Baurecht

Erfolgloser Eilantrag gegen sofortige Vollziehbarkeit der einem Nachbarn erteilten Baugenehmigung zur Sanierung und Teilumnutzung eines Gasthauses

Aktenzeichen  AN 3 S 18.00458

Datum:
19.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 7091
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauNVO § 1 Abs. 5, § 4, § 4a, § 7, § 15 Abs. 1 S. 2
GastG § 1
VwGO § 80 Abs. 5
BayBO Art. 55, Art. 60, Art. 68
BauGB § 29, § 212a

 

Leitsatz

1 Hat ein zu genehmigendes Vorhaben aufgrund eines für die bestehende Nutzung zu bejahenden Bestandsschutzes keine planungsrechtliche Relevanz und umfasst die Baugenehmigung daher keine planungsrechtlichen Fragen, entfällt schon dem Grunde nach ein möglicher Abwehranspruch des Nachbarn wegen Lärmbelästigung aus § 30 Abs. 3 BauGB iVm §§ 6, 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wenn für eine Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft materieller Bestandsschutz besteht, kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf die insoweit Drittschutz vermittelnde Festsetzungen des Bebauungsplans berufen, wonach Schank- und Speisewirtschaften in dem betreffenden Bereich grundsätzlich ausgeschlossen sind. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei sehr alten Anlagen besteht eine Rechtsvermutung dafür, dass sie seinerzeit ordnungsgemäß und in Übereinstimmung mit den damals bestehenden Gesetzen errichtet worden sind (OVG Koblenz BeckRS 2013, 45419). Einen Antragsteller, der sich auf das Nichtbestehen des Bestandsschutzes beruft, treffen insoweit erhöhte Darlegungsanforderungen. (Rn. 47 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
4 Der Antragsteller als Nachbar kann sich nicht darauf berufen, dass der materielle Bestandsschutz einer baulichen Anlage durch eine vierjährige Nutzungsunterbrechung erloschen ist, wenn nicht von einer endgültigen Nutzungsaufgabe als Grenze des materiellen Bestandsschutzes auszugehen ist. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Eigentümer der FlNr. … der Gemarkung …, … Auf diesem Grundstück findet gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung statt.
Mit Antrag vom 21. Dezember 2016, welcher am 22. Dezember 2016 bei der Antragsgegnerin einging und der mit am 19. Juli 2017 bei der Antragsgegnerin eingegangene Vorhabensbeschreibung ergänzt wurde, beantragte die Beigeladene die Sanierung und Teilumnutzung Gasthaus „…“, …, … (Einbauküche in bisherigen Saal Erdgeschoss, Toiletten und Gasträume in bisherigen Lager- und Technikräumen, Verlegung Wirtewohnung ins zweite Obergeschoss etc.,neue Planung ohne Erhöhung der bisherigen Gasträumflächen).
Aus der Betriebsbeschreibung vom 13. Juli 2017 ist unter 6. b) „Geräusche“ zu entnehmen:
„In der Gaststätte:
Audio- und Beschallung im üblichen Rahmen.
Freischankbereich:
Keine Audio- oder Beschallungssysteme. Es wurde ein Schallschutzgutachten erstellt.
Anlieferzeiten für den Gaststättenbetrieb:
Montag bis Samstag von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr.
Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher Geräusche:
Lüftungsanlage mit Schalldämpfern, in Teilbereichen Austausch Fenster, Reduzierung der Sitzplatzanzahl auf der …“.
Unter 2. Betriebszeit ist angegeben:
„an Werktagen von 9.00 Uhr (Küche ab 6.00 Uhr) bis 1.00 Uhr/Freifläche 23.00 Uhr/Saal 3.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen Betriebszeit von 9.00 Uhr (Küche ab 6.00 Uhr) bis 1.00 Uhr/Freifläche 23.00 Uhr/Saal 3.00 Uhr“.
Die streitgegenständlichen Grundstücke liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. … der Antragsgegnerin vom 8. Februar 1997.
Dieser regelt zur Art der baulichen Nutzung:
„1. Der Geltungsbereich ist Mischgebiet (MI) gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO.
2. Planungsrechtliche Einschränkungen des Mischgebietes gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 9 BauNVO:
2.1 In dem im Planblatt mit „A“ gekennzeichneten Bereich ist die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässige Nutzung Schank- und Speisewirtschaften einschließlich deren besonderer Betriebsarten, wie auch Cafes – auch solche, die der Versorgung des Gebietes dienen – nicht zulässig, wenn es sich um erlaubnispflichtige Betriebe nach dem Gaststättengesetz handelt. Das gleiche gilt für die Teilung von Betrieben.
Die planungsrechtliche Einschränkung gilt nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheit bereitzustellen, in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen.
Bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz.
Eine Ausnahme kann bei Erweiterungen – sowohl innerhalb des Gebäudes als auch auf Freiflächen – nur gewährt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Erweiterung
– der Schank- und Gastraumfläche des bestehenden Betriebes in geringem Umfang vergrößert wird,
– die Wohnnutzung im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht stört und
– des sich daraus ergebenden Bedarfes an notwendigen Stellplätzen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe untergebracht wird.
2.2 In dem im Planblatt mit „A“ gekennzeichneten Bereich ist die nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO allgemein zulässige Nutzung – Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke – die in Verbindung mit einer gaststättenähnlichen Nutzung betrieben wird, unzulässig.
Eine gaststättenähnliche Nutzung liegt dann vor, wenn in den oben genannten Anlagen Getränke (Schankwirtschaft) und/oder Speisen (Speisewirtschaft) zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden und jedermann oder einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist.
Zudem ist hierbei ein gewerbsmäßiger Betrieb der Anlage im Sinne des § 1 GastG, d.h., dass es sich um eine auf eine gewisse Dauer berechnete und auf Gewinnerzielung gerichtete selbständige Tätigkeit handelt, nicht maßgebend.
Bestehende bauaufsichtlich genehmigte Anlagen genießen Bestandsschutz.
Eine Ausnahme kann bei Erweiterungen nur gewährt werden, wenn nachgewiesen wird, dass
– die Räumlichkeiten der bestehenden Anlage in geringem Umfang vergrößert werden
– die Wohnnutzung im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht gestört wird und
– der sich daraus ergebende Bedarf an notwendigen Stellplätzen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe untergebracht wird.“
Die streitgegenständlichen Grundstücke befinden sich in dem mit „A“ gekennzeichneten Bereich des genannten Bebauungsplanes. Auf den FlNrn. … und … wurde zuletzt bis ins Jahr 2014 die Gaststätte „…“ betrieben. Bei der FlNr. … handelt es sich um eine Freifläche im Innenhof. Auf der FlNr. … befindet sich das Vorderhaus (…), ein Saalgebäude (…), sowie ein Hinterhaus und ein Hofanbau.
Einer Stellungnahme der Architekten und Ingenieure … und … vom 13. Juli 2017 (Bl. 100 ff. der Behördenakten) lässt sich entnehmen, dass die Gebäudeteile bisher wie folgt genutzt wurden:
„Vorderhaus, …:
KG: Heizung und Technikräume
EG/1. OG: Gasträume mit ehemaliger Wirtewohnung und Nebenräume
2. OG: vier Fremdenzimmer und ein Mädchenzimmer mit Toiletten Saalgebäude (…):
EG: …Saal mit Ausschankbereich
1./2. OG: Tanz-/Gastraumsaal mit Galerieebene, Ausschankbereich und Nebenräumen Hinterhaus (Hofgebäude Nord):
EG: Lager-, Technik- und Kühlräume
1. OG: Vereinszimmer mit Toilettenanlagen Hofanbau (Hofgebäude Süd):
EG: Toilettenanlagen und Lagerräume
1. OG: Toilettenanlagen“
Folgende Nutzungen seien geplant:
„Vorderhaus (…):
KG: Heizung und Technikräume
EG: Gasträume
1. OG: Gastraum, Personalraum, Nebenräume, Anrichteküche und Ausschankbereich für den Saal
2. OG: Personalräume und Wirtewohnung Saalgebäude (…):
EG: Errichtung einer neuen Küche und zweiter Flucht Weg
1./2. OG: unverändert: Tanz-, Gastraumsaal mit Galerieebene, Ausschankbereich und Nebenräumen Hinterhaus (Hofgebäude Nord):
EG: Errichtung neuer WC-Anlagen und Gasträume
1. OG: unverändert: Vereinszimmer mit Toilettenanlagen Hofanbau (Hofgebäude Süd):
EG: Errichtung Schenken und Lagerbereich“
Aus dem Gastraumflächenplan vom 11. Juli 2017 ergibt sich, dass sich im Erdgeschoss des Vorderhauses der Bestand der Gastraumflächen von gesamt 280,20 m² im Rahmen der Änderung auf 244,70 m² verkleinern soll, im 1. Obergeschoss sollen sich die Gastraumflächen von 210,48 m² auf 225,31 m² erhöhen; im Innenhof (FlNr. ……) sind im Bestand genehmigt 30 Plätze auf 20 m², im Rahmen der Änderung soll sich die Innenhoffläche auf 50,35 m² bei 30 Sitzplätzen vergrößern.
In den Behördenakten befindet sich eine Wirtschaftserlaubnis für die … vom 24. Januar 1939. Auf diese wird Bezug genommen. Des Weiteren befinden sich in den Behördenakten baupolizeiliche Genehmigungen für die Umgestaltung des Gebäudes, u.a. aus den Jahren 1924, 1933 und 1934, sowie Planzeichnungen des Gebäudes im bisher bestehenden und genutzten Umfang ab dem Jahr 1847. Auf diese Pläne wird Bezug genommen.
Eine Einschränkung der Saalnutzung im Hinblick auf die Personenzahl oder Betriebszeiten befindet sich nicht in den Behördenakten.
Das Ingenieurbüro … kommt in einer auf Verlangen der Baugenehmigungsbehörde angefertigten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung und Beurteilung gemäß TA-Lärm vom 14. Juli 2017 abschließend zu dem Ergebnis, dass die Lärmimmissionen, die insgesamt von der streitgegenständlich genehmigten Anlage ausgehen, am Immissionsort IO3 (Wohngebäude …, FlNr. …, Nordost-Fassade, 1. OG) in der Tagzeit werktags 49 dB(A), in der Tagzeit an Sonn- und Feiertagen 39 dB(A) und in der Nachtzeit zur ungünstigsten Nachtstunde 36 dB(A) erreichen und damit die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm von 60 dB(A) tagsüber (54) und 45 dB(A) nachts (39) eingehalten sind. Dabei geht das Gutachten auf Seite 25 davon aus, dass der Gesamtbetrieb, d.h. Gaststättenbetrieb einschließlich Kommunikationsgeräusche, berücksichtigt sind. Auch die zulässigen Spitzenpegel tags von 90 dB(A) und nachts von 65 dB(A) werden am Immissionsort 3 mit 78 dB(A) bzw. 53 dB(A) eingehalten.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2017, der im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 8. November 2017 öffentlich bekanntgemacht wurde, genehmigte die Antragsgegnerin das Bauvorhaben. Das schalltechnische Gutachten vom 14. Juli 2017 wurde zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht (…). Es wurde unter … festgelegt, dass Warenanlieferungen mittels Lkw im Nachtzeitraum (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) nicht zulässig seien. Des Weiteren wurden unter … Schalldämmmaße der neu geplanten Fenster und Türen festgelegt sowie unter … mittlere Schallleistungspegel für die Abluftanlagen und Zuluftanlagen festgelegt.
Des Weiteren ist ein Hinweis enthalten, dass die Bestimmungen und Auflagen der gültigen Sperrzeitverordnung für Freischankflächen oder eventuelle Sonderregelungen (gaststättenrechtlicher Bescheid) zu beachten seien. Des Weiteren wird ausgeführt, dass die Freischankfläche vor dem Eingang des Gebäudes an der … nicht Bestandteil der Baugenehmigung sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Baugenehmigungsbescheid Bezug genommen.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten, der am 30. November 2017 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ der Antragsteller Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid erheben (AN 3 K 17.02482). Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2018 wurde die Klage im Wesentlichen damit begründet, es liege kein genehmigter Zustand vor, auf welchem eine Genehmigung als Änderungsgenehmigung aufsetzen könne. Eine dauerhafte Genehmigung des Saales für Veranstaltungszwecke habe es nach Kenntnis des Antragstellers nicht gegeben. Es sei festzustellen, dass die Nutzung im Jahr 2014 auf Grund Insolvenz der damaligen Betreiberin eingestellt worden sei. Wegen der Übertragung des Eigentums auf die Beigeladene habe nicht mehr damit gerechnet werden müssen, dass die ursprüngliche Nutzung lediglich unterbrochen worden sei und alsbald wieder aufgenommen werde. Die diesbezügliche zeitabhängige Vermutung habe sich mit dem Ablauf von zwei Jahren nach Aufgabe der Nutzung umgekehrt. Deswegen seien der Genehmigungsantrag und die daraufhin erteilte Baugenehmigung unabhängig von bestandsschutzrechtlichen Fragen zu prüfen. Es sei eine Gaststätte und eine Vergnügungsstätte genehmigt worden, wobei die Freischankfläche auf der … nicht Gegenstand der Baugenehmigung sein solle. Diese werde jedoch in den Bauantragsunterlagen als Teil des geplanten Betriebes aufgeführt.
Durch den geltenden Bebauungsplan seien zusätzliche Einschränkungen im Hinblick auf die Schank- und Speisewirtschaften geschaffen worden. Der nun genehmigungsgegenständliche Umfang sei nicht durch den im Bebauungsplan bestehenden Betrieben zugesprochenen Bestandsschutz gedeckt. Die für das Jahr 1991 belegten Nutzflächen seien weitaus geringer gewesen als die nun genehmigungsgegenständlichen, so dass ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Bebauungsplans vorliege. Dieser Verstoß greife auch in ein nachbarschützendes Recht ein, da der Bebauungsplan ausdrücklich Erweiterungen davon abhängig mache, dass die Wohnnutzung in der Nachbarschaft nicht gestört werde. Die Lärmauswirkungen durch die Gaststättennutzung stellten eine Störung der Wohnnutzung in der Nachbarschaft und auch im Haus des Antragstellers dar. Die Gaststättennutzung sei deshalb über den Bestand, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans vorhanden gewesen sei, nicht gedeckt. Hierin liege ein Verstoß gegen die Art der baulichen Nutzung. Die geplante Nutzung des Veranstaltungssaales erfülle außerdem das Kriterium einer Vergnügungsstätte. Als solche sei er in der durch Wohnnutzung geprägten Umgebung in der … nicht zulässig. Auch entstehe hier ein immissionsschutzrechtswidriger Zustand zu Lasten des Antragstellers. Nach § 6.4 der TA-Lärm werde die Nachtzeit auf den Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr festgelegt. Damit solle gewährleistet werden, dass eine achtstündige Nachtruhe der Nachbarschaft im Einwirkungsbereich der Anlage sichergestellt werde. Hier wurde verwiesen auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. November 2015 zum Aktenzeichen 22 BV 13.1686. Dies gelte insbesondere für das Verbot von Warenanlieferungen im Zeitraum 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr.
Daraufhin erließ die Antragsgegnerin unter dem Datum 12. Februar 2018 einen Ergänzungsbescheid, mit dem die Auflage … des Baugenehmigungsbescheids vom 11. Oktober 2017 berichtigt wurde. Diese Nebenbestimmung erhält durch den Bescheid folgende Fassung:
„Warenanlieferungen mittels Lkws sind nur werktags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr zulässig.“
Zur Begründung wird ausgeführt, die nunmehrige Fassung finde sich auch in Ziffer 6 d) der Betriebsbeschreibung zum verfahrensgegenständlichen Bauantrag vom 21. Dezember 2016. Es handele sich bei der ursprünglichen Regelung in der Auflage um einen offensichtlichen Schreibfehler.
Desweiteren wird zur Klage- und Antragsbegründung ausgeführt, dass Auflagen zum Schallschutz dahingehend, dass während des Betriebs Fenster zur … und … nicht geöffnet werden dürften und im Eingangsbereich zur „…“ sichergestellt werde, dass zur Nachtzeit eine der beiden Türen immer im geschlossenen Zustand gehalten werden müsse, fehlten. Insbesondere fehle eine Auflage …, mit der geregelt werde, dass sämtliche Anlagen so betrieben werden müssen, dass die Immissionsrichtwerte bei den schutzbedürftigen Räumen auch unter Berücksichtigung der Summenwirkung eingehalten würden. Das Gutachten bilde die Auswirkungen des zu erwartenden Betriebes nicht zutreffend ab. Des Weiteren wurde gerügt, dass bei einem Platzangebot von ca. 180 Plätzen in innenliegenden Gasträumen nicht angemessen von einer stündlichen Frequenz von 30 das Anwesen verlassenden oder zum Anwesen kommenden Gästen zur Nachtzeit auszugehen sei. Vielmehr sei es so, dass bei voller Besetzung der Plätze in einer Nachtstunde ein Viertel der Plätze verlassen und neu besetzt werde. Es müsse deswegen von einer stündlichen Frequenz von 90 Personen ausgegangen werden. Auch die Einwirkzeit von drei Minuten sei zu kurz. Auch Geräuscheinwirkungen durch die Motoren, das Schlagen von Türen, das Anfahren und die Musikgabegeräte in den Fahrzeugen seien zu Unrecht außer Betracht gelassen worden. Gleiches gelte für den Raucherlärm.
Auch sei die bereits bestehende Lärmbelastung des Anwesens des Antragstellers nicht berücksichtigt worden. Durch die übrigen Gastwirtschaften, deren Freischankflächen, deren Anlagegeräusche und den diesen zuzurechnenden Verkehr wirke bereits eine Lärmfracht auf das Anwesen des Antragstellers ein, so dass die Immissionsrichtwerte überschritten würden. Insgesamt müsse festgestellt werden, dass bei ordnungsgemäßer Prognose sowohl der Gaststättenbetrieb in dem durch die Baugenehmigung möglichen Umfang zum einen als auch der Veranstaltungsbetrieb in dem durch die Baugenehmigung möglichen Umfang zum anderen jeweils für sich, aber jedenfalls in der Kumulation Lärmauswirkungen erzeugten, die über Berücksichtigung anderweitiger Lärmauswirkungen zu einer Überschreitung des für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwertes der TA-Lärm in Bezug auf das Wohnhaus des Antragstellers führten. Zum Beweis wurde die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens beantragt.
Aus der Zeitung habe der Antragsteller vor wenigen Tagen erfahren, dass die Bauarbeiten beginnen sollen und der Ausgang des Klageverfahrens nicht abgewartet werde.
Mit Schriftsatz, der am 7. März 2018 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, beantragte der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 29. November 2017 gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 11. Oktober 2017 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 16. März 2018, den Antrag abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2018 führte die Antragsgegnerin im Verfahren der Hauptsache aus, die Gaststättennutzung im Anwesen … lasse sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Bestandsschutz dieser Nutzung sei seit 2014 nicht erloschen. Denn auch durch eine mehrjährige Unterbrechung der Nutzung werde der Bestandsschutz dieser Nutzung nicht tangiert. Mit einer Verzichtserklärung hinsichtlich einer künftigen, weiteren Gaststättennutzung sei die Einstellung der Nutzung durch die seinerzeitige Pächterin im Jahr 2014 nicht verbunden gewesen. Auch führe das genehmigte Bauvorhaben gegenüber der bestandsgeschützten Nutzung zu einer Reduzierung der betreffenden Fläche von ca. 556 m² auf ca. 535 m². Im Rahmen dieser Teilumnutzung werde der Hausdurchgang (sogenannter „…“) und der Innenhof mit einer Fläche von ca. 50 qm der Gastraumfläche zugeschlagen. Auch die sogenannten „…“ sei schon in früheren Zeiten gastronomisch genutzt worden. In der Summe komme es zu keiner Mehrung, sondern zu einer Reduzierung der Gastraumfläche. Im Gebäude des Antragstellers befinde sich im Erdgeschoss ein Ladengeschäft, in den darüber liegenden Geschossen (I bis III) befänden sich Mietwohnungen. Hier komme es zu keinen Überschreitungen bei Lärmimmissionen. Die vom Antragstellervertreter angeführte zeitlich begrenzte Nutzungserlaubnis des Saales (Einzelfallgenehmigung, nur Freitage und Samstage) sei für die schalltechnische Beurteilung nach TA-Lärm irrelevant. Die Vorschrift kenne nur eine tageszeitabhängige Beurteilung der Lärmfracht und unterscheide grundsätzlich zwischen Tagzeit und Nachtzeit mit jeweils auch nach Nutzungsgebiet unterschiedlichen Immissionsrichtwerten. In der Baugenehmigung werde nach der Nebenbestimmung … ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Freischankfläche vor dem Eingang der Gaststätte nicht Bestandteil der Baugenehmigung sei. Zur Zeit der Erstellung des schalltechnischen Gutachtens sei dies noch nicht bekannt gewesen, weshalb der Gutachter auch diese Freischankfläche mitbetrachtet habe. Freischankflächen würden als getrennte Lärmquellen zum restlichen Betrieb der Gaststätten in Anlehnung an TA-Lärm betrachtet. Dies bedeute, dass die Aussagen des Gutachters zum genehmigten Betrieb weiterhin gültig blieben und nicht an die veränderte Situation (ohne Freischankfläche an der ……) angepasst werden müssten.
Auflagen zum Schließen der Fenster seien entbehrlich, da sie im Gutachten (Bestandteil der Baugenehmigung) als Berechnungsvoraussetzungen definiert seien. Im Übrigen verfüge der zukünftige Gaststättenbetrieb über eine zentrale Be- und Entlüftungsanlage, die ein Öffnen der Fenster überflüssig mache (s. Tabelle zu Schallquellen unter Nr. 5.2.5 des Gutachtens). Die Auflage zum Geschlossenhalten der zweiten Tür im Bereich „…“ finde sich unter Auflage … letzter Absatz. Die von der Antragsgegnerin im Rahmen von Baugenehmigungen für Gewerbebetriebe häufig verwendete Auflage … mit den gebietsabhängigen Immissionsrichtwerten und dem Hinweis auf die zu berücksichtigende Summenwirkung für Geräusche nach TA-Lärm sei hier ebenfalls entbehrlich, da ein schalltechnisches Gutachten vorliege, das die Geräuschimmissionen des Bauvorhabens umfänglich nach TA-Lärm (unter Berücksichtigung der Summenwirkung bzw. des Irrelevanzkriteriums nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA-Lärm) beurteile und die Einhaltung der geltenden Immissionsrichtwerte an die nächstliegenden Immissionsorten, insbesondere des Antragstellers, nachweise. Des Weiteren handele es sich bei der TA-Lärm im Hinblick auf den reinen Gaststättenbetrieb um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, die einer gesetzlichen Regelung gleichgestellt sei und somit automatisch gelte, auch wenn nicht explizit darauf hingewiesen werde.
Die möglicherweise unzureichende Berücksichtigung einer vollständigen Entleerung des Saales mit 200 Personen, anstelle der im Gutachten angenommenen 30 Personen, zur lautesten Nachtstunde habe zu einer Nachberechnung des Beurteilungspegels geführt (vgl. das Ergänzungsgutachten Nr. … des Ingenieurbüros … vom 7.2.2018, Aktenheft Bl. 257 mit 276). Es zeige sich, dass am Immissionsort 3 unter Zugrundelegung von 200 Personen, die die Gaststätte verlassen, sich ein Beurteilungspegel für die lauteste Nachtstunde von 39,6 dB(A) errechne. Dieser liege dann 0,6 dB(A) über dem zulässigen Immissionsrichtwertanteil (also unter Berücksichtigung der Vorbelastung nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA-Lärm). Nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm solle einer zu beurteilenden Anlage die Genehmigung nicht versagt werden, wenn diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) betrage. Lege man die vom Antragstellervertreter geforderten 90 Personen in der lautesten Nachtstunde zugrunde, so ergebe sich ein Beurteilungspegel am IO 3 von 38,2 dB(A). Der Immissionsrichtwert werde somit um 0,8 dB(A) unterschritten. Weiterer verhaltensbezogener Lärm der Besucher könne ebenso wie Raucherlärm nur schwerlich Anteil der schalltechnischen Prognoseberechnung sein. So könne z.B. Raucherlärm schalltechnisch unberücksichtigt bleiben, wenn der Betreiber gaststättenrechtlich dazu verpflichtet werde, persönlich oder mittels einer von ihm beauftragten Person gegen unzumutbare Lärmimmissionen der rauchenden Gäste seiner Gaststätte einzuschreiten. Dies gelte auch für den zukünftigen Betreiber des „…“ und bedürfte daher keiner baurechtlichen Regelung. Auch der vom Gutachter gewählte mittlere Innenpegel von 97 dB(A) für Veranstaltungen im Saal begegne keinen Bedenken. Er habe aus der VDI-Richtlinie 3726 für Gaststätten der Geräuschstufe IV (Tanzlokale mit Musikkapellen, Diskotheken, Varietes (Beschallungsanlagen mit mittleren Maximalpegeln <95 dB(A))) und den schalltechnischen Messungen des oben genannten Ingenieurbüros aus dem Jahr 1992 bei einer Live-Musikveranstaltung mit einem ermittelten Schalldruckpegel von 96 dB(A) bis 98 dB(A) einen mittleren Innenpegel für den gesamten Zeitraum von 12.00 Uhr bis 3.00 Uhr von 97 dB(A) gewählt. Gleiches habe er für die mit dem Saal verbundenen Räume, Garderobe und Theke angenommen, die Küche im Obergeschoss sei mit 95 dB(A) berücksichtigt worden. Es müsse somit festgestellt werden, dass sehr laute Veranstaltungen mit hohen Schalldruckpegeln berücksichtigt worden seien. Die Saalnutzung genieße baurechtlichen Bestandsschutz. Selbst wenn aber die Saalnutzung als Vergnügungsstätte zu behandeln wäre, wären die Immissionen schutzschalltechnisch wohl nach der 18. BImSchV zu beurteilen und würden eine eigene Lärmquelle neben dem Gaststätteninnenbetrieb (TA-Lärm) und der Freischankfläche (in Anlehnung an TA-Lärm) darstellen. Die jeweiligen Lärmarten mit den dazu gehörenden Vorschriften seien getrennt zu betrachten und dürften nicht vermischt bzw. addiert werden.
Mit Schriftsatz vom 22. März 2018 ergänzte die Antragsgegnerin das Vorbringen. Der Bestandsschutz sei wegen der bloßen Unterbrechung der Nutzung nicht erloschen. Auch liege keine wesentliche Erweiterung vor, die zu einem Konflikt mit dem noch geltenden Bebauungsplan Nr. … führen könne. Denn die Gastraumfläche verringere sich von 556 m² auf 535 m². Der gesamte Innenbetrieb des Saales sei vor 1900 genehmigt worden und mit Ausnahme der Unterbrechung wegen Insolvenz der Vorbetreiberin ununterbrochen praktiziert worden. Auch die anstehenden Bauarbeiten führten nicht zu einer „wesentlichen Erweiterung“ in Art und Maß der Nutzung.
Die Freischankfläche sei nicht baugenehmigungspflichtig, da sie nicht größer als 40m² sei. Deren Nutzung werde durch Sondernutzungserlaubnis geregelt.
Das schalltechnische Gutachten des Ingenieurbüros … mit Ergänzungsgutachten vom 7. Februar 2018 belege, dass selbst bei einer worst-case-Annahme, dass 90 Personen gleichzeitig den Saal verlassen, der Immissionsrichtwert eingehalten werde. Selbst bei der Annahme, dass 200 Personen gleichzeitig den Saal verlassen, liege die Richtwertüberschreitung bei 0,6 db(A) und dabei im Rahmen des nach der TA-Lärm Hinnehmbaren (Ziffer 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm).
Außerdem bezögen sich die Bedenken des Antragstellers vorrangig auf den Betrieb der Anlage und nicht auf die derzeit anstehenden Bauarbeiten, so dass eine Interessenabwägung ergebe, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht geboten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Streitgegenstand des vorliegenden Antrags ist die Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der der Beigeladenen mit Bescheid vom 11. Oktober 2017 erteilten Baugenehmigung.
Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin erweist sich bei der gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in nachbarschützenden Rechten.
In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie im vorliegenden Fall durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB) kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie die des Beigeladenen gegeneinander abzuwägen, wobei auch die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind.
Nach diesen Grundsätzen bleibt der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erfolglos. Nach Überzeugung der Kammer hat die gegen den Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin erhobene Anfechtungsklage keine so hinreichende Aussicht auf Erfolg, dass das kraft Gesetzes nach § 212 a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung ausnahmsweise zurücktreten müsste. Insbesondere ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers durch den Inhalt der Baugenehmigung nicht festzustellen.
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat und sie Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren ist (vgl. z.B. BVerwG v. 6.10.1989 – 4 C 40.87 – juris).
1. Inhalt der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist nach dem insoweit allein maßgeblichen Antrag der Beigeladenen vom 21. Dezember 2016 und 19. Juli 2017 die Sanierung und Teilumnutzung des Gasthauses „…“. Der Bauherr legt mit seinem Bauantrag den Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens fest. Ausweislich der Bauantragsunterlagen beschränken sich die Baumaßnahmen auf den Einbau einer Küche in den bisherigen Saal im Erdgeschoss, die Verlegung der Toiletten und Gasträume in bisherige Lager- und Technikräume und die Verlegung der Wirtewohnung ins zweite Obergeschoss. Der Umbau soll ausweislich der eingereichten Bauvorlagen ohne Erhöhung der bisherigen Gastraumflächen erfolgen.
Eine (erstmalige) Nutzung des Gebäudes als Schank- und Speisewirtschaft bzw. eine (planungsrechtlich relevante) Erweiterung der Nutzung ist nicht zur Genehmigung gestellt worden.
Das gemäß der Formulierung im Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung als Sonderbau (Art. 60, 2 Abs. 4 BayBO i.V.m. 55 Abs. 1, 68 BayBO) zu genehmigende Vorhaben der Beigeladenen hat aufgrund des für die Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft zu bejahenden Bestandsschutzes (siehe hierzu 2.) keine planungsrechtliche Relevanz, so dass die Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB nicht Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren sind. Da die Feststellungswirkung der erteilten Baugenehmigung (Art. 68 Abs. 1 BayBO) zu recht planungsrechtliche Fragen nicht erfasst, kann der Antragsteller schon dem Grunde nach keinen Abwehranspruch aus § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wegen der geltend gemachten Lärmbelastung seines Grundstücks durch das streitgegenständliche Vorhaben herleiten. Auch handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben weder dem Inhalt der erteilten Baugenehmigung nach, noch tatsächlich um eine nach den Festsetzungen des Bebauungsplans ausgeschlossene Vergnügungsstätte (siehe hierzu 3.).
Vielmehr hat die streitgegenständliche Baugenehmigung allein bauordnungsrechtliche Fragen zum Inhalt. Eine Verletzung drittschützender Normen des Bauordnungsrechts wird durch die erteilte Baugenehmigung weder behauptet, noch ist eine solche sonst ersichtlich. Vielmehr verbessern die auf Art. 54 Abs. 1, 4 BayBO gestützten Auflagen zum Lärm- und Brandschutz die Rechtsposition des Antragstellers, da erstmals Regelungen zu Art und Umfang des Betriebs zum Schutz der Nachbarschaft verbindlich getroffen werden. Subjektive Abwehrrechte zugunsten des Antragstellers ergeben sich hieraus nicht.
Gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO ist die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit privaten Rechten Dritter nicht Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren (BayVGH, B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 -, juris Rn. 19), so dass etwaige zivilrechtliche Abwehransprüche nicht Prüfungsgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind.
2. Da für die Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft jedenfalls materieller Bestandsschutz besteht, kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf die insoweit Drittschutz vermittelnde Norm Ziffer 2.1 des Bebauungsplans Nr. … vom 8. Februar 1997 der Antragsgegnerin berufen, wonach Schank- und Speisewirtschaften in dem im Planblatt mit A gekennzeichneten Bereich grundsätzlich ausgeschlossen sind.
Wie bereits im Urteil der erkennenden Kammer vom 18.2.2014 – AN 3 K 13.02115 – juris Rn. 51 ausgeführt, liegt der Festsetzung 2.1 erkennbar eine städtebauliche Zielvorstellung der Antragsgegnerin zugrunde, mit welcher sie dem Entstehen einer einseitigen Nutzungsstruktur vorbeugen wollte. Es sollten die Wohnverhältnisse in der … aufrechterhalten und verbessert werden, indem Schank- und Speisewirtschaften ausgeschlossen und bestehende Betriebe „auf den Bestandsschutz gesetzt“ wurden. Vom Bestandsschutz nicht gedeckte Änderungen unterliegen dem in 2.1 normierten Verbot.
Das Vorhaben überschreitet jedoch nicht die Schwelle des bestehenden Bestandsschutzes. Es handelt sich weder um eine erstmals zur Genehmigung gestellte Schank- und Speisewirtschaft, die von dem grundsätzlichen Verbot der Festsetzung 2.1 erfasst werden soll, noch um eine nach den Vorgaben des Bebauungsplans unzulässige Erweiterung.
a. Zwar ist festzustellen, dass sich eine formelle Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudekomplexes als Schank- und Speisewirtschaft den vorliegenden Behördenakten nicht entnehmen lässt. Jedoch ist nach der bei den Akten befindlichen Festschrift „300 Jahre Gasthof …“ 1632-1932, …, (Blatt 70 ff. der Behördenakte) und nach den seit 1847 vorliegenden Planzeichnungen und Genehmigungen für Umbauten die Nutzung als historisches Gasthaus (mit Saal) seit annähernd 390 Jahren dokumentiert. In den – historischen – Behördenakten befinden sich eine Vielzahl baupolizeilicher Genehmigungen für Veränderungen am Gebäude nach der Bayerischen Bauordnung von 1901 und ihren späteren Fassungen.
Die ältesten Planzeichnungen stammen aus dem Jahr 1847 und zeigen das Gebäude in der heute noch bestehenden Form, so dass von einem baurechtlich genehmigten Zustand bzw. von einem im Einklang mit dem öffentlichen Recht stehenden Zustand ausgegangen werden kann, der Bestandsschutz vermittelt.
In der Rechtsprechung wird vertreten, dass bei „sehr alten Anlagen“ eine Rechtsvermutung dafür besteht, dass sie seinerzeit ordnungsgemäß und in Übereinstimmung mit den damals bestehenden Gesetzen errichtet worden sind (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – juris Rn. 41m.w.N.). Dieser Rechtsprechung folgt die Kammer.
Der Antragsteller kann diese Vermutung auch nicht durch einfaches Bestreiten dergestalt, dass eine Baugenehmigung nie erteilt worden sei, entkräften. Da er sich auf das Nichtbestehen des Bestandsschutzes zu seinen Gunsten beruft, treffen ihn insoweit erhöhte Darlegungsanforderungen. Der Antragsteller hat nicht substantiiert vorgetragen, dass entgegen der oben dargelegten Vermutung Anhaltspunkte für das Bestehen der materiellen Rechtswidrigkeit der Anlage bis ins Jahr 2014 vorliegen.
Nachdem bei den nun zur Genehmigung gestellten Umbau- und Sanierungsmaßnahmen im Gebäude die Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft mit Saalnutzung aufrecht erhalten werden soll, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Variationsbreite der bis zum Jahr 2014 bestehenden Nutzung überschritten wird und sich damit die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit erneut stellen würde (BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 14 ZB 12.1899 – juris), so dass von einem fortbestehenden Bestandsschutz auszugehen ist.
b. Dieser Bestandsschutz ist auch nicht durch die im Jahr 2014 erfolgte Betriebsaufgabe der Vorbesitzerin erloschen.
Denn unabhängig von der Frage des Vorliegens einer formellen Baugenehmigung trägt der aus der o.g. dargestellten Vermutung der Übereinstimmung mit materiellem Recht abgeleitete materielle Bestandsschutz die weitere unveränderte Nutzung des Gebäudes trotz zwischenzeitlicher vierjähriger Nutzungsunterbrechung.
Unter Anwendung der von der Rechtsprechung – so auch des „Zeitmodells“ in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Vorliegen einer formellen Baugenehmigung (BVerwG U.v. 18.5.1995 – 4 C 20.94 – juris und BVerwG, U.v. 7.11.1997 – 4 C 7.97 – juris) – entwickelten Grundsätze (vgl. hierzu die Übersicht von Victor Struzina „Die Nichtnutzung baulicher Anlagen – Eine Analyse am Beispiel der Nutzung zu gewerblichen Zwecken“- GewA 2014, 417-424, Dr. Thomas Schönfeld, „Nutzungsunterbrechungen und Auswirkungen auf den Bestandsschutz“ – Recht aktuell 4/2009, S. 6 ff., Gatz, jurisPR-BverwG 19/2007 zu BVerwG B.v. 5.6.2007 – 4 B 20/07; BayVGH, B.v. 6.2.2014 – 1 ZB 11.1675 – juris) ist die Kammer der Auffassung, dass sich der Antragsteller als Nachbar nicht darauf berufen kann, dass der – wie oben dargelegt jedenfalls materielle – Bestandsschutz der baulichen Anlage durch die vierjährige Nutzungsunterbrechung erloschen sei, da nicht von einer endgültigen Nutzungsaufgabe als Grenze des materiellen Bestandsschutzes auszugehen ist.
Daran ändert auch die Formulierung im Bebauungsplan der Antragsgegnerin, wonach „bestehende Betriebe“ Bestandsschutz genießen, nichts. Die insoweit einer Auslegung zugängliche Bestimmung hat den Inhalt, bereits genehmigte bzw. jedenfalls materiell legale Nutzungen auf den (sich ohnehin aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteten) Bestandsschutz zu setzen, ohne das Bestehen an sich und den Umfang des Bestandsschutzes an engere rechtliche Voraussetzungen zu knüpfen.
Ein Bestandsschutz, der sich aus dem In-Einklang-Stehen des Vorhabens mit materiellem Recht ergibt, ist ebenso wie ein aus einer formellen Baugenehmigung abgeleiteter Bestandsschutz geeignet, Planänderungen, die die Zulässigkeitsvoraussetzungen für neu zu genehmigende Vorhaben verschärfen oder diese gar untersagen, entgegenzustehen, sofern die Nutzungsunterbrechung, die vorliegend vier Jahre bestand, nicht zu seinem Wegfall geführt hat.
In Anlehnung an die oben dargestellten Kriterien reicht Zeitablauf allein nicht aus, um einen Wegfall der Rechtsposition zu begründen. Es müssen andere Umstände hinzutreten, etwa die Aufnahme einer anderen Nutzungsart oder der erkennbare Wille, die bislang ausgeübte Nutzung tatsächlich nicht mehr wieder aufzunehmen. Für ein derartiges subjektives Element fehlen vorliegend Anhaltspunkte. Aus den Umständen des Einzelfalls ergibt sich vielmehr, dass die Wiederaufnahme der bisherigen Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft nach der Verkehrsauffassung erwartet werden konnte. Denn die Vorbesitzerin gab die Nutzung nicht freiwillig, sondern – unbestritten – infolge einer Insolvenz auf. Sie erklärte auch nicht, dass es sich hierbei um eine endgültige Aufgabe der Nutzung als Gasthaus handeln solle. Auch wurde der Gebäudekomplex seither nicht anderweitig genutzt.
Vielmehr sind die Suche nach einem neuen Investor und das Interesse der Antragsgegnerin an der Erhaltung der Traditionsgaststätte ebenso wie die örtlichen Verhältnisse in der … (als „Kneipen Straße“) Kriterien dafür, trotz der vierjährigen Nutzungsunterbrechung von einem Andauern des Bestandsschutzes auszugehen. Nachdem es sich um ein Gebäude mit einer jahrhundertealten Geschichte als Gasthaus handelt und es in der Vergangenheit lückenlos als solches genutzt wurde, ist ein – gemessen an der Nutzungsdauer insgesamt – vergleichsweise geringer Zeitraum von vier Jahren Nutzungsunterbrechung mangels Hinzutretens weiterer Umstände nicht geeignet, um den Bestandsschutz entfallen zu lassen.
c. Ein Abwehranspruch des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus Ziffer 2.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, wonach Erweiterungen auf der Grundlage bestandsgeschützter Nutzungen nur unter den genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen. Dieser Festsetzung kommt, da sie im Interesse des bereits dargelegten Schutzes der im Baugebiet vorhandenen Wohnnutzung getroffen wurde, drittschützende Wirkung zu (vgl. VG Ansbach, U.v. 18.2.2014 – AN 3 K 13.02115 – juris Rn. 48), so dass ein Vorhaben, welches unter Verletzung des Regelungsgehalts genehmigt würde, durch den Antragsteller abgewehrt werden könnte.
Eine Erweiterung im Sinn der genannten Festsetzung liegt jedoch nicht vor, da sich das Bauvorhaben – wie bereits dargelegt – sowohl von der Nutzungsart als auch vom räumlichen und zeitlichen Ausmaß der gaststättenrechtlichen Nutzung im Rahmen des bisher bestandsgeschützen Zustandes hält. So wird sich nach unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin die Gastraumfläche durch die räumliche Umgestaltung im Inneren des Gebäudes von bisher 556 m² auf 535 m² verringern. Auch die Nutzung des Saalgebäudes wird im bisherigen Umfang stattfinden. In den Behördenakten finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Saalnutzung bislang Einschränkungen unterlegen hätte.
3. Nachdem es sich bei dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben auch nach dem Inhalt der erteilten Baugenehmigung offensichtlich nicht – entgegen der Behauptung des Antragstellers – um die Errichtung einer nach Ziffer 2.6 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … der Antragsgegnerin vom 8. Februar 1997 in zulässiger Weise nach § 1 Abs. 5 BauNVO ausgeschlossene Vergnügungsstätte handelt, steht ihm auch insoweit kein Abwehranspruch zur Seite.
Zwar hat diese Festsetzung über die rein städtebauliche Funktion hinaus die Zielrichtung, die Nachbarschaft vor insbesondere von Vergnügungsstätten erheblich ausgehenden Lärmbelästigungen der Nachbarschaft zu schützen.
Um eine Vergnügungsstätte handelt es sich bei dem als Schank- und Speisewirtschaft nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässigen genehmigten Vorhaben schon begrifflich nicht.
Zur Frage der Abgrenzung von Schank- und Speisewirtschaften zu Vergnügungsstätten führt der BayVGH in einer Entscheidung vom 4. Oktober 2017 – 1 ZB 15.1673 – juris Rn. 5 aus:
„Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung für die Schank- und Speisewirtschaft ist die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 GastG (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 4 BauNVO Rn. 57). Der Grundtyp der Schank- und Speisewirtschaft – also die Gaststätte ohne Betriebseigentümlichkeit – wird geprägt vom Ausschank von Getränken und vom Verzehr zubereiteter Speisen. Ob Musik und Tanz der Gaststätte ein besonderes Gepräge geben, hängt davon ab, in welchem Maße Musik und Tanz den Gaststättenbetrieb beherrschen (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.1988 – 1 B 89.88 – NVwZ-RR 1989, 14). Die Vergnügungsstätte ist als bauplanungsrechtlicher Nutzungsbegriff durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 6 BauNVO Rn. 42). Nicht entscheidend ist die konkrete Bezeichnung der Einrichtung oder deren eindeutige Zuordnung zu einer der unstreitig als Vergnügungsstätte zu wertenden Betriebe wie z.B. Diskotheken, Nachtclubs oder Nachtbars, sondern ob die Einrichtung bei wertender Gesamtbetrachtung von ihrem Gesamterscheinungsbild und ihrer Angebotspalette her den Charakter einer Vergnügungsstätte hat (vgl. HessVGH, B.v. 22.2.2012 – 3 A 1112/ 11.Z – juris Rn. 10).“
Gelegentliche Tanz- und Musikveranstaltungen machen eine Schank- und Speisewirtschaft nicht zu einer Vergnügungsstätte (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Oktober 2017, § 4a BauNVO, Rn. 69 und § 4 BauNVO Rn. 60 f.)
Der Schwerpunkt der Saalnutzung liegt nach dem Inhalt der Baugenehmigung nicht auf den gemeinhin für die Annahme einer Vergnügungsstätte charakteristischen Veranstaltungen. Insbesondere sind die Durchführung privater Feiern, wie Hochzeiten, und die Abhaltung von Seminaren und Kleinkunstveranstaltungen sowie Musikdarbietungen geplant. Unter Zugrundelegung der o.g. Abgrenzungskriterien ergibt sich im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung, dass vorliegend nicht von einer Vergnügungsstätte ausgegangen werden kann (vgl. auch König/Roeser/Stock, a.a.O. § 7 BauNVO Rn. 16), weshalb eine Rechtsverletzung des Antragstellers aufgrund des drittschützenden Charakters der Bebauungsplanfestsetzung ausscheidet.
Demnach war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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