Baurecht

Einziehung eines für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Grundstücks

Aktenzeichen  8 ZB 19.2027

Datum:
24.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27523
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4
BayStrWG Art. 8 Abs. 1

 

Leitsatz

Die in Art. 8 Abs. 1 BayStrWG statuierte Rechtspflicht zur Einziehung einer Straße im überwiegenden öffentlichen Interesse oder bei Verlust jeglicher Verkehrsbedeutung besteht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit; Einzelinteressen Dritter sind nicht genannt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 18.1615 2019-03-06 VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Einziehung eines Grundstücks, das der Beigeladene dem öffentlichen Verkehr als Parkplatz zur Verfügung gestellt hat.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung K* … im Gemeindegebiet des Beigeladenen, das mit einem von ihr nicht bewohnten Einfamilienhaus und einer Garage bebaut ist. Das Grundstück ist zugänglich über zwei Zufahrten von der Orts straße „A* …“ sowie über ein Tor vom angrenzenden Grundstück FlNr. …, das als öffentlicher Parkplatz genutzt wird. An der Grenze zwischen dem klägerischen Grundstück und dem Parkplatz befindet sich ein Maschendraht-Gartenzaun mit einer Hecke, die auf das gemeindliche Grundstück hinausragt. Der von dem Beigeladenen geforderte Rückschnitt dieser Hecke war bereits Anlass zu Schriftwechseln mit der Klägerin.
Mit Urteil vom 6. März 2019 hat das Verwaltungsgericht Augsburg die auf die umgehende Untersagung des Grundstücks FlNr. … zum Parken und Abstellen von Fahrzeugen gerichtete Klage als unzulässig und im Übrigen jedenfalls unbegründet abgewiesen. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
1. Der von der Klägerin – nicht ausdrücklich genannte, im Wege der Auslegung ermittelte – Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
1.1 Die im Stil einer Berufungsbegründung abgefasste Zulassungsbegründung verfehlt weitgehend die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, der eine Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Darlegungen des angefochtenen Urteils verlangt (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2019 – 20 ZB 18.2418 – juris Rn. 3; OVG NW, B.v. 5.6.2019 – 3d A 1849/18.O – juris Rn. 12). Die Zulassungsbegründung befasst sich nur stellenweise und größtenteils nicht substanziell mit der erstinstanzlichen Begründung.
1.2 Die Wertung des Verwaltungsgerichts, die Klage sei unzulässig, da der Klägerin der für eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Verpflichtungs- bzw. Vornahmeanspruch gegen den Beklagten nicht zustehe, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt, dass die in Art. 8 Abs. 1 BayStrWG statuierte Rechtspflicht zur Einziehung einer Straße im überwiegenden öffentlichen Interesse oder bei Verlust jeglicher Verkehrsbedeutung ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit besteht; Einzelinteressen Dritter sind nicht genannt (BayVGH, B.v. 25.2.2010 – 8 ZB 09.1107 – juris Rn. 41).
Soweit das Zulassungsvorbringen auf eine Abwägung der Interessen des Allgemeingebrauchs an der Nutzung des Grundstücks FlNr. … als Parkplatz mit den Eigentumsinteressen der Klägerin abstellt, um die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils in Zweifel zu ziehen, vermag dies die Berufungszulassung nicht begründen. Es ist bereits nicht erkennbar und auch nicht dargelegt, aus welcher Norm der Zulassungsantrag eine solche Interessenabwägung ableitet und inwiefern diese Norm der Klägerin eine subjektive Rechtsposition als Grundlage der Klagebefugnis verleiht.
1.2 Auf die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbegründetheit der Klage kommt es nicht an. Wegen der Verschiedenheit der Rechtskraftwirkung einer Prozess- und einer Sachabweisung darf eine Klage nicht zugleich aus prozessrechtlichen und aus sachlich-rechtlichen Gründen abgewiesen werden (vgl. BVerwG, B.v. 14.12.2018 – 6 B 133.18, NVwZ 2019, 649 = juris Rn. 21 m.w.N.). Da die Klage verfahrensfehlerfrei durch Prozessurteil als unzulässig abgelehnt worden ist, erstreckt sich die Rechtkraft der Entscheidung nicht auf die Erwägungen zur Begründetheit (BVerwG, B.v. 17.7.2019 – 3 BN 2.18 – juris Rn. 23).
Im Übrigen macht der Zulassungsantrag weder einen Verfahrensmangel dergestalt geltend, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil trotz Verneinung der Sachurteilsvoraussetzungen Ausführungen zur Sache enthält, noch könnte das Urteil des Verwaltungsgerichts angesichts der zutreffenden Erwägungen zur Unzulässigkeit der Klage auf einem solchen Verfahrensmangel beruhen (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.2019 – 3 B 48.18 – juris Rn. 15 m.w.N.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO (zur Nichterstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen im Zulassungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2017 – 8 ZB 15.2664 – ZfB 2018, 33 = juris Rn. 24).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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