dritten Obergeschoss des Anwesens …platz 3 und erst Recht ein für eine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG erforderlicher Rechtsbindungswille der Beklagten gegenüber den Klägern im Hinblick auf die Erteilung der von diesen begehrten Baugenehmigung (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2016 – 4 B 25/15 – juris Rn. 13; Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 38 Rn. 23 m.w.N.) ergeben sich daraus jedoch nach dem Wortlaut und auch den Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch nicht.
Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass eine gaststättenrechtliche Genehmigung im Verhältnis zur Baugenehmigung keine Bindungswirkung entfaltet. Vielmehr stehen das Baugenehmigungsverfahren und das gaststättenrechtliche Erlaubnisverfahren grundsätzlich unabhängig nebeneinander, sodass das Vorliegen einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis nichts an der formellen und/oder materiellen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens ändert und daher auch keine Aussage zur baurechtlichen Genehmigungsfähigkeit trifft (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2000 – 2 ZB 00.723 – juris Rn. 3).
3. Schließlich besteht kein auch von den Voraussetzungen des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG unabhängiger, allein aus dem Vertrauen der Kläger auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung abgeleiteter Anspruch der Kläger auf Erteilung derselben. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Unabhängig davon hat sich die Beklagte während der zweifelsfrei sehr langen Dauer des Baugenehmigungsverfahrens gegenüber den Klägern lange Zeit überhaupt nicht zur Genehmigungs(un) fähigkeit des Bauantrags vom 19. Mai 2014 geäußert. Damit hat sie ebensowenig Anknüpfungspunkte für ein schutzwürdiges Vertrauen auf Erteilung der Genehmigung wie Anhaltspunkte für eine Ablehnung des Bauantrags geschaffen. Zudem wurde ein möglicherweise ohne Anknüpfungspunkte entwickeltes und insofern ohnehin nicht schutzwürdiges Vertrauen auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung jedenfalls durch die Aufklärungsschreiben der Beklagten vom 8. Februar 2018 sowie vom 6. April 2018, in denen die Beklagte die fehlende Genehmigungsfähigkeit der zur Genehmigung gestellten Nutzungsänderung ausführlich dargelegt hat, zerstört.
Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.
III.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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