Baurecht

Erfolgloser Eilantrag gegen Beseitigungsanordnung für Kfz-Stellplatz im Außenbreich

Aktenzeichen  AN 17 S 18.00716

Datum:
28.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11142
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 59, Art. 76
BauGB § 35

 

Leitsatz

1. Die Vollziehung eines Verwaltungsakts (hier: Beseitigungsanordnung) führt jedenfalls dann, wenn ein jederzeit wieder rückgängig zu machender Zustand entsteht, nicht zu seiner Erledigung. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die fristgerechte Befolgung einer zwangsgeldbewährten Anordnung führt nur dann nicht zur Erledigung der Zwangsgeldandrohung, wenn die Behörde zu erkennen gibt, dass sie das Zwangsgeld gleichwohl beizutreiben gedenkt. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Annahme eines Stellplatzes für Kraftfahrzeuge ist eine bauliche Verfestigung des Untergrundes nicht nötig. Der zeitliche Umfang der Nutzung des Stellplatzes ist unerheblich. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein ungeordnetes Abstellen von Autos im Grünen vermittelt – auch wenn die Autos sich dort nur zeitweilig befinden – den Eindruck eines Abstellplatzes und ist mit der umliegenden Landschaft in keiner Weise vereinbar, sondern vielmehr als äußerst störend zu bewerten. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, vertreten durch ihre Geschäftsführerin …, …, …, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer Fläche, auf der Autos abgestellt wurden, sowie eine damit zusammenhängende Zwangsgeldandrohung.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … Bei einer – aufgrund einer entsprechenden Mitteilung der Gemeinde … stattgefundenen – Baukontrolle am 25. September 2017 wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück im südwestlichen Teil auf einer Fläche von ca. 100 m² fünf alte Autos abgestellt waren. Drei der Autos verfügten über kein Kennzeichen, eines trug ein rotes Kennzeichen und ein Auto ein gelbes Kennzeichen. In der Behördenakte (Bl. 5 ff., 9 f.) befinden sich Lichtbilder, auf welchen die beschriebene Situation zu erkennen ist.
Der betroffene Teil des Grundstücks liegt im baurechtlichen Außenbereich sowie im Geltungsbereich der Verordnung über den Schutz des Landschaftsraumes im … – „… (LSG Ost) vom 11. Januar 2005.
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 17. Oktober 2017 wurde die Antragstellerin über die beabsichtigte Anordnung der Beseitigung in Kenntnis gesetzt und ihr wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Antragstellerin trug gegenüber dem Antragsgegner mit Schreiben vom 2. November und 23. November 2017 vor, dass es sich um ein Privatgrundstück handle, auf welchem gelegentlich Fahrzeuge in fahrbereitem Zustand geparkt werden würden. Das Vorhaben sei daher nicht genehmigungspflichtig.
Mit Bescheid vom 19. März 2018, zugestellt am 21. März 2018, wurde der Antragstellerin aufgegeben, die bauliche Anlage „Lager-/Abstellplatz für alte Autos“ auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … zu beseitigen (Ziffer 1). Zudem wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR, für den Fall, dass die in Ziffer 1 genannte Verpflichtung nicht bis spätestens 13. April 2018 erfüllt werde, angedroht (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffer 1 des Bescheides wurde erklärt (Ziffer 3). Letztlich wurden der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt und für den Bescheid eine Gebühr in Höhe von 100,00 EUR sowie Auslagen in Höhe von 4,11 EUR festgesetzt (Ziffer 4).
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die bauliche Anlage ohne erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sei und die Herstellung rechtmäßiger Zustände auch durch eine nachträgliche Genehmigung nicht in Betracht komme. Eine nachträgliche Baugenehmigung könne nicht erteilt werden, da sich der Abstellplatz im Bereich des Landschaftsschutzgebietes befinden würde und insoweit von einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange auszugehen sei. Eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über das LSG Ost könne nicht erteilt werden, da durch derartige Lagerplätze der Gebietscharakter verändert und außerdem die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Landschaftsbild und das Recht auf Naturgenuss beeinträchtigt werden würde. Die Errichtung eines Lagerplatzes widerspräche massiv den Zielen der Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes, erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu verhindern und die heimische Tierund Pflanzenwelt und deren Lebensräume zu erhalten. Der Erlass des Bescheides entspreche daher pflichtgemäßem Ermessen. Es liege regelmäßig im öffentlichen Interesse, dass ungenehmigte nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen entfernt werden. Das Landratsamt habe die Anordnung nicht zuletzt im Hinblick darauf erlassen, dass sich andere rechtstreue Bauwerber durch das Verhalten des Betroffenen dazu ermuntert fühlen könnten, ebenfalls bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu errichten.
Zur Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde ausgeführt, dass ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO daran bestehe, dass unzulässige bauliche Anlagen wegen der Gefahr der Bezugnahme ehestmöglich beseitigt werden. Das Vorbild der Antragstellerin würde zu einer Nachahmung anspornen und damit die Effektivität der Verwaltungstätigkeit ernstlich gefährden.
Hinsichtlich der weiteren Ausführungen wird auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 19. März 2018 Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11. April 2018, bei Gericht eingegangen am 16. April 2018, Klage erhoben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das streitgegenständliche Grundstück entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht als Lagerplatz für alte Autos, sondern als gelegentlicher Parkplatz für die dort lebende Familie und die Firma der Antragstellerin benutzt werde. In dem Bereich würden schon seit Jahrzehnten Fahrzeuge abgestellt werden. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der betreffende Teil keine bauliche Anlage im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayBO darstelle, da es sich um eine reine Grünfläche und gerade keinen Lagerplatz handle. Aufgrund des Nichtvorliegens einer baulichen Anlage, bestünde auch keine Erlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung LSG Ost. Darüber hinaus liege weder eine Veränderung des Charakters des Gebiets, noch eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, des Landschaftsbildes oder des Rechts auf Naturgenuss vor.
Die Antragstellerin beantragt daher mit Schriftsatz vom 11. April 2018,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11.4.2018 gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 19.3.2018 anzuordnen.
Der Antragsgegner führt mit Schriftsatz vom 26. April 2018 weiter aus, dass von einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange auszugehen sei und verweist insofern auf die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 13. Oktober 2017 (Bl. 15 der Behördenakte). Es handle sich bei dem Platz, wie auch immer er bezeichnet werde, Lager-, Abstell- oder Stellplatz für Kraftfahrzeuge, um eine bauliche Anlage gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 5 BayBO. Eine Genehmigungspflicht ergebe sich insofern aus Art. 57 Abs. 1 Nr. 15b) BayBO. Es wird darauf hingewiesen, dass der Abstellplatz aktuell (Baukontrolle am 24.04.2018) geräumt und damit der Anordnung nachgekommen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist nur teilweise zulässig. Soweit er zulässig ist, ist er unbegründet.
1. Der Antrag ist unter Zugrundelegung einer sachgerechten Auslegung (§ 88 VwGO) nur hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in Ziffer 3) in Bezug auf die Ziffer 1) des streitgegenständlichen Bescheides zulässig.
a) Der streitgegenständliche Antrag ist nach dem erkennbaren Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. März 2018 bezüglich Ziffer 3) und als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19. März 2018 bezüglich Ziffer 2) auszulegen (§ 88 VwGO).
Unter Ziffer 3) des Bescheides vom 19. März 2018 wurde die sofortige Vollziehbarkeit hinsichtlich der Ziffer 1) angeordnet. In einem solchen Fall entfällt die aufschiebende Wirkung einer Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, womit ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist. Bezüglich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2) ist festzustellen, dass insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage bereits kraft Gesetzes entfällt, vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 21a VwZVG, und daher insoweit ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung statthaft ist.
b) Der Umstand, dass nach den Angaben des Antragsgegners die Autos mittlerweile vollständig beseitigt wurden, führt vorliegend zur Unzulässigkeit des Antrags im Hinblick auf die in Ziffer 2) des Bescheides enthaltende Zwangsgeldandrohung. Auf die Zulässigkeit des Antrags hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in Ziffer 3) in Bezug auf die Ziffer 1) hat dies hingegen keine Auswirkungen.
Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist es grundsätzlich, dass in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft ist (§ 123 Abs. 5 VwGO). Eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist wiederum nur dann statthaft, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt noch nicht erledigt hat. Ist hingegen von einer Erledigung auszugehen, fehlt dem Antrag in der Regel das Rechtschutzbedürfnis.
Von einer derartigen Erledigungssituation kann vorliegend mit Blick auf die Beseitigungsanordnung jedoch gerade nicht ausgegangen werden, da die Vollziehung eines Verwaltungsakts jedenfalls dann, wenn ein jederzeit wieder rückgängig zu machender Zustand entsteht, nicht zu seiner Erledigung führt (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 104). Die Erfüllung einer auferlegten Verpflichtung führt nicht ohne weiteres zu einem Entfall der mit dem Bescheid verbundenen Beschwer, der den Rechtsgrund für das geforderte Verhalten bildet. Für den Fall der Rückgängigmachung der Verpflichtung kann der angefochtene Bescheid erneut Rechtsfolgen entfalten (vgl. BayVGH B.v. 25.7.2014 – 1 ZB 13.514 – juris Rn. 8). Die Antragstellerin hat die Autos vorliegend offenbar unter dem Druck des Bescheides und der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit entfernt. Darüber hinaus können Autos ohne weiteres entfernt und auch jederzeit am gleichen Ort ohne größeren Aufwand wieder abgestellt werden. Mithin kann aufgrund der vorliegenden Umstände nicht von einer Erledigung der Beseitigungsanordnung ausgegangen werden, womit auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eben dieser Anordnung statthaft bleibt.
Anderes gilt jedoch bezüglich des in Ziffer 2) angedrohten Zwangsgeldes. Insoweit ist nämlich festzustellen, dass die Antragstellerin der Anordnung innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen ist. Bei der Androhung eines Zwangsgeldes handelt es sich nach Art. 31 Abs. 3 Sätze 2 und 3 VwZVG um einen aufschiebend bedingten Leistungsbescheid. Wird die Pflicht, deren Durchsetzung die Zwangsgeldandrohung dient, rechtzeitig erfüllt, so kann die Bedingung, von der die Fälligkeit des Zwangsgeldes abhängt, nicht mehr eintreten. Die konkrete Zwangsgeldandrohung kann insoweit nicht mehr Grundlage für die Festsetzung eines Zwangsgeldes sein. Von einer Beschwer kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Behörde zu erkennen gibt, dass sie das Zwangsgeld gleichwohl beizutreiben gedenkt. Sofern dies – wie auch hier – nicht der Fall ist, führt hingegen die fristgerechte Befolgung einer zwangsgeldbewehrten Anordnung zur Erledigung der Zwangsgeldandrohung (vgl. BayVGH B.v. 26.4.2012 – 11 CS 12.650 – juris Rn. 13). Sollte die Antragstellerin die Autos erneut auf dem Grundstücksteil abstellen, wäre vielmehr eine erneute Zwangsgeldandrohung vorzunehmen.
2. Der Antrag ist im Übrigen unbegründet, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht und die Interessenabwägung des Gerichts ein Überwiegen des Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ergibt. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Die im Rahmen des Eilverfahrens durchgeführte summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu dem Ergebnis, dass die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird.
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit weist vorliegend keine formellen Fehler auf, die zu einer entsprechenden Aufhebung der Anordnung führen würde.
Insbesondere genügt die im Bescheid enthaltene Begründung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung angeordnet wird, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Unter Berücksichtigung der besonderen Funktionen der Vollziehungsanordnung (Warn- und Schutzfunktion) bedarf es für eine ausreichende Begründung einer schlüssigen konkreten Auseinandersetzung im Einzelfall unter substantiierter Darlegung der wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, wieso gerade im konkreten Fall ein Aufschub der Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht hingenommen werden kann (BayVGH B.v. 6.10.2000 – 2 CS 98.2373 – juris). Diesen Anforderungen wird die Begründung im Bescheid vom 19. März 2018 gerecht, indem der Antragsgegner darlegt, dass eine unzulässige bauliche Anlage wegen der Gefahr der Bezugnahme ehestmöglich beseitigt werden muss und die Interessen der Antragstellerin an einer abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit zurückstehen müssen. Hierdurch wird auf den konkreten Einzelfall ausreichend Bezug genommen. Das Gericht verkennt nicht, dass die Anforderungen an die Begründung des Sofortvollzugs im Fall einer Beseitigungsanordnung, aufgrund der damit einhergehenden Wirkungen, regelmäßig einem strengeren Maßstab unterliegen (vgl. Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Band I, Art. 76 Rn. 332 ff.). Gerade im konkreten Fall ist aber auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Autos um verhältnismäßig einfach zu bewegende Gegenstände handelt und die Entfernung selbiger gerade nicht – wie sonst in der Regel bei Beseitigungsanordnungen – zu einem nicht oder nur schwer rückgängig zu machenden Zustand führt.
b) Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Der Bescheid des Antragsgegners vom 19. März 2018 erweist sich nämlich als rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
aa) Rechtsgrundlage für eine Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die vollständige oder teilweise Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert worden sind, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Erforderlich ist demnach zum einen, dass im Fall einer genehmigungsbedürftigen Anlage, diese formell baurechtswidrig, d.h. ohne durch die erforderliche Baugenehmigung gedeckt zu sein, errichtet oder geändert wurde, und darüber hinaus materiell baurechtswidrig ist, d.h. sie auch nicht (nachträglich) genehmigt werden kann. Bei genehmigungsfreien Vorhaben kommt es allein auf die materielle Rechtslage an (vgl. etwa BVerwG U.v. 10.12.1982 – 4 C 52/78 – juris Rn.13; BayVGH B.v. 20.01.2003 – 20 ZB 99.3616 – juris Rn. 3).
bb) Zunächst ist festzustellen, dass es sich vorliegend um einen Stellplatz für Kraftfahrzeuge, mithin um eine bauliche Anlage im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BayBO handelt. Der Anwendungsbereich der Bayerischen Bauordnung ist demgemäß eröffnet, vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayBO.
Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Diese Voraussetzung ist vorliegend zwar nicht erfüllt, da es sich ausweislich des Vortrags der Antragstellerin sowie der in der Akte befindlichen Lichtbilder um eine unbefestigte Fläche handelt und diese demzufolge nicht aus Bauprodukten hergestellt ist. Allerdings werden über die gesetzliche Fiktion des Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBO auch Anlagen, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, überwiegend ortsfest benutzt zu werden, sowie konkrete, in den Nummern 1 bis 5 aufgezählte Anlagen, den baulichen Anlagen gleichgestellt. In diesen Fällen kommt es dann nicht mehr darauf an, ob die Anlage aus Bauprodukten hergestellt ist. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BayBO erklärt insoweit Stellplätze für Kraftfahrzeuge zu baulichen Anlagen. Nach der in Art. 2 Abs. 8 Satz 1 BayBO enthaltenen Legaldefinition sind Stellplätze Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen dienen. Eine bauliche Verfestigung des Untergrundes ist für die Annahme eines Stellplatzes nicht nötig (vgl. OVG Saarland B.v. 8.12.2010 – 2 B 277/10 – NVwZ-RR 2011, 274), denn dieser Umstand führt letztlich nur dazu, dass es sich in diesen Fällen um eine bauliche Anlage im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BayBO und nicht um eine solche im Sinne des Abs. 1 Satz 1 handelt (vgl. auch Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Band I, Art. 2 Rn. 224). Dies zugrunde gelegt bestehen für das Gericht keine Zweifel an der Annahme eines derartigen Stellplatzes, denn selbst nach dem Vortrag der Antragstellerin werden auf der streitgegenständlichen Fläche zeitweilen Autos geparkt und damit abgestellt. Der zeitliche Umfang ist dabei unerheblich. Bestätigt wird dieser Eindruck letztlich auch durch die in der Behördenakte vorgelegten Lichtbilder, auf denen eindeutig zu erkennen ist, dass sich dort abgestellt Fahrzeuge befinden bzw. befunden haben.
cc) Das streitgegenständliche Vorhaben ist formell baurechtswidrig, da eine hierfür gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderliche Baugenehmigung nicht vorliegt. Es handelt sich nicht um ein verfahrensfreies Vorhaben, insbesondere greift Art. 57 Abs. 1 Nr. 15b) BayBO nicht ein, da sich der Stellplatz – dies ist soweit ersichtlich auch unstreitig zwischen den Beteiligten – im Außenbereich befindet. Der betroffene Bereich liegt ausgehend von der Übersichtskarte (vgl. Bl. 11 der Behördenakte) sowie den bei der behördlichen Ortseinsicht angefertigten Lichtbildern weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die für die Abgrenzung zwischen den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen (§ 34 BauGB) und dem Außenbereich (§ 35 BauGB) maßgeblichen Kriterien sind in der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 BauGB ist, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Vorliegend ist schon eine aufeinanderfolgende Bebauung nicht zu erkennen. Mithin ist von einem genehmigungspflichtigen Bauvorhaben auszugehen.
dd) Der Stellplatz ist darüber hinaus materiell baurechtswidrig, da dieser mit dem materiellen Recht nicht in Einklang steht und auch nicht gebracht werden kann. Der Stellplatz stellt sich als nicht genehmigungsfähig dar.
Eine Baugenehmigung kann nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO nur dann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen anderer Genehmigungen, die durch die Baugenehmigung ersetzt werden, erfüllt sind. Der betroffene Teil des Grundstücks – auch dies ist insoweit unstreitig – liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung LSG Ost, so dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer nach dieser Verordnung erforderlichen Erlaubnis vorliegen müssen und die zuständige Naturschutzbehörde ihr Einvernehmen erteilt haben muss (Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft die Erholung in der freien Natur (BayNatSchG); § 4 Abs. 5 LSG Ost, der insoweit noch auf die vormals geltende Fassung des Art. 13a Abs. 2 BayNatSchG verweist). Das Erfordernis einer entsprechenden naturschutzrechtlichen Erlaubnis folgt konkret aus § 4 Abs. 1 Nr. 1 LSG Ost, da es sich – wie bereits eingangs festgestellt – um eine bauliche Anlage im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayBO handelt. Nach § 4 Abs. 3 LSG Ost ist eine Erlaubnis zu erteilen, wenn das Vorhaben keine der in § 3 LSG Ost genannten Wirkungen hervorrufen kann oder diese Wirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Dementsprechend darf das Vorhaben weder zu einer Veränderung des Gebietscharakters führen, noch den in § 2 LSG Ost genannten Schutzzwecken zuwiderlaufen. Zweck der Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes ist es unter anderem, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des in dem zu schützenden Landschaftsraum typischen Landschaftsbildes zu bewahren. Im Bescheid vom 19. März 2018 sowie in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 13. Oktober 2017 wurde ausführlich dargelegt, dass das Vorhaben den Schutzzwecken der Verordnung zuwiderläuft. Mit der Stellungnahme hat die Untere Naturschutzbehörde das Vorhaben eindeutig abgelehnt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die pauschale Behauptung der Antragstellerin, dass eine Beeinträchtigung nicht gegeben sei, vermag diese Beurteilung nicht zu erschüttern. Seitens des Gerichts sei insbesondere auf den Aspekt der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes hingewiesen, der sich auch den in der Behördenakte befindlichen Lichtbildern eindeutig entnehmen lässt. Ein ungeordnetes Abstellen von Autos im Grünen, wie auf den vorgelegten Lichtbildern erkennbar, vermittelt – auch wenn die Autos sich dort nur zeitweilig befinden – den Eindruck eines Abstellplatzes und ist auch nach Auffassung des Gerichts mit der umliegenden Landschaft in keiner Weise vereinbar, sondern vielmehr als äußerst störend zu bewerten. Im Übrigen folgt das Gericht der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 13. Oktober 2017 sowie den Ausführung im Bescheid vom 19. März 2018, nimmt insoweit auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Aufgrund der soeben angestellten Erwägungen, erweist sich das Vorhaben darüber hinaus auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als unzulässig und damit gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO als genehmigungsunfähig, da durch das Vorhaben zugleich auch öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt werden. Die naturschutzrechtliche Beurteilung im Hinblick auf die Erlaubnisfähigkeit im Rahmen einer Lanschaftsschutzverordnung hat zugleich Relevanz für die Beurteilung einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (vgl. so im Grundsatz BVerwG U.v. 27.6.2013 – 4 C 1.12 – juris).
ee) Die Beseitigungsanordnung ist auch hinsichtlich der Ermessensausübung durch den Antragsgegner nicht zu beanstanden. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Ein gem. § 114 VwGO seitens des Gerichts zu berücksichtigender Ermessensfehler wurde hier weder vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere folgt aus der Tatsache, dass auf der betroffenen Fläche bereits seit Jahrzehnten Autos abgestellt wurden, keine Einschränkung des Ermessens des Antragsgegners zum Erlass der streitgegenständlichen Beseitigungsanordnung. Dies gilt selbst dann, wenn der Antragsgegner die Zustände stillschweigend geduldet haben sollte. Denn die Befugnis zum Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen unterliegt auch bei jahrelanger Untätigkeit der Behörde nicht der Verwirkung (BayVGH, B. v. 25.5.2012 – 14 CS 12.242, juris; BayVGH, B. v. 2.9.2010 – 14 ZB 10.1461, juris). Anhaltspunkte für ein über ein bloßes Unterlassen hinausgehendes Verhalten, das bei der Antragstellerin einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben könnte, hat diese weder vorgetragen noch sind solche Anhaltspunkte sonst ersichtlich.
3. Der Antrag war demnach abzulehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei der Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wurde.


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