Baurecht

Eilrechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung durch einen Umweltverband

Aktenzeichen  RN 7 S 18.1756

Datum:
21.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 41420
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3, § 113
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 4, § 2 Abs. 1, Abs. 4, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 5, § 5
UVPG § 2 Abs. 4, Abs. 6 Nr. 1
UIG § 2 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2
BImSchG § 6 Abs. 1, § 15 Abs. 1, Abs. 2, § 16 Abs. 1, Abs. 2 S. 2
BayVwVfG Art. 36
Aarhus-Konvention  Art. 9 Abs. 1-3
BGB § 133, § 157

 

Leitsatz

1 Zur Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes auf die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2  S. 2 BImSchG. (Rn. 33 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
2 Normen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes können umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne von § 1 Abs. 4 UmwRG sein, insbesondere stellen die Regelungen der §§ 15, 16 BImSchG derartige Rechtsvorschriften dar. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3 Zum Vorliegen einer wesentlichen Änderung einer Windenergieanlage bei Auswechslung des Anlagentyps durch einen leistungsfähigeren mit größerem Rotordurchmesser (hier bejaht). (Rn. 57 – 65) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (Az. RN 7 K 18.1627) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Januar 2018 wird wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der eine anerkannte Vereinigung im Sinne des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) ist, wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung bezüglich der Errichtung und des Betriebs einer Windenergieanlage.
Am 27. Oktober 2014 erteilte der Antragsgegner die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Enercon E-101 auf dem Grundstück Fl.-Nr. 588 der Gemarkung … sowie einer Windenergieanlage des Typs Enercon E-82E2 auf dem Grundstück Fl.-Nr. 433 der Gemarkung … (im Folgenden alle Fl.-Nrn. der Gemarkung …).
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde u.a. ein „Immissionsschutztechnisches Gutachten“ vom 1. August 2014 vorgelegt zur „Prognose und Beurteilung von anlagenbezogenen Geräuschen und Schattenwurfimmissionen“.
Zur Beurteilung des Schattenwurfes wurden vier betroffene Immissionssorte in die Betrachtung einbezogen, Immissionsort IO A: Wohnhaus „U …“ (Fl.-Nr. 388/1), IO B: Forschungslabor „U …3“ (Fl.-Nr. 388), IO C: Wohnhaus „H …41“ (Fl.-Nr. 435) und IO D: Wohnhaus „S …35“ (Fl.-Nr. 518/2). Daneben wird das an den Immissionsort IO C direkt angrenzende Wohnhaus „H …42“ (Fl.-Nrn. 435 und 436) ebenfalls vom Schattenwurf betroffen. Die Berechnungen des Gutachtens ergaben, dass am Immissionsort IO C Überschreitungen der maximal zulässigen jährlichen Beschattungszeiten von 30 Stunden vorliegen, die astronomische Beschattungsdauer beträgt danach 36 Stunden und 52 Minuten. Daneben liegt laut Gutachten am Immissionsort IO C auch eine Überschreitung der maximal zulässigen täglichen Beschattungsdauer von 30 Minuten um 5 Minuten vor.
Im Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 27. Oktober 2014 findet sich unter Ziffer C. „Inhalts und Nebenbestimmungen“ u.a. folgende Auflage:
„1.4.2 Es muss durch geeignete Abschalteinrichtungen überprüfbar und nachweisbar sichergestellt werden, dass die Schattenwurfimmissionen der Windenergieanlage vom Typ ENERCON E-101 real an den folgenden Immissionsorten 8 Stunden pro Jahr und 30 Minuten am Tag nicht überschreiten:
– Wohnhaus „H …41“, Fl.Nr. 435
– Wohnhaus „H … 42“, Fl.Nr. 435, 436 Sofern eine Abschalteinrichtung verwendet wird, die keine meteorologischen Parameter erfassen kann, darf eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten am Tag nicht überschritten werden.“
Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 zeigte die ursprüngliche Genehmigungsinhaberin, die O. International GmbH, die Änderung der Anlagen Fabrikat Enercon Typ E 101 und E82 [gemeint wohl E-82E2] in Anlagen des Fabrikates GE 126-139 sowie GE 126-110 [gemeint wohl je zwei Anlagen GE 2,75-120 mit einer Nabenhöhe von 139,0 m bzw. 110,0 m] an.
Der Antragsgegner erließ daraufhin am 13. September 2016 einen Bescheid mit u.a. folgendem Tenor:
„1. Die von der O … International GmbH, vertr. d. Herrn Dipl.-Ing. R …W …, mit Anzeige vom 18.07.2016 (Eingang 19.07.2016) mitgeteilte Änderung des Anlagentyps der mit Bescheid vom 18.11.2014 [gemeint wohl 27.10.2014] (Az. 43-966-2012-IMMG) genehmigten Windenergieanlagen Enercon E-82 E2 und Enercon E-101 in zwei Windenergieanlagen GE 2.75-120 mit einer Gesamthöhe von 170 m („WEA Ost“ – Nennleistung 2.495 kW schallreduzierter Betrieb NRO 104) bzw. 199 m („WEA West“ – Nennleistung 2.780 kW) stellt eine unwesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen i.S.d § 15 BImSchG dar und bedarf deshalb keiner immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung i.S.v. § 16 BImSchG.“
Außerdem erging am 9. November 2016 ein Ergänzungsbescheid des Antragsgegners, indem eine Auflage zur Rückbausicherung ergänzt wurde. Am 8. Dezember 2016 erließ der Antragsgegner eine Baugenehmigung hinsichtlich der geänderten Windenergieanlagentypen.
Am 14. November 2017 erteilte der Antragsgegner auf Verlängerungsantrag der O … International GmbH vom 8. August 2017 hin einen Bescheid mit u.a. folgendem Tenor:
„1. Die Geltungsdauer der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 27.10.2014 für das oben genannte Vorhaben (geändert und ergänzt mit Bescheiden vom 13.09.16, 09.11.16 und 08.12.2016) wird bis zum 31.12.2018 verlängert.“
Die O … International GmbH teilte infolge des Übergangs des Projektes Windkraft A …Pf … an die Windpark A … GmbH mit Schreiben vom 8. Januar 2018 den Betreiberwechsel zum 11. Dezember 2017 gegenüber dem Antragsgegner mit.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 zeigte die Windpark A … GmbH & Co. KG die Änderung des Anlagentyps der Windenergieanlage des Typs Enercon E-101 in eine Windenergieanlage des Typs Senvion 3.4M 140 gegenüber dem Antragsgegner an. Bei der Anlagenänderung handelt es sich um eine andere Anlage mit anderer Leistung, die einen Rotordurchmesser von 140 m statt ursprünglich 101 m hat. Auf die Errichtung der Windenergieanlage auf Fl.-Nr. 433 wurde im Rahmen der Änderungsanzeige verzichtet. In der Änderungsanzeige heißt es u.a.:
„Zur Beurteilung dieser Änderungsanzeige übersenden wir Ihnen anbei
– Immissionsschutztechnisches Gutachten der Fa. Hoock farny ingenieure vom 15.12.2017 (Anlage 1)
– Lageplan der geplanten WEA-West bzw. WEA2, Maßstab 1:1000 (Anlage 2)
– Vorlage Querschnitt Fundament Senvion 3.4M140 NH 129,5m (Anlage 3)
Aus den beigefügten Unterlagen können Sie erkennen, dass sich im Vergleich zur ursprünglichen Genehmigung sowohl die Immissionen verbessern, als auch die Gesamtanlagenhöhe der neuen WEA-West die Gesamtanlagenhöhe der ursprünglich genehmigten WEA nicht überschreitet.“
Im Rahmen der Änderungsanzeige wurde u.a. ein neues „Immissionsschutztechnisches Gutachten“ vom 18. Dezember 2017 vorgelegt. Zur Beurteilung des Schattenwurfes wurden wiederum die vier – schon erwähnten – Immissionsorte betrachtet. Die Berechnungen des Gutachtens ergaben diesmal, dass am Immissionsort IO C größere Überschreitungen der maximal zulässigen jährlichen Beschattungszeiten von 30 Stunden vorliegen. Die astronomische Beschattungsdauer beträgt danach 62 Stunden und 30 Minuten. Daneben liegt auch eine Überschreitung der maximal zulässigen täglichen Beschattungszeiten vor, diesmal nicht nur am Immissionsort IO C, sondern daneben auch an den Immissionsorten IO A und IO B. Die maximal zulässige tägliche Beschattungsdauer von 30 Minuten wird am Immissionsort IO A um 9 Minuten, am IO B um 11 Minuten und am IO C um 15 Minuten überschritten. Dies erfolgt laut Gutachten am Immissionsort IO C an 72 Tagen im Jahr, an den Immissionsorten IO A und IO B an 33 bis 35 Tagen im Jahr. Des Weiteren findet sich im Gutachten vom 18. Dezember 2017 auf S. 28 die Bemerkung:
„Um die immissionsschutztechnischen Anforderungen gemäß Kapitel 5.1. zu erfüllen, kann eine Abschalteinrichtung für die Windenergieanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. 588 vorgesehen werden, welche die Anlage während der Beschattungszeiten an den relevanten Immissionsorten außer Betrieb setzt, sobald die zulässigen täglichen beziehungsweise jährlichen Beschattungsdauern ausgeschöpft wurden.“
Außerdem finden sich im Gutachten auf S. 30 u.a. folgender Vorschlag einer immissionsschutztechnischen Auflage:
„Schutz vor Schattenwurf
5. Es muss durch geeignete Abschalteinrichtungen überprüfbar und nachweisbar sichergestellt werden, dass die Schattenwurfimmissionen der Windenergieanlage vom Typ “Senvion 3.4M140“ auf dem Grundstück Fl.Nr. 588 real an den folgenden Immissionsorten 8 Stunden pro Jahr und 30 Minuten am Tag nicht überschreiten.
o Wohnhaus “H … 41“, Fl.Nr. 435 o Wohnhaus “H … 42“, Fl.Nr. 435 und Fl.Nr. 436 o Forschungslabor “U … 3“, Fl.Nr. 388 o Wohnhaus “U … 2“, Fl.Nr. 388/1 Sofern eine Abschalteinrichtung verwendet wird, die keine meteorologischen Parameter erfassen kann, darf eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten am Tag nicht überschritten werden.“
Im Rahmen der schalltechnischen Beurteilung wurden ebenfalls vier Immissionsorte betrachtet: IO 1 (MI): Wohnhaus “U … 2“ (Fl.-Nr. 388/1), IO 2 (MI): Wohnhaus “H … 41“ (Fl.-Nr. 435), IO 3 (WA): Wohnhaus “S … 35“ (Fl.-Nr. 518/2), IO 4 (WA): Wohnhaus “Am H1 … 12“ (Fl.-Nr. 721/11). Die Berechnungen des Gutachtens ergaben, dass die jeweiligen Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten IO 1, IO 2 um 5 dB(A) und am Immissionsort IO 3 um 2 dB(A) unterschritten werden. Am Immissionsort IO 4 wird der Immissionsrichtwert exakt eingehalten. Im Vergleich zu den im Jahre 2014 genehmigten Anlagen Enercon E-101 und Enercon E-82E2 können die Immissionswerte laut Gutachten an allen Immissionsorten reduziert werden.
Daraufhin erließ der Antragsgegner am 16. Januar 2018 den streitgegenständlichen Bescheid mit u.a. folgendem Tenor:
„1. Die von der Windpark A … GmbH & Co. KG, vertreten durch Herrn Dipl.-Ing. R … W …r, mit Anzeige vom 15.12.2017 (Eingang 18.12.2017) mitgeteilte Änderung des Anlagentyps, der mit Bescheid vom 18.11.2014 [gemeint offenbar 27. Oktober 2014] (Az. 43-966-2012-IMMG) genehmigten Windenergieanlage Enercon E-101 („WEA West“ Flur-Nr. 588), in eine Windenergieanlage Senvion 3.4M 140 mit einer Gesamthöhe von 199,5 m (gemessen ab Geländeoberkante) stellt eine unwesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage i.S.d. § 15 BImSchG dar und bedarf deshalb keiner immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung i.S.v. § 16 BImSchG.
Auf die Errichtung der „WEA Ost“ auf Flur-Nr. 433 wird verzichtet.
2. Die Auflagen, aus dem Gutachten ADT-2987-05_E03 (ab Seite 29) von h … f … vom 18.12.2017 sind zu beachten: (…)“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, aus den Berechnungsergebnissen in dem vorgelegten Gutachten ginge hervor, dass die resultierenden Lärmbeurteilungspegel im Vergleich zur ursprünglichen Genehmigung geringer würden. Außerdem könnten auch die vorgeschriebenen Grenzwerte nach dem heutigen Maßstab eingehalten werden. Die astronomisch möglichen maximalen Schattenwurfzeiten seien aufgrund des wesentlich größeren Rotors an allen betroffenen Immissionsorten deutlich länger. Jedoch könnten die realen Schattenwurfzeiten durch entsprechende Überwachungstechnik anlagenseitig kontrolliert und auf das zulässige Maß beschränkt werden. Dies könne durch die sich anpassenden Abschaltalgorithmen bewältigt werden. Aus immissionschutzfachlicher und -rechtlicher Sicht könne das Vorhaben als unwesentliche Änderung nach § 15 BImSchG eingestuft werden, soweit die geänderten Auflagen zu Schallschutz und Schattenwurf berücksichtigt würden.
Die Beigeladene zeigte infolge des Erwerbs der Windpark A … GmbH mit Schreiben vom 13. April 2018 den Betreiberwechsel gegenüber dem Antragsgegner an.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 erhob der Antragsteller Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Regensburg gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Januar 2018 (Az. RN 7 K 18.1627), über die noch nicht entschieden wurde.
Auf Antrag der Beigeladenen erließ der Antragsgegner am 17. Oktober 2018 einen Bescheid mit u.a. folgendem Tenor:
„1. Die sofortige Vollziehung der Nummer 1 des Bescheides (Freistellungserklärung gem. § 15 BImSchG) vom 16.01.2018 für die Feststellung, dass die Änderung des Windradtypen auf der Flur-Nummer 588 Gemarkung P … in A … immissionsschutzrechtlich unwesentlich ist, wird hiermit nachträglich angeordnet.“
Zur Begründung wurde zunächst die Begründung aus dem Antrag der Beigeladenen vom 12. Oktober 2018 referiert, die im Wesentlichen ausführt: Eine Vollziehung läge im besonderen öffentlichen Interesse, da im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen sei, weshalb der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch zu erhöhen sei. Der Klimaschutz sei ferner Gegenstand der Staatszielbestimmung Umweltschutz gemäß Art. 20a GG. Daneben bestünde das überwiegende Interesse der Beigeladenen, da anderenfalls die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens gefährdet sei. Die Beigeladene müsse gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bis 31. Dezember 2018 Strom in das öffentliche Netz einspeisen, um in den Genuss einer festen EEG-Förderung zu gelangen. Die dem Projekt zugrundeliegenden wirtschaftlichen Kalkulationen gingen jedoch nicht von einer Teilnahme an einer wettbewerblichen Ausschreibung aus, sondern würden gerade diese festen Förderungssätze zugrunde legen. Außerdem sei mit der Umsetzung des Projekts bereits begonnen, weshalb die aufschiebende Wirkung schwerwiegende baulogistische Folgen und die Frustration erheblicher bereits aufgewendeter finanzieller Mittel mit sich brächte. Das Suspensivinteresse des Antragstellers sei sehr gering, da die Erfolgsaussichten der Klage als gering einzuschätzen seien; denn mit dem Wechsel des Anlagentyps gehe keine wesentliche Änderung einher. Im Anschluss an die Darstellung der von der Beigeladenen aufgeführten Gründe erfolgt eine Beurteilung der Behörde. Danach könne der Begründung der Beigeladenen inhaltlich Folge geleistet werden, da die Argumente plausibel und nachvollziehbar seien, daher könne bzw. müsse die sofortige Vollziehung angeordnet werden. Des Weiteren wird unter der Überschrift „Ermessen“ darauf hingewiesen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung einer Windenergieanlage auch mit dem Ziel des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes begründet werden könne. Des Weiteren scheitere die Klage des Antragstellers bereits am Erfordernis der Klagebefugnis, weil kein förmliches Genehmigungsverfahren gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG vorliege. Daneben sei eine Klagebefugnis auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG gegeben; eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nämlich nicht erforderlich. Außerdem sei die Klage unbegründet, da lediglich eine unwesentliche Änderung gemäß § 15 BImSchG vorliege.
Am 29. Oktober 2018 hat der Antragsteller um Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Regensburg nachgesucht.
Der Antragsteller beantragt im vorliegenden Verfahren:
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 4.10.2018 gegen die der Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 16.1.2018 Az. 43-966-2012-IMMG wird wiederhergestellt.
Zur Begründung wird u.a. ausgeführt: Die Beigeladene könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da eine völlig andere Anlage mit anderen Dimensionen genehmigt worden sei. Dies gelte auch hinsichtlich finanzieller und wirtschaftlicher Verfügungen der Beigeladenen. Denn diese hätte erkennen können und müssen, dass auf der Grundlage des § 15 BImSchG keine rechtmäßige Grundlage für die Errichtung und den Betrieb der Anlage möglich sei. Es sei ein Änderungsgenehmigungsverfahren im Sinne des § 16 BImSchG erforderlich gewesen, weil aufgrund des gesteigerten Rotordurchmessers andere immissionsschutzrechtliche Belastungen vorlägen. Allein der Umstand, dass die streitgegenständliche Windkraftanlage in etwa die gleiche Gesamthöhe aufweise, rechtfertige nicht eine reine Bestätigung des Landratsamtes auf Grundlage des § 15 BImSchG. Eine unwesentliche Änderung scheide aus, denn der Rotordurchmesser werde um 40 m vergrößert und damit die überstrichene Fläche potenziert. Außerdem würden leistungsfähigere Generatoren verwendet. Zudem seien massiv Belange des Naturschutzes und des Artenschutzes betroffen, daher bedürfe es neuer artenschutzrechtlicher Gutachten. Artenschutzrechtliche Bewertungen und Gutachten lägen dem Antragsgegner jedoch zu der aktuell genehmigten Anlage nicht vor. Selbst wenn ergänzende artenschutzrechtliche Stellungnahmen vorgelegt worden seien, ändere dies nichts an der Tatsache, dass im vorliegenden Fall zumindest ein Änderungsgenehmigungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die Anlage sei angesichts der fehlenden Genehmigung ein „Schwarzbau“. Die Anlage sei auch wegen entgegenstehender naturschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB i.V.m. § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht genehmigungsfähig. Der Anlagentypwechsel bringe des Weiteren die 10-H-Regelung zur Anwendung. Art. 83 Abs. 1 BayBO finde keine Anwendung, weil zum Stichtag 4. Februar 2014 dem Antragsgegner noch kein vollständiger Antrag vorgelegen habe. Dieser sei erst durch die Änderungsanzeige im Jahr 2017 erfolgt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird u.a. vorgetragen: Der Antrag sei unzulässig, da kein förmliches Genehmigungsverfahren im Sinne des § 10 BImSchG erforderlich sei. Außerdem habe der Antragsteller nicht dargelegt, inwieweit er in seinen Rechten verletzt sei. Es könne im Übrigen von einer unwesentlichen Änderung ausgegangen werden, wenn die Anlage sich insgesamt nicht erhöhe. Auch die Veränderung des Anlagentyps ändere hieran nichts. Andere immissionsschutzfachliche Auswirkungen könnten durch die vergrößerte Rotorfläche nicht festgestellt werden, insbesondere weil von ursprünglich zwei genehmigten Windenergieanlagen nunmehr nur noch eine verwirklicht werde. Aufgrund der Überschreitungen der Schattenwurfdauer an manchen Immissionsorten sei mit Auflage 1.4.2. des Bescheids vom 27. Oktober 2014 eine Abschaltautomatik gefordert. Diese Abschaltautomatik gewährleiste die maximal zulässige meteorologische Beschattungsdauer an den Immissionsorten. Durch die Änderung des Anlagentyps habe sich somit bei der immissionsschutzfachlichen Beurteilung keine Verschlechterung eingestellt. Außerdem sei eine Rüge der Verletzung naturschutzfachlicher Belange nicht geeignet, ein Vorgehen gegen die Freistellungserklärung zu begründen. Schließlich seien die naturschutzfachlichen Belange im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren berücksichtigt worden. Die 10-H-Regelung sei nicht zu beachten, das vom Antragsteller angeführte Urteil betreffe einen anderen Fall, dort sei nämlich noch keine Genehmigung gemäß § 4 BImSchG ergangen, bevor die Anlage geändert worden sei.
Die Beigeladene trägt, ohne Stellung eines Antrages, vor, der Antrag und die zugrunde liegende Klage seien bereits unzulässig, da eine Freistellungserklärung einer Drittanfechtung nicht zugänglich sei. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf § 1 UmwRG berufen. Denn für die verfahrensgegenständliche einzelne Windenergieanlage bestehe keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG sei ebenfalls nicht heranziehbar, weil der Freistellungsbescheid keine Zulassungsentscheidung darstelle. Der Freistellungsbescheid sei auch nicht als Verwaltungsakt i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG zu qualifizieren. Es werde nämlich lediglich die Feststellung getroffen, dass die angezeigte Änderung keine zusätzlichen erheblichen Umwelteinwirkungen habe. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG berufen. Da bereits weder § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG noch § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG einschlägig seien, könne der Antragsteller nicht das angebliche Unterlassen einer solchen Entscheidung im Sinne dieser Norm geltend machen. Etwas anderes gelte nur im Falle der nicht einschlägigen Freistellungsfiktion gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG. Eine Antrags- und Klagebefugnis ergebe sich ferner nicht aus den Vorschriften der Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie oder der Aarhus-Konvention. Denn deren Umsetzung sei durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz vollständig erfolgt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei hinreichend begründet gemäß § 80 Abs. 3 VwGO, da eine schriftliche und eingehende Begründung, die sich u.a. mit den Erfolgsaussichten der Drittanfechtungsklage auseinandersetze, vorliege. Daneben überwiege das Suspensivinteresse des Antragstellers nicht das öffentliche und private Vollzugsinteresse. Der Bescheid vom 16. Januar 2018 sei rechtmäßig, weshalb der Antrag abzulehnen sei. Es liege keine wesentliche Änderung vor, weil aufgrund des Verzichts auf die Windenergieanlage auf der Fl.-Nr. 433 geringere Schallimmissionen vorlägen. Hinsichtlich der Schattenwurfzeiten ergebe sich aus dem der Anzeige beigefügten immissionsschutztechnischen Gutachten vom 18. Dezember 2017 und der darin vorgeschlagenen Überwachungstechnik sowie der entsprechenden Betriebsalgorithmen, dass sich die realen Schattenwurfzeiten auf das in den LAI-Schattenwurfhinweisen vorgesehene rechtlich zulässige Maß reduzieren ließen. Lediglich die realen Immissionen und nicht der theoretisch mögliche Schattenwurf seien für die Beurteilung der wesentlichen Änderung relevant, denn es gehe darum, ob durch die Änderung die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werde. Ein zusätzlicher Schattenwurf werde jedoch nicht emittiert. Die Schutzvorkehrung durch die Abschalteinrichtung könne berücksichtigt werden, da sie bereits vor der Anzeige in der Nebenbestimmung 1.4.2 des ursprünglichen Genehmigungsbescheids vom 27. Oktober 2014 für die Windenergieanlage West festgelegt worden sei und demnach durch die Änderung nachteilige Auswirkungen nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ausgeschlossen seien. Außerdem seien Abschaltvorrichtungen wegen Schattenwurfs Stand der Technik bei modernen Windenergieanlagen. Es entspreche der ständigen Verwaltungspraxis, die Einhaltung der Richtwerte durch entsprechende technische Vorkehrungen sicherzustellen. Daneben verkleinere sich der theoretisch maximal mögliche Verschattungsbereich infolge des Wechsels des Anlagentyps. Des Weiteren sei der Freistellungsbescheid auch nicht aufgrund erteilter Auflagen rechtswidrig. Auflagen seien zur Sicherstellung der fehlenden Genehmigungsbedürftigkeit, wie dies vorliegend der Fall sei, möglich. Außerdem handele es sich nicht um Auflagen, weil der Antragsgegner lediglich deklaratorisch die vorgesehenen Betriebsmodifikationen im Sinne einer an die Nachbarschaft gerichteten Transparenz zur Klarheit hinsichtlich der mit dem Betrieb der Anlagen verbundenen Belästigungen wiedergegeben habe. Dies gehe bereits aus der Formulierung: „Die Auflagen aus dem Gutachten [(…)] sind zu beachten.“ hervor. Dies sei auch daran zu erkennen, dass die rechtliche Würdigung weder auf § 12 BImSchG noch auf Art. 36 BayVwVfG eingehe. Es lägen bereits durch das immissionsschutztechnische Gutachten für verbindlich erklärte Nebenbestimmungen vor. Zudem sei im Rahmen der Anzeige nach § 15 BImSchG eine Stellungnahme eines Fachbüros zur Kollisionsgefährdung infolge des Rotordurchmessers beigefügt gewesen. Zuletzt könne Art. 83 Abs. 1 BayBO angewendet werden, da das Bauplanungsrecht für die Beurteilung wesentlicher Änderungen gemäß §§ 15, 16 BImSchG nicht relevant sei. Im Rahmen der Interessenabwägung bestehe ein besonderes öffentliches Interesse am Ausbau der Stromgewinnung aus regenerativen Quellen. Darüber hinaus drohe der Beigeladenen ein empfindlicher wirtschaftlicher Schaden, wenn die Windenergieanlage nicht bis Ende dieses Jahres Strom in das Netz einspeisen könne. Dies habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits als schutzwürdiges privates Vollzugsinteresse anerkannt. Außerdem habe die Beigeladene erhebliche wirtschaftliche Aufwendungen getätigt, die sonst vollkommen frustriert würden. Ein Suspensivinteresse des Antragstellers liege nicht vor, da lediglich immissionsschutzrechtliche Belange und damit keine des Natur- und Artenschutzes relevant seien. Der Natur- und Artenschutz sei im Rahmen der Baugenehmigung geprüft worden. Hierbei sei festgestellt worden, dass der Baugenehmigung keine öffentlich-rechtlichen Belange entgegenstünden. Schließlich lägen seitens des Antragstellers lediglich Behauptungen ins Blaue hinein ohne nähere Substantiierung vor.
Mit Beschluss vom 6. November 2018 hat das Gericht der Beigeladenen vorläufig, bis zu einer Entscheidung über den Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die Fortführung der Arbeiten zur Errichtung der im Bescheid vom 16. Januar 2018 genannten Windenergieanlage des Typs Senvion 3.4M 140 auf der Fl.-Nr. 588 untersagt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens RN 7 K 18.1627) und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage (Az. RN 7 K 18.1627) gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung vom 16. Januar 2018 hat Erfolg, da er sowohl zulässig als auch begründet ist.
I.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig.
1. Der Antrag ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft, da die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wegen der mit Bescheid vom 17. Oktober 2018 vom Antragsgegner angeordneten sofortigen Vollziehung der Freistellungserklärung entfällt.
2. Der Antragsteller ist des Weiteren auch antragsbefugt. Dem steht nicht das vom Antragsgegner erwähnte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 14.3.2017 – 22 B 17.12 – juris) entgegen, wonach in einem ähnlichen Fall die Klagebefugnis eines anerkannten Umweltverbandes verneint worden ist. Denn der Prüfung zugrunde zu legen ist eine andere Fassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, nämlich die Fassung, die es seit dem „Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben“ vom 29. Mai 2017 (BGBl. I, S. 1298) gefunden hat. Dieses kommt vorliegend gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG zur Anwendung, da die streitgegenständliche Entscheidung nach dem 2. Juni 2017 ergangen ist. Das Änderungsgesetz dient u.a. der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention (AK). Art. 9 AK enthält Vorgaben für den Zugang zu Gerichten, wobei Absatz 1 den Gerichtszugang in Bezug auf den Zugang zu Umweltinformationen regelt. Art. 9 Abs. 2 AK legt den Gerichtszugang in Bezug auf bestimmte Vorhaben und Anlagen, für die nach Art. 6 AK i.V.m. Anhang I der Konvention eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist, fest. Zuletzt enthält Art. 9 Abs. 3 AK Zugangsregelungen der Mitglieder der Öffentlichkeit u.a. zu gerichtlichen Verfahren im Übrigen.
a) Die Anwendbarkeit des Umweltrechtsbehelfs-Gesetzes folgt vorliegend unmittelbar aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 UmwRG. Demnach können anerkannte inländische Vereinigungen auch Verwaltungsakte rügen, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b UmwRG genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet das Umweltrechtsbehelfs-Gesetz auch Anwendung, wenn eine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist. Um einer vollständigen Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 AK gerecht zu werden, wurde der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG durch das bereits genannte Änderungsgesetz gemäß den Vorgaben der 5. Vertragsstaatenkonferenz der Aarhus-Konvention um die Nummern 4 bis 6 erweitert (BT-Drs. 18/9526, S. 23). Die vorherige Rechtslage in Deutschland wurde durch Beschluss der 5. Vertragsstaatenkonferenz V/9h vom 2. Juli 2014 als völkerrechtswidrige Umsetzung von Art. 9 Abs. 3 AK erachtet und es wurde empfohlen, die notwendigen Rechts- und Verwaltungsmaßnahmen zu treffen. Im Gegensatz zu Art. 9 Abs. 1 und 2 AK gilt Art. 9 Abs. 3 AK gerade für eine Vielzahl von Handlungen und Unterlassungen. Der Zugang zu gerichtlichen Verfahren bei umweltbezogenen Entscheidungen darf nicht die Ausnahme sein, sondern muss vielmehr den Regelfall darstellen, um der Aarhus-Konvention gerecht zu werden. Auch zur Umsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. September 2013 (Az. 7 C 21.12 – juris Rn. 48) musste der Anwendungsbereich erweitert werden. Damit sollte gerade eine Stärkung der Rechtsstellung der Umweltverbände erfolgen, der Zugang zu Gerichten sollte erweitert werden. Durch diese Erweiterung soll die Anwendung umweltbezogener Bestimmungen sowohl durch Privatpersonen als auch durch Behörden überprüfbar gemacht werden. Gerade Entscheidungen über die Zulässigkeit von anderen Vorhaben als Industrieanlagen und Infrastrukturmaßnahmen im Sinne der Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie und der Industrieemissionsrichtlinie der Europäischen Union, bei denen umweltrechtliche Vorschriften Anwendung finden, sollen nun einer Überprüfung ausgesetzt werden. Daher sind von der neuen Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG Zulassungsentscheidungen in den Anwendungsbereich einbezogen, die nicht bereits als Industrieanlagen oder Infrastrukturmaßnahmen unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2, 2a oder 2b UmwRG fallen. Andernfalls wäre die zusätzliche Normierung überflüssig. Ausdrücklich nicht erforderlich ist, dass die Zulassungsentscheidung im Rahmen eines förmlichen Verfahrens zu erfolgen hat. Es bedarf auch keiner Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, derartige Vorhaben werden schließlich von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG erfasst. Erfasst werden Entscheidungen in Form eines Verwaltungsaktes, durch die ein Vorhaben zugelassen bzw. gestattet wird.
Der Begriff des Vorhabens orientiert sich an der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 36 mit Verweis auf § 2 Absatz 2 UVPG a.F.). Dabei findet jedoch keine Einbeziehung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung statt, dies würde wiederum den Vorgaben des Art. 9 Abs. 3 AK nicht gerecht. Es bedarf somit keines Vorhabens, mit dem die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer entsprechenden Vorprüfung einhergeht. Gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 2 UVPG sind auch Änderungsvorhaben vom Begriff des Vorhabens umfasst. Bei der vorliegenden Änderung des Windenergieanlagentyps handelt es sich somit um ein Vorhaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG.
Die vorliegende Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 1 BImSchG ist bei Anwendung des summarischen Prüfungsumfangs wohl nicht als Zulassungsentscheidung zu qualifizieren. Zwar handelt es sich bei der Freistellungserklärung grundsätzlich um einen Verwaltungsakt (BVerwG, U.v. 7.8.2012 – 7 C 7/11 – juris; U.v. 28.10.2010 – 7 C 2/10 – juris). Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass lediglich die Feststellung der fehlenden Genehmigungsbedürftigkeit getroffen werde; denn dies genügt gerade dem Erfordernis einer Regelungswirkung im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Es liegt jedoch keine Zulassungsentscheidung vor. Der Begriff der Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist grundsätzlich weit zu verstehen (Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 1 UmwRG Rn. 109). Erfasst werden auch Teilzulassungen sowie Vorbescheide (BT-Drs. 18/9526, S. 36; vgl. Schlacke, NVwZ 2017, 905 (908)). Anders verhält es sich jedoch bei reinen Entgegennahmen von Anzeigen genehmigungsfreier Vorhaben, hier findet gerade keine bewusste Zulassungsentscheidung statt (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 1 UmwRG Rn. 110). Zwar findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG anders als im Rahmen des § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG gerade keine ausdrückliche Ausnahme von Anzeigeverfahren, jedoch kann der reine Realakt der Entgegennahme noch nicht als Zulassung oder Gestattung eines Vorhabens betrachtet werden. Mit der Freistellungserklärung geht zwar eine verbindliche Entscheidung über die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit einher (Jarass, BImSchG 12. Auflage 2017, § 15 BImSchG Rn. 38; Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 15 BImSchG Rn. 73), es erfolgt jedoch gerade nicht als eine Art „Reflex“ eine Zulassungsentscheidung. Es fehlt der Entscheidung insofern an einer Genehmigungswirkung hinsichtlich des Änderungsvorhabens. Aufgezeigt wird lediglich das inhaltliche Spektrum der ursprünglichen Genehmigung. Die ursprüngliche Genehmigung bleibt insofern von der Freistellungserklärung unberührt. Da die Genehmigungsfähigkeit nicht Prüfungsgegenstand ist, kann auch keine Zulassung erfolgen.
Jedenfalls liegt aber im Falle des rechtswidrigen Absehens von einem Änderungsgenehmigungsverfahrens aufgrund der irrigen Annahme der Voraussetzungen des § 15 BImSchG ein Unterlassen einer Zulassungsentscheidung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG vor. Die Vorschrift schließt eine Lücke im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, die dadurch entsteht, dass grundsätzlich nur aktive Entscheidungen der Behörden den Anwendungsbereich eröffnen. § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eröffnet daneben den Zugang zu gerichtlichen Verfahren, wenn die Behörde eine entsprechende Entscheidung entgegen geltender Rechtsvorschriften nicht getroffen hat. Dies ist angesichts des Art. 9 Abs. 3 AK erforderlich, da dort ausdrücklich das Unterlassen einer Entscheidung in den Anwendungsbereich mit einbezogen wird. Voraussetzung für die Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist somit das Unterlassen einer Entscheidung nach Satz 1 sowie ein Verstoß gegen geltende Rechtsvorschriften. Erfasst werden somit auch die Fälle, in denen ein zulassungsbedürftiges Vorhaben ohne die gebotene Zulassung betrieben werden soll (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, UmwRG § 1 Rn. 129). Insbesondere ist dies der Fall, wenn von der Behörde ein reines Anzeigeverfahren anstelle eines Genehmigungsverfahrens akzeptiert wird, da damit das Unterlassen der Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG einhergeht. Der Gesetzgeber selbst ging davon aus, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG u.a. anwendbar ist bei einer vermeintlich zulässigen Änderung eines Vorhabens auf Grund einer Anzeige anstelle einer behördlichen Zulassungsentscheidung (BT-Drs. 16/2405, S. 10). Ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften bedarf gerade nicht der materiellen Rechtswidrigkeit des Vorhabens, es genügt vielmehr, dass das Unterlassen der gebotenen Entscheidung rechtswidrig ist (Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer Umweltrecht 87. EL Juli 2018, UmwRG § 1 Rn. 126). Dabei bedarf es keiner subjektiven Komponente der Behörde, ausreichend ist, dass die Behörde objektiv ein unzutreffendes Verfahren durchführt (Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, UmwRG § 1 Rn. 127).
Eine rechtswidrig erteilte Freistellungserklärung ermöglicht die Errichtung der Anlage entgegen geltenden Rechtsvorschriften ohne Durchführung eines bei rechtmäßiger Vorgehensweise erforderlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens und ohne Erteilung einer Änderungsgenehmigung. Bezugspunkt des Unterlassens ist somit nicht die Freistellungserklärung, sondern vielmehr das Änderungsgenehmigungsverfahren mit einer eventuell möglichen Änderungsgenehmigung. Deshalb muss eine derartige Entscheidung – ebenso wie das vollständige Unterlassen einer behördlichen Entscheidung beispielsweise im Rahmen der Freistellungsfiktion gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BImSchG – Gegenstand eines Rechtsbehelfs gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG sein können. Auf andere Art und Weise könnte die Lücke im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht geschlossen werden. Im vorliegenden Fall macht der Antragsteller ein rechtswidriges Unterlassen geltend im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, da der Antragsteller davon ausgeht, dass zu Unrecht das Änderungsgenehmigungsverfahren unterlassen wurde. Damit ist der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfs-Gesetzes vorliegend eröffnet.
b) Daneben ist der Antragsteller auch antragsbefugt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2) und im Fall einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 oder deren Unterlassen die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend macht (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
Bei dem Antragsteller handelt es sich um eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UmwRG, die auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (https://www.stmuv.bayern.de/themen/naturschutz/organisation/nat_ verband.htm) auch als solche aufgeführt wird.
Da es im vorliegenden Fall der Verbandsklage nach § 2 Abs. 1 UmwRG gerade keiner Verletzung eigener Rechte bedarf, ist die insofern vorgebrachte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 7.8.2012 – 7 C 7/11 – juris) nicht entscheidungserheblich. In der Entscheidung wird die Möglichkeit der Drittanfechtung einer Freistellungserklärung verneint, weil dem Nachbarn kein subjektives Recht zustehe, kraft dessen er sich gegen eine dem Anlagenbetreiber rechtswidrig erteilte Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BImSchG wenden könne.
Indem der Antragsteller Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht insbesondere bezogen auf den erweiterten Rotordurchmesser erhebt und Verstöße gegen das Verfahren gemäß §§ 15, 16 BImSchG rügt, macht er auch geltend, dass die erteilte immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG.
Der Antragsteller macht zudem geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich durch die ergangene Freistellungserklärung berührt zu sein, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG zeigt, dass nach wie vor nicht jeglicher Rechtsverstoß rügefähig ist (vgl. BT-Drs. 18/9526 S. 38), sondern eine gewisse Beschränkung vorhanden ist. Dabei ist trotzdem zu beachten, dass die Novellierung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nicht durch einen zu eng gefassten Satzungsbezug konterkariert werden darf (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.15 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – juris Rn. 28; OVG Hamburg, B.v. 15.8.2018 – 1 Es 1/18.P – juris Rn. 45). Der Satzungszweck ist dementsprechend grundsätzlich weit auszulegen. Beispielsweise kann eine auf Naturschutz ausgerichtete Vereinigung durchaus die Verletzung von ausschließlich immissionsschutzrechtlichen Regelungen vortragen, wenn die angegriffene Entscheidung bei ihrer Realisierung ein Schutzgut des Naturschutzes beeinträchtigt (Kment, NVwZ 2018, 921 (923)). Es genügt eine mittelbare Verknüpfung der Satzungsziele der Vereinigung mit dem vermeintlichen Rechtsverstoß und seinen negativen Folgen. Daneben geht mit der Beschränkung auf satzungsgemäße Belange auch eine gewisse räumliche Komponente einher, bei offensichtlich regional ausgerichteten Vereinigungen können die Rechtsverletzungen durch Behörden anderer Bundesländer nicht gerügt werden.
Ausweislich der Satzung des Antragstellers ist ein satzungsgemäßes Ziel des Antragstellers das verantwortliche Mitarbeiten daran, dass „die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne der §§ 1, 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) und der Naturschutzgesetze der Bundesländer konsequent verfolgt und verwirklicht werden“ (§ 2 Nr. 2 lit. a Halbs. 1 der Satzung des Antragstellers, abzurufen unter: https://www.landschaft-artenschutz.de/wp-content/uploads/Satzung-Stand-13.-Oktober-2018.pdf). Gemessen an diesen satzungsmäßigen Vereinszielen kann der Antragsteller vorliegend jedenfalls nachteilige Auswirkungen der vorliegenden Windenergieanlage auf den Artenschutz und das Landschaftsbild geltend machen, die im Rahmen eines nach seiner Auffassung erforderlichen Änderungsgenehmigungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Berücksichtigung hätten finden müssen. Der Satzungszweck des Naturschutzes ist somit zumindest mittelbar betroffen. Auch räumlich findet sich keine regionale Beschränkung des Satzungszweckes, die der Antragsbefugnis entgegenstünde, es handelt sich bei dem Antragsteller um den Verein für Landschaftspflege und Artenschutz explizit für Bayern und auch das Vorhaben liegt in Bayern. Damit ist ein Geltendmachen der Berührung in dem satzungsgemäßen Aufgabenbereich gegeben.
Des Weiteren macht der Antragsteller eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend. Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes sind gemäß § 1 Abs. 4 UmwRG, anlehnend an die Terminologie des Art. 9 Abs. 3 AK, Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 Umweltinformationsgesetz (UIG) oder Faktoren im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG beziehen. Diese Konkretisierung erfolgte gemäß der zwingend zu beachtenden Vorgabe des Art. 2 Abs. 2 AK und der nationalen Ausprägung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UIG (BT-Drs. 18/9526, S. 38). Die Einschränkung auf umweltbezogene Rechtsvorschriften ist insofern möglich, da auch Art. 9 Abs. 3 AK ausdrücklich einen Verstoß gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts erfordert. Lediglich bei Anwendbarkeit des Art. 9 Abs. 2 AK darf die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften keine Rolle mehr spielen. Für weitergehende Prüfungen des Vorliegens umweltbezogener Rechtsvorschriften kann die Spruchpraxis des Compliance Committees der Aarhus-Konvention herangezogen werden (BT-Drs. 18/9526, S. 36). Das Compliance Committee der Aarhus-Konvention vertritt in ständiger Spruchpraxis eine weite Auslegung zum Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 AK. Umweltbezogene innerstaatliche Rechtsvorschriften beschränken sich dabei gerade nicht auf Rechtsvorschriften, in denen der Begriff „Umwelt“ im Titel oder der Überschrift vorkommt. Entscheidender Faktor ist allein, ob sich die betreffende Rechtsvorschrift in irgendeiner Weise auf die Umwelt bezieht (BT-Drs. 18/9526, S. 32). Normen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes können ebenfalls umweltbezogene Rechtsvorschriften in diesem Sinne sein. Insbesondere stellen die Regelungen der §§ 15, 16 BImSchG derartige Rechtsvorschriften dar, da sie sich tatsächlich auf die Umwelt beziehen. Maßgeblich für die Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung ist schließlich, ob eine wesentliche Änderung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BImSchG vorliegt. Diese wiederum liegt vor, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Es besteht demnach ein konkreter Bezug zur Prüfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verweist wiederum im Wesentlichen auf die Pflichten aus § 5 BImSchG, die gerade zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insbesondere auf schädliche Umwelteinwirkungen abstellen. Zur Prüfung im Rahmen des Anzeigeverfahrens bedarf es damit einer Beurteilung der Umwelteinwirkungen des Vorhabens. Insofern liegen umweltbezogene Rechtsvorschriften gemäß § 1 Abs. 4 UmwRG vor, da durch das Änderungsgenehmigungsverfahren gerade deren Gewährleistung gesichert werden soll, lediglich bei unwesentlichen Auswirkungen auf die Umwelt kommt eine Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BImSchG in Betracht. Darüber hinaus hätten in einem Änderungsgenehmigungsverfahren auch die Belange gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG geprüft werden müssen, sodass hierbei ebenfalls eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften wie beispielsweise solcher des Naturschutzes in Betracht kommt.
II.
Der Eilantrag ist auch begründet. Das Gericht trifft dabei eine originäre Interessenabwägung (vgl. BVerwG, B.v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 – juris; BayVGH, B.v. 12.07.2010 – 14 CS 10.327 – juris). Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzuwägen zwischen dem von der Behörde und dem Begünstigten geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich hingegen der Rechtsbehelf schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich erfolgreich, besteht kein Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids. Ist der Ausgang des Hauptsachverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Bei einer behördlichen Sofortvollzugsanordnung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO prüft das Gericht vor der dargestellten Interessenabwägung zunächst, ob die formellen Voraussetzungen für die Sofortvollzugsanordnung gegeben sind.
1. Die selbständige Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 17. Oktober 2018 ist formell-rechtlich ordnungsgemäß ergangen, insbesondere wird dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO entsprochen.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bedarf das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO einer schriftlichen Begründung. Entsprechend Sinn und Zweck des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung anzuhalten, den Betroffenen über die Gründe hierüber in Kenntnis zu setzen sowie dem Verwaltungsgericht die Rechtskontrolle zu ermöglichen, ist eine gesonderte schriftliche Begründung zu verlangen. In dieser sind die tatsächlichen und rechtlichen Gründe darzulegen, die im konkreten Einzelfall ein Vollziehungsinteresse ergeben und die zur Anordnung der sofortigen Vollziehung geführt haben. Die Gründe müssen über das Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes hinausgehen, aus der Begründung muss hinreichend deutlich hervorgehen, warum die Behörde eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Schließlich ist für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG, B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Lediglich floskelhafte Formulierungen oder reine Wiederholungen des Gesetzeswortlautes werden diesem Erfordernis nicht gerecht. Die Behörde muss sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst sein und die für den Sofortvollzug maßgeblichen, einzelfallbezogenen Erwägungen erkennen lassen. Geht es – wie vorliegend – um ein mehrpoliges Verhältnis, muss sich die Behörde auch mit den gegenläufigen, von der sofortigen Vollziehbarkeit betroffenen Interessen auseinandersetzen (OVG Saarl, B.v. 10.11.2006 – 3 W 5/06 – juris Rn. 33), d. h. eine Interessenabwägung treffen.
Die vom Antragsgegner unter dem 17. Oktober 2018 in einer selbständigen Verfügung getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den zuvor genannten Maßstäben. Der Antragsgegner hat sich nicht auf formelhafte Wendungen zurückgezogen, sondern hat, wenn auch in weitgehender Übernahme der von der Beigeladenen angeführten Gründe aus deren Sofortvollzugsantrag vom 12. Oktober 2018, tatsächliche Gründe angeführt, die darlegen, warum die Freistellungserklärung aus seiner Sicht sofort und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft vollzogen werden müsse. Dabei kann sich der Antragsgegner durchaus die Gründe des Antrags auf sofortige Vollziehung der Beigeladenen zu eigen machen. Der Antragsgegner hat ausgeführt, die Windenergieanlagen seien aus Gründen der nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung und des Klimaschutzes notwendig. Außerdem würde die Beigeladene als Adressatin des Genehmigungsbescheides einen wirtschaftlichen Schaden erleiden, wenn potentielle Rechtsbehelfe Dritter letztlich ohne Erfolg blieben. Hierbei sei insbesondere zu beachten, dass die Windenergieanlage gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EEG zwingend bis Ablauf des 31. Dezember 2018 Strom in das öffentliche Netz einspeisen müsse, damit eine feste EEG-Förderung erreicht werden könne. Diese Darlegungen sind weder allgemein noch formelhaft, sondern auf den Einzelfall bezogen. Dass die Argumentation dabei auch für andere Windenergieanlagen Platz greift und sich insoweit die Darlegungen gleichen (vgl. VG Gießen, B.v. 03.02.2011 – 8 L 5455/10.GI – juris), führt nicht zu einem formellen Mangel der Anordnung des Sofortvollzugs. Die vorliegende Begründung wird der Informationsfunktion hinsichtlich des Adressaten, insbesondere im Interesse einer Einschätzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten ebenso gerecht wie der Warnfunktion gegenüber der Behörde selbst.
Es kann daher dahinstehen, ob der Antragsteller im Hinblick auf die Einhaltung des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 VwGO in seinen satzungsmäßigen Belangen berührt wäre und sich auf eine Verletzung dieser Vorschrift stützen könnte, § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG.
2. In materieller Hinsicht überwiegt bei der nach § 80a Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vom Gericht originär vorzunehmenden Interessenabwägung das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der immissionsschutzrechtlichen Freistellungserklärung und das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst baldigen Realisierung ihres Projektes. Maßstab für die Interessenabwägung ist bei dreiseitigen Rechtsverhältnissen insbesondere die Erfolgsaussicht des vom Dritten eingelegten Rechtsbehelfs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage geboten ist. Im zu entscheidenden Fall ist bei Anwendung des summarischen Prüfungsmaßstabes davon auszugehen, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers Aussicht auf Erfolg haben wird.
Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere besteht auch hier die Klagebefugnis gemäß § 2 UmwRG, siehe oben. Zudem wurde mit Erhebung der Klage am 4. Oktober 2018 auch die Klagefrist von einem Jahr für Verbandsklagen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG eingehalten, da eine Bekanntgabe der Freistellungserklärung nicht erfolgte und frühestens am 16. Januar 2018 – Entscheidungserlass – von der Freistellungserklärung Kenntnis erlangt werden konnte. Die spezielle Klagefrist von zwei Jahren nach Entscheidungserlass gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 UmwRG wurde ebenfalls eingehalten.
Des Weiteren erweist sich die Anfechtungsklage bei der gebotenen summarischen Prüfung nach Aktenlage als begründet. Die Begründetheit der Verbandsklage ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 4 UmwRG, der insoweit als speziellere Regelung § 113 VwGO verdrängt (Keller, NVwZ 2017, 1080 (1082)). Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG ist ein Rechtsbehelf nach § 2 Abs. 1 UmwRG gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG oder deren Unterlassen begründet, soweit die Entscheidung gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert.
Gemessen an diesen Maßstäben hat unter Anwendung des summarischen Prüfungsmaßstabes die Anfechtungsklage in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg. Insofern haben die Interessen der Öffentlichkeit und der Beigeladenen am Sofortvollzug der Freistellungserklärung zurückzutreten.
a) Eine Präklusion gemäß § 5 UmwRG liegt nicht vor. Danach können im Rechtsbehelfsverfahren Einwendungen zurückgewiesen werden, wenn die erstmalige Geltendmachung missbräuchlich oder unredlich ist. Dafür bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte, eine Beteiligung im Rahmen des Anzeigeverfahrens war dem Antragsteller gerade nicht möglich.
b) Ein Verstoß gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften ist nach Aktenlage gegeben. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei den Vorschriften §§ 15, 16 BImSchG um umweltbezogene Rechtsvorschriften. Bei der im Rahmen des Eilverfahrens allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erging die Freistellungserklärung des Antragsgegners vom 16. Januar 2018 nicht rechtmäßig.
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde, nachdem ihr die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage angezeigt wird, unverzüglich zu prüfen, ob die Änderung einer Genehmigung bedarf. Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG einer Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können (wesentliche Änderung). Die Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG wesentlich, wenn durch sie die Schutzgüter des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 5 BImSchG in rechtserheblicher Weise berührt sein können. Die Anwendbarkeit des § 16 BImSchG hängt nicht davon ab, ob die durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützten Belange tatsächlich berührt sind, sondern ausschließlich davon, ob eine Berührung dieser Belange in Betracht kommt. Wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind Änderungen bereits immer dann, wenn sie – bezogen auf die Schutzgüter des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlass geben, d. h. wenn sie die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen.
(1) Dabei können die §§ 15, 16 BImSchG unabhängig davon, dass das ursprüngliche Vorhaben noch nicht errichtet wurde, im konkreten Fall angewendet werden. Dafür bedarf es gerade noch keiner Errichtung der genehmigten Anlage (Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht 203. EL Juni 2018, § 16 BImSchG Rn. 25). Schließlich liegt eine ähnliche Sachlage vor. Sowohl im Falle einer bereits errichteten Anlage als auch im Falle einer lediglich genehmigten Anlage ist das Vorhaben bereits umfassend behördlich überprüft worden, anders als im Falle einer Änderung des Vorhabens während des Genehmigungsverfahrens. Erforderlich ist lediglich eine wirksame Genehmigung (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 16 BImSchG Rn. 35). Die Genehmigung aus dem Jahr 2014 ist noch nicht gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erloschen, da mit dem Bescheid vom 14. November 2017 eine Fristverlängerung bis 31. Dezember 2018 erfolgte und somit eine wirksame Genehmigung gegeben ist.
(2) Bezugspunkt für die Beurteilung der Änderung ist grundsätzlich die Genehmigung, die für die Anlage erteilt ist (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL 2018, § 16 BImSchG Rn. 62). Liegt für die Anlage eine Genehmigung vor, ist diese Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang sich die beabsichtigte Maßnahme als Änderung darstellt. Eine Änderungsanzeige lässt den ursprünglich erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Nebenbestimmungen unberührt und verändert weder seinen Regelungsgehalt noch seinen Gestattungsumfang (BayVGH, B.v. 17.11.2005 – 22 AS 05.2945 – juris). Schließlich betrifft die mit einer Anzeige verbundene Freistellung gerade nur die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung und nicht deren Rechtmäßigkeit (Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, Rn. 14 zu § 15 BImSchG; Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 15 BImSchG Rn. 44). Maßgeblich ist daher im vorliegenden Fall die ursprüngliche Genehmigung vom 27. Oktober 2014. Nicht relevant ist hingegen die Änderung gemäß der nach § 15 Abs. 1 BImSchG erstatteten Anzeige im Jahr 2016 und die daraufhin am 13. September 2016 ergangene Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BImSchG. Von daher muss ein Vergleich zur ursprünglichen Genehmigung gezogen werden.
(3) Im Vergleich zur ursprünglichen Genehmigung liegt bei der gebotenen summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine wesentliche Änderung gemäß § 16 Abs. 1 BImSchG vor. Für die Ablehnung einer unwesentlichen Änderung genügt es, dass die im Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützten Belange in rechtserheblicher Weise berührt sein können (BVerwG; U.v. 15.11.1991 – 4 C 17/88 – juris; BVerwG, U.v. 11.2.1977 – 4 C 9.75 – juris). Wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind Änderungen bereits dann, wenn sie nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlass geben, wenn sie also die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen (BVerwG, U.v. 11.2.1977 – 4 C 9.75 – juris zum damaligen § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG a.F.). Nachteilige Auswirkungen fehlen nur dann, wenn sie vernünftigerweise aus der Sicht eines mit den aufgeworfenen technischen Problemen vertrauten Sachkundigen ausgeschlossen werden können. Dabei ist der Maßstab praktischer Vernunft anzulegen. Kann die Behörde bei ihrer Beurteilung im Anzeigeverfahren nach Vorliegen aller Prüfunterlagen die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen nicht ausschließen, so bedarf es weiterer Prüfungen, die dem Genehmigungsverfahren vorbehalten sind. Es kann jedoch grundsätzlich nicht ohne weiteres von der Änderung des Windenergieanlagetyps auf das Vorliegen einer wesentlichen Änderung geschlossen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2016 – 22 CS 16.1052 – juris Rn. 41). Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob aufgrund der geänderten technischen Daten eine wesentliche Änderung gegeben ist. Dies gilt auch für den Umstand, dass eine Windenergieanlage in etwa die gleiche Gesamthöhe aufweist. Daraus lässt sich nicht pauschal ableiten, dass eine wesentliche Änderung nicht vorliege. In dieser Konstellation ist ebenfalls eine Einzelfallprüfung der Auswirkungen erforderlich. Zur Beurteilung wesentlicher Änderungen ist das grundsätzlich mögliche Störpotential der Änderung in den Blick zu nehmen. Des Weiteren darf eine Saldierung von Vor- und Nachteilen der Änderungen im Rahmen des Anzeigeverfahrens nicht stattfinden (vgl. VGH BW, U.v. 20.6.2002 – 3 S 1915/01 – juris Rn. 28f.; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 16 BImSchG Rn. 83f.). Die Abwägung von Vor- und Nachteilen bleibt dem Änderungsgenehmigungsverfahren vorbehalten.
Im vorliegenden Fall trägt der Antragsgegner selbst vor, dass die astronomisch möglichen, maximalen Schattenwurfzeiten deutlich länger werden. Dies folgt aus dem vergrößerten Rotordurchmesser der streitgegenständlichen Windenergieanlage gegenüber der ursprünglichen Windenergieanlage unabhängig von der grundsätzlich in etwa gleichen Gesamthöhe. Auch liegt ein Gutachten vor, aus dem sich die Steigerung der Schattenwurfimmissionen deutlich erkennen lässt. Bezogen auf die ursprüngliche Genehmigung aus dem Jahr 2014 beträgt die astronomisch mögliche maximale jährliche Beschattungsdauer bei der aktuellen Anlage 62 Stunden und 30 Minuten gegenüber einer astronomisch möglichen maximalen jährlichen Beschattungsdauer von 36 Stunden und 52 Minuten im Jahr 2014. Folglich ist hier eine deutliche Steigerung zu verzeichnen. Darüber hinaus ist die astronomisch tägliche Beschattungsdauer am Immissionsort C mit nun 45 Minuten höher gegenüber ursprünglichen 35 Minuten. Damit liegt eine Steigerung von mehr als 25 Prozent vor. Zudem werden bei der aktuellen Anlage erstmalig auch an den Immissionsorten A und B die Immissionsrichtwerte der maximalen täglichen Beschattungsdauer überschritten und zwar um 9 Minuten am Immissionsort A und um 11 Minuten am Immissionsort B, was angesichts der zulässigen täglichen Beschattungsdauer von 30 Minuten ein deutliches Überschreiten ergibt. Daran vermag auch das von der Beigeladenen vorgebrachte Argument, dass sich der theoretisch mögliche Verschattungsbereich infolge des Wechsels des Anlagetyps verkleinere, nichts zu ändern. Schließlich darf im Rahmen des Anzeigeverfahrens keine Saldierung von Vor- und Nachteilen stattfinden. Maßgeblich ist, dass sich innerhalb des Verschattungsbereichs für gewisse Immissionsorte eine erhöhte mögliche Schattenwurfdauer ergibt und insoweit die Überschreitung von Immissionsrichtwerten gegeben ist. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG liegt demnach hinsichtlich der Schattenwurfimmissionen vor.
(4) Es ist strittig, inwieweit Schutzvorkehrungen des Betreibers bereits im Rahmen des reinen Anzeigeverfahrens zu würdigen sind. Zum einen ist insofern die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verfahrensbeschleunigung und die Ausgestaltung des Anzeigeverfahrens nach den §§ 15, 16 BImSchG als präventives Kontrollverfahren mit kurz bemessenen Fristen und dadurch zwangsläufig beschränkter Prüfungstiefe zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 7.8.2012 – 7 C 7/11 – juris Rn. 14). Es sollte gerade ein vereinfachtes Verfahren geschaffen werden, ohne tiefgehende Prüfung beispielsweise von Schutzvorkehrungen. Die materiell-rechtliche Prüfung im Anzeigeverfahren ist daher nur eingeschränkt möglich. Auch das Bundesverwaltungsgericht nimmt an, dass das Anzeigeverfahren nach den §§ 15, 16 BImSchG wegen der fehlenden materiell-rechtlichen Bindungswirkung nur in einfach gelagerten Fällen Bedeutung erlangen wird (vgl. BVerwG, U.v. 7.8.2012 – 7 C 7/11 – juris Rn. 16). Dies zeigt, dass auch das Bundesverwaltungsgericht nicht von einer tiefgehenden Prüfung ausgeht, diese soll gerade dem Änderungsgenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Teilweise wird hinsichtlich der Berücksichtigung von Schutzvorkehrungen differenziert zwischen bereits getroffenen Schutzvorkehrungen und derartigen Schutzvorkehrungen, die erst im Zusammenhang mit der Anlagenänderung festgelegt werden sollen (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 16 BImSchG Rn. 85). Schon getroffene Schutzvorkehrungen könnten demnach bereits im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit und damit im Rahmen des Anzeigeverfahrens Berücksichtigung finden. Hingegen würden Schutzvorkehrungen, die erst im Zusammenhang mit der Anlagenänderung festgelegt werden sollen, zu einer eingehenden Überprüfung führen, ob tatsächlich nachteilige Auswirkungen auszuschließen seien. Diese Prüfung sei in der Regel nicht mehr Frage der Genehmigungsbedürftigkeit, sondern der Genehmigungsfähigkeit und gehöre daher in das Genehmigungsverfahren (vgl. Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, 87. EL Juli 2018, § 16 BImSchG Rn. 85). Auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ist die strittige Frage erörtert worden. Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis der Problematik bewusst davon abgesehen, eine dem § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG entsprechende Bestimmung auch in § 16 Abs. 1 BImSchG aufzunehmen (BT-Drs. 13/5100, S. 25). Ausdrücklich wird mitgeteilt, dass „im Zusammenhang mit der Änderung vorgesehene Maßnahmen zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen [(..)] das Genehmigungserfordernis nicht aufheben können. Ob bei einer Änderung, die als solche nachteilige Wirkungen verursachen kann, ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen sind, muß im Genehmigungsverfahren geprüft werden.“ (BT-Drs. 13/5100, S. 25). Damit kommt der Wille zum Ausdruck im Rahmen des Anzeigeverfahrens noch keine Schutzvorkehrungen zu berücksichtigen, sondern diese gerade dem Änderungsgenehmigungsverfahrens vorzubehalten. Anders wird dies ausdrücklich im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG gesehen. Danach erkennt auch der Gesetzgeber eine bewusste Unterscheidung an: „Während es für den Begriff der wesentlichen Änderung darauf ankommt, ob erhebliche Auswirkungen überhaupt hervorgerufen werden können, läßt Satz 2 hinsichtlich der Entscheidung für die Öffentlichkeitsbeteiligung – wie bisher – die Saldierung zu, ob die nachteiligen Auswirkungen konkret nach außen durchschlagen oder durch entsprechende Gegenmaßnahmen ausgeschlossen oder kompensiert werden.“ (BT-Drs. 13/5100, S. 25). Dies zeigt, dass eine Berücksichtigung von Schutzvorkehrungen lediglich im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG gewünscht ist. Demnach spricht gegen eine Berücksichtigung der Umkehrschluss aus § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG (vgl. auch: Hansmann, NVwZ 1997, 105 (109)).
Dies kann jedoch letztendlich im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn wenn eine Einbeziehung von Schutzvorkehrungen nicht überhaupt ausscheidet, so ist für ihre Berücksichtigung jedenfalls erforderlich, dass sie bereits vorhanden und in der Änderungsanzeige des Betreibers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auch bezogen auf den geänderten Betrieb hinreichend konkret umschrieben sind (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 16.1.2018 – 12 ME 230/17 – juris Rn. 9). Eine Berücksichtigung lediglich geplanter Schutzvorkehrungen wird dem Charakter des Anzeigeverfahrens nicht gerecht.
Vorliegend fehlen bereits vorhandene Schutzvorkehrungen bzw. Schutzvorkehrungen, die in der Änderungsanzeige enthalten sind. Zwar besteht bislang im Rahmen der ersten Genehmigung die Auflage 1.4.2., diese schützt aber lediglich den Immissionsort IO C vor den längeren Schattenwurfzeiten. Ein Schutz der Immissionsorte IO A und IO B kann keinesfalls durch die Auflage 1.4.2 der ursprünglichen Genehmigung in Betracht kommen. Eine verbindliche Erklärung seitens der Beigeladenen hinsichtlich der Betriebsmodifikationen zur Begrenzung der realen Schattenwurfzeiten liegt nicht vor. Hierfür genügt gerade nicht der pauschale Verweis im Schreiben vom 15. Dezember 2017, mit der die Änderung angezeigt wurde. Hieraus ist nur zu folgern, dass das immissionsschutztechnische Gutachten übersendet wird. Es kommt nicht der Wille zum Ausdruck, dass alle dortigen „Auflagenvorschläge“ entsprechend eingehalten werden sollen, ein Bindungswille ergibt sich unter Anwendung des objektiven Empfängerhorizontes gemäß §§ 133, 157 BGB analog nicht. Dieser Schluss lässt sich auch nicht aus dem Gutachten selbst ziehen, da hier lediglich die Formulierung zu finden ist, es könne eine Abschalteinrichtung vorgesehen werden (Gutachten vom 18. Dezember 2017, S. 28). Eine Verbindlichkeit zeigt diese Aussage nicht. Des Weiteren findet sich im Gutachten auf S. 30 lediglich ein „Vorschlag“ einer immissionsschutztechnischen Auflage zur Einhaltung der realen Schattenwurfimmissionen, nicht aber eine verbindliche Erklärung dahingehend, dass diese Abschalteinrichtung betrieben werden wird. Auch dass eine Abschalteinrichtung Stand der Technik bei allen aktuellen Windenergieanlagentypen sei, vermag daran nichts zu ändern. Denn allein die Tatsache, dass derartige Vorkehrungen üblich sind, kann noch nicht die Wesentlichkeit der Änderungen ausschließen. Damit geht keine ausreichende Rechtssicherheit einher. Es ist damit noch nicht verbindlich gesichert, dass die Schattenwurfimmissionen das zulässige Maß einhalten.
(5) Der wesentlichen Änderung kann im Übrigen auch nicht durch die Erteilung von Auflagen im Rahmen der Freistellungserklärung entgegengetreten werden. Denn wie dargelegt sind solche Schutzvorkehrungen gerade nicht berücksichtigungsfähig. Sie sprechen vielmehr für die Annahme einer wesentlichen Änderung. Eine Erteilung von Auflagen ist dem reinen Anzeigeverfahren fremd. Nebenbestimmungen, die die Errichtung oder den Betrieb der Anlage regeln, können nicht beigefügt werden, sie widersprechen gerade der Funktion der Freistellungserklärung als Entscheidung über die Genehmigungsbedürftigkeit (Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL Juli 2018, § 15 BImSchG Rn. 75). Damit würde nicht nur die formelle Rechtmäßigkeit in den Blick genommen, sondern darüber hinaus eine Regelung zur materiellen Genehmigungsfähigkeit aufgenommen.
c) Schließlich werden durch das rechtswidrig unterlassene Änderungsgenehmigungsverfahren auch Belange berührt, die zu den satzungsgemäßen Zielen des Antragsstellers gehören. Aufgrund des Unterlassens des Änderungsgenehmigungsverfahrens war eine Auseinandersetzung mit naturschutzrechtlichen und artenschutzrechtlichen Belange gerade nicht im Rahmen dieses Verfahrens gemäß § 16 BImSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG möglich. Es spricht vieles für eine weite Auslegung dieses Erfordernisses, schließlich sollte mit der Gesetzesänderung gerade eine Erweiterung der Klagebefugnis der Umweltverbände einhergehen, um den Anforderungen des Art. 9 Abs. 3 AK gerecht zu werden. Die Rechtsstellung der Umweltverbände sollte gerade gestärkt und nicht durch eine zusätzliche Einschränkung der zu rügenden Belange beschränkt werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass mehr dafür spreche, dass auf die zulässige Klage einer anerkannten Umweltvereinigung die objektive Rechtmäßigkeit der Zulassung eines Vorhabens, das seiner Art nach den satzungsgemäßen Aufgabenbereich der klagenden Vereinigung berührt, ohne Beschränkung auf bestimmte Gründe zu prüfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1/16 – juris Rn. 28).
Das Vorhaben an sich, also die Windenergieanlage, ist unzweifelhaft in der Lage, naturschutzrechtliche Belange zu berühren. Dem kann auch nicht durch die Vorlage eines artenschutzrechtlichen Gutachtens im Rahmen des Anzeigeverfahrens gemäß § 15 BImSchG entgegengetreten werden, da in diesem Verfahren eine Prüfung des artenschutzrechtlichen Gutachtens nicht erfolgt. Schließlich sind insoweit nur Belange im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG von Relevanz. Des Weiteren kann nicht auf das Baugenehmigungsverfahren verwiesen werden, da es sich hierbei um ein anderes verwaltungsrechtliches und auch zu Unrecht gewähltes Verfahren handelt und insofern die Belange des Antragstellers gerade nicht im Rahmen des gemäß § 16 BImSchG erforderlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens berücksichtigt werden. Ein Verweis auf das Geltendmachen der Belange im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens wird der Rechtsstellung der Umweltverbände im Rahmen der Verbandsklage nach § 2 UmwRG nicht gerecht.
d) Daneben handelt es sich vorliegend bei dem rechtswidrigen Unterlassen eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG auch nicht nur um einen unbeachtlichen Verfahrensfehler gemäß § 4 Abs. 5 UmwRG. § 4 Abs. 5 UmwRG stellt klar, dass § 4 UmwRG keine Regelung über die Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Nrn. 4, 5 und 6 UmwRG trifft, die Absätze 1 bis 4 finden insoweit keine Anwendung (BT-Drs. 18/9526, S.41). Bei einer fehlerhaften Freistellungserklärung bzw. bei einer Unterlassung des erforderlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens geht es nicht um eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne des § 4 UmwRG. Der Begriff des Verfahrensfehlers in diesem Sinne meint grundsätzlich Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die die äußere Ordnung des Verfahrens betreffen, also einzelne Verfahrensschritte wie beispielsweise die Beteiligung anderer Behörden. §§ 15, 16 BImSchG hingegen stellen keine formellen Anforderungen an die Überprüfung, ob eine wesentliche Änderung vorliegt, sondern regeln gerade die Voraussetzungen, unter denen ein Änderungsgenehmigungsverfahren erforderlich ist (vgl. zur FFH-Vorprüfung BVerwG, U.v. 14.7.2011 – 9 A 12.10 – juris). Mit der Wahl des Anzeigeverfahrens geht außerdem eine fehlende Prüfung der Belange gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG einher.
Angesichts der Erfolgsaussichten der Hauptsache war die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Besondere Interessen, die dem entgegenstünden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem der Beigeladene keinen Antrag zur Sache gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz i.V.m. Nrn. 19.2, 2.2.2 und 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs.


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