Baurecht

Erfolglose Berufungszulassung: Nachbar wendet sich gegen die Errichtung eines Laufstalls für Rinder im Außenbereich

Aktenzeichen  1 ZB 18.2158

Datum:
9.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16266
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Da Betriebe der Landwirtschaft im Hinblick auf ihren Standort beschränkt sind und lediglich im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) errichtet werden dürfen, sind dort die mit ihnen einhergehenden Immissionen gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots von benachbarten Nutzungen grundsätzlich hinzunehmen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 K 16.5763 2018-04-12 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben je zur Hälfte die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Kläger wenden sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung eines Laufstalls für Jungrinder (21 Großvieheinheiten) mit Güllekeller und Bergehalle auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung L … Der Kläger zu 1 ist Eigentümer des südlich hiervon gelegenen Grundstücks FlNr. …, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Der Kläger zu 2 ist Eigentümer des nordwestlich des Vorhabens gelegenen Grundstücks …, das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut ist.
Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Baugenehmigung verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Vorhabenstandort liege im Außenbereich. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Kläger, deren Grundstücke im unbeplanten Innenbereich lägen, komme daher nicht in Betracht. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Es ergäben sich für die Kläger, deren Wohngebäude ca. 28 m bzw. 33 m vom „Laufhof“ bzw. vom Stall entfernt seien, keine unzumutbaren Beeinträchtigungen. Es könne offenbleiben, ob die Anwesen der Kläger in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet, in einem faktischen Dorfgebiet oder in einer Gemengelage lägen, denn selbst bei einer Lage in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet, ergäben sich für die Kläger keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen. Die Grundstücke der Kläger befänden sich zum Vorhabengrundstück hin an der Grenze zum Außenbereich, sodass ihnen ein höheres Maß an Geruchsimmissionen zuzumuten sei. Zudem sei die Anzahl der Großvieheinheiten für den Zeitraum Juni bis September auf zehn Großvieheinheiten beschränkt. Das Gebiet weise einen dörflichen, landwirtschaftsaffinen Charakter auf, so dass den Klägern unter Würdigung der Gesamtumstände die auftretenden Geruchsimmissionen zumutbar seien. Selbiges gelte für auftretende Lärmimmissionen. Die TA Lärm sei auf den Betrieb des Beigeladenen bereits nicht anwendbar.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Genehmigung die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt.
1.1. Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Baugenehmigung gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt.
Es kann dabei offenbleiben, ob sich die Grundstücke der Kläger in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet, einem faktischen Dorfgebiet oder in einer Gemengelage befinden. Denn selbst bei einer Einstufung als faktisches allgemeines Wohngebiet könnten die Kläger aufgrund ihrer Lage zum Außenbereich nur das Schutzniveau eines Dorfgebiets beanspruchen. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs nicht damit rechnen können, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen oder nur Wohnbebauung zugelassen werden; sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht (BVerwG, B. 7.7.2004 – 4 BN 16.04 – juris Rn.7; BayVGH, B.v. 25.10.2010 – 2 CS 10.2137 – juris Rn. 14). Das ist allgemein nicht der Fall, wenn die Immissionen nicht über das in einem Mischgebiet oder Dorfgebiet zulässige Maß hinausgehen; denn diese Gebiete dienen ebenfalls dem Wohnen (BVerwG, B.v. 18.12.1990 – 4 N 6.88 – NVwZ 1991, 881; BayVGH, B.v. 3.12.2017 – 9 CS 16.2477 – juris Rn. 19; U.v. 8.9.1998 – 27 B 96.1407 – BayVBl 1999, 215). Dass es sich hier nicht um einen Außenbereich am Ortsrand handelt, sondern um eine Außenbereichsinsel, rechtfertigt vorliegend keine andere Beurteilung. Denn es handelt sich um keine parkartigen Freiflächen, sondern um eine Wiesenfläche, die landwirtschaftlich genutzt bzw. geprägt wird. So werden auf dem Vorhabengrundstück, wenn auch im geringen Umfang, bereits Rinder gehalten. Auf dem Grundstück J H. Straße …, einem aufgegeben landwirtschaftlichen Anwesen, werden im hinteren Grundstücksbereich Esel gehalten. Insoweit spricht das Verwaltungsgericht zu Recht von einem landwirtschaftsaffinen Charakter des Gebiets.
Hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sich der Vorhabenstandort, an den die Kläger angrenzen, im Außenbereich befindet, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit nicht aufgezeigt. Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – ZfBR 2016, 67; U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – BVerwGE 152, 275; B.v. 17.1.2005 – 4 B 3.05 – juris Rn. 7; U.v. 12.12.1990 – 4 C 40.87 – NVwZ 1991, 879). Bebauung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist nicht jede beliebige Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2018 – 4 B 51.17 – NVwZ 2018, 1651; B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – ZfBR 2017, 471; U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – BauR 2012, 1626; BayVGH, B.v. 13.5.2020 – 1 ZB 19.1663 – juris Rn. 4; B.v. 31.3.2020 – 1 ZB 19.1961 – juris Rn. 5).
Nach diesen Maßstäben ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der im Rahmen einer Ortseinsicht getroffenen Feststellungen nachvollziehbar davon ausgegangen, dass die Fläche, auf der das Vorhaben realisiert werden soll, nicht mehr durch die umliegende Bebauung geprägt wird. Das Zulassungsvorbringen setzt dem seine Auffassung entgegen, ohne sich mit der ausführlichen Begründung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen. Die seitens der Kläger angeführte lockere Bebauung im Umgriff der freien Flächen vermag angesichts der klar abgesetzten Lage der Freiflächen und deren Größe eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dass das Wohnhaus auf dem Vorhabengrundstück auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB genehmigt worden sein soll, hat keine Auswirkungen für die Einstufung des Vorhabenstandorts. Denn für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich kommt es nicht auf die formalen Grundstücksgrenzen an, sodass ein Teilbereich eines Grundstücks dem Innenbereich zugordnet werden kann. Da für die Frage des Bebauungszusammenhangs grundsätzlich nur die tatsächlich vorhandene Bebauung entscheidend ist, ist ein etwaiger Vorbescheid für eine Bebauung im rückwärtigen Bereich des Grundstücks FlNr. … nicht entscheidungserheblich.
Zur Beurteilung der zu erwartenden Geruchsimmissionen hat das Landratsamt in der immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 28. Oktober 2016 zutreffend die „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom März 2016 herangezogen, die für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche eine brauchbare Orientierungshilfe darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2019 – 15 CS 19.2048 – juris Rn. 24; U.v. 10.5.2016 – 2 B 16.231 – juris Rn. 27; B.v. 25.10.2010 – 2 CS 10.2137 – juris Rn. 14). Ausgehend von der genehmigten Haltung von 21 Großvieheinheiten ergibt sich unter Heranziehung der oberen Abstandskurve im Abstandsdiagramm auf S. 5 der „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ für Dorfgebiete ein erforderlicher Mindestabstand von jedenfalls 25 m, oberhalb dessen eine Einzelfallprüfung nicht erforderlich ist. Die Orientierung an der oberen Abstandskurve trägt dem Umstand des offenen Stalls mit Güllekeller Rechnung (vgl. hierzu Stellungnahme der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (BA Bl. 147 f. sowie Kap. 3.2.2, S. 4 der Abstandsregelung für Rinderhaltungen). Dass unter Berücksichtigung des Maßstabs eines Dorfgebiets, der hier auf Grund der Lage der Kläger zum Außenbereich heranzuziehen ist, schädliche Umwelteinwirkungen entstehen, zeigt auch das von Klägerseite vorgelegte Gutachten nicht auf. Vielmehr geht auch dieses von einer Zulässigkeit des Vorhabens in einem Dorfgebiet aus. Ob und in welchem Umfang sich daher – wie vom Verwaltungsgericht angenommen der Weidegang positiv auf die Geruchsimmissionen auswirkt – kann daher offenbleiben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Standortgemeinde ein anerkannter Luftkurort ist. Soweit die Geruchsimmissions-Richtlinie – GIRL – in Kapitel 5 eine Empfehlung hinsichtlich der einzuhaltenden Geruchsstundenhäufigkeiten in Kurgebieten ausspricht, erfasst dies bereits nicht das gesamte Gemeindegebiet eines Luftkurorts, sondern nimmt auf § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO Bezug.
Das Zulassungsvorbringen zeigt im Hinblick auf Lärmimmissionen ebenfalls keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot auf. Nach Nummer 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm sind nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wegen der besonderen Privilegierung der Landwirtschaft ausdrücklich vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen. Da Betriebe der Landwirtschaft im Hinblick auf ihren Standort beschränkt sind und lediglich im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) errichtet werden dürfen, sind dort die mit ihnen einhergehenden Immissionen gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots von benachbarten Nutzungen grundsätzlich hinzunehmen. Die von landwirtschaftlichen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen sind daher auch in Bezug auf Lärm (Tiergeräusche, Lärm von Maschinen sowie Be- und Entlüftungsanlagen) gebietstypisch und daher in der Regel nicht als unzulässige Störung der in der Nachbarschaft vorhandenen oder geplanten Wohnnutzung anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2020 – 1 CS 20.1440 – juris Rn. 7, B.v. 10.2.2016 – 22 ZB 15.2329 – juris Rn. 22). Auf die Frage des Einfügens des Vorhabens kommt es entgegen dem Zulassungsvorbringen für die Frage der Anwendbarkeit der TA Lärm nicht an. Dass die TA Lärm unter Nummer 6.1 Buchst. g besondere Werte in Kurorten vorsieht, ist nicht entscheidungserheblich, da die TA Lärm hier bereits keine Anwendung findet.
1.2. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs der Kläger verneint. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die Ausführungen im Zulassungsvorbringen gerechtfertigt, dass mit Verwirklichung des Vorhabens dieses am Bebauungszusammenhang teilnehmen würde und damit das bisherige allgemeine Wohngebiet in ein Dorfgebiet kippen würde. Der Vorhabenstandort befindet sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung im Außenbereich, die Wohngebäude der Kläger im unbeplanten Innenbereich. In einem solchen Fall fehlt es von vornherein an einem bestehenden typisch wechselseitigen Verhältnis einer bodenrechtlichen Austausch- und Schicksalsgemeinschaft (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427; BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 20), zumal sich hier die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Regelungen des § 35 BauGB beurteilt. Sind aber die Eigentümer der betroffenen Grundstücke – wie hier – nicht denselben rechtlichen Bindungen unterworfen, können sie auch nicht von dem jeweils anderen Eigentümer deren Einhaltung verlangen, so dass ein grenzüberschreitender Gebietserhaltungsanspruch im Fall des § 34 Abs. 2 BauGB ausnahmslos ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – BauR 2013, 934; B.v. 22.12.2011 – 4 B 32.11 – BauR 2012, 1218). Im Übrigen ist aber auch der bisherige Gebietscharakter der Wohngebäude durch die Lage zum Außenbereich im Hinblick auf die Möglichkeit der Errichtung etwaiger privilegierter Vorhaben vorbelastet, so dass die Kläger stets mit einer Veränderung des Gebietscharakters zu rechnen hatten.
2. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass die Streitsache keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweisen, die eine Zulassung der Berufung erforderlich machen würden.
3. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung geklärt werden muss. Mit dem Zulassungsantrag sind die einzelnen Voraussetzungen darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Das Zulassungsvorbringen zeigt einen Klärungsbedarf nicht auf. Wie sich aus den Ausführungen unter 1.2 dieses Beschlusses ergibt, sind die Voraussetzungen eines Gebietserhaltungsanspruchs in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits in dem Sinn geklärt, dass ein grenzüberschreitender Gebietserhaltungsanspruch ausgeschlossen ist.
4. Die von den Klägern behaupteten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt.
Das Zulassungsvorbringen rügt, dass das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt habe, indem es aufgrund fehlender Sachkunde von unzutreffenden Annahmen im Hinblick auf die Geruchsimmissionen sowie im Hinblick auf die Lärmimmissionen ausgegangen sei.
Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO erfordert u.a. die Darlegung, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447; BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 8 ZB 15.1005 – juris Rn. 10). Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Die Kläger haben ausweislich der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts zu dem gerügten Aufklärungsdefizit keinen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge dient aber nicht dazu, Versäumnisse Beteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2015 a.a.O.; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – NVwZ-RR 2007). Dass sich dem Gericht auch ohne Beweisantrag weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen, ist nicht dargelegt. Dem Gericht lagen mehrere immissionsschutzfachliche Stellungnahmen des Landratsamts vor, auf die es seine Entscheidung im Wesentlichen stützen konnte, zumal diese seitens der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen wurden. In der Sache wenden sich die Kläger mit der Rüge eines Verfahrensfehlers gegen die aus ihrer Sicht unrichtige Bewertung des Sachverhalts. Hierauf kann ein Verfahrensfehler nicht gestützt werden.
Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO). Es entspricht der Billigkeit, ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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