Baurecht

Bebauungsplan, Gemeinde, Bebauung, Bebauungszusammenhang, Revision, Wohnbebauung, Innenbereich, Festsetzung, Hinterlegung, Nutzung, Interessenausgleich, Vergleich, Landwirtschaft, Landschaftsbild, landwirtschaftliche Nutzung, Kosten des Verfahrens, Eindruck der Geschlossenheit

Aktenzeichen  2 N 20.1181

Datum:
23.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51026
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Senat kann über den Antrag ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten darauf verzichtet haben (§ 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
Der zulässige Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO bleibt ohne Erfolg. Die fehlerhafte Bekanntmachung des Bebauungsplans wurde geheilt. Der verfahrensgegenständliche Bebauungsplan ist erforderlich (§ 1 Abs. 3 BauGB) und die Antragsgegnerin hat die vorliegend geltend gemachten abwägungserheblichen Belange fehlerfrei ermittelt, bewertet und abgewogen (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB).
1. Der Bebauungsplan wurde ursprünglich nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht, weil sein Geltungsbereich in der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses fehlerhaft dargestellt wurde (§ 10 Abs. 3 BauGB). Die Antragsgegnerin hat jedoch die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses zum Bebauungsplan „U. H2. Straße“ sowie zur vierten Änderung des Bebauungsplans „W. … R. …“ i.d.F. vom 5. März 2019 in der ortsüblichen Form mit der Bekanntmachung vom 6. April 2021 wiederholt. In dieser Neubekanntmachung wurde der räumliche Geltungsbereich in dem abgebildeten Lageplan zutreffend dargestellt. Damit wurde der von der Antragstellerin gerügte Mangel geheilt (§ 10 Abs. 3 i.V.m. § 214 Abs. 4 BauGB). Dies ist auch während eines Normenkontrollverfahrens zulässig und hat keine Änderung des Verfahrensgegenstands zur Folge (vgl. OVG Saarland, U.v. 12.3.2009 – 2 C 312/08 – juris).
2. Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans folgt nicht aus einer fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB. Ob ein Bauleitplan erforderlich ist, richtet sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, der insoweit ein weites Planungsermessen zukommt, innerhalb dessen sie ermächtigt ist, eine Städtebaupolitik entsprechend ihren städtebaulichen Vorstellungen zu betreiben (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – BayVBl 2000, 23). Die Gemeinde ist demnach planungsbefugt, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche allgemeine Belange ins Feld führen kann. Was die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erfordert, ist nicht allein aus räumlichen Gegebenheiten sowie nach allgemeinen Grundsätzen oder sonstigen abstrakten Vorgaben zu bestimmen.
Vielmehr legt die Gemeinde kraft ihrer Planungshoheit und planerischen Gestaltungsfreiheit selbst fest, welche städtebauliche Konzeption mit der Planung verfolgt wird. Der Begriff der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung wird durch die politische Willensentscheidung der Gemeinde ausgefüllt.
a) Die Antragstellerin macht geltend, dass die Schaffung von Rechtsklarheit hinsichtlich der Einordnung eines Gebiets als Innen- oder Außenbereich kein städtebaulicher Grund sei, um einen Bebauungsplan zu rechtfertigen. Ausweislich der Begründung des Bebauungsplans (Nr. 7.2.2) ist das Ziel der Planung, Klarheit über die Zulässigkeit von Bauvorhaben zu schaffen. Die baurechtliche Frage der Zulässigkeit im Plangebiet soll für den nordwestlichen Bereich des Plangebiets abschließend und verbindlich gesteuert werden. Weiter soll das gesamte Plangebiet ein maßvolles städtebauliches Festsetzungskonzept schaffen, sodass das ortstypische Landschaftsbild des Ortsteils „R …“ in der Nähe des Bodenseeufers mit seiner Landwirtschaft und seinen Hängen zum Bodensee hin weitgehend erhalten werden kann. Im nordwestlichen Bereich sei konkret auf dem Grundstück Nr. … ein neues Wohngebäude geplant, für welches die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden sollen. Im südöstlichen Bereich befinde sich auf dem Grundstück mit der FlNr. … eine Hofstelle sowie die denkmalgeschützte „Villa S …“. Im Fall eines künftigen Wegfalls des Bestandsgebäudes mit der Hausnummer … werde durch den Bebauungsplan ein maßvolles Festsetzungskonzept geschaffen, um Bauland mobilisieren zu können. Ausweislich dieser Begründung des Bebauungsplans wird damit nicht nur eine Grenze zwischen Innenbereich und Außenbereich festgelegt, sondern es wird das Erfordernis der Planung insgesamt dargelegt. Dagegen ist nichts zu erinnern.
b) Die Antragstellerin rügt, dass eine unzulässige Verhinderungsplanung vorliege, weil sie nie landwirtschaftliche Nutzung werde realisieren wolle. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich nicht um eine unzulässige Planung, deren einziger Sinn darin besteht, eine weitere bauliche Tätigkeit der Antragstellerin zu verhindern. Die Antragsgegnerin hat im Aufstellungsbeschluss, in der Begründung zum Bebauungsplan und in der Abwägung deutlich gemacht, dass das ortstypische Landschaftsbild in der Nähe des Bodenseeufers mit seiner Landwirtschaft an den Hängen zum Bodensee hin weitgehend erhalten bleiben und damit von einer weiteren baulichen Nutzung möglichst freigehalten und verschont werden soll. Sie hat dazu neben der Festsetzung von Baufenstern auch Bereiche festgesetzt, die als Fläche für die Landwirtschaft von Bebauung freizuhalten sind. Damit verfolgt die Antragsgegnerin ein zulässiges und auch im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderliches und gerechtfertigtes Planungsziel gemäß § 1 Abs. 5, § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB, das bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, B.v. 18.1.2012 – 4 BN 25.11 – juris; BayVGH U.v. 23.6.2020 – 1 N 17.972 – RdL 2021, 69). Das Ziel, das ortstypische Landschaftsbild zu erhalten ist auch nicht nur vorgeschoben. Es ist anerkannt, dass die Gemeinde grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen darf, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Sie darf daher auch eine Planung betreiben, deren Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter – in der jeweiligen städtebaulichen Situation unerwünschter – baulicher Nutzungen besteht (vgl. BayVGH, U.v. 15.1.2007 – 1 N 04.1226 – juris).
Es wäre denkbar gewesen, für das Grundstück der Antragstellerin eine private Grünfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) festzusetzen. Wenn man die bisherige Nutzung hat sichern wollen, ist es aber nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin für naheliegend hält. Die beiden südöstlich gelegenen Grundstücke werden bereits zum Weinbau genutzt. Die Festsetzung einer landwirtschaftlichen Fläche soll nach dem Willen der Antragsgegnerin dazu dienen, die Landwirtschaft wegen der besonderen Gegebenheiten am Bodensee zu sichern und zu fördern. Dies ist nicht zu beanstanden.
c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nicht von einer anfänglichen Funktionslosigkeit der Festsetzung auszugehen. Einem Bebauungsplan fehlt dann die städtebauliche Erforderlichkeit, wenn ihm unüberwindliche Vollzugshindernisse entgegenstehen (vgl. etwa für das Artenschutzrecht BayVGH Urteil vom 24.8.2015 – 2 N 14.486 – juris). Allein entgegenstehende Vorstellungen der Antragstellerin sind keine unüberwindlichen Vollzugshindernisse für die Verwirklichung des Bebauungsplans. Denn ihre Vorstellungen können sich jederzeit ändern. Vielmehr ist eine landwirtschaftliche Nutzung – auch durch Verpachtung – nicht ausgeschlossen.
d) Die Antragstellerin bestreitet, dass die Festsetzung landwirtschaftlicher Flächen einen Sinn ergibt, weil die Antragsgegnerin – ihrer Auffassung nach fehlerhafterweise – von der Qualifizierung ihres Grundstücks als Außenbereich ausgegangen sei. Denn es seien bei der Festsetzung von landwirtschaftlichen Flächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 lit. a BauGB erhöhte Anforderungen an die Erforderlichkeit zu stellen. Jedoch ist die Freihaltung des Außenbereichs von Gebäuden ein wesentliches Mittel zur Förderung der Landwirtschaft sowie zur Erhaltung landwirtschaftlicher Nutzflächen (vgl. Mitschang/Raith in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB 14. Aufl. 2019, § 9 Rn. 103). Im Übrigen dürfen mit der Festsetzung von Flächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 lit. a BauGB auch andere städtebauliche Planungsziele verfolgt werden als die Förderung der Landwirtschaft (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1.2.2021, § 9 Rn. 148). Eine solche Festsetzung kann sich daher insbesondere dann als sinnvoll erweisen, wenn der Außenbereich bereits erheblich zersiedelt ist und eine Ablehnung weiterer Gebäude daher schwierig würde (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 8.9.2010 – 1 Kn 129/07 – BauR 2011, 1131; BayVGH, U.v. 23.6.2020 – 1 N 17.972 a.a.O.). Sinngemäß hat die Antragstellerin vorgetragen, dass der Schutz von Natur und Landschaft bereits durch § 35 BauGB hinreichend gewährleistet wird. Jedoch sind die Regelungen in §§ 34 und 35 BauGB kein vollwertiger Ersatz für einen Bebauungsplan. Die Gemeinde darf sich zwar darauf verlassen, dass die planersetzenden Vorschriften zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung in Teilgebieten ihres Gebiets ausreichen. Auf eine solche planerische Selbstbeschränkung ist sie aber nicht festgelegt.
3. Mängel in der Abwägung sind nicht gegeben. Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Ein Abwägungsmangel liegt dann vor, wenn eine Abwägung überhaupt nicht vorgenommen worden ist oder wenn der Ausgleich zwischen den verschiedenen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, der die objektive Gewichtung eines dieser Belange verfehlt (vgl. bereits BVerwG, U.v. 12.12.1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301). Das Abwägungsgebot erlaubt bei einer Planungsentscheidung einen besonders flexiblen und dem Einzelfall gerecht werdenden Interessenausgleich unter maßgeblicher Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Maßgebend ist, ob nach zutreffender und vollständiger Ermittlung des erheblichen Sachverhalts alle sachlich beteiligten Belange und Interessen der Entscheidung zugrunde gelegt sowie umfassend in nachvollziehbarer Weise abgewogen worden sind (vgl. auch BVerfG (Kammer), B.v. 19.12.2002 – 1 BvR 1402.01 – NVwZ 2003, 727).
Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bzw. vorliegend ein Zweckverband in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entschieden hat. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Senat keine Verletzung des Abwägungsgebots erkennen.
a) Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Antragsgegnerin habe sich von den bisherigen planerischen Vorstellungen abgewandt, ohne dies überzeugend zu begründen. Der geschaffene Vertrauenstatbestand sei nicht erkannt worden. Festzuhalten ist, dass im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin für das Grundstück der Antragstellerin und die beiden südöstlich davon gelegenen Grundstücke eine landwirtschaftliche Nutzung dargestellt ist. Zwar wurden im Jahr 2016 zwischen dem damaligen ersten Bürgermeister der Gemeinde und der Antragstellerin Verhandlungen über eine mögliche Bebaubarkeit des Grundstücks geführt. Eine bindende Beschlussfassung durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin ist diesbezüglich jedoch nicht erfolgt. Diese Verhandlungen können einen Vertrauenstatbestand nicht begründen, auch nicht die Übersendung des Entwurfs eines Kostenerstattungsvertrags. Im Übrigen hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung ausgeführt, dass kein Anspruch auf eine Bauleitplanung bestehe und dass das Planverfahren ein dynamisches Verfahren sei. Man habe sich auch mit den Bauwünschen der Antragstellerin auseinandergesetzt und ihr Grundstück dem Außenbereich zugeordnet (Bl. 619 der Behördenakte). Dies ist nicht zu beanstanden (s. unter 3 b)).
b) Der Antragstellerin zufolge hat die Antragsgegnerin ihr Grundstück fehlerhafterweise dem Außenbereich zugeordnet. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder einer städtebaulichen Satzung nach § 34 Abs. 4 bis 6, § 35 Abs. 6 BauGB liegende Grundstück der Antragstellerin befindet sich nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 Abs. 1 BauGB) und ist damit dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 BauGB zuzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück dem Innen- oder Außenbereich angehört, davon ab, wie weit eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich nicht nach allgemein gültigen, etwa geografischmathematischen Maßstäben treffen, sondern nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der optisch wahrnehmbaren topographischen Situation und der Umgebungsbebauung (vgl. BVerwG, B.v. 4.7.1990 – 4 B 103/90 – BayVBl 1991, 473). Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang – unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.1970 – IV C 77.68 – BVerwGE 35, 256) grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.1973 – IV C.3.72 – DVBl 1974, 238; BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 B 14.2817 – juris; U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris).
Wie sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftbildaufnahmen ergibt, ist das Grundstück im Süden vom Bodensee und nach Osten von landwirtschaftlichen Grundstücken umgeben. Die nächste Bebauung Richtung Südosten ist ca. 90 m entfernt. Lediglich nach Nordwesten und nach Norden jenseits der U. H2. Straße ist eine Bebauung gegeben. Damit kann das Grundstück mit der FlNr. … nicht mehr als zu einer Baulücke gehörig betrachtet werden. Der Bebauungszusammenhang endet mit der Bebauung auf den Grundstücken FlNr. …, … … … … … … und … Es wurden auch keine topografischen Gegebenheiten überzeugend vorgetragen, die dazu führen könnten, dass die unbebauten Grundstücke noch zum Innenbereich zu zählen sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.1997 – 4 B 74/97 – NVwZ-RR 1998, 157). Dass die Nachbarbauten auf den Grundstücken FlNr. … und … näher Richtung Bodenseeufer gelegen sind, ändert nichts daran, dass nach der letzten Bebauung grundsätzlich der Außenbereich beginnt. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass sich ihr Grundstück durch Bäume optisch von der Umgebung abgrenzt, liegt darin keine topographische Gegebenheit, die eine Zugehörigkeit zum Innenbereich zur Folge hat. Bäume als solche sind für die Zuordnung eines Grundstücks zum Innenoder Außenbereich grundsätzlich nicht relevant. Sie stellen ebenso wie ein Garten (dazu BayVGH, U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris) regelmäßig keine topografische Besonderheit dar. Die Situation ist leicht veränderbar. Auch der Bodensee bildet keine topographische Gegebenheit, die es rechtfertigen würde, etwa die Seefläche so zu bewerten, dass sie das Grundstück dermaßen optisch eingrenzt, dass es zum Innenbereich zu zählen wäre. Zwar begrenzt ein See ein Grundstück tatsächlich. Die Schlussfolgerung, dass es dann zum Innenbereich zu zählen ist, hält der Senat für fernliegend. Denn andernfalls könnte dies bei vielen Seegrundstücken (am Bodensee) zu einer Innenbereichsqualifizierung führen. Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, wieso die benachbarten Weinanbauflächen den Eindruck der Geschlossenheit verstärken sollten. Allein der Umstand, dass dort Weinbau betrieben wird und auf dem Grundstück der Antragstellerin nicht, ergibt keine besondere topografische Situation. Vielmehr handelt es sich um eine ortsübliche landwirtschaftliche Nutzung von Außenbereichsgrundstücken. Schließlich führt auch die Straßensituation nicht zu einer Qualifizierung des Grundstücks der Antragstellerin als Innenbereichsgrundstück. Eine Straße kann ja nach den Umständen des Einzelfalls einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Wirkung zwischen Innen- und Außenbereich haben (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1986 – 4 B 19/88 – juris; BayVGH, B.v. 9.10.2009 – 2 ZB 09.1263 – juris). Bei der U. H2. Straße handelt es sich im Bereich zwischen den Grundstücken FlNr. …2 und …11 auf einer Länge von über 100 m um eine einseitig bebaute Straße. Besteht nur an einer Straßenseite ein Bebauungszusammenhang, liegen die Grundstücke auf der anderen Straßenseite, sofern nicht andere Umstände hinzukommen, im Außenbereich (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1988 – 4 B 19/88 – juris; BayVGH, U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.896 – juris). Solche anderen Umstände sieht der Senat hier nicht. Sie liegen insbesondere nicht im Baumbestand auf dem Grundstück der Antragstellerin, dem Weinanbau im Osten und dem See im Süden (s. oben). Jedenfalls endet die Bebauung im Bereich zwischen den FlNr. …2 bis …11 jeweils an der südlichen Außenwand der jeweiligen dort befindlichen Bebauung. Nicht herangezogen werden können für die Beurteilung weitere Ortsteile des Gemeindegebiets. Unabhängig davon, ob die Bebauung dort bis zum Bodenseeufer reicht, zählen diese Ortsteile jedenfalls nicht mehr zur näheren Umgebungsbebauung, die für die Abgrenzung des Innenzum Außenbereich grundsätzlich maßgeblich ist.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das Grundstück FlNr. … als durch den angrenzenden Weinbau geprägt ansieht und damit dem Außenbereich zuordnet.
c) Auch die geltend gemachte Ungleichbehandlung liegt nicht vor. Die Grundstücke mit den FlNr. … und … sind nach der Abwägung dem Innenbereich zuzuordnen, während die FlNr. …, …5 …6 dem Außenbereich zuzuordnen sind. Die Grundstücke mit den FlNr. … und … waren bereits vor der Aufstellung des Bebauungsplans bebaut. Hinsichtlich der FlNr. … wurde in der Abwägung ausgeführt, dass durch die Planung die Möglichkeit geschaffen werden soll, das Bestandsgebäude auf diesem Grundstück neu zu errichten. Die zuvor bebauten Grundstücke können nach dem Bebauungsplan bebaut werden, die unbebauten Grundstücke sollen von einer Bebauung freigehalten werden. Eine Ungleichbehandlung ist darin nicht zu sehen.
d) Die Antragsgegnerin hat den Einwand der Antragstellerin, dass durch eine naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung ein Baurecht für die Antragstellerin begründet werden könnte, zutreffend abgewogen. Wie oben ausgeführt wurde, bestand ein Baurecht aufgrund der Außenbereichslage des Grundstücks nicht. Insofern ist die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass die Voraussetzungen einer Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht gegeben sind, nicht zu beanstanden (Bl. 623 der Akte). Im Übrigen ist die Einhaltung eines landschaftsschutzrechtlichen Bauverbots keine unzumutbare Belastung des Grundstückseigentümers.
e) Gegen den Einwand der Antragstellerin, ihr werde durch den Bebauungsplan eine unerwünschte Nutzung aufgedrängt, hat die Antragsgegnerin an der Festsetzung der Fläche als Fläche für die Landwirtschaft festgehalten. Diese Abwägung ist ebenfalls nicht zu beanstanden, weil sie diese Festsetzung als städtebaulich erforderlich angesehen hat, um dem Ziel zu dienen, die Landwirtschaft wegen der besonderen Gegebenheiten am Bodensee zu sichern und zu fördern. Die beiden südöstlich gelegenen Grundstücke wurden bereits als landwirtschaftliche Fläche für den Weinbau genutzt. Im Übrigen ändert sich durch die Festsetzung für die Antragstellerin nichts. Unabhängig davon, ob man die bisherige Nutzung durch die Antragstellerin als Landwirtschaft im Sinn des § 201 BauGB betrachtet, kann sie sich jedenfalls auf Bestandsschutz berufen, wenn sie ihr Grundstück – eine Wiese mit Bäumen und Hochstämmen – in den Sommermonaten in regelmäßigen Abständen mäht und das Obst erntet. Unter Bestandsschutz wird das Recht verstanden, einen tatsächlichen oder rechtlichen status quo (den Bestand) trotz Änderung der einfach gesetzlichen Rechtslage oder der tatsächlichen Situation unverändert behalten oder nutzen zu dürfen (vgl. Decker, BayVBl 2011, 517). Zwar verändert sich die einfach gesetzliche Rechtslage durch das Inkrafttreten des Bebauungsplans. Eine gärtnerische Nutzung stand jedoch über einen „namhaften“ Zeitraum mit dem materiellen Recht im Einklang und genießt daher Bestandsschutz.
f) Bei der Abwägung mit den Interessen der Antragstellerin sind auch die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes bzw. die Belange der Landwirtschaft einzustellen. Nach dem oben Dargelegten ist es nicht zu beanstanden, wenn die Abwägung zu Lasten des Interesses der Antragstellerin an einer Bebauung ausgeht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.


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