Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen Baugenehmigung für Gästehaus

Aktenzeichen  M 9 K 17.2379

Datum:
9.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17212
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DSchG Art. 6 Abs. 2 S. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Ein baugebietsübergreifender Nachbarschutz unterliegt unabhängig davon, ob das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 BauNVO oder aus §§ 34 f. BauGB hergeleitet wird, jeweils denselben rechtlichen Grundsätzen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es gibt keinen allgemeinen nachbarlichen Abwehranspruch gegen im Außenbereich unzulässige Vorhaben; ein etwaiger Verstoß der Baugenehmigung gegen objektives Recht führt nicht zu einer Nachbarrechtsverletzung. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2. zu tragen. Die Beigeladene zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die streitgegenständliche Baugenehmigung in Gestalt des Änderungsbescheids verletzt die Klägerin nicht in subjektivöffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt werden (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris; VG München, B.v. 7.9.2016 – M 1 SN 16.3556 – juris).
Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist nicht erkennbar.
Zur Begründung wird zunächst vollumfänglich auf die Gründe zu II. des zwischen denselben Beteiligten ergangenen Eilbeschluss vom 17. Juli 2017 – M 9 SN 17.2380 – juris Bezug genommen. Der Ergänzungsbescheid bringt keine Änderungen zuungunsten der Nachbarn mit sich.
Ergänzend und bekräftigend wird noch Folgendes ausgeführt:
Auch der einbezogene Vortrag aus dem Normenkontrollverfahren ändert nichts daran, dass keine Rechtsverletzung ersichtlich ist. Dort wurden letztlich dieselben Themenkreise (Denkmalschutz, Verkehrslärm, Bl. 164ff. und Bl. 169ff. d. Gerichtsakts) zur Sprache gebracht, die im Eilbeschluss schon ausführlich behandelt wurden.
Eine Beeinträchtigung des Denkmals scheidet auch unter den Eindrücken des Augenscheins aus. Es wird kein Garagenriegel ausgeführt, sondern mittlerweile entstehen zurückgesetzt nur noch 2 Garagen und ein Carport. Eine „harte Baukante“ ist nicht ersichtlich.
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, scheidet ebenfalls aus. Die klägerische Rechtsmeinung zu den unterschiedlichen Maßstäben – je nachdem, ob das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 BauNVO hergeleitet werde oder aus §§ 34f. BauGB -, ist nicht nachvollziehbar. Es handelt sich so oder so um baugebietsübergreifenden Nachbarschutz, der sich nur nach dem Gebot der Rücksichtnahme bestimmt, das jeweils denselben rechtlichen Grundsätzen – bspw. § 3 Abs. 1 BImSchG – unterliegt (vgl. statt aller BayVGH, B.v. 12.9.2017 – 1 ZB 15.126 – juris; B.v. 14.10.2015 – 15 ZB 15.1404 -juris; B.v. 17.6.2010 – 15 ZB 09.2132 – juris; U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris). Der maßgebliche Immissionsort, Nr. 2.3 TA Lärm, bleibt immer das klägerische Grundstück, weswegen die planungsrechtliche Lage des Vorhabengrundstücks eine untergeordnete Rolle spielt. Die für die Einordnung nach TA Lärm maßgebliche Umgebung des Immissionsortes wurde vom Landratsamt M. – Technischer Umweltschutz – zu Recht als Mischgebiet angesehen (Stellungnahme vom 29. März 2017, Bl. 21 d. Behördenakts), die dort eigentlich geltenden Immissionsrichtwerte – 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts – sogar noch reduziert. Eine Überschreitung dieser Grenzwerte ist im Regelbetrieb nicht ansatzweise zu erwarten.
Mit dem Vortrag zu einem etwaigen Verstoß gegen die Landschaftsschutzverordnung und zu einer etwaigen unzulässigen persönlichen Beteiligung des 1. Bürgermeisters werden keine drittschützenden Positionen angesprochen. Zudem sind Verstöße nicht erkennbar.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch irrelevant wäre, ob das Vorhaben, wäre der Bebauungsplan unwirksam und würde es dementsprechend im Außenbereich ausgeführt, nach § 35 BauGB zugelassen werden könnte oder nicht: Es gibt keinen allgemeinen Abwehranspruch gegen im Außenbereich unzulässige Vorhaben; ein etwaiger objektivrechtlicher Verstoß der Baugenehmigung gegen § 35 Abs. 2, Abs. 3 BauGB führt nicht zu einer Nachbarrechtsverletzung (statt aller BayVGH, B.v. 21.3.2018 – 9 ZB 16.2081 – juris; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris, jeweils m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO; nur der Beigeladene zu 2. hat sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, der Klägerin nur seine außergerichtlichen Kosten aufzubürden. Die Beigeladene zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf
§ 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.


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